Dezember 2019 - coolibri Düsseldorf, Wuppertal
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INTERVIEW<br />
„Leute, die Quidditch spielen,<br />
wählen nicht<br />
die AfD“<br />
Thees Uhlmann<br />
Foto: Ingo Pertramer<br />
DORTMUND<br />
Thees Uhlmann(45) hatein Album geschrieben –und wieder verworfen. Nun ist diePlatte„Junkies und Scientologen“fertigund<br />
derSängermächtig stolz.ImInterviewmit Sandra Heick spricht er in EssenüberInstagram-Rock’n’RollimGegenlicht, Hip-Hop<br />
und HarryPotter.<br />
„Ich hab fünf Jahrenicht gesungen“, dasist die ersteZeile aufdeinem<br />
neuenAlbum.Warum istseitdem VorgängeralbumsovielZeitvergangen,<br />
Thees?<br />
Gewolltwar dasnicht.Aberich hatteTexte geschrieben,die mir überhaupt<br />
nichtgefallen haben.Die Platte war zu 70 Prozentfertigund dann habe<br />
ichnochmal vonvorne angefangen.Ich bininden letztenfünf Jahren wesentlich<br />
zorniger undschlecht gelauntergeworden mitBlick aufden Brexitund<br />
Trumpund dieAfD undso. Dashattenmeine Songsüberhaupt<br />
nichtwidergespiegelt. DieTexte warenzuweich undzusehrauf mich bezogen.Deswegenhabeich<br />
allesweggeschmissenund neubegonnen. Ich<br />
hab dann noch malrichtig geschuftet für dasAlbum.Wie langewir allein<br />
beim Fünf-Jahre-SongamTextgefeilt haben!Und jetzt binich sehr glücklich<br />
undauch sehr stolz.<br />
Istdennein bisschen wasübrig gebliebenvom ersten Versuch? Oder war<br />
wirklichalles fürdie Tonne?<br />
„Die Welt istunser Feld“ist dereinzige Song,der übriggeblieben ist. Und<br />
auch wenn ichmichnatürlich geärgert habe, ichfind<br />
dasauch schönund romantisch undexzessiv, so eine<br />
Platte wegzuschmeißen.<br />
„Rockmusik istwichtiger alsich“, hast du mal gesagt.<br />
IstesdieserGedanke,der dieSongs,die aufdichbezogenwaren,amEndegetötet<br />
hat?<br />
Ichwerde halt langsamsoein bisschen altersspirituellund denkemir,ich<br />
hab nichts mehr zu sagen, dieKunst istjetzt Chef.Ich würdezum Beispiel<br />
keinInterview aus einerBefindlichkeitheraus absagen, denn daswäre totalarrogantder<br />
Kunstgegenüber,die es verdient hat, wahrgenommen zu<br />
4<br />
„Ich binlangsam der<br />
Ältesteauf denFestivals–<br />
und baldder einzige ohne<br />
diesebescheuerten<br />
Konfettikanonen!“<br />
werden.Esist egal,wie es mir geht.Esist egal,wie es mir ging. Ichbin mir<br />
nichtwichtig.Die Kunstund meineTochter sind mir wichtig.<br />
DeineTochter ist12Jahrealt.Merkstdu, dasssie dirähnlichist?<br />
Siehat sich letztens totalaufgeregt,inspiriertvon Fridays forFuture, weil<br />
ichmir Apfelsaft undWasservom Durstexpress bringenlasse.Sie:,Der<br />
Edekaist direkt um dieEcke!‘ Ich: ,Man,ich hab aber keineLust, drei KistenMineralwasser<br />
zu schleppen!‘ Sie: ,Dann trink doch Wasser aus’m<br />
Hahn!‘Ich:,Ichtrink aber keinBerliner Wasser!‘ Sieganzstumpf: ,Berliner<br />
Bier trinkst du aber schon.‘Daerkennt mansichdann schonwieder.<br />
EinSongauf demneuen Albumheißt „Danke fürdie Angst“. Wasmacht<br />
dirdennAngst?Die Welt?<br />
Nein. Angstist fürdie jungen Leute. Ichdachtemir einfach, jetzt mal<br />
schöneinen sonnigen Fokusauf dienegativen Sachen legen. Es kommt<br />
mir so vor, dass sich Kunstaktuell wahnsinnigvielumMännlichkeit dreht<br />
undumSelbstoptimierung.Hol dasMaximumaus dirheraus. Solche Gedanken<br />
sind vielleicht einenhalben Vormittag lang interessant.<br />
Aber diegeilenBilderwurdenimmer von<br />
Leuten gemalt, dieein bisschen wasamKopfhatten<br />
oder diefurchtvoll aufdie Welt blickten.Angst istvielleicht<br />
erst malein schlechtes Gefühl, aber wenn jemand<br />
Angsthat,kommt manchmal eben auch ein<br />
Buch wie„Es“von StephenKingdabei heraus. Oder so<br />
einSongwie „Dankefür dieAngst“.<br />
„Und wenn du nichtmehrweiterweißt,fragStephen King“, singst du in<br />
demSong. Washat er fürAntworten parat?
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