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ZAP-2019-22

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Fach 7, Seite 534<br />

Negative Einwirkungen<br />

Immobiliarsachenrecht/WEG-Recht<br />

lichtbündelnden Spotscheinwerfern sowie musikalische Takte optisch umsetzende Lichtorgeln bei<br />

Open-Air-Konzerten oder Diskotheken und Clubs denkt.<br />

bb) Immissionsschutzrecht<br />

Die gezielte Zuführung von Licht gehört zu den immissionsschutzrechtlich relevanten Immissionen wie<br />

Emissionen (§ 3 Abs. 2 u. 3 BImSchG). Dies bedeutet, dass die privatrechtlich abwehrbaren Lichtimmissionen<br />

und Lichtemissionen auch öffentlich-rechtlich zum Rechtsschutz nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz<br />

führen.<br />

cc) Wohnungseigentumsrecht<br />

Das Anbringen von Leuchten auf dem im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Balkon stellt<br />

eine bauliche Veränderung i.S.v. § <strong>22</strong> Abs. 1 WEG dar und bedarf daher der Zustimmung aller<br />

Miteigentümer (OLG Frankfurt, Beschl. v. 11.2.1988 – 20 W 24/88, zit. nach BIELEFELD, Der Wohnungseigentümer,<br />

5. Aufl. 1995, S. 341). BIELEFELD (a.a.O.) weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die<br />

Entscheidung einer baulichen Veränderung mit Zustimmungspflicht aller Miteigentümer einzelfallabhängig<br />

zu prüfen bleibt. Entscheidend sei, ob durch die angebrachten Leuchtkörper tatsächlich eine<br />

Beeinträchtigung gegeben ist, oder ob nicht vielmehr auf die Zustimmung der Miteigentümer gem.<br />

§ <strong>22</strong> Abs. 1 S. 2 WEG verzichtet werden könne. Homogen zu den vorherigen Darlegungen wird man<br />

diese Prüfung danach vornehmen müssen, ob die angebrachten Beleuchtungen die benachbarten<br />

Eigentumswohnungen auch direkt bescheinen und ob dies der betreffende Wohnungseigentümer<br />

zumindest billigend mit in Kauf genommen hat. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, so wird man<br />

analog der negativen Einwirkungen auf Nachbargrundstücke vertreten können, dass abstrahlende<br />

Auswirkungen der Beleuchtungen des Balkons von den Wohnungsnachbarn nicht abwehrbar sein<br />

dürften. Keine abwehrfähige bauliche Veränderung liegt vor, wenn öffentlich-rechtliche Vorgaben<br />

zum Sonnenschutz für Wohnanlagen in einer Wohnungseigentumsanlage erstmals ordnungsgemäß<br />

umgesetzt werden (Jalousien als Verschattungseinrichtung, BGH, Urt. v. 20.7.2018 – V ZR 56/17,<br />

NZM 2018, 794).<br />

c) Straßenlaternen<br />

Die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung hat mehrfach zu Klagen gegen blendende und lichtimmissionierende<br />

Straßenbeleuchtungen Stellung genommen. In Betracht kommt die Abwehr derartiger<br />

Lichtimmissionen durch einen gegen die Gemeinde gerichteten öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch.<br />

Dabei kann dahinstehen, ob als Anspruchsgrundlage für diesen Abwehranspruch die<br />

Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1 S. 1 GG (Recht auf körperliche Unversehrtheit) oder aus Art. 14 Abs. 1 GG<br />

(Grundrecht auf Eigentum) oder aus den entsprechend anwendbaren Bestimmungen der §§ 1004, 906<br />

BGB in Betracht kommen. Obgleich Uneinigkeit über die dogmatische Herleitung eines solchen<br />

öffentlich-rechtlichen Abwehranspruchs besteht, ist dieser Anspruch auf Abwehr von Immissionen<br />

anerkannt, die von einer öffentlich-rechtlichen Einrichtung ausgehen (Nds. OVG OVGE 44, 351, 352 ff.;<br />

SCHENK, in: BIRKL, Nachbarschutz, Bd. 1, Teil F, Rn 95). Dabei ist zwischen den individuell geschützten<br />

Rechtsgütern und den mit der hoheitlichen Maßnahme oder öffentlichen Einrichtung verfolgten<br />

öffentlich-rechtlichen Zwecken abzuwägen.<br />

Hier ist zu bedenken, dass eine Pflicht zu einer allgemeinen Beleuchtung der Verkehrsflächen besteht.<br />

Sie dient als gemeindliche Aufgabe i.R.d. gemeindlichen Allzuständigkeit der Aufrechterhaltung der<br />

öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie als Mittel zur Förderung des gemeindlichen Lebens, zur<br />

Belebung der wirtschaftlichen, kulturellen und gesellschaftlichen Bestrebungen, zur Hebung der<br />

Bequemlichkeit der Bürger und des Ansehens der Gemeinde (OVG Koblenz NJW 1986, 953).<br />

Mit diesen Abwägungsgrundsätzen hat das Niedersächsische OVG (a.a.O.) einen öffentlich-rechtlichen<br />

Abwehranspruch gegen Blendungen im Innenbereich einer Wohnung durch eine Straßenbeleuchtung<br />

bei Nacht verneint (ebenso: OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 11.6.2010 – 1 A 10474/10.OVG), für Blendungen<br />

auf dem zur Wohnung gehörenden Balkon als Außenwohnbereich dagegen bejaht, wenn die blendende<br />

1174 <strong>ZAP</strong> Nr. <strong>22</strong> 20.11.<strong>2019</strong>

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