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Die Bauhausnummer

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Mut<br />

P I L L E<br />

Das Kondom ist bis jetzt das einzige<br />

Kontrazeptivum für Männer. Obwohl<br />

die Forschungen an Alternativmethoden laufen,<br />

bleibt Verhütung bisher Frauensache.<br />

Warum scheint das so vielen egal zu sein?<br />

P<br />

A<br />

L<br />

L<br />

E<br />

BILDER: ANTONIA BETZ<br />

95<br />

Übelkeit, Kopfschmerzen, psychische Verstimmungen<br />

– immer mehr Frauen lehnen die<br />

Verhütungspille aus genau diesen Gründen<br />

ab: Nebenwirkungen. Sie machen ihnen das<br />

Leben oft zur Hölle. Aber trotz zahlreicher<br />

Alternativmethoden scheint die Pille oft noch<br />

das geringere und gleichzeitig sicherste Übel<br />

zu sein. Selbstbestimmung über die eigene<br />

Gesundheit und generell mehr Verständnis<br />

von der Gesellschaft in puncto Verhütungsthematiken<br />

wünschen sich deshalb viele Frauen.<br />

Während sie seit der Erfindung der Pille in den<br />

Sechzigerjahren mit deren negativen<br />

Begleiterscheinungen kämpfen<br />

müssen, wurde die Entwicklung<br />

einer hormonellen Pille für den<br />

Mann aufgrund ähnlicher Nebenwirkungen<br />

eingestellt.<br />

Obwohl schon lange an verschiedenen<br />

alternativen Verhütungsmethoden<br />

für Männer geforscht wird,<br />

scheint es mit der Akzeptanz sowohl<br />

bei der Zielgruppe als auch<br />

in der Pharmaindustrie immer noch<br />

nicht sehr weit her zu sein. Im Gespräch<br />

über Verhütung ernten viele<br />

Frauen von ihren Partnern zunächst<br />

nur ein sehr aussagekräftiges<br />

Schweigen. Zwar beteiligen sich<br />

heute viel mehr Männer als früher<br />

aktiv am Familienleben, nehmen<br />

Vaterschaftsurlaub und kümmern<br />

sich um die Kinder, aber wenn es<br />

um die aktive Familiengründung<br />

oder eben Nicht-Gründung, geht,<br />

sind sie deutlich weniger involviert<br />

als Frauen. Warum nur bleibt, trotz<br />

ansteigendem Kondomverkauf und<br />

zunehmender Gleichberechtigung,<br />

die Verhütungsfrage meistens doch<br />

den Frauen überlassen?<br />

Dass ein Kondom bei jedem One-<br />

Night-Stand zur Grundausstattung<br />

gehört, versteht sich heute eigentlich<br />

von selbst. Eigentlich. Denn<br />

oft scheint der Umgang mit Präservativen<br />

selbst für Männer nicht so<br />

einfach zu sein. Jochen Rögelein,<br />

der in München als Systemischer Paar-, Familien-<br />

und Sexualtherapeut arbeitet, hört von vielen<br />

seiner männlichen Patienten, dass sie sich<br />

beim Geschlechtsverkehr regelrecht gestresst<br />

fühlen, wenn es um die Aufsetztechnik geht.<br />

Oft fangen die Probleme schon im Vorfeld an.<br />

Denn viele Männer hätten keine Ahnung von<br />

der für sie richtigen Marke oder Größe. Dabei<br />

ist es für den sicheren Einsatz eines Kondoms<br />

entscheidend, dass es weder zu groß ist noch<br />

zu eng sitzt.<br />

GLEICHE<br />

„GLEICHE<br />

PFLICHTEN“<br />

RECHTE,<br />

WALTER GROPIUS<br />

FEHLT DIE BEREITSCHAFT<br />

ODER FEHLT DER MUT?<br />

Da ist es natürlich praktischer und bequemer,<br />

wenn die Frau sich um die<br />

Verhütung kümmert, vor allem in einer<br />

längerfristigen sexuellen oder partnerschaftlichen<br />

Beziehung. Dass die Pille<br />

jedoch trotz ihres hohen Pearl Index<br />

(das Maß für die Wirksamkeit einer<br />

Verhütungsmethode) nicht zu hundert<br />

Prozent sicher ist, wissen allerdings<br />

die wenigsten Männer. „Ich kenne<br />

leider viele sogenannte Pillenversagerkinder,<br />

bei denen die Väter dann sogar<br />

oft den Müttern Vorwürfe machen<br />

“, sagt Paar-Experte Rögele.<br />

Auch die Gynäkologin Dr. Heike Anzenberger,<br />

mit eigener Frauenarzt-Praxis<br />

in Peißenberg, beobachtet, dass<br />

Männer immer noch zu wenig aufgeklärt<br />

werden. „Vielen Jungs wird<br />

in der Schule oder von den Eltern oft<br />

leider nur diese eine Botschaft mitgegeben:<br />

Verhütung ist Frauensache“.<br />

In vielen sozialen Umfeldern fehle zusätzlich<br />

die Bereitschaft, offen über<br />

Verhütungsthematiken zu sprechen.<br />

Paartherapeut Rögelein fasst das Phänomen<br />

so zusammen: „Alles in allem<br />

kann man sagen, dass Männer dieses<br />

Thema weitgehend ignorieren.<br />

Das belastet ihre Partnerinnen zwar<br />

oft schwer, führt aber leider trotzdem<br />

nicht dazu, dass die Paare offen und<br />

ehrlich über die Verantwortung in der<br />

Verhütungsfrage diskutieren. Viele<br />

Frauen geben dann irgendwann auf,<br />

vielleicht auch zu schnell.“<br />

Aber wurden die Nachforschungen für eine Verhütungspille<br />

für den Mann wirklich allein wegen der<br />

vielen Nebenwirkungen eingestellt, oder zweifelte<br />

die Pharmaindustrie schlicht an dem Erfolg eines<br />

solchen Produkts? „Ob Männer sich tatsächlich bereit<br />

erklären würden, eine Pille zu nehmen, war seit<br />

jeher fraglich“, sagt Rögelein – verweist aber auf<br />

aktuelle Entwicklungen: „Nachdem zum Beispiel die<br />

Anti-HIV-Pille unter homosexuellen Männern eine gro-<br />

VON ANTONIA BETZ

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