ZAP-2019-22
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Fach 7, Seite 550<br />
Negative Einwirkungen<br />
Immobiliarsachenrecht/WEG-Recht<br />
herabregneten (OLG Schleswig NJW-RR 1996, 399). Eine unwesentliche oder ortsübliche Beeinträchtigung<br />
durch Zugverkehr an sich ist dagegen nach § 906 BGB nicht abwehrbar (LG Wiesbaden<br />
VersR 1994, 675).<br />
5. Elektromagnetische Strahlung, Funkwellen<br />
Die Frage nach der Gesundheitsgefährdung und damit der Abwehrbarkeit von elektromagnetischen<br />
Strahlungen und Funkwellen kann sich bei Mobilfunksendeanlagen, Oberleitungen, Bahnstromleitungen<br />
und Funkübertragungsstationen mit Antennenträgern stellen. Hinzuweisen ist zunächst auf die<br />
Verordnung über elektromagnetische Felder (26. BImSchV v. 16. 12. 1996, BGBl I 1996, S. 1966), die gem.<br />
§ 906 Abs. 1 S. 2 BGB mit den in ihr festgelegten Grenzwerten für elektromagnetische Strahlungen auch<br />
für die Einordnung etwaiger Beeinträchtigungen als wesentlich i.S.v. § 906 BGB von Bedeutung ist.<br />
Obgleich elektromagnetische Felder die körperliche Unversehrtheit beeinträchtigen können, sollen<br />
bloße Gesundheitsgefährdungen noch nicht anspruchsauslösend sein (BVerfG ZMR 1997, 218, 219 f.). Die<br />
Rechtsprechung beurteilt daher elektromagnetische Strahlungen und Funkwellen als irrelevant für<br />
nachbarrechtliche Ansprüche (BVerfG, a.a.O.; LG München NJW-RR 1997, 465; VGH Kassel BauR 1993,<br />
329 = NJW 1994, 147 = NVwZ 1993, 1119; OVG NW BauR 1994, <strong>22</strong>1 = NVwZ 1993, 115 = ZMR 1993, 485; OVG<br />
Lüneburg NVwZ 1993, 1119).<br />
6. Chemikalien<br />
Rückstände von Unkrautvernichtungsmitteln (BGH, NJW 1984, <strong>22</strong>07; NJW 2006, 3650) sowie Öl oder<br />
Benzin (LG Aachen, NVwZ 1988, 188), z.B. durch wild abfließendes Regenwasser auf das Nachbargrundstück<br />
gelangend, sind als ähnliche Einwirkungen ebenso abwehrbar.<br />
7. Kälte<br />
Aus der neueren Rechtsprechung zu nennen ist eine durch Wärmepumpen erzeugte stärkere Kälte,<br />
mindestens 10°C kälter als die Umgebungstemperatur (OLG Stuttgart, Urt. v. 12.10.2016 – 3 U 60/13,<br />
MDR 2017, 331).<br />
IV. Fazit<br />
Die Übernahme von Mandaten zur Abwehr negativer, ideeller und in Grenzen auch „ähnlicher“<br />
Einwirkungen bedeutet durchaus nicht das Engagement in einem „hoffnungslosen Fall“. Die Kunst<br />
guter juristischer Beratung und Vertretung besteht vielmehr darin – abgesehen von den klassischen<br />
Anspruchsnormen des zivilen Nachbarrechts – gesetzliche Wege einzuschlagen, auf denen das gewünschte<br />
Ergebnis der Abwehr negativer Einwirkungen doch noch erreicht werden kann. Neben dem<br />
Wohnungseigentumsrecht und dem Mietrecht sollte insbesondere hierzu das öffentliche Recht<br />
bemüht werden. Auch wenn in diesen Bereichen mangels Verletzung einer öffentlichen Rechtsnorm<br />
mit nachbarschützender Wirkung ein eigener Rechtsanspruch des Mandanten auf behördliches<br />
Einschreiten nicht bestehen mag, sollte gegenüber der sachlich und örtlich zuständigen Behörde doch<br />
die Verletzung öffentlich-rechtlicher Vorschriften oder zumindest der Eintritt öffentlich-rechtlich<br />
bedeutsamer Gefahrenlagen angezeigt werden. Die jetzt zusätzlich bestehenden Möglichkeiten des<br />
Betroffenen nach dem neuen Datenschutzrecht verleihen diesem Hinweis noch erheblich mehr an<br />
Wucht.<br />
1190 <strong>ZAP</strong> Nr. <strong>22</strong> 20.11.<strong>2019</strong>