ZAP-2019-22
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Immobiliarsachenrecht/WEG-Recht Fach 7, Seite 545<br />
Negative Einwirkungen<br />
Auch kann das Bauordnungsrecht in den „Bordellfällen“ zu einer Ordnungsverfügung gegen das nachbarliche<br />
Etablissement mit Nutzungsuntersagung in Fällen führen, in denen rein zivilrechtlich mangels<br />
„Außenwirkung“ keinerlei Abwehransprüche bestehen (dazu JAUERNIG JZ 1986, 605 ff.).<br />
f) Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts<br />
Bewirken ideelle Immissionen die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, so kann dies anspruchsauslösend<br />
sein, wenn sich die Aktion gezielt gegen den Nachbarn richtet. Daher sind Umstände<br />
darzulegen, die die ideelle Immission als gezielte Provokation und Schikane des anderen erscheinen<br />
lassen (so zu Recht: BORRMANN/GRECK, a.a.O., 131 m.w.N. zur Rechtsprechung).<br />
g) Landesnachbarrecht<br />
Was die Entziehung von Licht und Luft durch Pflanzen oder durch Gebäude angeht, so kann man sich<br />
auf verletzte Grenzabstandsvorschriften (außer bei Straßenbäumen, für die Abstandsregelungen der<br />
Nachbarrechtsgesetze nicht gelten: VG Berlin, Urt. v. 13.4.2010 – 1 K 408.09, juris) berufen. Sie sind für<br />
Gebäude in den Landesbauordnungen und in den Landesnachbarrechtsgesetzen mit Geltung für den<br />
unbeplanten Außenbereich sowie für Pflanzen in den landesnachbarrechtlichen Vorschriften geregelt.<br />
Grenzabstandsvorschriften haben nachbarschützende Wirkung.<br />
Dies gilt im Grunde auch für die Wiederherstellung einer ungestörten Aussicht, die für sich weder<br />
im Nachbarrecht noch im Baurecht Schutzwirkung für den Nachbarn entfaltet. Auch hier kann man<br />
über verletzte Grenzabstandsvorschriften argumentieren. Die sicherste Möglichkeit, die Aussicht<br />
ungestört zu lassen, ist die bereits erwähnte Bestellung einer Grunddienstbarkeit am Nachbargrundstück<br />
mit dem Inhalt, dass dieses Grundstück nicht bebaut werden darf. Bauplanungsrechtlich besteht<br />
dagegen nicht die Möglichkeit, auf einen Bebauungsplan derart einzuwirken, dass dort baufreie Zonen<br />
ausgewiesen werden. Natürlich bleibt es unbenommen, das Nachbargrundstück auch zu erwerben<br />
und dann selbst darüber zu bestimmen ob und in welchem Maße es bebaut wird. Nur ganz<br />
ausnahmsweise wird man über die Rechtsfigur des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses erreichen<br />
können, dass Bepflanzungen oder Bebauungen des Nachbargrundstücks so angeordnet<br />
werden, dass die eigene Aussicht gewahrt bleibt. Dies kann z.B. ganz ausnahmsweise bei einem<br />
erbauten Hotel mit freier Aussicht auf ein weltberühmtes Gebirgsmassiv oder einen weltberühmten<br />
Wasserfall einmal der Fall sein. Allgemein hilft jedoch hier das nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis<br />
nicht weiter.<br />
Auch kann eine als störend empfundene hässliche Einfriedung beseitigt werden, indem man bei<br />
bestehender landesrechtlicher Einfriedungspflicht den Nachbarn daraufhin in Anspruch nimmt, sein<br />
Grundstück ortsüblich einzufrieden (OLG Hamm NJW 1975, 1035 für eine 2 m hohe Welleternitwand<br />
bei ortsüblichen Einfriedungen in Form von Jäger-, Spriegel- und Maschendrahtzäunen bis zu einer<br />
Höhe von 1,25 m; BGH NJW 1985, 1458, 1460 für eine stofflich veränderte und ästhetisch geminderte<br />
Einfriedung als Grenzeinrichtung i.S.d. §§ 9<strong>22</strong> S. 3, 1004 BGB; vgl. auch die Zusammenstellung der Rspr.<br />
bei BORRMANN/GRECK, a.a.O., 132).<br />
Daraus folgt, dass das Problem ideeller, ästhetischer und negativer Einwirkungen nie nur nach dem<br />
bundesrechtlichen Nachbarrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches, sondern immer im Zusammenhang<br />
mit den öffentlich-rechtlichen Bundes- und Landesvorschriften, insbesondere dem landesrechtlichen<br />
Nachbarrecht, beantwortet werden muss.<br />
III. Ähnliche Einwirkungen – Überblick<br />
Im Unterschied zu den bisher besprochenen Fällen sind „ähnliche“ Einwirkungen grenzüberschreitend<br />
und deshalb ausdrücklich in § 906 BGB genannt. Sie können deshalb zivilrechtlich §§ 1004 Abs. 1, 906<br />
Abs. 1, 862 Abs. 1 S. 1 BGB abwehrbar sein, je nachdem, ob der Nachbar dadurch wesentlich oder<br />
unwesentlich beeinträchtigt wird und ob die erfahrene Beeinträchtigung ortsüblich ist oder nicht<br />
(HERDER, in: PALANDT, a.a.O. § 906 BGB Rn 1, 11). Im Einzelnen:<br />
<strong>ZAP</strong> Nr. <strong>22</strong> 20.11.<strong>2019</strong> 1185