Erfolg Magazin Ausgabe 6-2019
ILKA BESSIN: Die Frau, die Cindy aus Marzahn war JOACHIM GAUCK: Keine Toleranz für Intoleranz JEANETTE BIEDERMANN: Musik und Liebe HARALD GLÖÖCKLER: Bleib dir selbst treu! MICAELA SCHÄFER: Das nackte Leben TOKIO HOTEL: Erfolgsstory
ILKA BESSIN: Die Frau, die Cindy aus Marzahn war
JOACHIM GAUCK: Keine Toleranz für Intoleranz
JEANETTE BIEDERMANN: Musik und Liebe
HARALD GLÖÖCKLER: Bleib dir selbst treu!
MICAELA SCHÄFER: Das nackte Leben
TOKIO HOTEL: Erfolgsstory
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Einstellung<br />
man hat dem Tier in die Augen geschaut,<br />
wenn man es geschlachtet hat. Heute wird<br />
das Fleisch von der Theke gekauft und mit<br />
töten hat das anscheinend nichts zu tun.<br />
Doch in dem Moment, wenn man Fleisch<br />
hat, hat man auch mit Töten zutun ob<br />
man‘s hören will oder nicht.<br />
Du sagtest eben, man verlangt immer<br />
von anderen Aktion, anstatt selbst was<br />
zu machen. Ich glaube, in dem Buch bist<br />
du, weil es damals noch nicht so aktuell<br />
war, noch nicht auf die Fridays for Future<br />
Geschichte eingegangen, oder?<br />
Nein, weil ich da überhaupt nicht drauf<br />
eingehen will, weil das nach meiner Meinung<br />
eine große Farce ist. Das ist eine<br />
dumme, freche Göre, die andere Kinder<br />
dazu aufruft, von der Schule fern zu bleiben.<br />
So wie ich es mir gleich gedacht habe,<br />
steckt da ganz viel dahinter, was nicht ganz<br />
so astrein ist. Da kommt plötzlich so ein<br />
Mädel, springt auf und ruft andere auf, sie<br />
sollen jetzt protestieren gehen und schon<br />
wird sie für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen.<br />
Wieso kommt einem das nicht<br />
komisch vor? Sofort wird sie instrumentalisiert<br />
und von der<br />
Politik benutzt. Es ist<br />
natürlich praktisch,<br />
eine Greta hochzuheben.<br />
Dadurch kann<br />
man von vielem anderen<br />
ablenken.<br />
Ich will gar nicht so<br />
auf das kleine Mädel<br />
eingehen, sondern<br />
eher auf das<br />
Gedankengut, das<br />
dahintersteckt, zu<br />
sagen, ihr müsst etwas tun. So wie du es<br />
eben so schön gesagt hast, könnte man<br />
jetzt theoretisch argumentieren, dann<br />
geht doch zusammen in den Garten und<br />
pflanzt einen Baum.<br />
Und muss man das machen, wenn man<br />
Schule hat? Das finde ich nicht ganz so<br />
lustig. Wenn wir jetzt alle aufhören zu<br />
arbeiten und demonstrieren gehen und<br />
auch die Ärzte hören auf zu operieren,<br />
finden wir das dann auch toll, oder wie?<br />
Also ich bin nicht ganz so begeistert. Ich<br />
bin begeistert von jungen Leuten, die<br />
sind insgesamt sehr viel bewusster als<br />
andere Generationen, denn sie wissen,<br />
dass es so nicht weitergehen kann. Und<br />
Das ist eine dumme,<br />
freche Göre,<br />
die andere Kinder<br />
dazu aufruft, von<br />
der Schule fern zu<br />
bleiben.<br />
ich finde auch gut, wenn sich da welche<br />
hervortun und sagen, komm lass was<br />
machen. Aber bei mir kommt dann der<br />
Unternehmer durch. Man kann nicht<br />
einfach so aufhören zur Schule oder zur<br />
Arbeit zu gehen, um zu demonstrieren.<br />
Sollen sie halt Samstag oder Sonntag demonstrieren.<br />
Dann segelt Greta nach New York und auf<br />
Fotos davon steht die Evian Flasche von<br />
Nestle daneben. Na, wie passt denn das?<br />
Ich meine, ich habe auch Evian hier stehen,<br />
aber ich bin auch nicht Greta. Aber<br />
wenn man so militant ist, dann passt das<br />
nicht so richtig und dann wird sie unglaubwürdig<br />
in meinen Augen.<br />
Ich glaube, das macht sie auch erst, seitdem<br />
sie extrem dafür kritisiert wurde,<br />
dass sie andauernd im Flugzeug zu irgendwelchen<br />
Pressetermine flog. Seitdem<br />
reist sie mit Schiffen.<br />
Dann muss sie aber nicht die Evian Flaschen<br />
danebenstehen haben. Ich finde,<br />
bei den jungen Leuten tut sich ganz viel,<br />
auch ohne Greta. Das ist auch gut so, weil<br />
man nur<br />
junge Leute<br />
motivieren<br />
kann. Die<br />
alten sind eh<br />
schon verkrustet.<br />
Guck mal, in<br />
meinem Alter sind<br />
viele schon stur und<br />
bockig. Ich kann mit<br />
solchen Viechern von<br />
Menschen nichts anfangen.<br />
Die sind so<br />
unflexibel und desto<br />
älter sie werden, desto schlimmer wirds.<br />
Du bist ja für mich immer schon ein<br />
großes Beispiel für Veränderung. Wo ist<br />
denn der Unterschied zwischen „sich authentisch<br />
treu bleiben“, „mit der der Zeit<br />
gehen“ und „sich verändern“.<br />
Wir verändern uns jeden Tag, sekündlich,<br />
das kann sowieso nicht aufhalten.<br />
Beim Thema Schönheits-OPs, wenn sie<br />
zu mir sagen, „ich würde das nie machen,<br />
weil man nicht mehr wie vorher<br />
aussieht“ - so siehst du doch jetzt schon<br />
nicht mehr aus, guck dich doch mal im<br />
Spiegel an. „Ja, mach ich doch“. Ja, dann<br />
putz den Spiegel!<br />
Und das ,sich treu bleiben‘ ist auch so ein<br />
großes Wort. Jemand, der wahrhaftig ist,<br />
bleibt sich sowieso treu. Das sind Menschen,<br />
die ein starken Charakter haben, die autark<br />
sind, die keine Angst haben anzuecken.<br />
Aber alle, die Angst haben anzuecken, die<br />
mit dem Wind gehen, bleiben sich nicht<br />
treu, geht ja nicht. Wenn du dir treu bleibst,<br />
wirst du natürlich schnell als schwierig, als<br />
exzentrisch angesehen. So jemanden protegiert<br />
man nicht gern, sondern lieber Leute,<br />
die man kontrollieren kann. Mich kann<br />
man nicht kontrollieren, deshalb haben auch<br />
manche Journalisten panische Angst, wenn<br />
sie auf mich treffen. Als wäre ich eine Bombe,<br />
die jeden Moment hochgehen kann. Ich<br />
bin nicht einschätzbar und auch dieses ganze<br />
Domestizieren hat bei mir schon in Kindertagen<br />
nicht funktioniert. Sich treu zu bleiben<br />
ist auch eine gewisse Mentalität. Ich bin<br />
schon immer so gewesen. Als Kind<br />
war ich eher<br />
ruhig. Mein Vater<br />
war ge-<br />
walttätig und ich<br />
musste im-<br />
mer aufpassen.<br />
Ich habe sehr früh gelernt,<br />
50 www.erfolg-magazin.de . <strong>Ausgabe</strong> 06/<strong>2019</strong> . ERFOLG magazin