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ZAP-2019-21

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<strong>ZAP</strong><br />

Anwaltsmagazin<br />

EU sieht Defizite bei<br />

Beschuldigtenrechten<br />

Beschuldigte in Strafverfahren werden oft nicht<br />

ausreichend über ihre Rechte informiert und<br />

haben nicht immer angemessenen Zugang zum<br />

Recht. Dies ergibt sich aus einem aktuellen Bericht<br />

der European Union Agency for Fundamental<br />

Rights (FRA). Sie hatte im Auftrag der EU-<br />

Kommission u.a. untersucht, wie die Mitgliedsstaaten<br />

die entsprechende EU-Richtlinie über das<br />

Recht auf Zugang zu einem Rechtsbeistand umgesetzt<br />

haben.<br />

Dazu hat die Agentur mehr als 250 Beschuldigte<br />

und Angehörige der Rechtsberufe in acht<br />

Mitgliedsstaaten befragt. Nach der EU-Richtlinie<br />

2013/48/EU ist eine einheitliche Art der Belehrung<br />

in mündlicher und schriftlicher Weise, die Mitteilung<br />

der erhobenen Anschuldigungen, die unmittelbare<br />

Gewährung eines Rechtsbeistandes und<br />

die Behandlung als Verdächtiger und nicht als<br />

Zeuge oder mittels informeller Befragung erforderlich.<br />

Im Zusammenhang mit dem Europäischen<br />

Haftbefehl sollten die Mitgliedsstaaten auch Übersetzungs-<br />

und Dolmetscherdienste zur Verfügung<br />

stellen, damit die Beschuldigten die Konsequenzen<br />

und Bedeutung nachvollziehen können.<br />

Ergebnis der Untersuchung war, dass Beschuldigte<br />

häufig Probleme haben, in einigen Ländern<br />

eine rechtliche Vertretung zu erhalten. Auch<br />

brachte die Befragung ans Licht, dass die Strafverfolgungsorgane<br />

in vielfacher Weise die Beschuldigtenrechte<br />

regelrecht „unterlaufen“. So<br />

wird berichtet, dass Polizeibeamte Beschuldigte<br />

zunächst als Zeugen befragen, um die entsprechenden<br />

vorgeschriebenen Belehrungen zu vermeiden.<br />

Andere benutzen eine derart verrechtlichte<br />

und damit für viele schwer verständliche<br />

Ausdrucksweise bei der Belehrung, dass diese<br />

Information für die Betreffenden wenig hilfreich<br />

ist. Selbst Beschuldigten, die es schaffen, an einen<br />

Anwalt zu gelangen, werden zahlreiche Hindernisse<br />

in den Weg gelegt.<br />

Der vollständige 74-seitige Bericht der Agentur<br />

(derzeit leider nur in englischer Fassung verfügbar)<br />

kann auf deren Internetseite unter https://fra.euro<br />

pa.eu/sites/default/files/fra_uploads/fra-<strong>2019</strong>-rights-inpractice-access-to-a-lawyer-and-procedural-rightsin-criminal-and-european-arrest-warrant-proceedings.<br />

pdf als PDF abgerufen werden. [Quelle: FRA]<br />

Kritik an sozialen Kompetenzen<br />

von Anwälten<br />

Viele Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sind<br />

schlechte Chefs. Ihnen mangelt es vor allem an<br />

sozialen Kompetenzen beim Umgang mit ihren<br />

Mitarbeitern. Das war das Ergebnis des Expertenforums<br />

„Die Zukunft eines Berufs“, das der<br />

Deutsche Anwaltverein (DAV) Mitte September<br />

in Berlin veranstaltet hat.<br />

Vor dem Hintergrund, dass die Zahl der Rechtsanwalts-<br />

und Notarfachangestellten (ReNos) und<br />

der Rechtsanwaltsfachangestellten (ReFas) ist in<br />

den letzten 40 Jahren drastisch gesunken ist und<br />

mittlerweile nur noch 5 % der Kanzleien berichten,<br />

dass sie keine Probleme bei der Rekrutierung<br />

neuer Mitarbeiter haben, wurde insbesondere die<br />

Frage erörtert, was Anwältinnen und Anwälte<br />

tun können, um ReNos und ReFas zu halten oder<br />

neu für ihre Kanzlei zu gewinnen. Hingewiesen<br />

wurde darauf, dass im Jahr 1980 noch 10.000<br />

Ausbildungsverträge (bei einer Zahl von 36.000<br />

zugelassenen Rechtsanwälten) mit angehenden<br />

ReNos und ReFas abgeschlossen wurden, 2017<br />

waren es hingegen bei mehr als 160.000 zugelassenen<br />

Anwälten nur noch knapp 3.300 Verträge.<br />

Ein Teil dieser Entwicklung geht natürlich<br />

auf das Konto der EDV, die zwischenzeitlich flächendeckend<br />

in die Büros eingezogen ist. Auch<br />

erfüllen heute insbesondere in großen Kanzleien<br />

nicht selten Wirtschaftsjuristen mit Bachelor-<br />

Abschluss die Arbeit von ReNos, zudem sind<br />

Legal-Tech-Anwendungen auf dem Vormarsch.<br />

Aber gerade kleine und mittlere Kanzleien werden<br />

trotz dieser Entwicklungen auf absehbare<br />

Zeit nicht ohne ReNos oder ReFas auskommen<br />

können.<br />

Wenn es so weitergehe, war die Prognose, sterben<br />

diese Berufe in etwa zehn Jahren aus. Die Gründe<br />

seien nicht allein struktureller Natur. Starke Kritik<br />

wurde insbesondere an den Anwältinnen und Anwälten<br />

geübt. Beklagt wurde vor allem die mangelnde<br />

Wertschätzung der nichtjuristischen Mitarbeiter.<br />

Auffällig war hier die Diskrepanz in der<br />

Blickrichtung: Während die Anwälte sich meist für<br />

gute Führungskräfte halten, sehen die Angestellten<br />

dies oft ganz anders. Rechtsanwälte benötigen<br />

als Ausbilder keinen Ausbildungsschein und haben<br />

deshalb offenbar Defizite, die Mitarbeiter adäquat<br />

zu führen und auf ihre Bedürfnisse einzugehen.<br />

<strong>ZAP</strong> Nr. <strong>21</strong> 7.11.<strong>2019</strong> 1093

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