STAHL + TECHNIK 10 2019 Leseprobe
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<strong>TECHNIK</strong> | 25<br />
kanten. Perlitfreie Feinkornstähle haben<br />
sich hierfür bereits als Lösung etabliert,<br />
jedoch sind diese in ihrer maximalen Festigkeit<br />
beschränkt.<br />
Bainitische Stähle mit erhöhter<br />
Kantenrissbeständigkeit<br />
Fünf Weiterentwicklungen von Warmbandsorten<br />
der Marke precidur zielen speziell<br />
auf die Anforderung der guten<br />
Umformbarkeit beschnittener Bauteilkanten<br />
ab, Tabelle 1. Insbesondere bei Fahrwerksbauteilen<br />
treten in komplexen Bauteilbereichen<br />
während und nach der<br />
Umformung sowie im späteren Einsatz im<br />
Fahrzeug hohe Zugspannung entlang<br />
beschnittener Kanten auf. Die Vermeidung<br />
von Kantenrissen, deren Entstehung oftmals<br />
durch schwankende Fertigungstoleranzen<br />
aufgrund beschädigter oder verschlissener<br />
Beschnittmesser gefördert<br />
wird, stellt eine große Herausforderung<br />
dar. Darüber hinaus kann die Restumformbarkeit<br />
der Bauteile durch eingebrachte<br />
Verformungen im Stanzprozess deutlich<br />
reduziert werden. Die Auswahl des Werkstoffs<br />
für derartige Bauteile hat einen entscheidenden<br />
Einfluss auf spätere Prozesssicherheiten<br />
und damit auf die<br />
Fertigungskosten. Hier weist die Gütegruppe<br />
der precidur-HBS-Stähle Vorteile<br />
auf. Das bainitische Gefüge besitzt eine<br />
erhöhte Beständigkeit gegen Kantenrisse<br />
beim Umformen. Zur Bewertung dieser<br />
Rissbeständigkeit wird zumeist der<br />
Lochaufweitungsversuch nach ISO 16630<br />
[8] herangezogen. Hierfür wird für das<br />
Stanzen eine Geschwindigkeit von<br />
0,8 mm/s und ein Schneidspalt von 11 %<br />
±1 % verwendet. Für eine statistische<br />
Validierung wurden für jede Güte mehrere<br />
Coils mit jeweils fünf Proben über Bandbreite<br />
getestet. Anschließend wurden der<br />
niedrigste und der höchste Lochaufweitungswert<br />
aus der Statistik ausgeschlossen,<br />
wie in ISO 16630 empfohlen. Unter<br />
Berücksichtigung der Zugfestigkeit zeigten<br />
die Varianten precidur HBS 600 und<br />
precidur HBS 800 ein ausgezeichnetes<br />
Lochaufweitungsverhältnis (HER, hole<br />
expansion ratio) von 80 % bzw. 69 % im<br />
Durchschnitt. Die Sorten precidur HBS<br />
<strong>10</strong>00 HE und HBS 900 wurden speziell für<br />
den Einsatzfall Lochaufweitung optimiert.<br />
Gegenüber der Normsorte precidur<br />
HBS <strong>10</strong>00 wurde die Streckgrenze beim<br />
HBS <strong>10</strong>00 HE gezielt reduziert, um eine<br />
bessere Kantenrissbeständigkeit zu<br />
Tabelle 1. Mechanische Eigenschaften und Kohlenstoffäquivalente der bainitischen Stähle<br />
precidur ®<br />
HBS 600<br />
precidur ®<br />
HBS 800<br />
precidur ®<br />
HBS 900<br />
precidur ®<br />
HBS <strong>10</strong>00 HE<br />
precidur ®<br />
HBS <strong>10</strong>00<br />
Werkstoff<br />
Nr.<br />
Normbezeichnung<br />
Streckgrenzfestigkeit<br />
Zug-<br />
Bruchdehnung Kohlenstoff-<br />
A 80 A äquivalent<br />
MPa MPa % % PCM<br />
1.0988 HDT600F 500-700 600-760 - ø 14 0,16<br />
1.0998 HR660Y760T-CP<br />
HDT760C<br />
660-820 760-9<strong>10</strong> ≥ 13 ≥ <strong>10</strong> 0,20<br />
HDT850C 650-850 850-<strong>10</strong>50 ≥ 12 ≥ 9 0,25<br />
1.0958* HR700Y950T-CP* 680-900 950-1130 ≥ 12 ≥ 9 0,24<br />
1.0958* HR700Y950T-CP 700-900 950-1130 ≥ 12 ≥ 9 0,24<br />
Bild 1. Sortenspektrum aus precidur ® -Warmbandwerkstoffen<br />
Bild 2. Minimale Lochaufweitverhältnisse der Stahlgruppe precidur ® HBS<br />
gewährleisten. Die Sorten precidur HBS<br />
900 und HBS <strong>10</strong>00 HE erreichen damit im<br />
Mittel Lochaufweitverhältnisse von 27<br />
bzw. 25 %, was gemessen an der Festigkeitslage<br />
hoch ist. In Bild 2 sind die minimalen<br />
Lochaufweitverhältnisse der einzelnen<br />
Sorten aufgelistet.<br />
* in Anlehnung an<br />
Um die Kantenrissanfälligkeit eines<br />
Werkstoffs hinsichtlich des Beschnitts vor<br />
der Umformung zu ermitteln, ist es ebenfalls<br />
sinnvoll, geschnittene mit gefrästen<br />
Bauteilkanten direkt zu vergleichen. Hierdurch<br />
lässt sich die Anfälligkeit eines<br />
Werkstoffs gegenüber der Schädigung<br />
<strong>STAHL</strong> + <strong>TECHNIK</strong> 1 (<strong>2019</strong>) Nr. <strong>10</strong>