Betriebliches Gesundheitsmanagement Magazin 2019
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ARBEITEN IN EINER DER<br />
„BESTEN ALLER ZEITEN“<br />
BARDIA MONSHI IST SEIT ACHT JAHREN FACHLICHER LEITER<br />
DER JÄHRLICHEN BGM-TAGUNG VON „BUSINESS CIRCLE“ IN WIEN.<br />
DER ARBEITS- UND ORGANISATIONSPSYCHOLOGE ÜBER TRENDS<br />
IN DER ARBEITSWELT – UND WAS SIE FÜRS BETRIEBLICHE<br />
GESUNDHEITSMANAGEMENT BEDEUTEN.<br />
INTERVIEW: CHRISTOF DOMENIG<br />
Die Arbeitswelt wird gefühlt<br />
komplexer, das macht aber auch<br />
<strong>Betriebliches</strong> <strong>Gesundheitsmanagement</strong><br />
nicht einfacher. Warum sollten<br />
Unternehmen dennoch nicht die Lust<br />
am BGM verlieren?<br />
Weil es immer hochrelevant bleiben<br />
wird, auf die Gesundheit zu achten. Die<br />
Komplexität der „New Work“ erfordert<br />
ja gerade, dass Menschen sich im Betrieb<br />
gut eingebunden und weniger ausgebeutet<br />
fühlen. Und Gesundheit bleibt die<br />
Basis für Leistungskraft und Arbeitszufriedenheit.<br />
Der Blick im Betrieblichen<br />
<strong>Gesundheitsmanagement</strong> muss aber<br />
künftig noch stärker auf die vitale Organisationsentwicklung<br />
und individuelle<br />
Bedürfnisse ausgerichtet werden.<br />
Viele Menschen fürchten sich vor<br />
Digitalisierung, dass ihre Arbeit<br />
„wegdigitalisiert“ wird. Unsicherheit<br />
und Angst sind aber weder gesund<br />
noch leistungsfördernd. Wie also kann<br />
man den Menschen Zuversicht geben?<br />
Ein gewisses Ausmaß an Unsicherheit ist<br />
schon gesund. Wäre die Welt total sicher,<br />
wäre es langweilig und man hätte<br />
keine Spielräume. Unsicherheit und Unplanbarkeit<br />
sind ja die Basis für Kreativität<br />
und Freiheit. Zur Zuversicht: Wir leben<br />
in einer der besten Zeiten, die die<br />
Menschheit je hatte. Das ist doch schon<br />
mal eine gute Ausgangslage. Außerdem<br />
sind die Prognosen meist besonders dramatisch<br />
aufgeladen – das Sprichwort:<br />
Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht<br />
wird“ kann man hier beherzigen.<br />
Von heute auf morgen wird nicht alles<br />
wegdigitalisiert werden. Die Gabe des<br />
Menschen ist, dass er Gestaltungsräume<br />
wahrnehmen kann, außer er steckt den<br />
Kopf in den Sand. Daher: Kopf hoch,<br />
Ärmel hoch.<br />
Oft hört man, wir müssten „am<br />
Mindset arbeiten“. Ist es also, etwas<br />
zugespitzt, auch Einstellungssache,<br />
ob man sich in der Arbeit wohlfühlt<br />
und gesund bleibt?<br />
Der Mindset ist immer dabei. Obwohl<br />
ich mich als Coach und Psychologe<br />
intensiv mit der Selbstentwicklung<br />
von Menschen beschäftige, werde ich<br />
immer skeptisch, wenn Arbeitgeber alles<br />
auf den Mindset schieben. Genau so<br />
skeptisch werde ich, wenn Mitarbeiter<br />
alles auf die Arbeitsumstände schieben.<br />
Jeder hat einen eigenen Verantwortungsbereich.<br />
Arbeitgeber würden dann die<br />
Starre Strukturen,<br />
etwa fixe<br />
Arbeitszeiten und<br />
Arbeitsorte, sind<br />
im Rückzug. Das<br />
bringt Chancen und<br />
Freiheiten, benötigt<br />
aber auch andere<br />
Kompetenzen.<br />
Verantwortung übernehmen, die Expertise<br />
ihrer Mitarbeiter zu nutzen, um Arbeitsumstände<br />
und Prozesse zu verwirklichen,<br />
in denen Gesundheitsressourcen<br />
nicht verschwendet werden. Und Arbeitnehmer<br />
lassen sich nicht verführen, ihre<br />
Mündigkeit nicht abzugeben bzw. sie<br />
sich abnehmen zu lassen.<br />
Zu allerletzt darf auch am Mindset gearbeitet<br />
werden und Resilienz aktiviert<br />
werden. Viktor Frankl war KZ-Überlebender<br />
und sagte: „Die letzte Freiheit<br />
des Menschen besteht darin, dass er immer<br />
seine Einstellung wählen kann.“<br />
Das ist aber die letzte Freiheit, die sollte<br />
man auch zuletzt aktivieren müssen.<br />
Fotos: Getty Images, Bardia Monshi<br />
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