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ZAP-2019-22

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Immobiliarsachenrecht/WEG-Recht Fach 7, Seite 537<br />

Negative Einwirkungen<br />

Haus, ein anstößiges oder schamverletzendes Verhalten der Bordellkunden außerhalb der Räumlichkeiten<br />

oder Lärmimmissionen durch das mit dem Bordellbetrieb verbundene erhöhte Kraftfahrzeugaufkommen<br />

(OLG Oldenburg WM 1998, 164 f.).<br />

b) Wohnungseigentümergemeinschaft<br />

Schon aufgrund der räumlichen Nähe innerhalb derselben Eigentumswohnungsanlage zieht das WEG<br />

die Grenzen in diesem Bereich erheblich enger. Die Nutzung der Eigentumswohnung zur Prostitution<br />

ist nach st. Rspr. in jedem Fall unzulässig, zieht Abwehransprüche der übrigen Wohnungseigentümergemeinschaft,<br />

aber auch des einzelnen Eigentümers nach sich und kann auch zur Entziehung des<br />

Wohnungseigentums nach § 18 WEG führen (BGH, Urt. v. 5.12.2014 – 5 ZR 5/14, NZM 2015, <strong>22</strong>0 –<br />

alleinige Verbandsmacht nach „Ansichziehen“). Wenn schon dem Wohnungseigentümer selbst die<br />

Nutzung seiner Wohnung zur Prostitution verboten ist, dann gilt dies erst recht für den Fall der<br />

Vermietung. Die Vermietung der Wohnung zur Prostitution muss keinesfalls geduldet werden.<br />

Ausnahmsweise kann hier der vermietende Wohnungseigentümer wirksam durch die Wohnungseigentümerversammlung<br />

verpflichtet werden, das Mietverhältnis zu kündigen und dies dem Verwalter<br />

nachzuweisen (HORST, a.a.O., S. 519, Rn 1899 m.w.N. zur Rechtspr., vgl. zuletzt BayObLG<br />

NJW-RR 2000, 1323 ff. = ZMR 2000, 689 ff.).<br />

c) Baurecht<br />

Auch bauplanungsrechtlich (z.B. §§ 34 BauGB, 6 BauNVO) lässt sich die Wohnungsprostitution in einem<br />

allgemeinen Wohngebiet wegen des damit verbundenen Störpotenzials als unzulässig durch die<br />

zuständige Behörde durch Ordnungsverfügung abwehren (VG Hamburg, Beschl. v. 21.11.2016 – 9 E 5604/<br />

16, IMR 2017, 207). Ein solches Gewerbe sei nur im baulich ausgewiesenen Gewerbegebiet zulässig. Aber<br />

auch dann ist ein Mindestabstand zur Grenze des Nachbargrundstücks (Einhaltung baulicher<br />

Abstandsflächen) wegen des Störpotenzials einzuhalten (VG Neustadt an der Weinstraße, Beschl. v.<br />

24.9.2018 – 5 L 1140/18. NW, BeckRS 2018, 23931; zur Unzulässigkeit eines Gewerberaum als Erotikmarkt<br />

in einem Wohn- und Mischgebiet: VG Arnsberg, Urt. v. 17.6.2008 – 4 K 1364/07; VG Minden, Urt. v.<br />

23.10.2012 – 1 K 2109/11; zur Bewertung von Wohnungsprostitution insbesondere in festgelegten<br />

Sperrbezirken, die wiederum für den zivilrechtlichen Begriff der Ortsüblichkeit vorgreiflich ist: BVerfG,<br />

Beschl. v. 28.4.2009 – 1 BvR <strong>22</strong>4/07, NVwZ 2009, 905).<br />

4. Drogenhilfezentrum<br />

Der BGH hatte sich mit einem nachbarlichen Abwehranspruch gegen den Betreiber eines Drogenhilfezentrums<br />

zu befassen. Die dort Betreuten richteten auf der Straße vor dem Drogenhilfezentrum<br />

und auch vor dem Grundstück des Klägers einen „Szenetreff“ ein, verunreinigten den Bürgersteig mit<br />

gebrauchten Spritzen, Flaschenscherben und Essensresten sowie mit Erbrochenem und Exkrementen.<br />

Sie behinderten schließlich den Zugang zum klägerischen Grundstück, ohne selbst in das Grundstück<br />

einzudringen oder das Grundstück in sonstiger Weise selbst zu verschmutzen. Der BGH<br />

(<strong>ZAP</strong> EN-Nr. 594/2000 = MDR 2000, 1069 f. m. Anm. HORST = NZM 2000, 979 ff. = ZMR 2000, 743 ff.)<br />

kam zu dem Ergebnis, dass hier über den Bereich einer bloßen ideellen oder ästhetischen Einwirkung<br />

hinaus eine abwehrfähige Beeinträchtigung des Eigentums des Klägers i.S.v. § 1004 Abs. 1 BGB vorlag.<br />

Demgemäß wurde ein Abwehranspruch gegen den Betreiber des Drogenhilfezentrums zuerkannt.<br />

Der Unterschied zu den „Bordellfällen“ in der Grundstücksnachbarschaft besteht darin, dass hier der<br />

Betrieb des Drogenhilfezentrums „nach außen“ wirkte, während in den „Bordellfällen“ allein das<br />

Wissen um den Betrieb derartiger Etablissements in der Nachbarschaft für die Zuerkennung eines<br />

eigentumsrechtlichen Abwehranspruchs nicht ausreichte.<br />

5. Verwildernlassen des Grundstücks<br />

Grundsätzlich kann der Eigentümer frei entscheiden, ob er sein Grundstück im Sinne eines „englischen<br />

Gartens“ pflegt oder verwildern lässt (§ 903 BGB). Störungen, die lediglich das ästhetische Empfinden<br />

beim Anblick eines ungepflegten Nachbargrundstücks betreffen, begründen keinerlei Rechtsansprüche.<br />

Von Extremfällen und ganz außergewöhnlichen Umständen abgesehen (dazu: OLG Düsseldorf<br />

<strong>ZAP</strong> Nr. <strong>22</strong> 20.11.<strong>2019</strong> 1177

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