15.11.2019 Aufrufe

ZAP-2019-22

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Rechtsprechung Fach 19 R, Seite 523<br />

Rechtsprechungsübersicht – 1. Hj. <strong>2019</strong><br />

durch die Stiftungsbehörde. Die Anerkennung (§ 80 Abs. 2 BGB) ist ein rechtsgestaltender Verwaltungsakt,<br />

er lässt die Stiftung als juristische Person entstehen. Da die Stiftung keine Willensbildungsorgane hat,<br />

vielmehr der im Stiftungsgeschäft, insb. aber in der Stiftungssatzung manifestierte Stifterwille maßgebend<br />

für das Leben das Stiftung ist, kommt den Regelungen der Stiftungssatzung sowie ihren Änderungen<br />

große Bedeutung zu. Ausführende Organe sind in jedem Fall der Vorstand (§§ 86, 26 BGB) und mögliche –<br />

gesetzlich aber nicht vorgegebene – weitere Organe (Kuratorium, Beirat, Stifterversammlung, Familientag<br />

etc.).<br />

In dem vom BVerwG in seinem Beschl. v. 6.3.<strong>2019</strong> (6 B 135.18, npoR <strong>2019</strong>, 125 ff. = NZG <strong>2019</strong>, 867 ff. =<br />

NVwZ-RR <strong>2019</strong>, 610 ff.) behandelten Fall ist die Rechtsfrage von Bedeutung, ob sich ein Vorstandsmitglied<br />

einer rechtsfähigen Stiftung bürgerlichen Rechts bei organschaftlichen Beschlussfassungen im<br />

Vorstand durch ein anderes Vorstandsmitglied vertreten lassen kann. Als zivilrechtliche Vorfrage prägt<br />

sie die Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Genehmigung der Satzungsänderung durch die<br />

Stiftungsbehörde, die dem öffentlichen Recht zuzuordnen ist.<br />

Das BVerwG führt aus, der Beschluss eines Stiftungsvorstands sei ein Rechtsgeschäft in der Form eines<br />

Gesamtakts, das mehrere gleichgerichtete Willenserklärungen der Organmitglieder bündele. Damit<br />

gelte auch für die einzelne Willenserklärung jedes Vorstandsmitglieds als Teil des Beschlusses der<br />

letztlich in der Privatautonomie wurzelnde rechtsgeschäftliche Grundsatz, dass Abgabe und Empfang<br />

einer Willenserklärung der Stellvertretung zugänglich seien, wenn und soweit kein gesetzliches oder<br />

rechtsgeschäftliches Vertretungsverbot bestehe. Das Bürgerliche Gesetzbuch enthalte hinsichtlich des<br />

Vorstands einer Stiftung nur in § 81 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 BGB die Vorgabe, dass durch das Stiftungsgeschäft<br />

die Stiftungssatzung Regelungen zur Bildung des Vorstands enthalten müsse. Im Übrigen ordne § 86 S. 1<br />

BGB an, dass bestimmte Vorschriften des Vereinsrechts auf Stiftungen entsprechende Anwendung<br />

fänden, jedoch nur insoweit, als sich nicht aus der Stiftungsverfassung ein anderes ergebe (§ 86 S. 1 Hs. 2<br />

BGB). Gemäß § 27 Abs. 3 BGB fänden auf die Geschäftsführung des Vorstands die Vorschriften der §§ 664<br />

bis 670 BGB entsprechende Anwendung; nach § 664 Abs. 1 S. 1 BGB dürfe im Zweifel der Beauftragte die<br />

Ausführung des Auftrags nicht einem Dritten übertragen. Nach der Rechtsfolgenverweisung des § 28<br />

BGB erfolge die Beschlussfassung in einem aus mehreren Personen bestehenden Vorstand nach den für<br />

die Beschlüsse der Mitglieder des Vereins geltenden Vorschriften der §§ 32 und 34 BGB. Demzufolge<br />

bestehe im Stiftungsrecht für Beschlussfassungen der Vorstandsmitglieder kein explizites Vertretungsverbot.<br />

Hinweis:<br />

Ist nach der gesetzlichen Regelung eine Stellvertretung im Stiftungsvorstand durch Bevollmächtigung<br />

eines anderen Vorstandsmitglieds im Einzelfall möglich, bedarf es dafür keiner ausdrücklichen Gestattung<br />

im Satzungstext. Vielmehr reicht es aus, wenn sich der Stiftungssatzung eine entsprechende Ermächtigung<br />

im Wege der Auslegung entnehmen lässt. Das ergibt sich aus der Maßgeblichkeit des Stifterwillens<br />

gem. § 85 BGB, wie er im Stiftungsgeschäft zum Ausdruck kommt.<br />

IX. Straßenverkehrsrecht (Entziehung der Fahrerlaubnis nach Verletzung des Trennungsgebots<br />

durch einen gelegentlichen Konsumenten von Cannabis)<br />

Gemäß § 3 Abs. 1 S. 1 StVG und § 46 Abs. 1 S. 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde dem Inhaber einer<br />

Fahrerlaubnis, der sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist, die Fahrerlaubnis zu<br />

entziehen. Das gilt nach § 46 Abs. 1 S. 2 FeV insb. dann, wenn Erkrankungen oder Mängel nach der<br />

Anlage 4 vorliegen und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. Nach<br />

Nr. 9.2.2 der Anlage 4 kann bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis die Fahreignung bejaht werden,<br />

wenn Konsum und Fahren getrennt werden, kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen<br />

psychoaktiv wirkenden Stoffen stattfindet und wenn keine Störung der Persönlichkeit und kein Kontrollverlust<br />

vorliegen. Die Bewertungen der Anlage 4 gelten nach Nummer 3 ihrer Vorbemerkung für<br />

den Regelfall. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaub-<br />

<strong>ZAP</strong> Nr. <strong>22</strong> 20.11.<strong>2019</strong> 1203

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!