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ZAP-2019-22

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Fach 7, Seite 544<br />

Negative Einwirkungen<br />

Immobiliarsachenrecht/WEG-Recht<br />

15. Ergebniskorrekturen<br />

In den vorstehenden Fällen negativer und ideeller Immissionen ist der Blick ausschließlich auf die zentralen<br />

nachbarrechtlichen Abwehr- und Beseitigungsansprüche vom Ergebnis her unvollständig und<br />

damit auch falsch. Denn in einzelnen Fällen kann man über einen „Umweg“ vorgehen und so erreichen,<br />

dass die Beeinträchtigungen zukünftig unterbleiben.<br />

a) Härtefall<br />

Unter Verweis auf den BGH, der die Frage anderer Beurteilung bei ideellen Immissionen in besonders<br />

krassen Fällen offengelassen hat, empfehlen BORRMANN/GRECK (ZMR 1989, 130 f.), die störende ideelle<br />

Einwirkung im Klägervortrag besonders krass erscheinen zu lassen. Dies setzt voraus, dass die Unterschiede<br />

zu den bislang entschiedenen Fällen dargelegt werden, die die Einwirkung als besonders<br />

schwerwiegend und beeinträchtigend erscheinen lassen. Ziel ist in diesen Fällen der Versuch, über die<br />

Grundsätze des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses eine Ergebniskorrektur zu erreichen und<br />

nachzuweisen, dass diese Korrektur aus dem Gebot von Treu und Glauben zwingend notwendig<br />

erscheint (OLG Frankfurt, ZMR 2000, 378 für einen Abwehranspruch gegen den Entzug von Windenergie<br />

durch Windkraftanlagen auf dem Nachbargrundstück).<br />

b) Wertminderung des Grundstücks<br />

BORRMANN/GRECK (a.a.O.) halten auch eingetretene Wertminderungen des Grundstücks infolge beeinträchtigender<br />

ideeller Immissionen für anspruchsauslösend.<br />

c) Umweltbewusstsein<br />

Auch ein gesteigertes Umweltbewusstsein, das durch ideelle, ästhetische und negative Einwirkungen<br />

beeinträchtigt sein kann, könnte anspruchsauslösend sein. Dies ist freilich in Rechtsprechung und<br />

Literatur bislang umstritten (vgl. die einzelnen Nachw. bei BORRMANN/GRECK, a.a.O.).<br />

d) Ordnungsbehördliche Tatbestände<br />

Wenn von der Nutzung oder dem Zustand des Nachbargrundstücks Gefahren für die öffentliche<br />

Sicherheit und Ordnung ausgehen, wie dies z.B. beim Verwildernlassen eines Grundstücks, beim<br />

Betrieb eines Bordells, bei der Nutzung des Grundstücks als Schrotthalde oder als Lagerplatz für<br />

Baumaterial, Baugeräten und Gerümpel (so VG Berlin Grundeigentum Berlin 1994, 862) der Fall sein<br />

kann, lässt sich durch Einschaltung der Ordnungsbehörden erreichen, dass der Zustand oder die<br />

Nutzung des Nachbargrundstücks in eigenem Sinne positiv verändert wird. Bei der Lagerung von Müll<br />

kann dies z.B. infolge einer Ungezieferplage der Fall sein. Bei der Lagerung von Schrott kann es zum<br />

Auslaufen von Ölen, Betriebs- und Kraftstoffen oder auch zum Auslaufen gefährlicher Chemikalien<br />

kommen. Beim Betrieb eines Bordells kann die Gefährdung der Sittlichkeit oder des Jugendschutzes in<br />

Betracht kommen.<br />

e) Bauordnungsrecht/Baugenehmigungsverfahren<br />

Auch über die Schiene des Bauordnungsrechts lassen sich aus Sicht des betroffenen Nachbarn unbefriedigende<br />

zivilrechtliche Teilergebnisse im Einzelfall angemessen korrigieren.<br />

In allen Fällen, in denen ein Bauvorhaben keiner speziellen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung<br />

nach dem BImSchG bedarf, hat die Baugenehmigungsbehörde innerhalb ihrer Bearbeitung des<br />

Bauantrags vor Erteilung einer Baugenehmigung die immissionsrechtlichen Auswirkungen des<br />

beantragten Vorhabens zu prüfen sowie darüber zu befinden, ob diese mit dem geltenden Immissionsschutz<br />

zu vereinbaren ist. Deshalb kann auch innerhalb eines Nachbarwiderspruchs gegen eine<br />

erteilte Baugenehmigung geltend gemacht werden, das Bauwerk führe für den betroffenen Nachbarn<br />

zu Lichtreflexen oder zu Lichtentzügen, die nicht hinnehmbar seien. Dieser Vortrag war innerhalb<br />

einer Widerspruchsbegründung gegen eine Baugenehmigung für Windenergieanlagen auf dem Nachbargrundstück<br />

mit dem Hinweis erfolgreich, die sich ständig drehenden Rotorblätter führten ebenfalls<br />

bei Sonnenwetter und insbesondere bei tiefem Sonnenstand zu ständig wechselnden Lichtreflexen<br />

(OVG Münster NVwZ 1999, 1360).<br />

1184 <strong>ZAP</strong> Nr. <strong>22</strong> 20.11.<strong>2019</strong>

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