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STAHL + TECHNIK 10 2019 Leseprobe

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26 | <strong>TECHNIK</strong><br />

Bild 3. Hauptdehnungen vor Bruch im Kantenrissprüfverfahren „Edge fracture tensile<br />

test“ des precidur ® HBS 800 im Vergleich zu einem konventionellen, mikrolegierten<br />

S700MC<br />

Vergleichsumformgrad<br />

2<br />

1,5<br />

1<br />

0,5<br />

0<br />

precidur® HBS 800<br />

plane-strain<br />

Ebene Dehnung<br />

beim Schneiden und Stanzen quantifizieren.<br />

Während beim Stanzen der Kanten<br />

starke Kaltverfestigungen und Schädigungen<br />

eingebracht werden, sind nach dem<br />

Fräsen nur sehr geringe Kaltverfestigungen<br />

und Schädigungen an der Blechkante<br />

zu erwarten. Im sogenannten „Edge fracture<br />

tensile test“ des UTG/TU München<br />

werden Proben mit gefrästen und mit<br />

gestanzten Kanten hergestellt und zerrissen.<br />

Auch dort zeigt sich das gutmütige<br />

Umformverhalten der geschnittenen Kanten<br />

eines precidur HBS 800 im Vergleich<br />

zu einem konventionellen Feinkornstahl.<br />

Im Gegensatz zum S700MC weist der precidur<br />

HBS 800 keine Dehnungskonzentration<br />

an den Schneidkanten auf, zeigt sich<br />

also deutlich unempfindlicher gegenüber<br />

dem Auftreten von Kantenrissen. Dies<br />

wird auch durch die Kec-Werte von 0,73<br />

für S700MC und 0,98 für HBS 800 bestätigt.<br />

Der Kec-Wert beschreibt dabei das<br />

Verhältnis der Umformgrade bei Einschnürung<br />

der schergeschnittenen zur gefrästen<br />

Probe. Bei einem Wert von Kec zwischen<br />

0,9 und 1,0 wird angenommen, dass das<br />

Material unempfindlich gegen Kantenrisse<br />

ist. Bei niedrigeren Werten wird die Dehnung<br />

zunehmend an den Kanten konzentriert.<br />

In Bild 3 sind die Hauptdehnungen<br />

vor dem Bruch für precidur HBS 800 im<br />

Vergleich zu einem herkömmlichen mikrolegierten<br />

S700MC dargestellt.<br />

Bruchdehnungen und lokale<br />

Umformbarkeit<br />

Sowohl die Anwendungen als auch die<br />

Spezifikationen für Stähle werden immer<br />

komplexer. In diesem Zusammenhang<br />

muss das Umform- und Bruchverhalten<br />

der Werkstoffe genauer charakterisiert<br />

werden. Eine Beschreibung nur durch<br />

die Begriffe Umformbarkeit und Duktilität<br />

ist nicht ausreichend. Eine weitere<br />

Unterscheidung zwischen globaler und<br />

S700MC<br />

pure-shear Scherung<br />

Bild 4. Bruchdehnungen für einen precidur ® HBS 800 im Vergleich zu einem konventionellen,<br />

mikrolegierten S700MC<br />

lokaler Umformbarkeit ist für die Differenzierung<br />

einzelner Stahlgruppen erforderlich.<br />

Die globale Umformbarkeit ist<br />

die Fähigkeit, plastische Umformung<br />

ohne Einschnürungsbildung durch<br />

gleichmäßige Verteilung der Dehnungen<br />

zu ertragen, was für das Tiefziehen und<br />

Streckziehen von Vorteil ist. Im Gegensatz<br />

dazu ist die lokale Umformbarkeit<br />

die Fähigkeit, plastische Verformungen<br />

in einem lokalen Bereich ohne Riss zu<br />

ertragen.<br />

Die lokale Umformbarkeit bis zum<br />

Anriss zeigt in der Regel eine starke<br />

Abhängigkeit von der Art der Belastung.<br />

Daher ist es für eine vertiefende Charakterisierung<br />

hinsichtlich des Bruch- und<br />

Schädigungsverhaltens sinnvoll, Tests mit<br />

verschiedenen Umformpfaden durchzuführen<br />

– z.B. bei ebener Dehnung, Scherung,<br />

einachsigem oder zweiachsigem<br />

Zug.<br />

Hierzu zeigt Bild 4 die Vergleichsbruchumformgrade<br />

für ebene Dehnung und<br />

Scherung des precidur HBS 800 im Vergleich<br />

zu einem konventionellen S700MC.<br />

Sowohl für die ebene Dehnung als auch<br />

für Scherung toleriert der bainitische Stahl<br />

deutlich höhere Dehnungen bis zum Bruch<br />

gegenüber dem thermomechanisch<br />

gewalzten Stahl. Die Ergebnisse für den<br />

HBS 800 bestätigen die hohe lokale<br />

Umformbarkeit dieses Sortenkonzeptes.<br />

Trotz der geringeren globalen Umformbarkeit<br />

bietet sie Vorteile für Umformoperationen<br />

wie Biegen, Kragenziehen und anderen<br />

Arten der Kantenumformung.<br />

Herstellverfahren und<br />

Gefügestruktur<br />

Mikrostrukturell sind bainitische Stähle<br />

den Komplexphasenstählen zuzuordnen.<br />

Ihr lanzettenartiger Ferrit mit eingelagerten<br />

Karbiden entspricht einer Zwischenstufe<br />

zwischen einem langsam<br />

abgekühlten ferritisch-perlitischen Gefüge,<br />

und einem schnell abgekühlten stark<br />

verspannten martensitischen Gefüge;<br />

daher auch der ältere Name „Zwischenstufengefüge“.<br />

Die hohen Festigkeiten bainitischer<br />

Stahlsorten und ihr charakteristisches<br />

Fließverhalten werden erreicht durch<br />

eine Kombination verschiedener Faktoren:<br />

Kornfeinung, Mischkristall- und<br />

Kaltverfestigung sowie Ausscheidungsbildung.<br />

Das Herstellungsverfahren<br />

wurde auf eine speziell entwickelte<br />

<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>10</strong>

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