ZAP-2019-22
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Fach 7, Seite 542<br />
Negative Einwirkungen<br />
Immobiliarsachenrecht/WEG-Recht<br />
BGH, Urt. v. 16.3.2010 – VI ZR 176/09; insb. bei eskalierenden Nachbarstreit; AG Meldorf, WuM 2012, 34;<br />
LG Bonn, NJW-RR 2005, 1067; AG Brandenburg, Urt. v. <strong>22</strong>.1.2016 – 31 C 138/14; LG Detmold, Urt. v.<br />
8.7.2015 – 10 S 52/15, juris).<br />
Eine Videoüberwachungsanlage kann weiterhin auf einem Privatgrundstück zulässig installiert werden,<br />
wenn feststeht, dass dadurch öffentliche Wege und Flächen sowie angrenzende private Grundstücke,<br />
insbesondere Nachbargrundstücke, nicht erfasst werden und wenn eine geänderte Ausrichtung der<br />
Kameras nur durch eine äußerlich wahrnehmbare Neuausrichtung möglich ist.<br />
12. Hässliche Hausansicht<br />
a) Nachbarrecht und Baurecht<br />
Allgemein zivilrechtliche Nachbaransprüche auf Abwehr und auf Beseitigung „hässlich“ empfundener<br />
Grundstücks- oder Hausansichten gibt es nicht. Zwar gibt es bauordnungsrechtliche und auch bauplanungsrechtliche<br />
Vorgaben zur Gestaltung von Hausfassaden und Dächern, doch verfolgen sie keine<br />
nachbarschützende Zwecke.<br />
So kann die Gemeinde auch Vorgaben zur Gestaltung von Hausfassaden und Dächern sowie im Hinblick<br />
auf die Anordnung und Ausrichtung sowie auf die Größe und das Aussehen des Gebäudes durch eine<br />
sog. Gestaltungssatzung machen. Beispiele hierfür sind etwa das Masseverhältnis des Baukörpers<br />
(Kubus) zur Grundstücksfläche, das sich in der Geschossflächen- und Grundflächenzahl ausdrückt, die<br />
Position des Gebäudes auf dem Grundstück, also etwa die Frage der vorderen oder hinteren Bauflucht<br />
oder die Frage einer Grenzbebauung oder des Gebotes eines Bauabstandes zur Grenze, vor allem aber<br />
auch die Ausrichtung des Dachfirsts nach der Himmelsrichtung oder im Verhältnis zum Straßenverlauf<br />
sowie die Dachneigung und die Beschaffenheit der Dachpfannen. Auch die Form des Dachs kann durch<br />
die Gemeinde vorgegeben werden, um gestalterisch ein im Wesentlichen einheitliches Ortsbild zu<br />
erreichen. Durch alle diese Punkte kann die grundsätzliche Baufreiheit zulässig durch die Gemeinde<br />
eingeschränkt werden (z.B. baurechtliche Vorgabe eines Satteldachs mit Sonnenkollektoren: VGH<br />
Baden-Württemberg, Beschl. v. 11.3.2009 – 3 S 1953/07). Ebenso kann die Gemeinde z.B. in Altstadtkernen<br />
zulässig rote bis rot-braune Ziegelpfannen vorschreiben. Wer dagegen durch Betondachsteine<br />
oder durch andersfarbige glasierte Dachpfannen verstößt, muss abreißen und umbauen (OVG<br />
Lüneburg, Urt. v. 12.5.1993 – 1 K 67/91 und OVG Lüneburg, Urt. v. 25.6.2001 – 1 L4874/99). Weder der<br />
Bauherr selbst noch der Nachbar können sich gegen solche Vorgaben wehren. Dem Nachbarn steht<br />
aber auch dann kein eigenes Recht aus solchen Vorgaben zur Gestaltung zu, wenn sie nicht beherzigt<br />
wurden.<br />
b) Wohnungseigentumsrecht<br />
Zusätzliche Besonderheiten gelten im Wohnungseigentumsrecht. Beschlossene und umgesetzte<br />
Veränderungen bei der Farbgestaltung der Fassade gelten aufgrund der optischen Wirkung als bauliche<br />
Veränderung. Zur Wirksamkeit solcher Beschlüsse ist die Zustimmung eines jeden Eigentümers<br />
notwendig, der davon betroffen ist. Stimmt also ein Eigentümer nicht zu, so kann er den Beschluss<br />
und seine Umsetzung erfolgreich anfechten (LG München, Urt. v. 20.9.2012 – 36 S 1982/12, IMR 2013,<br />
193) In der grundlegenden optischen Veränderung der Fassade durch die neue Farbgestaltung läge<br />
eine bauliche Veränderung, die der Zustimmung eines jeden davon betroffenen Eigentümers bedürfe<br />
(§ <strong>22</strong> Abs. 1 S. 2 WEG). Nur ganz geringfügige Beeinträchtigungen von völlig belanglosem oder<br />
bagatellartigem Charakter für das Gemeinschaftseigentum bzw. für die äußere Gestaltung der Anlage<br />
seien von dieser Wertung ausgenommen, nicht aber die hier geschaffenen starken Kontraste durch<br />
die neuen Streifenelemente auf der bisher einheitlich ruhigen Farbgestaltung (ursprünglich einheitlich<br />
gelbe Fassade, jetzt auf Höhe der Stockwerkbalkone Orange abgesetzt). Dadurch seien nicht nur<br />
bloße geschmackliche Empfindlichkeiten betroffen. Werde der Charakter einer Fassade so stark verändert,<br />
so liege hierin ein nicht nur unerheblicher Nachteil für die Eigentümer, die der Farbgestaltung<br />
nicht zugestimmt haben.<br />
1182 <strong>ZAP</strong> Nr. <strong>22</strong> 20.11.<strong>2019</strong>