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Betriebliches Gesundheitsmanagement Magazin 2019

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WENN<br />

DIGITAL<br />

STRESST<br />

BEI WELTWEIT 294 MILLIARDEN<br />

TÄGLICHEN E-MAILS ODER<br />

3 MILLIARDEN SMARTPHONES, AUF<br />

DIE ALLE 18 MINUTEN DER BLICK<br />

FÄLLT, STELLT SICH DIE<br />

FRAGE: WAS MACHT<br />

DIGITALER STRESS MIT<br />

UNS UND WIE KANN MAN<br />

MIT IHM UMGEHEN?<br />

VON CHRISTOF DOMENIG<br />

Die physiologische Auswirkung von<br />

Computerarbeit haben Wissenschafter<br />

bei einer Versicherung<br />

unter die Lupe genommen. Eine Gruppe<br />

Beschäftigter arbeitete am Computer,<br />

eine andere erledigte dieselben Aufgaben<br />

auf Papier. Arbeitsbelastung, Ärger und<br />

Erschöpfung wurden erhoben, alle drei<br />

Stress-Parameter waren bei der „Computer-Gruppe“<br />

deutlich höher, auch<br />

abends zu Hause noch.<br />

Diese Studie ist 35 Jahre alt und zeigt,<br />

dass Stressbelastung durch digitale Helfer<br />

nicht neu ist. René Riedl, Professor<br />

für Digital Business und Innovation an<br />

der FH Oberösterreich und der Universität<br />

Linz, empfiehlt, das Phänomen „digitaler<br />

Stress“ auch heute unbedingt<br />

ernst zu nehmen. Ein zu hohes Maß dieses<br />

Stresses, der durch Nutzung und Allgegenwart<br />

von digitalen Technologien<br />

erzeugt wird, wirke sich auf die Gesundheit<br />

wie die Produktivität nachteilig aus.<br />

Digitaler Stress ist auch in aktuellen<br />

Studien vielfach belegt, weiß Riedl:<br />

Zum Beispiel wurde der Einfluss von<br />

Systemeinführungen auf Arbeitnehmer<br />

untersucht. An drei Messzeitpunkten<br />

wurden die Stresshormone Adrenalin,<br />

Noradrenalin und Kortisol gemessen –<br />

zwei Monate vor Start der Einführung,<br />

währenddessen und zwölf Monate danach.<br />

Stressreaktionen waren deutlich<br />

nachweisbar, interessanterweise auch ein<br />

Jahr nach der Einführung noch.<br />

In einer anderen Studie ließ sich über<br />

Hirnströme nachweisen, dass Menschen,<br />

die Aufgaben am Computer lösen, deutlich<br />

schneller ermüden als solche, die<br />

mit Stift und Papier arbeiten. Auch über<br />

die Herzschlagrate lassen sich Stressbelastungen<br />

zeigen. Riedl selbst hat sich<br />

die körperlichen Reaktionen auf Systemabstürze<br />

angeschaut. Dafür wurde ein<br />

Onlineshop „nachgebaut“, die scheinbar<br />

simple Aufgabe war, Einkäufe zu tätigen.<br />

Kurz vor dem finalen Klick wurde ein<br />

Systemabsturz simuliert, die hohe Stressbelastung<br />

war über das Hormon Kortisol<br />

eindeutig zu erkennen. Die Message,<br />

die man unmittelbar daraus ableiten<br />

könne: „Wer sich in solchen Situationen<br />

leicht aufregt, sollte an sich arbeiten.“<br />

Wie gegensteuern?<br />

Der 42-jährige Wissenschafter – er<br />

kommt ursprünglich aus der Wirtschaftsinformatik<br />

und ist daher garantiert<br />

„unverdächtig“, digitale Innovationen<br />

abzulehnen – empfiehlt zweierlei:<br />

einen bewussten, maßvollen Einsatz der<br />

Technologien sowie das Erlernen von<br />

Stressbewältigungsstragegien. Simples<br />

Beispiel: Bewusst tief durchzuatmen,<br />

senkt in Stresssituationen unmittelbar<br />

den Herzschlag. Erforscht ist auch die<br />

ideale Pausengestaltung bei Computerarbeit.<br />

Am Vormittag sollte man im<br />

Schnitt 50 Minuten arbeiten und dann<br />

Fotos: Getty Images, René Riedl<br />

12 BGM

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