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26 BÜHNE<br />
TIM FISCHER<br />
FOTO: S. BUSSE<br />
IST „ZEITLOS“<br />
Dieses Jahr feiert der Wahlberliner<br />
Tim Fischer sein<br />
30. Bühnenjubiläum – und das mit<br />
erst 46 Jahren! Ein wahres Wunderkind<br />
war er und ist zudem bis heute<br />
erfolgreich mit seiner ganz eigenen<br />
Art Chanson: 1995 erhielt Tim Fischer<br />
den Deutschen Kleinkunstpreis, 2017<br />
war er Teil der vielfach ausgezeichneten<br />
Serie „Babylon Berlin“. Im Herbst<br />
erscheint mit „Zeitlos“ ein neues<br />
Doppelalbum, das neue und ältere<br />
Lieder vereint. Und Tim geht auf Tour<br />
– bis in den Mai 2020 hinein gibt es<br />
Auftritte, unter anderem in Stuttgart,<br />
Mainz und Frankfurt.<br />
Dreißig Jahre auf der Bühne zu stehen,<br />
ist eine große Leistung. Was hat<br />
sich für dich verändert? Hattest du<br />
jemals Lampenfieber?<br />
Lampenfieber gibt es bei mir phasenweise.<br />
Eben denke ich noch, ich sitze fest im Sattel,<br />
doch dann schlägt mir das Leben ein<br />
Schnippchen und es stellt sich Nervosität<br />
ein. Das kann ich vor einem Auftritt natürlich<br />
gar nicht gebrauchen! Ich fühle mich<br />
dann wie ein Säugling, der erst mal laufen<br />
und sprechen lernen muss.<br />
Provinz oder Großstadt, wo fühlst<br />
du dich besser verstanden?<br />
Heute ist das wirklich kein Thema mehr.<br />
Die Leute auf dem Land leben ja dank<br />
Internet nicht mehr hinterm Mond. Ich<br />
bin ein Fan von Großstädten, liebe Berlin,<br />
Frankfurt oder Köln. Aber genauso gerne<br />
trete ich auf dem Land auf. Die Menschen<br />
dort freuen sich ebenso über unseren<br />
Besuch. Ich habe mir in dreißig Jahren ein<br />
treues Publikum erarbeitet, das zu Freunden<br />
wurde. Da ist gleich eine gute Energie<br />
im Saal.<br />
Über Political Correctness wird viel<br />
diskutiert, gibt es alte Lieder, die du<br />
magst, die aber einfach nicht mehr<br />
gehen?<br />
Es kommt drauf an, wer einen Shitstorm<br />
bei Nichtgefallen verbreitet. Als Künstler<br />
sollte man Farbe bekennen und klarmachen,<br />
wo man steht. Die Lieder von Georg<br />
Kreisler beispielsweise sprechen mir total<br />
aus der Seele. Er hatte die richtige Einstellung,<br />
nämlich klar gegen rechts. Dass man<br />
mit solchen Aussagen in manchen Gegenden<br />
auf Ablehnung stößt, ist doch völlig<br />
klar. Man kann eben kein Omelett machen,<br />
ohne ein Ei zu zerschlagen. Ich hatte nie<br />
den Anspruch, allen gefallen zu müssen.<br />
Ich freue mich sehr, wenn ich im Konzert<br />
ein Lied von Friedrich Hollaender singe und<br />
mich anschließend junge Leute fragen, ob<br />
ich den Text selbst geschrieben habe. Das<br />
zeigt deutlich, dass die Lieder nicht dated,<br />
sondern zeitlos sind.<br />
Ein neues Lied ist „Ich bin die Transe<br />
Hans von Hansetrans“<br />
Ja! Da wird ordentlich transgendert! Mit<br />
dem Song von Thomas Paul Schepansky<br />
fordere ich Respekt für sogenannte<br />
Minderheiten ein. Ich finde es wichtig,<br />
an einem solchen Abend zu zeigen, dass<br />
Vielfalt eine Bereicherung ist.<br />
Was erwartet uns beim neuen Programm?<br />
Ich komme mit genialen Musikern. Rainer<br />
Bielfeldt wird am Klavier sitzen, Bernd<br />
Oezsevim am Schlagzeug, Jo Ambros<br />
spielt Gitarre, und unser musikalischer<br />
Leiter Oliver Potratz spielt Bass. Man weiß<br />
ja als Künstler nie genau, was das Publikum<br />
von einem erwartet. Wollen sie nur alte<br />
Hits hören? Oder nur Neues? Ich habe<br />
mich für den Fifty-fifty-Weg entschieden<br />
und präsentiere zum einen meine Klassiker<br />
aus drei Jahrzehnten – in musikalisch<br />
völlig neuem Gewand – und die neuen<br />
Stücke vom Album „Zeitlos“, das am<br />
11. Oktober erscheint. Die dreißig Lieder<br />
klingen teilweise richtig poppig und fetzig.<br />
Thematisch geht es wieder durch alle<br />
Gefühlslagen. Da gibt es Komisches, Trauriges,<br />
Lieder über den Tod, das Leben und<br />
die Liebe. Im Grunde ist es ein Wechselbad<br />
der Emotionen – eine Art Kneipp-Kur für<br />
die Seele.<br />
*Interview: Michael Rädel<br />
4.12., Theaterhaus, Siemensstraße 11,<br />
Stuttgart, 20 Uhr, 5.12., Frankfurter<br />
Hof, Augustinerstr. 55, Mainz, 20 Uhr,<br />
10.5.2020, Neues Theater Höchst,<br />
Emmerich-Josef-Straße 46a, Frankfurt,<br />
20 Uhr, www.timfischer.de