STAHL + TECHNIK 10 2019 Leseprobe
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KARRIERE | 75<br />
Teams, bei denen die Teammitglieder<br />
einen sehr unterschiedlichen beruflichen<br />
und kulturellen Background haben. Das ist<br />
speziell bei länderübergreifenden Projektteams<br />
oft der Fall. Bei ihnen ist die Gefahr<br />
groß, dass – wenn die Phase des wechselseitigen<br />
Sichkennen- und -verstehenlernens<br />
sozusagen übersprungen wurde –<br />
aufgrund der Irritationen, die im<br />
Arbeitsalltag auftreten, das Miteinander<br />
durch Stereotypen geprägt wird, wie<br />
• „Die Amerikaner sind halt oberflächlich“<br />
• „Die Südländer sind halt faul“<br />
• „Die Deutschen sind halt Grübler und<br />
Bedenkenträger“.<br />
Herausforderung: Entwicklung<br />
multinationaler Teams<br />
Deshalb spielt gerade in den Teamentwicklungsmaßnahmen<br />
für multinationale<br />
Teams außer dem „Forming“ auch<br />
das „Norming“ – also das Sichverständigen<br />
auf gemeinsame Regeln für die<br />
Zusammenarbeit und Kommunikation<br />
– eine zentrale Rolle, denn: Das, was<br />
dem jeweils anderen wichtig ist, hat<br />
stets auch kulturelle Wurzeln.<br />
Ohne ein solches „Forming“ und<br />
„Norming“ in gemeinsamen Teamentwicklungsmaßnahmen<br />
lässt sich gerade<br />
bei virtuellen Teams, bei denen die<br />
Teammitglieder einen sehr unterschiedlichen<br />
Background haben, das gemeinsame<br />
„Performing“ meist nur bedingt<br />
steigern. Dies gilt insbesondere dann,<br />
wenn es dabei um das gemeinsame<br />
Lösen komplexer Aufgaben geht, bei<br />
denen man bezüglich des optimalen<br />
Vorgehens stets unterschiedlicher Auffassung<br />
sein kann. Gerade diese haben<br />
jedoch in der Regel für den Unternehmenserfolg<br />
eine hohe Relevanz. Entsprechend<br />
wichtig ist es, dass die Personen,<br />
die für ihr Lösen zuständig sind,<br />
keine Truppe von Einzelkämpfern, sondern<br />
ein High-Performance-Team bilden.<br />
Forschung deutscher Unternehmen im Ausland ergänzt inländische Forschung<br />
Deutsche Unternehmen lassen häufig im<br />
Ausland forschen. Schadet das dem<br />
Standort Deutschland? Nein, in den<br />
meisten Fällen geht es darum, das in der<br />
Heimat entwickelte technologische<br />
Know-how zu ergänzen, zeigt eine neue,<br />
von der Hans-Böckler-Stiftung geförderte<br />
Studie.<br />
Jede vierte Erfindung machen große<br />
deutsche Unternehmen in ihren Forschungslaboren<br />
im Ausland. Drei Viertel<br />
der deutschen Unternehmensforschung<br />
im Ausland konzentrieren sich auf Technologien,<br />
in denen die Firmen auch in<br />
Deutschland besonders stark sind. Entscheidend<br />
für die Innovationskraft der<br />
weltweit tätigen deutschen Unternehmen<br />
bleibt somit meist der Standort<br />
Deutschland. Allerdings mit einer gewichtigen<br />
Ausnahme: Forschung zu Computertechnik,<br />
Datenverarbeitung und Kommunikationstechnik<br />
betreiben deutsche<br />
Konzerne offensichtlich oft gezielt in Ländern,<br />
die auf diesen Gebieten versierter<br />
sind als Deutschland. Zu diesen Ergebnissen<br />
kommen Forscherinnen und Forscher<br />
des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung<br />
(DIW Berlin) in der<br />
neuen Untersuchung, die die Hans-<br />
Böckler-Stiftung gefördert hat.<br />
Deutsche Unternehmen haben im Jahr<br />
2015 weltweit knapp 69 Mrd. € für Forschung<br />
und Entwicklung ausgegeben. Die<br />
Ausgaben lagen fast doppelt so hoch wie<br />
im Jahr 2003. In Forschungsaktivitäten im<br />
Ausland flossen rd. 35 % aller Aufwendungen.<br />
Ähnlich hoch war der Auslandsanteil<br />
für Forschung und Entwicklung bereits<br />
Anfang der 2000er-Jahre.<br />
Genauer unter die Lupe genommen<br />
haben die Wissenschaftler die Aktivitäten<br />
der <strong>10</strong>4 forschungsstärksten deutschen<br />
Unternehmen anhand der zwischen 2012<br />
und 2014 angemeldeten Patente ihrer<br />
Erfinder weltweit. Die meisten entfielen<br />
auf den Fahrzeugbau mit fast 30 %, gefolgt<br />
vom Maschinenbau mit 18 %, dem Bereich<br />
Datenverarbeitung, Elektronik und Optik<br />
mit 12 % sowie der Chemieindustrie mit<br />
<strong>10</strong> %. Die Hälfte aller Patentanmeldungen<br />
stammte von nur sechs Großunternehmen:<br />
Bosch, Siemens, Infineon,<br />
Volkswagen, Continental und BASF.<br />
Während in der Automobilindustrie nur<br />
jede fünfte Erfindung im Ausland getätigt<br />
wurde, waren es im Maschinenbau und<br />
der Chemieindustrie mit rd. 30 % deutlich<br />
mehr. Im Schnitt lag der Auslandsanteil bei<br />
den Erfindungen der <strong>10</strong>4 Unternehmen im<br />
Untersuchungszeitraum bei 27 % – und<br />
damit nur geringfügig unter dem Anteil an<br />
den Ausgaben, die für Forschung und Entwicklung<br />
im Ausland getätigt wurden. „Im<br />
Ausland wird also kaum weniger Forschung<br />
durchgeführt, die zu Patenten<br />
führt, als in der Heimat“, erklären die Forscher.<br />
„Originalität und Qualität der Unternehmensforschung<br />
im Ausland dürften<br />
kaum geringer sein als in Deutschland.“<br />
USA, Österreich, Frankreich und China<br />
wichtigste ausländische Forschungsstandorte.<br />
Die Auslandsforschung deutscher<br />
Unternehmen ist weltweit verteilt.<br />
Die beiden wichtigsten Forschungsregionen<br />
im Ausland sind die Europäische<br />
Union und die USA mit Anteilen von 12<br />
beziehungsweise 9 % an allen Erfindungen<br />
zwischen 2012 und 2014. Danach<br />
folgt mit deutlichem Abstand Asien mit<br />
5 %. Schaut man auf einzelne Länder, sind<br />
die USA, Österreich (3,4 %), Frankreich<br />
(1,8 %) und China (1,5 %) die wichtigsten<br />
ausländischen Forschungsstandorte.<br />
Die ausgewerteten Patentdaten ließen<br />
außerdem darauf schließen, in welchen<br />
Bereichen die Unternehmen forschen und<br />
welche Motive dahinter stecken: Konzentrieren<br />
sich die Firmen im Ausland besonders<br />
auf Technologien, in denen die jeweiligen<br />
Länder einen Vorsprung gegenüber<br />
Deutschland haben? Dies wäre ein<br />
Anhaltspunkt dafür, dass deutsche Unternehmen<br />
vor allem neues technologisches<br />
Wissen suchen, das ihnen im Heimatland<br />
nicht zur Verfügung steht. Oder forschen<br />
sie in Bereichen, auf die die Zielländer<br />
nicht spezialisiert sind, in denen diese also<br />
keinen besonderen Vorteil bieten? In dem<br />
Fall dürfte das Ziel sein, das in Deutschland<br />
entwickelte Wissen für andere Märkte<br />
anzupassen. Das ist z.B. dann nötig,<br />
wenn ein Produkt aus Deutschland auf<br />
spezifische Anforderungen der Kunden in<br />
einem anderen Land abgestimmt werden<br />
soll.<br />
Nach Analyse der Patentanmeldungen<br />
kommen die DIW-Wissenschaftler zu dem<br />
Schluss: Die Forschung deutscher Unternehmen<br />
im Ausland geschieht überwiegend<br />
aus einer Position der technologischen<br />
Stärke im Heimatland heraus. Drei<br />
Viertel der Aktivitäten finden in For-<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>10</strong>