Story 52 www.erfolg-magazin.de . <strong>Ausgabe</strong> 06/<strong>2019</strong> . ERFOLG magazin
Story Konzentriere dich auf das Wesentliche Jeanette Biedermann im Interview Bilder: Harald Engel Witzig, dass du in dieser Situation sitzt. Du hast ja ursprünglich mal eine Ausbildung zur Friseurin bei Udo Waltz angefangen, oder? Ja genau, aber nicht, weil ich gerne Friseurin werden wollte. Als ich sagte, für mich ist klar, dass ich Sängerin zu werden möchte, und das war wirklich schon sehr früh der Fall, meinten meine Mutter und mein Vater, das ist zwar superschön, aber lerne doch noch was Handwerkliches, falls der Plan nicht aufgeht. Dann hab ich ein bisschen widerwillig überlegt, was ich denn machen kann, was mir vielleicht auch für später was nützt. Und dann dachte ich, es ist als Frau schon gut zu wissen, wie man sich zurecht macht. Aber die Lehre hast du nicht zu Ende geführt, sondern bist doch in deiner Leidenschaft aufgegangen. Ich habe nach eineinhalb Jahren Lehre einen Plattenvertrag bekommen. Krass. Würdest du das auch anderen Menschen empfehlen, die einen Beruf wegen dem Elternhaus machen, aber eigentlich sagen, sie haben eine andere Leidenschaft? Würdest du ihnen sagen, folg deiner Leidenschaft, auch, wenn du den Wunsch deiner Eltern nicht erfüllst? Das ist eine persönliche Sache, die jeder für sich selbst entscheiden muss. Man weiß natürlich nie und auch ich wusste nicht, was passieren würde. Ich habe mich entschieden, das zu machen. Jeder muss selber entscheiden, wieviel Risiko er auf sich nimmt. Als Musikerin befasst man sich zu hundert Prozent, die ganze Zeit mit seinem Innenleben, mit sich selber, mit den Dingen, die man sagen will, mit Dingen, die man verarbeitet. Wie hoch war dein Ehrgeiz-Level? Der ist bestimmt allgemein sehr hoch, aber war das damals schon so? Ich würde mich jetzt nicht als hyper-ehrgeizig beschreiben, sondern eher als leidenschaftlich. Ich muss das tun, was ich tue, weil ich ohne Musik nicht leben kann. Auch wenn ich mal Pause gemacht und gesagt habe, ich muss jetzt runterfahren, kam immer der Moment, wo ich dringend Musik brauchte und schreiben musste, was raus wollte. Aber das Ganze als Karriere im Musikbusiness zu machen ist ja nochmal eine Schippe drauf. Da geht es ja schon um Preis bezahlen und man muss Gas geben, oder? Preis bezahlen – das liegt immer alles in unseren Händen, wenn wir uns dafür entscheiden. Und wenn wir das nicht mehr wollen, müssen wir das nicht mehr machen. Wenn die Leute sagen: „Meine Plattenfirma hat mich vergewaltigt und ich wollte das alles gar nicht“ - das kann ich nicht akzeptieren, weil wir alle volljährig sind. Auch ich war volljährig, als ich meinen ersten Plattenvertrag unterschrieben habe, ich konnte lesen und hatte auch jemanden an meiner Seite, der solche Verträge versteht und mir übersetzt hat. Ich habe zu jeder Zeit die Möglichkeit gehabt, zu sagen, ich will das nicht. Du hast ja dann parallel Musik und Schauspiel gemacht. War das Interesse an beiden Dingen gleich hoch? Das sind ja zwei ganz unterschiedliche Sachen. Als Musikerin befasst man sich zu hundert Prozent, die ganze Zeit mit seinem Innenleben, mit sich selber, mit den Dingen, die man sagen will, mit Dingen, die man verarbeitet. Als Schauspielerin gab es für mich die Möglichkeit, dem auch mal zu entfliehen, mal ein bisschen Abstand von mir selber zu nehmen und in eine ganz andere Person reinzuschlüpfen. Das war immer ein schöner Ausgleich für mich und darum konnte ich davon nicht die Finger lassen. Hilft dir das denn umgekehrt auch in deiner Musikkarriere? Auf jeden Fall, weil irgendwann auch wieder der Drang kommt, sich mit seinem Inneren zu beschäftigen. ERFOLG magazin . <strong>Ausgabe</strong> 06/<strong>2019</strong> . www.erfolg-magazin.de 53