ZAP-2019-22
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Rechtsprechung Fach 19 R, Seite 513<br />
Rechtsprechungsübersicht – 1. Hj. <strong>2019</strong><br />
reichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er<br />
durch den zur Prüfung gestellten Rechtssatz in einem eigenen subjektiven Recht verletzt wird (st. Rspr.,<br />
vgl. etwa BVerwG, Beschl. v. 9.1.2018 – 4 BN 33.17, juris Rn 4 m.w.N.). Bei Anträgen von Personen, die<br />
nicht Normadressaten sind, ist das der Fall, wenn die Belange Dritter in einer von den Interessen der<br />
Allgemeinheit abgehobenen Weise in den Schutzbereich der angegriffenen Norm einbezogen sind und<br />
daraus auf ein subjektives Recht dieser Personen auf Berücksichtigung bei der Normgebung zu<br />
schließen ist (vgl. BVerwG Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 189 Rn 5 m.w.N.).<br />
Das BVerwG hat in seinem Urt. v. 28.3.<strong>2019</strong> (5 CN 1.18) die Antragsbefugnis der Antragsteller bejaht. Es<br />
ist davon ausgegangen, dass die antragstellenden Eltern – anders als die Eltern bzw. Sorgeberechtigten,<br />
deren Kind in einer der gemeindlichen Kindertagesstätten untergebracht sei – nicht zu dem<br />
unmittelbaren Adressatenkreis der satzungsgemäßen Rechtsvorschrift gehörten, sondern durch die<br />
satzungsrechtliche Regelung über die Gebührenhöhe mittelbar betroffen würden, da diese ihnen<br />
gegenüber vermittels des zwischen ihnen und dem Kindertagesstättenverband geschlossenen Betreuungsvertrags<br />
in rechtserheblicher Weise Wirkung entfalte. Die in einem solchen Fall für die Annahme<br />
der Antragsbefugnis erforderlichen Voraussetzungen seien erfüllt. Denn die Antragsteller seien<br />
hier als Dritte in den Schutz- bzw. Anwendungsbereich der angegriffenen Satzung einbezogen.<br />
Hieraus folge, dass ihnen ein subjektiv-öffentliches Recht auf Berücksichtigung ihrer Belange bei dem<br />
Erlass dieser Satzungsregelung zustehe.<br />
II.<br />
Ausländer- und Asylrecht<br />
1. Abschiebungsanordnung gegen einen radikal-islamistischen Gefährder<br />
Die Anordnung der Abschiebung eines Gefährders basiert nicht selten auf der behördlichen Argumentation,<br />
das Ausmaß der Radikalisierung des Betroffenen lasse es als hinreichend wahrscheinlich erscheinen,<br />
dass er seiner Überzeugung Taten folgen lassen und im Einklang mit dieser Überzeugung zu<br />
jihadistischen, mithin terroristischen Maßnahmen auch im Bundesgebiet greifen werde. Die Unterweisung<br />
in einem Ausbildungslager etwa im Umgang mit Schusswaffen oder Sprengvorrichtungen lasse für<br />
den Fall einer Rückkehr eine massive Bedrohungslage für die innere Sicherheit besorgen.<br />
Die Abschiebungsanordnung findet ihre Rechtsgrundlage in § 58a Abs. 1 S. 1 AufenthG. Danach kann die<br />
oberste Landesbehörde gegen einen Ausländer aufgrund einer auf Tatsachen gestützten Prognose zur<br />
Abwehr einer besonderen Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer<br />
terroristischen Gefahr ohne vorhergehende Ausweisung eine Abschiebungsanordnung erlassen.<br />
Das BVerwG hebt in seinem Urt. v. 6.2.<strong>2019</strong> (1 A 3.18, InfAuslR <strong>2019</strong>, <strong>22</strong>4 ff. = NVwZ-RR <strong>2019</strong>, 738 ff.)<br />
hervor, dass der Begriff der „terroristischen Gefahr“ an die neuartigen Bedrohungen anknüpfe, die sich<br />
nach dem 11.9.2001 herausgebildet, in den letzten Jahren zugenommen und sich seither rasch gewandelt<br />
hätten.<br />
Das BVerwG betont, dass die Annahme einer terroristischen Gefahr eine unmittelbare räumliche<br />
Beziehung zwischen den terroristischen Aktivitäten und der Bundesrepublik Deutschland nicht<br />
voraussetze (so auch BAUER/DOLLINGER in BERGMANN/DIENELT, Ausländerrecht, 12. Aufl. 2018, § 58a AufenthG<br />
Rn 23; a.A. FUNKE-KAISER in FRITZ/VORMEIER (Hrsg.), Gemeinschaftskommentar zum Aufenthaltsgesetz,<br />
Stand Januar <strong>2019</strong>, § 58a AufenthG Rn 19). Terroristische Bedrohungen gefährdeten die Sicherheitsinteressen<br />
der Staatengemeinschaft und nicht allein desjenigen Staats, in dessen Gebiet sie nach dem<br />
Willen der terroristischen Kämpfer Platz greifen sollen.<br />
Hinweis:<br />
Die für § 58a AufenthG erforderliche besondere Gefahrenlage muss sich aufgrund einer auf Tatsachen<br />
gestützten Prognose ergeben. Aus Sinn und Zweck der Regelung ergibt sich, dass die Bedrohungssituation<br />
unmittelbar von dem Ausländer ausgehen muss, in dessen Freiheitsrechte sie eingreift.<br />
<strong>ZAP</strong> Nr. <strong>22</strong> 20.11.<strong>2019</strong> 1193