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ZAP-2019-22

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Immobiliarsachenrecht/WEG-Recht Fach 7, Seite 547<br />

Negative Einwirkungen<br />

Ebenso kann der Eigentümer eines Grundstücks, in dessen Schmutzwasseranschlusskanal von einem<br />

öffentlichen Straßengelände her Baumwurzeln eindringen, deren Beseitigung nach § 1004 BGB verlangen<br />

(BGH MDR 1991, 870 = VersR 1991, 1179 [im Anschluss an BGHZ 97, 231]). Gegen den Anspruch des<br />

Eigentümers auf Erstattung der Kosten für die Beseitigung eingedrungener Baumwurzeln in eine Abwasserleitung<br />

(§ 1004 Abs. 1 BGB i.V.m. § 812 Abs. 1 BGB) kann der Einwand erhoben werden, dass er die<br />

Störungen durch deren fehlerhafte Verlegung selbst mit verursacht habe (§ 254 BGB; BGH BauR 1995,<br />

120 = NJW 1995, 395).<br />

Wird die Standfestigkeit einer Mauer durch Baumwurzeln beeinträchtigt, die von der Bepflanzung des<br />

angrenzenden Randstreifens einer Gemeindestraße herrühren, so kann dies einen nachbarrechtlichen<br />

Ausgleichsanspruch gem. §§ 1004, 906 BGB auslösen (BGH MDR 1991, <strong>22</strong>8 = NJW 1990, 3195). Ist die<br />

Wiederherstellung einer infolge Wurzelwuchses eingestürzten, 100-jährigen Mauer tatsächlich möglich,<br />

so muss sich der Geschädigte den etwa dreimal höheren Wertvorteil der neuen Mauer anrechnen<br />

lassen. Neigte sich die Mauer schon seit mehreren Jahrzehnten vor ihrem Einsturz, so kann die darin<br />

liegende Schadensgeneigtheit des Grundstücks eine Minderung des nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs<br />

bewirken (§§ 906 Abs. 2, 249 BGB; BGH NJW 1992, 2884).<br />

c) Zurückschneiden von Pflanzen und Bäumen<br />

Hier ergeben sich mehrere Fragenkreise:<br />

• Verhältnis von Selbsthilferecht und Beseitigungsanspruch gegen den Nachbarn,<br />

• Kostenersatz,<br />

• Überlagerung privatrechtlicher Ausgleichs- und Beseitigungsansprüche durch öffentlich-rechtliche<br />

Baumschutzsatzungen und Landschaftsschutzrecht,<br />

• Grenzabstände nach den Landesnachbargesetzen.<br />

Stehen Bäume und Sträucher an der Grenze des Grundstücks oder dicht daneben, so ragen ihre Äste und<br />

Zweige häufig in den Luftraum des benachbarten Grundstücks hinein. Ihre Wurzeln dringen in den<br />

Bodenbereich des Nachbargrundstücks ein.<br />

§ 910 BGB sieht ein Selbsthilferecht des Nachbarn vor. Beeinträchtigen die eindringenden Wurzeln<br />

und herüberragenden Zweige und Äste die Benutzung des Nachbargrundstücks, so kann dessen<br />

Eigentümer sie abschneiden und behalten. Die Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks ist aber<br />

Voraussetzung für dieses Selbsthilferecht (OLG Hamburg Hamburger GE 1992, 375; LG Hannover ZMR<br />

1990, 344). Sie muss von dem überhängenden Zweig selbst ausgehen und darf sich nicht als nur<br />

mittelbare Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks in Form von Laub- oder Nadelbefall darstellen<br />

(LG Krefeld, Urt. v. 20.4.2018 – 1 S 48/17, ZMR 2018, 818; Revision ist eingelegt worden: BGH, V ZR 102/<br />

18). Das Recht verjährt nicht, denn einer Verjährung unterliegen nur Ansprüche (§ 194 Abs. 2 BGB; vgl.<br />

LG Krefeld, a.a.O.).<br />

Wurzeln können jederzeit ohne Weiteres abgeschnitten werden. Maßnahmen, die nach dem Abschneiden<br />

der Wurzeln erforderlich sind, um den Baum vor Folgeschäden zu bewahren, obliegen dem<br />

Eigentümer des Baums, nicht dem Selbsthilfeberechtigten. Der Selbsthilfeberechtigte kann verpflichtet<br />

sein, den Eigentümer des Baums vor dem Abschneiden der Wurzeln zu unterrichten. Unterlässt er<br />

dies, kann er schadenersatzpflichtig sein. Ist streitig, ob eine Unterrichtung erfolgt ist, trifft die<br />

Beweislast für die fehlende Unterrichtung den Eigentümer des Baums (OLG Köln VersR 1995, 665 =<br />

ZMR 1993, 567).<br />

Zweige kann der Eigentümer des Nachbargrundstücks erst nach angemessener Fristsetzung zur<br />

Beseitigung entfernen, wenn der Eigentümer des Strauchs oder Baums in dieser Frist nicht selbst<br />

gehandelt hat.<br />

<strong>ZAP</strong> Nr. <strong>22</strong> 20.11.<strong>2019</strong> 1187

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