faktorUNI | WiSe 2019
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www.faktor-magazin.de 10. Jahrgang Heft 20 <strong>WiSe</strong> <strong>2019</strong> 3 Euro<br />
› MEHR ALS EIN MAGAZIN<br />
Uni<br />
Digital unterwegs<br />
Mit der BarBQ-App durchs<br />
Göttinger Nachtleben<br />
Generation Y<br />
Wer, wenn nicht wir?<br />
Wo, wenn nicht hier?<br />
Die Ess-Löffel<br />
Gute Gründer im Kampf<br />
gegen Plastikmüll
NEUER JOB<br />
IM SACK!<br />
Berufseinstieg und Karriere<br />
nach dem Studium<br />
Viele aktuelle Stellenangebote<br />
findest Du online bei:<br />
karriere-suedniedersachsen.de
Editorial<br />
Was will ich vom Leben? Was will ich mal<br />
werden? Wo soll meine Reise überhaupt<br />
hingehen? Fragen über Fragen, die wir –<br />
seien wir mal ehrlich – vermutlich zu keinem<br />
Zeitpunkt unseres Lebens wirklich final<br />
beantworten können. Doch gerade während<br />
des Studiums wird oft erwartet, dass die<br />
Antworten auf diese Fragen wie aus der Pistole geschossen kommen. In dieser<br />
Zeit werden wir mit unserer Zukunft so stark konfrontiert wie in keiner anderen<br />
Lebensphase. Wie wir mit diesem Druck schlussendlich umgehen, ist von Mensch<br />
zu Mensch unterschiedlich.<br />
Unsere faktor UNI-Autorin Lena von Felde studiert derzeit an der Uni Göttingen<br />
und hat sich einmal auf sehr persönliche Weise mit diesem Thema auseinandergesetzt<br />
und ist der Frage auf den Grund gegangen, was sie und ihre Kommilitonen<br />
– die sogenannte Generation Y – eigentlich vom Leben erwarten (ab Seite 10).<br />
Um dir in dieser spannenden Orientierungsphase zur Seite zu stehen,<br />
haben wir wieder einmal einige informative Artikel zum Thema Berufseinstieg in<br />
Südniedersachsen zusammengetragen und zeigen für die Zeit nach dem Abschluss<br />
mögliche Wege hier vor Ort auf. Unter anderem stellen wir dir einige Gründer und<br />
ihre innovativen Ideen vor, die bereits erfolgreich ihren Weg in die Selbstständigkeit<br />
gegangen sind – vielleicht ist das ja auch für dich eine Option?<br />
Wir präsentieren: einen Schal, der effektiv die Luft filtert, essbare Löffel oder<br />
auch die neue BarBQ-App! Mit diesem kleinen digitalen Hilfsmittel wird ab sofort<br />
jeder Abend in der Göttinger Gastro szene in eine gelungene Partynacht verwandelt.<br />
Und wer am helllichten Tag einen Ausgleich zum Uni- und Bewerbungsstress<br />
braucht, findet in diesem Heft natürlich auch dafür ein paar Freizeittipps – wie<br />
etwa die neue World of Jumpers, die ab gefahrene Trampoline vom Feinsten bietet. In<br />
der Tat nichts für Weicheier, wie unser Action- Autor Rupert Fabig im Selbstversuch<br />
feststellen musste (mehr ab Seite 54).<br />
Nun wünsche ich dir aber erst einmal viel Spaß bei der Lektüre und<br />
vor allem ein erfolgreiches Wintersemester!<br />
Elena Schrader, Chefredakteurin<br />
schrader@faktor-magazin.de<br />
Fotos Cover und Editorial: Luka Gorjup<br />
IMPRESSUM<br />
Herausgeber: faktor Uni Entscheider Medien GmbH, Berliner Str. 10, 37073 Göttingen, Tel. 0551 3098390, Fax 0551 30983911, info@faktor-magazin.de, www.faktor-magazin.de<br />
Herausgeber: Marco Böhme (V.i.S.d.P.) // Chefredaktion: Elena Schrader (schrader@faktor-magazin.de) // Redaktion: Lea van der Pütten (Redaktion), Rupert Fabig, Sven Grünewald, Claudia Klaft,<br />
Jonas Knostmann, Stefan Liebig, Norman Lippert, Lena von Felde // Lektorat: CoLibris-Lektoratsbüro Dr. Barbara Welzel //<br />
Grafisches Konzept: Julia Braun // Art-Direktion und Layout: Julia Braun // Vertrieb: Horst Wolf (Leitung)<br />
Auflage: 7.500 // Druck: Silber Druck oHG<br />
Wir übernehmen für unverlangt eingesendete Texte, Fotos, Zeichnungen etc. keine Haftung. Namentlich gekennzeichnete Artikel geben nicht die Meinung des Herausgebers wieder.<br />
Von faktor Uni gestaltete Anzeigen sind urheberrechtlich geschützt. Eine anderweitige Verwendung ist nur mit schriftlicher Genehmigung des Heraus gebers und einer Nutzungsentschädigung möglich.<br />
Ein Nachdruck der im faktor Uni veröffentlichten Beiträge (auch auszugsweise) ist nur mit schriftlicher Genehmigung des Herausgebers möglich.<br />
Uni 2_<strong>2019</strong> 3
Inhalt<br />
Editorial 3<br />
Lost & Found 6<br />
Neues rund um den Campus<br />
Wer, wo, was, wie, wann? 10<br />
Generation Y – was wollen wir eigentlich vom Leben?<br />
Im Internet zu Hause 18<br />
Influencerin Luana da Silva lebt ihren Job<br />
App ins Nachtleben 22<br />
Die BarBQ-App führt durch Göttingens Gastroszene<br />
Frischluftkur für die Lungen 26<br />
Lift-Off-Gewinner Pandamask startet durch<br />
10<br />
Die Ess-Löffel 28<br />
Gute Gründer im Kampf gegen Plastikmüll<br />
Utopia 2.0 32<br />
18<br />
22<br />
Viva con Agua engagiert sich für Wasser für alle<br />
Greifbare Ergebnisse 36<br />
MPI-Direktor forscht für eine gesündere Zukunft<br />
Die Sternstunde ihres Lebens 40<br />
Prägende Zeiten der ,Mutter des Grundgesetzes‘<br />
Digitale Praxis auf dem Vormarsch 44<br />
PFH startet alten Studiengang mit neuem Konzept<br />
Stell dich mal vor ... 46<br />
Personaler stehen Rede und Antwort<br />
Termine 50<br />
Vormerken und hingehen<br />
Trick 17 52<br />
Rezepte für gehirngerechtes Lernen<br />
World of Jumpers 54<br />
Ein Selbsterfahrungstrip, der an die Grenzen geht<br />
Bewegungsmelder 56<br />
Action für zwischendurch<br />
Wissensbisse 58<br />
Von wegen Gutenberg!<br />
32<br />
40<br />
32<br />
Fotos: Alciro Theodoro da Silva, Luka Gorjup, Bestand Erna Wagner-Hehmke, Haus der Geschichte, Bonn<br />
4 Uni 2_<strong>2019</strong>
Bevor<br />
aus brumm<br />
brumm summ<br />
summ wird.<br />
>> Ab 2020 fährt smart voll elektrisch.<br />
Jetzt schnell sein! Der Countdown für die letzten smart fortwo und<br />
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Autorisierter smart Verkauf und Service<br />
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37079 Göttingen<br />
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Lost & Found<br />
Aktion Heimspiel<br />
Stadt bietet Meldeservice<br />
im Studentenwerk<br />
Zum Start des Wintersemesters<br />
<strong>2019</strong>/2020 bietet die Stadt wieder einen<br />
Meldeservice in der Info-Box des Studentenwerks<br />
im Foyer der Zentralmensa<br />
an. Dort können sich Studierende, die<br />
ihren Hauptwohnsitz in Göttingen haben,<br />
bei der Stadt anmelden. Geöffnet ist<br />
der Schalter bis zum 30. Oktober, jeweils<br />
montags, dienstags und mittwochs von<br />
10 Uhr bis 15 Uhr. Termine sollten bereits<br />
vorab online unter termin.goettingen.de<br />
vereinbart werden.<br />
Und ummelden lohnt sich! Die ,Aktion<br />
Heimspiel‘ hat das Ziel, möglichst viele<br />
Studierende für eine Hauptwohnsitzanmeldung<br />
zu gewinnen, da sich Finanzzuweisungen<br />
des Landes nach der Anzahl<br />
der gemeldeten Hauptwohnsitze<br />
bemessen. Deshalb bemüht sich die<br />
Stadt mit Unterstützung vieler Partner<br />
um vielfältige Anreize: Aktuell können<br />
mit Hauptwohnsitz gemeldete ,Heimspieler*innen‘<br />
in den Genuss von mehr<br />
als 140 Vorteilen aus den Beriechen<br />
Gastro und Nightlife, Kunst und Kultur,<br />
Fit und Mobil sowie Shopping und<br />
Service kommen. Die Aktion gilt auch<br />
für Studierende, die bereits mit Hauptwohnsitz<br />
hier gemeldet sind.<br />
www.aktion-heimspiel.de<br />
Buchtipp:<br />
Zum Wohle aller<br />
,Zum Wohle aller: Geschichte der Georg-August-Universität Göttingen von<br />
ihrer Gründung 1737 bis <strong>2019</strong>‘ so lautet der Titel eines neuen Geschichtsbuchs<br />
über die Uni Göttingen. Autorin ist die Historikerin und Publizistin<br />
Frauke Geyken. Auf 208 Seiten schildert sie, wie es dazu kam, dass 1737<br />
mitten in der hannoverschen Provinz eine Universität gegründet wurde,<br />
und wie dies die Entwicklung der Stadt Göttingen fortan bestimmte.<br />
Dabei geht es um wissenschaftliche Höchstleistungen wie das Göttinger<br />
Nobelpreiswunder, aber auch um tiefergehende Krisen wie die Ausweisung<br />
der Göttinger Sieben und die Jahre ab 1933, in denen die Universität dem<br />
Nationalsozialismus aufgeschlossen gegenüberstand. Das Schlusskapitel<br />
stellt wichtige Fragen und Herausforderungen für die Georgia Augusta<br />
seit 2007 dar.<br />
Steidl Verlag, 30 Euro<br />
Auf einen Blick<br />
Finde die Edelsteine unter den<br />
Arbeitgebern in deiner Region<br />
Du hast den Abschluss in der Tasche und<br />
willst dich nun auf die Suche nach einem geeigneten<br />
Arbeitsplatz in Südniedersachsen machen?<br />
In dem ganzen Bewerbungsdschungel und bei<br />
den unzähligen potenziellen Arbeitgebern verliert man schon mal den Überblick.<br />
TOPAS kann dir dabei unter die Arme greifen – denn das Label steht<br />
seit einigen Jahren für ‚Top Arbeitgeber Südniedersachsen‘.<br />
Um diese Auszeichnung zu erhalten, müssen sich die Unternehmen zunächst<br />
mit ihren eigenen Zielen und Werten auseinandersetzen. Diese werden<br />
anschließend über ein Jahr in verschiedenen Workshops weiterentwickelt und<br />
in konkrete Maßnahmen umgesetzt. Gelingt ihnen dies erfolgreich, dürfen sie<br />
sich fortan mit dem Label schmücken. Mit diesem TOPAS-Zertifikat<br />
werden also ihr Engagement und das Bemühen um ihre Mitarbeiter nach<br />
außen getragen, sodass auch du ganz einfach einen Eindruck davon bekommen<br />
kannst, was dir die jeweiligen Unternehmen zu bieten haben.<br />
Einen Überblick über alle zertifizierten TOPAS-Unternehmen in deiner<br />
Region findest du unter:<br />
www.suedniedersachsenstiftung.de/projekte/topas/unternehmen<br />
Illustration: stock.adobe.com<br />
6 Uni 2_<strong>2019</strong>
TECHNOLOGIE AUS GÖTTINGEN<br />
In jedem Smartphone verbIrgt SIch coherent!<br />
COHERENT ist Weltmarktführer in der Laserherstellung. An unserem<br />
Standort Göttingen werden UV-Lasermodule gefertigt,<br />
die von entscheidender Bedeutung für die Herstellung mobiler<br />
Displays sind.<br />
»<br />
VYPER/LineBeam-Systeme von COHERENT stellen heute die<br />
alleinige Produktionskapazität zur Massenfertigung der Polysilizium-Substrate<br />
dar, welche sich aktuell in den hochauflösenden<br />
mobilen Displays aller Display-Hersteller wiederfinden. Auf eine<br />
einfache Formel gebracht: Ohne Excimerlaser-Technologie aus Göttingen<br />
keine hochauflösenden Smartphones.<br />
Flexible Displays ermöglichen geformte Smartphones, gebogene<br />
Fernsehbildschirme und federleichte Smartwatch-Displays. Zum<br />
Ablösen der Displays vom Glasträger hat COHERENT das Excimerlaser-System<br />
UVblade entwickelt. Es erzeugt eine meterlange Linie<br />
aus UV-Laserlicht, die hunderte flexible Displays schnell und<br />
schonend vom starren Glasträger separiert.<br />
«<br />
aktuell Suchen wIr an<br />
deutSchen Standorten!<br />
• Controller/Finance Manager (m/w/d)<br />
• Vertriebsingenieure/-manager (m/w/d)<br />
• Einkaufsmanager (m/w/d)<br />
• Entwicklungsingenieure (m/w/d)<br />
• Produktionsingenieure (m/w/d)<br />
• Serviceingenieure (m/w/d)<br />
Wenn Du unser Team verstärken möchtest, dann bewirb<br />
Dich jetzt über unser Bewerbermanagement-Portal:<br />
www.coherent.com/hr<br />
IMPRESSIONEN
Lost & Found<br />
Jetzt auch an der HAWK<br />
Beratungsangebot der<br />
Agentur für Arbeit für Studierende<br />
Als Studierender bereits während des Studiums zur Agentur für Arbeit?<br />
Warum? Es gibt viele Gründe, sich mit dem Hochschulteam der Arbeitsagentur<br />
in Verbindung zu setzen. Oftmals gibt es schon frühzeitig Fragen nach<br />
späteren beruflichen Perspektiven. Je nach Berufsziel kann es sinnvoll sein,<br />
im Studium bestimmte Schwerpunkte zu setzen oder in den Semester ferien<br />
Praktika zu absolvieren. Und wenn das Examen bevorsteht, stellt sich die<br />
Frage, wie der Berufseinstieg möglichst nahtlos gelingen kann. In welchen<br />
Bereichen wird gesucht? Werden noch Zusatzqualifikationen benötigt? Und<br />
gibt es vielleicht ein Bewerbungscoaching für Akademiker?<br />
Diese und andere Fragen können Studierende ab dem 6. November auch in<br />
den Räumlichkeiten der HAWK, Fakultät Ressourcenmanagement, an das<br />
Hochschulteam der Arbeitsagentur stellen: Jeweils mittwochs, 11 bis 14 Uhr,<br />
steht eine Beraterin im Büsgenweg 1a, Raum 139 (1. Etage), ohne<br />
Voranmeldung gerne zur Verfügung.<br />
Natürlich kann die Sprechzeit von allen Studierenden und Absolventen –<br />
auch anderer Hochschulen – genutzt werden. Wer mittwochs keine Zeit hat,<br />
findet weitere Sprechstundenangebote unter:<br />
www.arbeitsagentur.de/vor-ort/goettingen/hochschulberatung<br />
Minijob<br />
Chance oder Risiko?<br />
Minijobs gibt es in allen Branchen, egal ob im Handel, in der<br />
Gastronomie oder in privaten Haushalten. Für viele Studierende<br />
bieten Minijobs eine willkommene Einnahmequelle.<br />
Aber Achtung: eine langfristige und ausschließliche<br />
Ausübung eines Minijobs kann auch Risiken bergen. Das<br />
nahm sich die Arbeitsagentur Göttingen zum Anlass, um in zwei<br />
Veranstaltungen über die Chancen und Risiken dieser Art der Beschäftigung<br />
aufzuklären. Ein Minijob ist ein Arbeitsverhältnis,<br />
dessen Vergütung aufgrund geringer Arbeitszeit unter der 450<br />
Euro-Grenze bleibt. Er unterliegt nicht in vollem Umfang der<br />
Sozialversicherungspflicht. So entstehen daraus beispielsweise<br />
keine Ansprüche auf Arbeitslosengeld. Die Mehrheit<br />
der Minijobber ist weiblich: oft gelingt der Schritt<br />
vom Minijob, der als Wiedereinstieg ins Berufsleben gedacht<br />
war, in die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nicht.<br />
Diese Entwicklung hat Einfluss auf spätere Rentenbezüge. Zudem schöpfen<br />
viele Minijobber darüber hinaus ihr Potenzial nicht aus, da sie häufig<br />
berufsfremd und unter ihrem Qualifikationsniveau arbeiten. Gleichzeitig<br />
bieten Minijobs jedoch gerade für Studierende die Möglichkeit, erste<br />
Berufserfahrungen zu sammeln und den Arbeitsalltag kennenzulernen.<br />
Illustrationen: stock.adobe.com<br />
Rund um die Uhr<br />
Gesundheitsrisiko Instagram<br />
Ein fröhlicher Sprung vor dem Sonnenuntergang,<br />
ein leckerer Sushi-Teller oder<br />
ein Badezimmerselfie – jeder von uns<br />
kennt diese Fotos auf Instagram. Und wie<br />
gerne teilen wir selbst nicht auch unsere<br />
schönsten Urlaubserinnerungen oder aufregendsten<br />
Partynächte mit Freunden?<br />
Die Kommunikations- und Medienwissenschaftlerin<br />
Vanessa Häusler hat jetzt<br />
eine Studie der Generation Y veröffentlicht,<br />
in der sie das Gesundheitsrisiko<br />
Instagram untersucht. Durch die intensive<br />
Nutzung von Instagram verändert sich<br />
das Leben: Reiseziele, Einrichtungen und<br />
Mahlzeiten werden nach ihrer Fototauglichkeit<br />
ausgewählt. Das Ergebnis: Wird<br />
Instagram nicht regelmäßig besucht,<br />
stellt sich bei den Usern das Gefühl ein,<br />
nicht mehr auf dem Laufenden zu sein.<br />
Gleichzeitig führe diese Informationsflut<br />
zu einem erhöhten Stresspegel, was<br />
die Gefahr einer mentalen Überforderung<br />
mit sich bringe, so die Absolventin der<br />
SRH Fernhochschule.<br />
Tipp der Expertin: Abonnierte Seiten<br />
bewusster auswählen, um eine Informationsflut<br />
zu vermeiden, und sich ein tägliches<br />
Zeitlimit für die Nutzung festlegen.<br />
8 Uni 2_<strong>2019</strong>
DEINE IDEEN.<br />
GESTALTEN. ZUKUNFT.<br />
FRÜHSTART<br />
FÜR DEINE<br />
KARRIERE<br />
Schluss mit der grauen Theorie: Als Werkstudent in unseren<br />
IT-Fachabteilungen kannst du dein Wissen in der Praxis testen,<br />
betriebliche Abläufe kennenlernen und nebenbei Geld verdienen.<br />
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DIE GÖTTINGER<br />
ABWASSERWELTEN<br />
NET<br />
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KING<br />
ABWASSER VERBINDET!<br />
Weit verzweigt, dunkel und weitestgehend<br />
unbekannt: Unser Abwassersystem ist eine<br />
Welt, von der wir wenig wissen! Wir alle sind<br />
Teil dieses unterirdischen Netzwerkes, das<br />
hunderte von Kilometern lang ist und mit<br />
dem jeder Haushalt über unterschiedlichste<br />
Abflüsse untrennbar verbunden ist. Dieses<br />
Netzwerk ist wesentlicher Bestandteil unseres<br />
alltäglichen Zusammenlebens. Durch<br />
bewusstes Handeln kann jeder von uns seinen<br />
wirkungsvollen Beitrag für die Göttinger<br />
Abwasserwelten leisten. Machen Sie mit<br />
und lassen Sie uns gemeinsam netzwerken!<br />
Servicenummer: 0551 400 5 400<br />
www.geb-goettingen.de<br />
GEMEINSAM GUT VERNETZT!
Wer, wo, was,<br />
wie, wann?<br />
Was wollen wir?<br />
„Und was machst du eigentlich nach deinem Abschluss?“<br />
– heutzutage wohl eine der gefürchtetsten Fragen an Studierende.<br />
Denn, was mach ich denn nun eigentlich? Was erwarte ich von<br />
meiner Zukunft? Und warum studiere ich überhaupt?<br />
faktor Uni-Autorin und Studentin Lena von Felde über das,<br />
was wir im Leben wirklich wollen, und die Zeit, die sich jeder<br />
nehmen sollte, um genau das herauszufinden …<br />
TEXT LENA VON FELDE FOTOGRAFIE LUKA GORJUP<br />
10 Uni 02_<strong>2019</strong>
Uni 02_<strong>2019</strong> 11
Wi ir Studierenden von heute – die sogenannte<br />
Generation Y, die im Zeitraum<br />
von den frühen 1980er- bis zu den späten<br />
1990er-Jahren geboren wurde – wissen<br />
nicht, was wir wollen, sind naiv, orientierungslos,<br />
ziellos, lustlos. Gern wird dieses<br />
Bild in der Öffentlichkeit gezeichnet.<br />
Wir wollen Spaß, Freiheit und viel Freizeit.<br />
Natürlich wollen wir das – wer will das nicht? Das heißt jedoch nicht,<br />
dass wir uns nicht auch der Realität bewusst sind. Eine für viele Studierende<br />
sehr harte Realität. Denn mit dem Studium beginnt für uns oft auch eine Phase<br />
der Orientierungslosigkeit, welche mit vielen Ängsten verbunden ist. Eine<br />
Phase, die gar nicht so einfach und unbeschwert ist, wie sich viele Menschen<br />
vorstellen …, denn von uns wird erwartet, dass wir Pläne haben! Am besten<br />
wäre es sogar, wenn wir bitteschön schon vor Beginn unseres Studiums wüssten,<br />
was wir danach erreichen, wo wir mit 30 stehen wollen. Die Realität jedoch<br />
sieht meist anders aus.<br />
Hat man zunächst einmal einen passend erscheinenden Studiengang gefunden,<br />
der einem zusagt, hält man sich meist sechs oder mehr Semester über<br />
Wasser, versucht in der Masse nicht unterzugehen und sich durch den Wald aus<br />
theoretischer Arbeit zu kämpfen – und den Ansprüchen der Dozenten und<br />
12 Uni 2_<strong>2019</strong><br />
ANN-KATRIN, 28 studiert Trans-<br />
Romania-Studien im Master an der Uni Gö<br />
War dein Studium die richtige<br />
Entscheidung für dich?<br />
„Ja, auf jeden Fall! Sowohl im Bachelor,<br />
als auch im Master, weil es super vielfältig<br />
ist und mir Spaß macht, trotz<br />
des großen Stresses.“<br />
DONJET, 21 studiert Wirtschaftsinformatik<br />
im 2. Semester an der Uni Gö<br />
Wie stellst du dir das Berufsleben<br />
vor?<br />
„Mein Plan ist, ein Start-up-Unternehmen<br />
zu gründen. Jedoch bereitet mich<br />
mein Studium nicht wirklich auf das<br />
Berufsleben vor. Ich studiere eher, um<br />
eine Absicherung für die Zukunft und<br />
einen Abschluss zu haben.“<br />
JAN, 27 studiert Theologie im<br />
16. Semester an der Uni Gö<br />
Bereitet dein Studium dich deiner<br />
Meinung nach gut auf das Berufsleben<br />
vor?<br />
„Nein überhaupt nicht, weil es viel zu<br />
theoretisch ist.“
nicht zuletzt meist auch denen der Eltern gerecht zu werden. Hinzu kommt<br />
häufig finanzieller Druck. Was bleibt, ist nicht zu selten Ratlosigkeit, was man<br />
hier eigentlich macht. Wofür man das macht. Wer sagt einem, dass sich der<br />
Kampf durch diese Masse an Theorie und die Selbstzweifel überhaupt am<br />
Ende auszahlen und man einen Job bekommt? Und woher soll ich überhaupt<br />
wissen, ob ich in der Praxis gut bin, wenn ich doch in meinem Studium nur<br />
theoretisch arbeite?<br />
Auch wenn sich diese Fragen wahrscheinlich 90 Prozent der Kommilitonen<br />
in deinem Umfeld stellen, möchte dies doch ungerne jemand zugeben. Schwäche<br />
zu zeigen und Unsicherheiten zuzugeben, wird schließlich immer noch negativ<br />
angesehen.<br />
Doch: Studierende von heute sind motiviert, ideenreich, enthusiastisch<br />
und realistisch. Natürlich haben wir Ziele, Wünsche, Vorstellungen und<br />
eben auch Ängste – so wie jede Generation. Mögen sich unsere vielleicht von<br />
denen der vor uns unterscheiden, so sind sie dennoch nicht minder wert.<br />
Doch was erwarten wir, die Generation Y, jetzt eigentlich wirklich von der<br />
Zukunft?<br />
Wir wollen Familie, Freunde, Spaß am Leben, ein gesundes Leben. Wir wollen<br />
uns später nicht kaputt arbeiten in einem Job, mit dem wir unglücklich<br />
sind, aber das große Geld verdienen. Doch wollen wir auch Sicherheiten, ein<br />
stabiles soziales Umfeld. Wir wollen einfach eine lebenswerte Zukunft haben,<br />
in der ein gut bezahlter Job nicht das Ultimative ist.<br />
Unsere Arbeit soll uns gleichermaßen erfüllen, aber<br />
auch den Grundstein finanzieller Absicherung bilden.<br />
Wir wünschen uns einen unbefristeten Vertrag,<br />
ein sicheres Gehalt und festgelegte Aufgaben. Ja,<br />
wir nehmen uns das Recht heraus, Ansprüche an<br />
unsere zukünftigen Arbeitgeber zu stellen, humane<br />
Arbeitszeiten und die Trennung von Arbeit und<br />
Privat leben zu fordern. Wir wollen unseren Job<br />
nicht permanent mit uns rumschleppen, sondern<br />
auch abschalten können.<br />
Dabei sehen wir uns gleichzeitig als flexible Arbeitnehmer<br />
an und sind durchaus bereit, auch mal<br />
Überstunden zu machen und mehr zu arbeiten –<br />
zumindest, wenn dieses auch gewürdigt wird! Denn<br />
wir legen großen Wert auf Wertschätzung und<br />
eine respektvolle, nicht allzu hierarchische Atmosphäre<br />
im Job. Wir wollen ernst genommen werden,<br />
auch wenn wir das selbst nicht immer tun.<br />
Aber vor all diesen Dingen wollen wir eines:<br />
Die Freiheit haben, uns in unserem eigenen Tempo<br />
entwickeln zu können!<br />
☛<br />
LENA, 24 studiert ev. Theologie im<br />
9. Semester an der Uni Gö<br />
Warum studierst du?<br />
„Ich wollte als Pastorin arbeiten, und<br />
das geht nur mit diesem Studiengang.<br />
Mein Plan ist, dass ich mal eine richtig<br />
coole Pastorin werde.“<br />
JUDITH, 22 studiert International<br />
Economics im Master an der Uni Gö<br />
War dein Studium die richtige Entscheidung<br />
für dich?<br />
„Ja, total. Für mich war nach meinem<br />
Bachelor klar, dass ich hier in Göttingen<br />
den Master machen will, da die<br />
Inhalte meine Interessen gut abdecken.<br />
Bisher wurden meine Erwartungen<br />
auch gut erfüllt.“<br />
SINDY, 28 studiert International<br />
Economics im Master an der Uni Gö<br />
Was erwartest du von deinem Leben<br />
nach dem Studium?<br />
„Ich hoffe sehr, dass ich das, was ich die<br />
Jahre über im Studium gelernt habe,<br />
im Berufsleben auch anwenden kann<br />
und nicht alles umsonst war.“<br />
Uni 2_<strong>2019</strong> 13
Vielleicht haben wir nicht immer einen genauen<br />
Plan von dem, was wir tun. Vielleicht wissen wir<br />
noch nicht genau, wer wir sind und wer wir mal sein<br />
wollen – und ganz sicher sind Ratlosigkeit, Orientierungslosigkeit<br />
sowie Zukunftsängste während dieser<br />
Findungsphase normale Begleiter. Dies bedeutet jedoch<br />
nicht, dass wir uns nicht um unsere Zukunft<br />
kümmern. Es bedeutet schlichtweg, dass wir neben<br />
dem ganzen Uni-Stress versuchen, den Überblick<br />
zu behalten und uns unseren eigenen Stärken und<br />
Fähigkeiten bewusst zu werden. Gibt es dabei ein<br />
Richtig oder Falsch? Ich denke nicht.<br />
Und wenn wir heute doch schon ganz genau<br />
wissen, was aus uns einmal werden soll, können<br />
sich die Pläne trotzdem nochmal ändern. Sich nach<br />
dem Abitur direkt zu entscheiden, was man den<br />
Rest seines Lebens machen will, ist utopisch. Uns<br />
steht es zu, selbstständig Entscheidungen zu treffen<br />
und diese wieder zu ändern, wenn wir uns nicht<br />
wohl damit fühlen. Denn das wird vorkommen. Denn das ist menschlich. Darum<br />
wollen wir auch nicht verurteilt werden, wenn wir auf Fragen zu unserer<br />
Zukunft mal keine Antwort parat haben: „Wann bist du denn mit deinem Studium<br />
fertig?“ „Warum weißt du nicht, was du danach machst?“ „Willst du dich<br />
nicht um deine Zukunft kümmern?“ „Warum weißt du nicht, was du willst?“<br />
„Du solltest dich beeilen, wenn du noch Karriere machen willst!“ „Willst du denn<br />
gar keine Familie gründen?“ Eine endlose Schleife ... Diesem Druck standzuhalten,<br />
kostet viel Kraft und Mühe.<br />
Vielmehr stellt sich doch die Frage, ob wir jetzt überhaupt schon wissen<br />
müssen, wo unsere Reise einmal hingeht ... Ist das Studium nicht vielmehr<br />
dazu da, sich selbst zu finden? Meinungen zu ändern, die Persönlichkeit<br />
zu formen und sich weiterzuentwickeln, Fragen zu stellen und auch mal<br />
keine Antworten zu finden, erwachsen zu werden, doch auch noch Kind zu<br />
sein, unabhängig zu werden und daran hin und wieder mal zu verzweifeln,<br />
das eigene Handeln und das der anderen infrage zu stellen – und ab und zu<br />
mal zu wenig zu schlafen und mit Augenringen um 8 Uhr morgens in der Uni<br />
zu sitzen? Den optimalen Weg zu finden, braucht einfach Zeit. Letztendlich<br />
müssen wir nicht auf alle Fragen die passenden Antworten haben. Und das<br />
hatten die Generationen vor uns auch nicht immer.<br />
☛<br />
LEON, 23 studiert Politikwissenschaften<br />
im 6. Semester an der Uni Gö<br />
Wie stellst du dir das Berufsleben<br />
nach deinem Studium vor?<br />
„Ich denke, dass es bei sozialwissenschaftlichen<br />
Studiengängen darauf<br />
ankommt, was für Fähigkeiten man<br />
neben dem Studium erworben hat, um<br />
einen guten Job zu bekommen, Das<br />
Studium ist total theorielastig.“<br />
RONJA, 20 studiert Rechtswissenschaften<br />
im 5. Semester an der Uni Gö<br />
Bereitet dein Studiengang dich deiner<br />
Meinung nach gut auf das Berufsleben<br />
vor?<br />
„Nein überhaupt nicht, finde ich. Das<br />
Studium ist gar nicht darauf ausgelegt,<br />
und wir lernen die Praxis kaum kennen.“<br />
SADHANA, 22 studiert Modern<br />
Indian Studies im Master an der Uni Gö<br />
Was erwartest du von dem Leben<br />
nach deinem Studium?<br />
„I want to be a better thinker and have<br />
more perspectives about how the<br />
world works.“<br />
14 Uni 2_<strong>2019</strong>
Eine richtige Antwort auf die Frage, was der Mensch vom Leben<br />
will, wird es ohnehin nie geben – und es gab sie auch noch nie. Denn wir befinden<br />
uns in einem ständigen Wandel. Mit uns selbst und unserer Umwelt,<br />
unter Abertausenden Einflüssen und Möglichkeiten. Es ist ein nie endender<br />
Prozess der Selbstverwirklichung, den wir alle durchlaufen und während dem<br />
wir einige unserer Ziele erreichen und andere verwerfen. Und das ist auch gut<br />
so. ƒ<br />
Wer, was, wie, wo, wann?<br />
Wer weiß das schon. Weißt du es?<br />
Unsere <strong>faktorUNI</strong>-Autorin Lena von Felde<br />
studiert derzeit an der Uni Göttingen<br />
Sozialwissenschaften im 8. Semester.<br />
Die 25-Jährige möchte nach ihrem<br />
Bachelor-Abschluss erst einmal gern noch<br />
einen Master in Göttingen machen. Ihr<br />
persönlicher Tipp:<br />
„Versuche, dich von den gesellschaftlichen<br />
Konventionen<br />
zu befreien, und finde in<br />
deinem Tempo heraus, was<br />
dich antreibt und was DU<br />
erreichen möchtest.“<br />
KATHARINA, 24 studiert<br />
Sozialwissenschaften im 3. Semester an der<br />
Uni Gö<br />
Was hast du von deinem Studium erwartet?<br />
Und wurden deine Erwartungen<br />
erfüllt?<br />
„Ehrlich gesagt, hatte ich keine großen<br />
Erwartungen und dachte mir, dass ich<br />
das einfach mache. Ich bin auch sehr<br />
glücklich mit meiner Entscheidung<br />
und wurde bisher nicht enttäuscht.“<br />
16 Uni 2_<strong>2019</strong>
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18 Uni 2_<strong>2019</strong><br />
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Im Internet zu Hause<br />
Die Göttingerin Luana Theodoro da Silva hat aus ihrem Privatleben einen Job gemacht und<br />
gründete als erfolgreiche Social-Media-Influencerin ihr eigenes Unternehmen.<br />
TEXT RUPERT FABIG<br />
FOTOGRAFIE ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />
Geschlagene 50 Minuten lang<br />
widersteht Luana Theodoro<br />
da Silva der Versuchung, ihr<br />
brandneues Smartphone auch<br />
nur eines Blickes zu würdigen.<br />
Dabei ploppen minütlich Benachrichtigungen<br />
für sie auf. Ton aus, Vibration<br />
deaktiviert. Beim Stand von Lookfamed beim Festival<br />
der Online-Marketing-Rockstars (OMR) in<br />
Hamburg, der weltweit größten Messe für digitale<br />
Vermarktung sowie Technologie, ist es wuselig.<br />
Ständig ist die Unternehmensgründerin gefragt.<br />
Doch sie bleibt fokussiert. Jetzt zählt nur das Interview<br />
für diesen Artikel. Erst einer Kollegin aus der<br />
Influencer-Szene gelingt es schließlich, die Chefin<br />
aus dem Gespräch zu reißen. Man sieht sich nun<br />
mal nicht alle Tage. Vor einer riesenhaften Blütenwand,<br />
die den Messestand der Gründerin ziert,<br />
werden Herzlichkeiten und Umarmungen ausgetauscht<br />
– dann der Griff zum Handy. „Entschuldige<br />
bitte, ich muss kurz eine Story machen“, sagt die<br />
Göttingerin, ihre achtmonatige Tochter Lucia auf<br />
dem Arm haltend. Selfie-Modus an, kurzer Bericht<br />
an die Fans, wen sie hier gerade zufällig getroffen<br />
hat, ehe die Kollegin den Zuschauern berichtet,<br />
wie gerne sie ihre „Chanel-Tasche gegen das Baby<br />
tauschen“ würde. Thema erledigt, ein Leben im<br />
Akkord.<br />
Vor fünf oder sechs Jahren, so genau weiß<br />
sie das selbst nicht mehr, habe sie sich ein Instagram-Profil<br />
angelegt, erinnert sich Luana. Damals<br />
studierte sie Betriebswirtschaftslehre an der PFH<br />
Private Hochschule Göttingen. Heute hat<br />
@luanasilva, so ihr Instagram-Name, mehr als<br />
500.000 Follower. „Ich war schon immer ein<br />
künstlerisch veranlagter Mensch“, erklärt die<br />
Deutsch-Brasilianerin, deren Beiträge zunächst<br />
überwiegend das Thema Mode behandelten. Sie<br />
analysiert erfolgreiche Profile und bemerkt: Wer<br />
kontinuierlich Bilder hochlädt und regelmäßig aktiv<br />
ist – was der Instagram-Algorithmus verlangt –<br />
erhöht seine Reichweite um ein Vielfaches. Zu diesem<br />
Thema, dem Influencer-Marketing, verfasste<br />
die junge Mutter eine Hausarbeit. „Mit der ich<br />
durchgefallen bin“, berichtet Luana und lacht<br />
herzlich. Der Karriere hat es nicht geschadet, die<br />
nahm bald Fahrt auf. Und sie ist alles andere als ein<br />
Modepüppchen – kein Maserati, der beim Blick<br />
unter die Motorhaube ein fehlendes Getriebe<br />
offenbart. Zunächst eröffnete sie in Eigenregie einen<br />
Online-Shop für Anziehsachen. Produktkauf,<br />
-foto grafie und -versand lagen komplett in ihrer<br />
Hand. „Ich habe schon im Studium gemerkt, dass<br />
ich gerne selbstständig arbeite.“ Von Anfang an erhielt<br />
sie große Unterstützung von ihrem Ehemann<br />
Philip. Was sich auch auf der Messe beobachten<br />
lässt, denn während seine Frau von einem Termin<br />
zum nächsten hetzt, hält er Töchterchen Lucia liebevoll<br />
auf dem Arm und bespaßt sie.<br />
Gegenüber herkömmlicher Werbung hat<br />
die über die sozialen Medien einen gewaltigen Vorteil:<br />
Sie besitzt einen persönlichen Bezug. Kaum einer<br />
der Influencer eröffnete sein Profil mit der Intention,<br />
zur Werbefigur zu werden. Oft ist es anfänglich<br />
nur ein Austausch mit Bekannten und Freunden.<br />
„Im Optimalfall findet mit den Followern sogar ein<br />
direkter kommunikativer Austausch statt. Das hat<br />
eine Art Freundschaftscharakter“, so Luana. ☛<br />
Uni 2_<strong>2019</strong> 19
20 Uni 2_<strong>2019</strong><br />
FOTOS: LUANA DA SILVA
Wer wirklich Geld verdient, ist davon abhängig,<br />
welche Reichweite er besitzt. Denjenigen bitten<br />
Unternehmen dann gezielt, für ihre Produkte zu<br />
werben. Angefangen vor drei bis vier Jahren mit<br />
zugesandten Bikinis, die im Austausch für fünf gepostete<br />
Bilder behalten werden dürfen. Neben<br />
Mode hat sich Luana auf Beauty spezialisiert. Die<br />
Haarpflegemarke Pantene ist seit zwei Jahren ihr<br />
größter und bekanntester Partner. Hierfür ist sie<br />
Model in Werbespots im Internet und zudem in<br />
Zeitschriften abgebildet. Passend, denn die Haare<br />
der Göttingerin sind eines der auffälligsten Merkmale<br />
ihres nahezu makellosen Äußeren, das mit<br />
einem scharfen Verstand und einer sympathischen<br />
Natürlichkeit gepaart ist.<br />
Aber kann jeder Influencer? Lassen wir die<br />
Expertin selbst sprechen, die vor zwei Jahren zusammen<br />
mit den PFH-Absolventen Daniel Hartmann,<br />
Sebastian Röske und Anton Ha mit Lookfamed<br />
eine Agentur gegründet hat, die unter anderem<br />
25 Influencer exklusiv betreut. „Man muss<br />
sich schon erstmal eine eigene Community aufgebaut<br />
haben. Niemand kann erwarten, aus dem<br />
Nichts Angebote zu bekommen.“ Und in erster Linie<br />
sei Instagram ja auch keine Werbeplattform,<br />
sondern eine zum privaten Austausch via Fotos,<br />
Storys und kleineren Texten. Einige von denjenigen,<br />
die es trotzdem geschafft haben, betreut Lookfamed.<br />
„Wir unterstützen bei der kreativen Entwicklung<br />
von Inhalten und fungieren als Schutzschild,<br />
damit sich niemand ausnehmen lässt. Uns<br />
ist wichtig, in unserer Arbeit super transparent zu<br />
sein“, unterstreicht Luana. Lookfamed berät zudem<br />
Firmen, beispielsweise die Sparkasse Göttingen,<br />
hinsichtlich deren Social-Media-Strategie. Es<br />
gibt individuelle Unterstützung, von der Strategieentwicklung<br />
bis zur Produktion von Inhalten, sei<br />
es durch Workshops, die Erstellung von Plänen<br />
oder die regelmäßige Begleitung. Um sämtliche<br />
Partner, mit denen Lookfamed bereits zusammengearbeitet<br />
hat, zu erfassen, benötigt es auf der Unternehmenswebsite<br />
mindestens drei kräftige Zeigefinger-Scrolls<br />
mit der Maus. Gelistet sind auch<br />
richtige Hausnummern wie Nike, der FC Bayern<br />
München und Mercedes-Benz.<br />
Ansässig im Wagenstieg 12, beschäftigt ihr Startup<br />
nun mehr als 30 Mitarbeiter, viele davon sind<br />
Studenten, die in Teilzeit angestellt sind. Als das<br />
Büro gegründet wurde, waren die Räumlichkeiten<br />
nahe des Real-Markts in Weende etwas zu groß,<br />
weswegen der Südniedersächsin, die extrem an ihrer<br />
Heimatstadt hängt, die nächste Geschäftsidee<br />
kam: die Gründung eines Co-Working-Spaces, genannt<br />
W12 (von Wagenstieg 12, über die mangelnde<br />
Kreativität schauen wir hinweg). Inzwischen<br />
sind die Arbeitsplätze fast ausschließlich von eigenen<br />
Kollegen besetzt.<br />
Da zwei Standbeine sowie das Mutterdasein<br />
Luana bei Weitem nicht auslastet, vertreibt sie<br />
über die Lookfamed Handels GmbH außerdem<br />
noch Kunstblumen und seit Kurzem die vegane<br />
Naturkosmetik-Pflegeserie Elvielle. Und während<br />
ihre stets freundlichen Angestellten bei der Messe<br />
auf Lookfamed aufmerksam machen, wirft Luana<br />
einen kurzen Blick auf Lucia – die selbst schon ein<br />
kleiner Internetstar geworden ist, taucht sie doch<br />
regelmäßig auf den Bildern ihrer Mama auf. Am<br />
Anfang wollte sie ihre Kleine dort nicht zeigen,<br />
aber irgendwann habe sie das etwas lockerer gesehen,<br />
und die Rückmeldungen seien total positiv.<br />
„Ein Kinderlachen kann eben die ganze Welt erhellen.“<br />
Von ihren Followern erhalte sie zahlreiche Erziehungsratschläge<br />
und stehe in regem Austausch.<br />
„Ich bekomme bezüglich des Zeigens von Lucia so<br />
gut wie gar keine Kritik. Ich versuche, sie nicht<br />
zum Fokus zu machen, verstecke sie aber auch<br />
nicht.“ Ein finanzieller Nutzen ergibt sich aus den<br />
Baby-Impressionen nicht. Nur ein noch exakteres<br />
Bild der Realität, das eine glückliche dreiköpfige<br />
Familie zeigt.<br />
Glücklich zu sein, ist das Motiv bei der Arbeit<br />
von Luana: „Es ist mein Leitmotto und die<br />
Philosophie meines Unternehmens.“ Entscheidend<br />
dabei sei aber, auch Raum für Unzufriedenheit zu<br />
lassen, da dies als Motor dienen könne. „Glücklichsein<br />
ist ein Prozess, eine Grundzufriedenheit<br />
bleibt länger bestehen“, erklärt die Influencerin<br />
zum Schluss ein wenig nachdenklich und fügt dann<br />
noch etwas hinzu, das nahezu durch die Bank<br />
sämtliche erfolgreichen Menschen sagen: „Du<br />
darfst keine Angst davor haben zu scheitern, sondern<br />
musst deine Träume verfolgen. Nur dann<br />
können sie wahr werden.“ Luana Theodoro da Silva<br />
ist das beste Beispiel dafür, wie viel Wahrheit in<br />
diesem Satz steckt. ƒ<br />
Ihr ganzes Leben auf<br />
Social Media:<br />
Instagram<br />
@luanasilva<br />
Youtube<br />
youtu.be/SDp5JNLZ-c8<br />
www.luana-silva.com<br />
www.lookfamed.de<br />
Uni 2_<strong>2019</strong> 21
Lift-Off-Wettbewerb<br />
Der Lift-Off ist der Gründungs wettbewerb<br />
der Universität Göttingen, der<br />
sich sowohl an Gründungsinteressierte<br />
als auch an aktive Gründer richtet.<br />
Durch ihn soll die akademische<br />
Gründungskultur in der Region<br />
gestärkt werden.<br />
www.uni-goettingen.de/de/lift-off/<br />
547939.html<br />
22 Uni 2_<strong>2019</strong>
App ins<br />
Nachtleben<br />
Die BarBQ-App führt mit dem Smartphone<br />
durch die Göttinger Gastroszene.<br />
TEXT JONAS KNOSTMANN<br />
FOTOGRAFIE LUKA GORJUP<br />
Wer neu nach Göttingen kommt,<br />
wird schnell feststellen, dass unsere<br />
Stadt eine abwechslungsreiche<br />
Gastronomielandschaft zu<br />
bieten hat. Bei der bloßen Anzahl an Bars, Kneipen,<br />
Cafés und Restaurants kann man aber schon mal<br />
den Überblick verlieren. Und auch alteingesessene<br />
Stadtbewohner stellen sich bisweilen die Frage: Wo<br />
geht’s heute Abend hin?<br />
Diesem Problem wollen Simone Münz, Patrick<br />
Harms, Ella Albrecht (Foto, v.l.) und Fabian Trautsch<br />
(nicht abgebildet) Abhilfe schaffen. Die vier Freunde,<br />
die alle samt am Institut für Informatik der Uni<br />
Göttingen angestellt sind, standen vor etwa einem<br />
Jahr ungläubig vor der zugenagelten Tür ihrer<br />
Lieblingsbar und wussten dann nicht so recht, wo<br />
es stattdessen fürs Feierabendbier hingehen sollte.<br />
Einen umfassenden Guide für das Göttinger Nachtleben<br />
gab es noch nicht – und so entstand die Idee,<br />
selbst einen solchen zu entwickeln.<br />
Herausgekommen ist dabei die BarBQ-App. Sie<br />
soll Nutzern bei der Suche nach Bars und Restaurants<br />
in Göttingen helfen. Eine intuitive Bedienung<br />
und diverse Filterfunktionen erleichtern dabei das<br />
Finden einer geeigneten Location: Welcher Laden<br />
hat schon oder noch geöffnet? Wohin gehe ich für<br />
ein erstes Date? Wie teuer ist es da? Ist der Service<br />
gut? Praktisch dabei: Die einzelnen Bewertungskriterien<br />
lassen sich gewichten, um so ein individuell<br />
abgestimmtes Suchergebnis zu erhalten.<br />
☛<br />
Uni 2_<strong>2019</strong> 23
Hat man etwas Passendes für sich entdeckt, kann<br />
man auf dem Profil des jeweiligen Lokals weitere<br />
Informationen wie Bilder, Öffnungszeiten oder<br />
aktuelle Angebote einsehen. Zudem wurde jeder<br />
Laden von den App-Machern getestet und bewertet.<br />
Künftig sollen auch Nutzer ihre Stimme abgeben<br />
können.<br />
„Es war wirklich viel Arbeit, die einstige<br />
Schnapsidee in die Tat umzusetzen“, erzählt Ella,<br />
die sich vor allem um das Design kümmert, und<br />
spricht damit für alle Mitgründer. Zwar sind drei<br />
von vier Teammitgliedern Informatiker, eine App<br />
habe vorher aber noch keiner von ihnen programmiert.<br />
„Auch das Sammeln der Informationen hat<br />
naturgemäß einiges an Zeit in Anspruch genommen“,<br />
ergänzt Patrick, der für die App-Programmierung<br />
zuständig ist.<br />
Mit ihrem Konzept nahmen die Vier schließlich<br />
am diesjährigen ,Lift-Off‘ teil, dem Gründerwettbewerb<br />
der Uni Göttingen (siehe Kasten Seite 22)<br />
und räumten gleich den ersten Preis in der Kategorie<br />
Gründungspotenzial ab. Kurz danach entstand<br />
ihr Unternehmen ,SimPaFee‘-UG (haftungsbeschränkt).<br />
Auch dafür mussten einige Hürden<br />
überwunden werden. Niemand habe sich vorher mit<br />
der Thematik auseinandergesetzt, zudem werde es<br />
einem auch nicht gerade leicht gemacht: „Gründen<br />
ist in Deutschland echt eine Herausforderung – da<br />
muss man sich wirklich durchbeißen“, sagt Patrick<br />
dazu. Da sie alle berufstätig sind und am BarBQ<br />
Projekt nur in der Freizeit arbeiten können, sei das<br />
letzte Jahr schon eine anstrengende Zeit gewesen.<br />
„Und das wird sich wohl auch in den nächsten Wochen<br />
und Monaten nicht ändern“, so Ella.<br />
Aktuell sei es am wichtigsten, die Zahl der<br />
aktiven Nutzer zu steigern. „Deshalb wird es ab<br />
Oktober – also passend zum Start des neuen Semesters<br />
– einige Aktionen geben, die im Netz unter<br />
#eskalierBAR laufen werden“, erzählt Simone, die<br />
sich um die betriebswirtschaftlichen Aspekte kümmert.<br />
Unter anderem können User dabei mit dem<br />
Erledigen von kleinen und größeren Challenges<br />
Preise gewinnen. Außerdem wird es ab Mitte Oktober<br />
eine Barroute geben, mit der man sich durch<br />
Göttingens Nachtleben bewegen kann. Sie entstand<br />
in Kooperation mit dem AStA und soll neuen<br />
Studierenden einen Einblick in die gastronomische<br />
Vielfalt der Stadt geben. Weitere Barrouten sowie<br />
neue Features sind ebenfalls in Planung.<br />
Wo das Projekt in ein bis zwei Jahren<br />
sein wird? „Aktuell wirft die App noch keinen Profit<br />
ab, aber es wäre natürlich toll, wenn wir es<br />
schaffen würden, uns irgendwann über unser Unternehmen<br />
finanzieren zu können. Das ist aber<br />
noch Zukunftsmusik“, sagt Simone. „Wenn die<br />
App gut ankommt, wird es sicherlich so sein, dass<br />
wir auch Einnahmen von den Bars erzielen müssen.<br />
Dafür haben wir mehrere Geschäftsmodelle entwickelt.“<br />
Grundsätzlich sei es aber nur schwer vorherzusagen,<br />
wohin die Reise geht. Im Prinzip könne alles<br />
passieren. „Es kann sein, dass sich in einem Jahr<br />
schon richtig was getan hat“, so Patrick. „Es kann<br />
auch sein, dass es schleppend vorangeht, und im<br />
schlimmsten Fall, dass die Idee komplett floppt.“<br />
Aber selbst dann, so die Gründer, hätten sie durch<br />
das Projekt unheimlich viel dazugelernt. Die App<br />
würden sie dann eben selbst verwenden. ƒ<br />
Kanäle<br />
Website: www.barbqapp.de<br />
Facebook: www.facebook.com/barbqapp<br />
Instagram: www.instagram.com/barbqapp<br />
24 Uni 2_<strong>2019</strong><br />
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für die Lungen<br />
Das Göttinger Start-up Pandamask hat einen Schal entwickelt, der aus der Luft, die wir<br />
einatmen, viele Schadstoffe, Viren und Bakterien herausfiltert. Anfang 2020<br />
sollen die Produktion und der Vertrieb in Deutschland und Vietnam losgehen.<br />
TEXT SVEN GRÜNEWALD<br />
FOTO PRIVAT<br />
Kontakt<br />
Simon Bohn<br />
Gründungsförderung der<br />
Uni Göttingen<br />
Tel. 0551 39-25166<br />
simon.bohn@zvw.uni-goettingen.de<br />
Lift-Off-Wettbewerb<br />
Der Wettbewerb für die<br />
besten Gründungsideen der<br />
Hochschulen in Südniedersachsen<br />
wird einmal jährlich<br />
von der Gründungsförderung<br />
der Uni Göttingen ausgerichtet<br />
und richtet sich sowohl an<br />
Gründungsinteressierte als<br />
auch an aktive Gründer aus<br />
Kreisen von Studierenden<br />
oder wissenschaftlichen<br />
Mitarbeitern.<br />
www.uni-goettingen.de/<br />
de/lift-off/547939.html<br />
26 Uni 2_<strong>2019</strong><br />
Mit ihrem Start-up Pandamask belegten<br />
die Studenten Anh Türke (Foto)<br />
und Paul Thaler beim Lift- Off-<br />
Wettbewerb <strong>2019</strong> der Uni Göttingen<br />
den zweiten Platz in der Kategorie Gründungspotenzial.<br />
Ihre Idee ist so einfach wie zukunftsfähig<br />
und bedient potenziell einen Markt mit mehr als<br />
einer Milliarde Kunden: ein Atemschutz, der effektiv<br />
die Luft filtert.<br />
Die beiden Gründer lernen sich vor einigen<br />
Jahren in ihrem Studium kennen – beide belegen<br />
unter anderem Chinesisch als Fremdsprache: Anh<br />
noch im Bachelor, Paul im Master. Ihren dazugehörigen<br />
Auslandsaufenthalt verbringen sie zeitgleich<br />
in China beziehungsweise Taiwan. Während dieser<br />
Zeit treffen sie sich zufällig in Vietnam, wo ihnen<br />
letztlich die Idee zu der Maske kommt. „Die Luft<br />
dort ist sehr schlecht und die normalen Masken<br />
helfen nicht wirklich“, erzählt Anh. „Und sie sehen<br />
nicht gerade attraktiv aus. Da kam uns der Gedanke,<br />
ob wir nicht etwas Modischeres entwickeln<br />
können, dass die Luft tatsächlich auch filtert.“<br />
Wieder zurück in Deutschland beginnt das übliche<br />
Start-up-Procedere: Marktsondierung, Produktentwicklung,<br />
Investorensuche. Seit über einem Jahr<br />
basteln sie nun schon an ihrer Maske herum – wobei<br />
Maske es nur bedingt trifft. Es handelt sich um<br />
einen Schlauchschal, dessen Stoff als Feature mit<br />
Silberfäden veredelt wurde und der zusätzlich<br />
einen Wechselfilter enthält, sodass er die meisten<br />
Viren, Bakterien und Pollen bis zu einer Partikelgröße<br />
von PM 2,5 herausfiltert. Gegenwärtig sind<br />
noch rechtliche Fragen zu klären und einige Auflagen<br />
zu erfüllen. „Das Problem ist, dass es sich nicht<br />
nur um ein Mode accessoire handelt“, erklärt Anh,<br />
„sondern um eine atmungs aktive Membran mit Filterwirkung,<br />
deren Wirksamkeit wir versprechen. Daher<br />
muss geprüft werden, wie atmungsaktiv das Material<br />
ist und ob die Filterstoffe ungefährlich sind.“<br />
Jede Menge Arbeit und Herzblut haben<br />
Anh und Paul bereits in ihre Maske gesteckt, die<br />
optisch übrigens von einem Göttinger Designer<br />
entworfen wurde. Reichlich Unterstützung gab es<br />
auch von Freunden aus verschiedenen Fachbereichen,<br />
von der Gründungsförderung der Uni sowie<br />
vom SNIC Life Science Accelerator. Voraussichtlich<br />
2020 soll es nun endlich losgehen: zunächst in Vietnam,<br />
wo ein Investor für das Produkt gefunden<br />
wurde, sowie in Deutschland.<br />
Perspektivisch geht es auch auf den chinesischen<br />
Markt. „Wir haben in Deutschland eine Sondierung<br />
gemacht“, sagt Anh, „und es hat sich gezeigt,<br />
dass es gerade unter Radsportlern, allgemein unter<br />
Outdoorsportlern sowie bei Pollenallergikern einen<br />
Bedarf dafür gibt – während sich die Maske in<br />
Asien an die breite Bevölkerung richtet.“ ƒ
Uni 2_<strong>2019</strong> 27
28 Uni_ 2_<strong>2019</strong>
Gute Gründer<br />
Die Ess-Löffel<br />
Plastikmüll türmt sich zu Bergen, verschmutzt unsere Umwelt und<br />
findet sich sogar schon als Mikropartikel in lebenden Organismen<br />
wieder. Auf Partys und unterwegs wird noch viel zu oft Wegwerfbesteck<br />
verwendet. Die Göttinger Gründer von Kulero haben<br />
die Lösung: funktionstüchtige, essbare Löffel!<br />
TEXT CLAUDIA KLAFT<br />
FOTOGRAFIE ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />
Sie sind Fans. Fans des Produkts,<br />
das sie vermarkten. Und sie werden<br />
neue Fans finden – Kunden.<br />
Denn das Produkt fällt in den<br />
Zeitgeist: „Weg mit dem Plastik!<br />
Wegwerf artikel, pfui!“ Und es<br />
könnte einen großen Teil der über zwei Milliarden<br />
Teile Einwegbestecke ersetzen, die alleine in<br />
Deutschland jährlich anfallen. Sie, das sind sechs<br />
junge Menschen.<br />
Das Produkt ist ein essbarer Löffel. Er besteht<br />
aus verschiedenen Mehlsorten und Wasser, kommt<br />
ohne Konservierungs- und künstliche Aromastoffe<br />
aus. Er hält Flüssigkeiten stand und ist sogar zu<br />
verzehren, in acht leckeren Sorten: Masala Magic,<br />
Anis, Spinat, Pfeffer, gesalzen, rote Bete, Minze und<br />
Schokolade. Aus 100 Prozent natürlichen Zutaten,<br />
umweltfreundlich und vegan.<br />
KULERO HEISST DIE EINPERSONENGESELL-<br />
SCHAFT von Juliane Schöning (Foto), die den Stein<br />
ins Rollen beziehungsweise die Innovation aus Indien<br />
nach Deutschland gebracht hat. „Der Anfang<br />
war eine glückliche Verkettung von zufälligen Begegnungen“,<br />
erzählt die Geschäftsführerin. Dass<br />
sie nach dem Abitur mit einer Freiwilligenorganisation<br />
nach Indien reiste und ihre Studienwahl deshalb<br />
auf Indologie fiel. Dass sie während ihres Studiums<br />
eine Projektstudie am Goethe-Institut im<br />
indischen Vadodara machte und dort in einem Restaurant<br />
auf diesen Löffel aufmerksam wurde.<br />
Dass sie danach recherchiert hat und so mit dem<br />
Produktentwickler ins Gespräch kam. Den sie, wie<br />
sich herausstellte, schon über die Freiwilligenorganisation<br />
kannte. Es war Hemant Chawla (Foto).<br />
Das ist so ein Moment, in dem die Welt nicht nur<br />
sprichwörtlich klein ist.<br />
Schnell war der Gesprächsfaden geknüpft, die<br />
Überlegungen wurden immer reifer. Schließlich fand<br />
die Tochter einer selbstständigen Handwerkerfamilie<br />
Geschmack daran, eine eigene Firma zu gründen<br />
und die essbaren Löffel mit den Entwicklern gemeinsam<br />
nach Deutschland zu bringen. Was dann<br />
folgte, war reges Netzwerken. Zunächst mit der<br />
‚Gründungsförderung der Stabsstelle Kooperation<br />
und Innovation der Universität Göttingen‘. Was so<br />
sperrig klingt, ist eine agile Anlaufstelle für Studierende,<br />
die sich mit dem Gedanken tragen, eine Firma<br />
zu gründen. „Wir sind sehr gut beraten worden.<br />
Vor allem haben sie uns auf viele Angebote aufmerksam<br />
gemacht, die uns weitergebracht haben“, sagt<br />
die 25-Jährige. So auch auf die Kurse bei der Gründungsberatung<br />
MOBIL in Göttingen. Beim Südniedersachsen<br />
InnovationsCampus SNIC fanden sie<br />
einen Ansprechpartner für Crowdfunding.<br />
„Das einzig wirklich stressige war die deutsche<br />
Bürokratie“, erzählt Juliane. Gewerbeanmeldung,<br />
Handelsregistereintrag, Steuernummer des Finanzamts,<br />
dann die Klärung, dass die Löffel kein Besteck<br />
sind, sondern ein Lebensmittel, zertifiziert<br />
durch die indische Lebensmittelsicherheitsbehörde<br />
FSSAI und das deutsche Veterinäramt …<br />
☛<br />
Gute Gründe(r)<br />
Die Auszeichnung Gute<br />
Gründe(r) wird zweimal<br />
im Jahr von faktor, der<br />
WRG Wirtschaftsregion<br />
Göttingen und der GWG<br />
Gesellschaft für Wirtschaftsförderung<br />
und<br />
Stadtentwicklung Göttingen<br />
an jung gegründete<br />
Unternehmen vergeben,<br />
die vielversprechende und<br />
tragfähige Geschäfts ideen<br />
haben und in besonderer<br />
Weise geeignet sind, in<br />
der Region ein positives<br />
Gründungsklima zu<br />
fördern. Die zweite<br />
Urkunde im Jahr <strong>2019</strong> ging<br />
an die Gründer von Kulero<br />
für ihre nachhaltigen,<br />
essbaren Löffel.<br />
www.kulero.de<br />
Uni 2_<strong>2019</strong> 29
„Sechs Wochen Behördenkram, immer wieder Telefonate,<br />
und das neben meinem Studium.“ Im Juli<br />
<strong>2019</strong> konnte es endlich offiziell losgehen: Das Unternehmen<br />
Kulero bahnt sich seinen Weg auf den<br />
deutschen Markt.<br />
MIT EINEM NETZWERK, das sich durch Freiwilligendienst<br />
und ein Start-up-Treffen in Northeim<br />
gefunden hat: Während Juliane die Fäden in der<br />
Hand hält, ist Hemant für Vertrieb und Logistik<br />
verantwortlich und Bindeglied nach Indien, wo er<br />
sich gemeinsam mit Kruvil Patel um die Fabrik und<br />
die Produktion kümmert. Annabell Schunk betreut<br />
den Social- Media-Auftritt, Noah Hartig ist für<br />
Crowdfunding und Marketing zuständig, Theo<br />
Hollweg für Webseite und IT, und Chocco Nox aus<br />
Berlin ist ,Head of Happiness‘.„Ohne mein Team<br />
hätte ich das nicht machen können“, berichtet Juliane<br />
von der aufreibenden Gründungs phase. „Noch<br />
arbeiten alle ehrenamtlich, aber ich will sie bald in<br />
ein Angestelltenverhältnis übernehmen und noch<br />
weitere Leute einstellen.“ Damit das klappt, ist sie<br />
mit ihrem Team eifrig auf Akquisetour. Die ersten<br />
Erfolge sind verbucht, der Markt ist noch groß.<br />
Um frei in ihren Entscheidungen zu sein, verzichtet<br />
Juliane bewusst auf Bankkredite und Investoren.<br />
Stattdessen nimmt sie an Wettbewerben teil,<br />
unter anderem beim Innovationspreis des Landkreises<br />
Göttingen, bei Startgreen, beim Public<br />
Value Award. Ob sie dafür Preise einheimsen wird,<br />
weiß sie nicht, „aber wir erreichen dadurch Publicity,<br />
die sich auszahlen kann“. Sie nennt es „Kapital<br />
ohne Verpflichtungen“.<br />
Die Auszeichnung als ‚Gute Gründe(r)‘ im August<br />
kam dagegen überraschend (siehe Kasten auf<br />
Seite 29). „Darauf sind wir echt stolz und dankbar“,<br />
sagt Juliane freude strahlend. Besonders innovative<br />
und tragfähige Geschäftsideen werden damit ausgezeichnet,<br />
die nachhaltigen Erfolg versprechen.<br />
„Die jungen Gründer beweisen mit ihrem Start-up:<br />
Ein zukunftsfähiges Produkt kann durch diese innovative<br />
Kombination von Wissen auf den Markt gebracht<br />
werden“, so Ursula Haufe, GWG-Geschäftsführerin<br />
und Jurymitglied. „Göttingen bietet den<br />
Gründern ein funktionierendes Gründerökosystem<br />
und damit ein gutes Umfeld zur weiteren Entwicklung.<br />
Vor Kulero liegt – auch aufgrund der umweltpolitischen<br />
Entwicklungen – eine sehr spannende<br />
Zeit mit großen Erfolgsaussichten.“<br />
INNOVATIV IST KULERO IN VIELERLEI HINSICHT:<br />
vom geschmackvollen Produkt über die Finanzierung<br />
mittels Crowdfunding und Wettbewerbe bis<br />
zur Werbung via Social Media wie Instagram und<br />
Influencern. Julianes klares Ziel: erfolgreich durchstarten,<br />
das Sortiment um Gabeln, Kaffeerührer<br />
und Essstäbchen erweitern und in naher Zukunft<br />
in Deutschland produzieren. Sie, die in Höxter aufgewachsen<br />
ist, ihren Bachelor in Hamburg absolviert<br />
hat, seit dem Masterstudiengang in Göttingen<br />
lebt und hier mit Modern Indian Studies weitermacht,<br />
sagt: „Ich finde, Südniedersachsen wäre ein<br />
idealer, weil zentraler Standort.“<br />
Ihr Ansatz ist, sozial zu wirtschaften, Mitarbeitende<br />
zu beteiligen und faire Löhne zu zahlen. Der<br />
wertschätzende Umgang mit den Menschen und der<br />
Natur, also die ‚Chain-of-trust‘, ist fester Bestandteil<br />
ihrer Unternehmensphilosophie. 50 Prozent der<br />
Gewinne werden re investiert, NGOs, die den CO 2 -<br />
Wert ausgleichen, werden unterstützt. Nachhaltigkeit<br />
ist das Credo der Jung unternehmerin.<br />
Übrigens: Kulero ist das Esperanto-Wort für<br />
Löffel. Vom Team bewusst gewählt, weil es eine internationale<br />
Bedeutung hat. Doch, was sie nicht<br />
wussten, ist, dass Herzberg im Harz die offizielle<br />
Esperanto-Stadt in Deutschland ist. Jetzt hat man sie<br />
dort eingeladen, und Juliane freut sich: „Momentan<br />
bin ich von der Resonanz überwältigt. Es tun sich<br />
gerade so viele Wege auf!“ Wege, auf denen Kulero<br />
sicher noch viele weitere Fans findet. ƒ<br />
30 Uni 2_<strong>2019</strong>
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Utopia 2.0<br />
Wasser für alle,<br />
alle für Wasser<br />
Emilia Kröger ist seit ihrem ersten Studiensemester an der Uni Göttingen für<br />
die Hochschulinitiative Viva con Agua Göttingen aktiv. Im Interview erklärt die<br />
22-jährige Politik- und Germanistikstudentin, warum ehrenamtliches Engagement<br />
gerade heute so wichtig ist und was man selbst dadurch gewinnen kann.<br />
INTERVIEW LEA VAN DER PÜTTEN<br />
FOTOGRAFIE LUKA GORJUP<br />
Emilia, du bist nun schon seit knapp drei Jahren für Viva con<br />
Agua im Einsatz. Was hat dich dazu bewogen, dich neben<br />
deinem Studium auch noch für diesen Verein zu engagieren?<br />
Als ich nach Göttingen gezogen bin, haben sich in meiner Studi-<br />
O-Phase die ganzen Hochschulgruppen vorgestellt. Viva con Agua<br />
ist damals bei mir hängen geblieben, da ich den Verein schon aus<br />
Hamburg kannte. Er wurde von einem St.-Pauli-Fußballer gegründet<br />
und hat daher in meiner Heimatstadt einen großen Bekanntheitsgrad.<br />
Mir gefiel aber nicht nur der Name, mich überzeugte das<br />
Konzept! Dass man all das machen kann, was einem ohnehin Spaß<br />
macht, dass man total kreativ sein kann – und dabei auch noch<br />
Gutes tut. Ich bin dann zu dem Neulingsabend gegangen und zu<br />
ein paar Crew-Treffen, und die Leute wurden mir immer sympathischer.<br />
Mit der Zeit sind Freude daraus geworden – und so blieb ich.<br />
Was genau macht euer Verein überhaupt?<br />
Bei Viva con Agua geht es darum, Menschen zu helfen, die keinen<br />
Zugang zu sauberem Trinkwasser haben. Das heißt konkret: Spenden<br />
zu sammeln, um Brunnen zu bauen. Das war die Ursprungsidee<br />
des Vereins. Mittlerweile ist daraus aber noch viel mehr entstanden.<br />
Inzwischen geht es nicht nur darum, die Trinkwasserversorgung<br />
sicherzustellen, sondern auch darum, überall auf der Welt Hygieneund<br />
Sanitärprojekte umzusetzen.<br />
Warum ist es deiner Meinung nach wichtig, sich gerade jetzt<br />
und für dieses Thema zu engagieren?<br />
In Zeiten des Klimawandels ist es auf jeden Fall unerlässlich, darauf<br />
aufmerksam zu machen, dass Wasser keine unendliche Ressource<br />
ist. Wir verbrauchen tagtäglich Unmengen davon, ohne uns<br />
darüber Gedanken zu machen, dass fließendes Wasser einfach nicht<br />
normal ist. Wir wollen mit unserem Verein kein schlechtes Gewissen<br />
erzeugen, sondern versuchen, für das Thema zu sensibilisieren.<br />
Natürlich sind Geldspenden da wichtig, aber das Engagement und<br />
das Mitmachen ist am Ende manchmal bedeutender als ein gespendeter<br />
Euro.<br />
Außerdem bringt es einem auch persönlich etwas, sich zu engagieren.<br />
Ich selbst möchte vor allem etwas bewirken und mehr machen<br />
als nur mein Studium oder später nur meinen Job. Mit einem<br />
Ehrenamt kann ich schon heute Verantwortung übernehmen.<br />
So werde ich als junger Mensch auch ernst genommen, wenn ich<br />
zeige, dass ich mich tatsächlich für etwas einsetze, das mir wichtig<br />
ist – das ist für das eigene Selbstbewusstsein sehr von Vorteil und<br />
kann nebenher auch die Berufsperspektiven positiv beeinflussen.<br />
Und wie sieht eure Arbeit dabei in Göttingen aus?<br />
Unsere Gruppe vor Ort besteht nur aus Ehrenamtlichen, unserer<br />
Crew. Wir haben keinen verpflichtenden Plan oder vorgeschriebene<br />
Projekte, die wir umsetzen müssen, sondern können eigentlich immer<br />
genau das machen, worauf wir Lust haben. Am Ende wollen wir<br />
erstmal nur Spenden sammeln und Leute mit dem Thema Wasser<br />
in Verbindung bringen. In welcher Form das passiert, ist ganz uns<br />
überlassen.<br />
32 Uni 2_<strong>2019</strong>
Eben noch schnell die Welt retten<br />
Emilia Kröger von der Hochschulinitiative Viva con Agua Göttingen investiert ihre freie Zeit neben dem Studium gern, dafür zu<br />
kämpfen, dass alle Menschen weltweit einen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben – und bekommt dafür reichlich zurück.<br />
Uni 2_<strong>2019</strong> 33
Utopia 2.0<br />
Und wie motiviert ihr die Menschen, für euch zu spenden?<br />
Viele lokale Crews aus anderen Städten sammeln zum Beispiel aktiv<br />
Pfandbecher auf Konzerten ein. Das funktioniert hier in Göttingen<br />
aber nur begrenzt, weil die meisten Veranstaltungen ohne Pfandbecher-System<br />
arbeiten. Deswegen mussten wir hier ein bisschen<br />
kreativer werden und haben mittlerweile alle möglichen Sachen<br />
organisiert: Partys, Poetry-Slams oder Powerpoint-Karaoke. Als<br />
Nächstes steht wieder unser Spendenlauf, der ,Run4Wash‘ auf dem<br />
Programm, der aus einem Bildungsprojekt mit Schülern heraus<br />
entstanden ist. Besonders happy sind wir natürlich immer dann,<br />
wenn wir nicht nur Spenden sammeln, sondern die Leute auch für<br />
das Thema Wasser sensibilisieren können.<br />
Hört sich auf jeden Fall nach einer guten Sache an, aber auch<br />
nach einer Menge Arbeit. Wie seid ihr in Göttingen organisiert?<br />
Wir sind zurzeit um die 20 Crew-Mitglieder. Auf dem Papier haben<br />
wir einen zweiköpfigen Vorstand, der letztendlich aber nur für die<br />
Raumbuchungen in der Uni zuständig ist. Ansonsten arbeiten wir<br />
in flachen Hierarchien und sind in sogenannte ASP-Posten gegliedert,<br />
also Ansprechpersonen für Finanzen, Netzwerk, Bildung und<br />
Aktionen. Diese Posten sind jeweils doppelt besetzt, meistens aus<br />
einem Neuling und einer Person, die schon etwas länger dabei ist.<br />
Das sorgt für einen guten Ideenaustausch, weil stetig frischer Wind<br />
reinkommt und es nie so weiterläuft wie immer. Unsere Gruppe<br />
besteht also aus mehreren offenen Arbeitskreisen, und einmal im<br />
Monat haben wir unsere Crew-Treffen, wo wir uns alle gemeinsam<br />
austauschen.<br />
Das klingt wirklich nach einem eindrucksvollen Event ... Was<br />
war denn dein bislang prägendster Moment bei Viva con Agua,<br />
in dem du persönlich gemerkt hast, dass sich all die ehrenamtliche<br />
Arbeit wirklich lohnt?<br />
Das war ganz klar der erste Poetry-Slam, den ich selbst zusammen<br />
mit zwei anderen Mädels ins Leben gerufen hab und der zu einem<br />
echten Herzensprojekt von mir geworden ist. Nach dem Slam standen<br />
alle noch zusammen und ließen den Abend Revue passieren –<br />
und plötzlich dachte ich: ‚Wow, es hat gerade wirklich alles geklappt.<br />
Es sind gute Künstler aufgetreten, Zuschauer sind gekommen und<br />
haben gespendet. Es hat alles funktioniert, als wäre das eine ganz<br />
normale Veranstaltung – dabei haben wirklich ,wir‘ das organisiert!‘<br />
Das ist schon ein tolles Gefühl: eine Mischung aus Stolz und Freude.<br />
Wie können andere auch dieses Gefühl erreichen, wie kann<br />
ich mich bei euch engagieren?<br />
Eigentlich musst du nur bei einem unserer Crew-Treffen vorbeikommen,<br />
die sind immer am 10. eines Monats. Wie unsere Aktionen auch<br />
kündigen wir die Treffen regelmäßig über Facebook an. Aber man<br />
kann uns auch einfach bei einer Aktion direkt ansprechen oder eine<br />
E-Mail schreiben. Bei uns sind Neulinge immer herzlich willkommen!<br />
Vielen Dank für das Gespräch!<br />
Gibt es auch Zusammenarbeit mit anderen Crews in<br />
anderen Städten?<br />
Na klar, dafür gibt es extra regionale und überregionale Netzwerktreffen.<br />
So können wir uns vernetzen, gegenseitig unterstützen,<br />
zum Beispiel für Konzerte gegenseitige Kapazitäten nutzen und<br />
auch mal gemeinsame Aktionen starten. Einmal im Jahr findet<br />
das globale Netzwerktreffen statt, organisiert vom ,Brunnenbüro‘,<br />
unserer Zentrale in Hamburg – als Dankeschön und große<br />
Umarmung an alle Ehrenamtlichen. Alle Supporter weltweit sind<br />
eingeladen – da kommen locker um die 800 Leute zusammen. Das<br />
ist immer wie ein kleines Mini-Festival. Es gibt zwar keine Konzerte,<br />
aber den ganzen Tag superinteressanten und hilfreichen Input:<br />
zum Beispiel Workshops wie ‚Finanzentanzen‘ oder ‚Machtsensible<br />
Kommunikation an der Tonne‘. Drumherum gibt es dann noch<br />
Yoga, Teambuilding-Maßnahmen und zahlreiche Ideen zu Aktionen,<br />
die man selbst starten kann. Von diesem Event nehmen wir<br />
nicht nur immer eine Menge Motivation mit nach Hause, sondern<br />
viele neue Freundschaften zu Menschen aus aller Welt.<br />
Mach mit!<br />
Viva con Agua de Sankt Pauli ist ein gemeinnütziger Verein,<br />
der sich dafür einsetzt, dass alle Menschen weltweit<br />
Zugang zu sauberem Trinkwasser haben. Darum fördert<br />
der Verein nach dem Motto ,Wasser für alle – alle für Wasser‘<br />
Wasserprojekte und Aktionen im In- und Ausland. Die<br />
Non-Profit-Organisation setzt dabei auf die universellen<br />
Sprachen Musik, Kunst und Sport, um Menschen für<br />
sauberes Trinkwasser zu aktivieren und Spenden zu<br />
generieren. Dafür besuchen die Mitglieder Konzerte und<br />
Festivals, um Pfandbecher zu sammeln, halten Vorträge an<br />
Schulen und Universitäten, arbeiten mit Unternehmen<br />
zusammen und aktivieren überall, wo es Spaß macht!<br />
Kontakt<br />
bei Facebook unter @vcagoettingen<br />
bei Instagram unter vivaconagua_goettingen<br />
per E-Mail unter goettingen@vivaconagua.org<br />
34 Uni 2_<strong>2019</strong>
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Greifbare Ergebnisse<br />
MPI-Direktor Christian Griesinger forscht daran, einige unserer<br />
schwerwiegensten Zivilisationskrankheiten zu bekämpfen und<br />
wurde für seine bahnbrechenden Erkenntnisse<br />
bereits mehrfach ausgezeichnet.<br />
TEXT STEFAN LIEBIG<br />
FOTOGRAFIE ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />
36 Uni 2_<strong>2019</strong><br />
War es ein Zeichen, dass der in Ulm<br />
geborene Christian Griesinger<br />
einst die Bronzemedaille der Internationalen<br />
Chemieolympiade<br />
ausgerechnet in Torun, der polnischen Partnerstadt<br />
Göttingens, gewann? Er war damals gerade 18 Jahre<br />
alt – 21 Jahre später sollte er die Leitung einer<br />
Abteilung am Max-Planck-Institut (MPI) für biophysikalische<br />
Chemie in der Gänselieselstadt übernehmen.<br />
Doch diese Verknüpfung der Stationen<br />
seines Lebenslaufs ist wohl etwas zu konstruiert ...<br />
„Auch wenn ich in Torun erstmals erkannte, dass<br />
ich in Chemie so schlecht nicht sein kann“, wie<br />
Griesinger heute schmunzelnd erzählt.<br />
Dass dem tatsächlich so ist, erkannten auch<br />
viele andere: Denn inzwischen kann Griesinger<br />
zahlreiche angesehene wissenschaftliche Auszeichnungen<br />
vorweisen – seit diesem Jahr auch den<br />
Günther-Laukien-Preis, den er für seine herausragenden<br />
Beiträge zur Kernspinresonanz (NMR)-<br />
Spektroskopie erhielt. Griesinger erforscht die<br />
Struktur von Molekülen und deren Dynamik.<br />
Denn nur, wenn Proteine und Nukleinsäuren sich<br />
in eine bestimmte Form falten, können sie ihre biologische<br />
Aufgabe erfüllen. „Der Günther-Laukien-Preis<br />
ist die wichtigste Auszeichnung in diesem<br />
Bereich“, sagt Griesinger erfreut, der den 1997 verstorbenen<br />
Namensgeber selbst noch kennenlernte.<br />
„Ende der 1980er-Jahre führte ich mit Forscherkollegen<br />
NMR-Messungen auf dem Bruker-Firmenge-<br />
lände durch. Günther Laukien hatte damals dort<br />
seine Wohnung. Er kam öfter zu uns und ließ sich,<br />
wie ein liebevoller Großvater von seinen Enkeln,<br />
alles über unsere spannende Forschung erklären.“<br />
Wer jetzt denkt, dass Griesingers Weg von klein<br />
auf vorgezeichnet war, irrt: „Mein Zwillingsbruder<br />
und ich waren eher Spätentwickler, allerdings entdeckte<br />
ich früh mein Talent, Elektrogeräte zu reparieren“,<br />
erzählt der heute 59-Jährige und erinnert<br />
sich zurück an seine Kindheit in Neu-Isenburg. In<br />
dieser Zeit erwacht auch sein Interesse an Naturwissenschaften,<br />
und mit zwei Onkeln, die Chemiker<br />
sind, hat er bereitwillige Gesprächspartner.<br />
„Bei Familienfeiern sprachen wir nur über das eine.<br />
Und als meine Eltern mir dann auch noch einen<br />
Chemiebaukasten schenkten, war ich endgültig infiziert.“<br />
Und so wendet sich der eigentlich sehr sportliche<br />
Jugendliche von anderen Hobbys ab – bis dahin<br />
stand er lange im aktiven Wettstreit mit seinem<br />
Bruder: Sie turnten, spielten Tennis und schwammen<br />
– sogar in demselben Verein wie ,Albatros‘<br />
Michael Groß. „Das schwierigste Hobby aber, vor<br />
allem für die Nachbarn, war das Klavierspielen.<br />
Erst übte ich, dann mein Bruder, und umgekehrt. In<br />
einer Mietwohnung geht so was nicht lange gut“,<br />
sagt Griesinger mit einem schelmischem Lächeln.<br />
Seine Mutter freut sich, dass sein neues Hobby<br />
nun mit weniger Geräuschkulisse verbunden ist<br />
und fährt den heranwachsenden Sohn bereit-☛
☛<br />
Uni 2_<strong>2019</strong> 37
Zur Person<br />
Christian Griesinger, geboren<br />
1960 in Ulm, forscht seit 1999<br />
in Göttingen als Direktor am<br />
Max-Planck-Institut für biophysikalische<br />
Chemie und ist<br />
gleichzeitig als Honorarprofessor<br />
an der Georg-August-<br />
Universität tätig.<br />
Schwerpunktmäßig arbeitet<br />
er daran, Methoden in der<br />
NMR-Spektroskopie zu entwickeln<br />
und diese im biologischen<br />
und pharmakologischen<br />
Umfeld anzuwenden.<br />
Griesinger ist seit 2007 gewähltes<br />
Mitglied der Akademie<br />
der Wissenschaften zu<br />
Göttingen, wurde neben zahlreichen<br />
weiteren Auszeichnungen<br />
unter anderem mit<br />
dem Leibniz-Preis der<br />
Deutschen Forschungsgemeinschaft,<br />
dem Otto-<br />
Bayer-Preis und erst in diesem<br />
Jahr mit dem Günther-<br />
Laukien-Preis geehrt.<br />
38 Uni 2_<strong>2019</strong><br />
willig zur Universitätsbibliothek, um sich wissenschaftliche<br />
Lektüre auszuleihen. Nach dem Abitur<br />
entscheidet sich Griesinger ohne Zögern für ein<br />
Doppelstudium der Chemie und Physik auf Diplom<br />
an der Universität Frankfurt. „Dieser universelle<br />
Ansatz ist heutzutage leider kaum noch umsetzbar“,<br />
sagt er bedauernd mit Blick auf die Veränderungen<br />
der Studienordnungen.<br />
Wegen dieser offenen Herangehensweise findet<br />
er schnell seine Spezialdisziplin in der Kernspinresonanz<br />
(NMR)-Spektroskopie, die ihn bis heute<br />
begeistert. „Es waren goldene Zeiten damals – alles,<br />
was man anfasste, war neu und führte zu Publikationen“,<br />
erklärt der Chemiker schwärmend, für<br />
den nach einem langweiligen Schülerpraktikum in<br />
der Pharmaindustrie schon früh feststeht, dass er in<br />
die akademische Forschung gehen will. Er wählt<br />
seinen Diplom- und Doktorvater Horst Kessler, der<br />
den Lehrstuhl für Organische Chemie an der<br />
Frankfurter Uni innehat, wegen seiner wissenschaftlichen<br />
Spezialisierung aus. Dieser schickt ihn<br />
schon mitten in der Diplomarbeit gemeinsam mit<br />
einem höhersemestrigen Kommilitonen und dem<br />
verantwortungsvollen Auftrag, ein NMR-Spektrometer<br />
zu testen, in die USA. Und schließlich vermittelt<br />
ihm Kessler auch die Möglichkeit, während der<br />
Doktorarbeit bei dem späteren Nobelpreisträger<br />
Richard Ernst an der ETH in Zürich zu forschen.<br />
Diesem Aufenthalt schließen sich nach der Promotion<br />
weitere dreieinhalb Jahre als Postdoktorand an.<br />
Diese für ihn extrem lehrreiche Zeit endet<br />
mit dem Wechsel zurück an ,seine‘ Frankfurter<br />
Universität. Hier erhält er ohne Habilitation eine<br />
C4-Professur. Denn schon zu dem Zeitpunkt qualifizieren<br />
ihn 30 eigene Publikationen, auch wenn er<br />
mit gerade 29 Jahren noch zum Nachwuchs gehört.<br />
„Diese Jahre lehrten mich sehr viel – insbesondere<br />
im Bereich der Mitarbeiterführung“, sagt er. Auf<br />
diesen Erfahrungsschatz kann er heute bei Lehrveranstaltungen<br />
und Forschungsprojekten mit<br />
Studenten zurückgreifen.<br />
Griesinger etabliert sich schnell, was auch die<br />
weiter wachsende Liste seiner wissenschaftlichen<br />
Auszeichnungen beweist. Herausragend hierbei ist<br />
der Leibniz-Preis, den er 1998 erhält. „Dieser war<br />
ausschlaggebend für den Ruf an das Göttinger<br />
MPI“, sagt Griesinger, der sich nach reiflicher<br />
Überlegung für den Umzug entscheidet. Er will ein<br />
anderes Umfeld kennenlernen und das Zusammenspiel<br />
der verschiedenen MPI und der Universität in<br />
Göttingen für seine Forschungen nutzen.<br />
Den Wechsel als Direktor an das MPI für biophysikalische<br />
Chemie bereut Griesinger bis heute<br />
nicht. Doch der Wissenschaftler will die Ergebnisse<br />
jahrelanger Forschung auch in der Praxis genutzt<br />
wissen. Daher gründet er 2013 zusammen mit<br />
Armin Giese von der Ludwig-Maximilians-Universität<br />
München und zwei weiteren Wissenschaftlern<br />
die Firma MODAG. Das Unternehmen erforscht,<br />
wie bestimmte Proteine bei neurodegenerativen<br />
Erkrankungen miteinander verklumpen, und entwickelt<br />
Moleküle, die diese Verklumpung verhindern.<br />
Untersuchungen an Mäusen sind vielversprechend:<br />
Denn die von ihm und seinen Kollegen neu<br />
entwickelten Wirkstoffe können bei den Nagern<br />
die Parkinson-Erkrankung verlangsamen und das<br />
damit einhergehende Absterben von Nervenzellen<br />
stoppen. „Wenn sich in den demnächst anlaufenden<br />
klinischen Studien zeigt, dass sich unsere<br />
Ergebnisse von Maus auf Mensch übertragen<br />
lassen, könnten die Wirkstoffe möglicherweise<br />
auch bei Patienten mit Parkinson-Creutzfeldt-<br />
Jakob- und Alzheimer-Krankheit sehr positive<br />
Effekte zeigen“, sagt er und formuliert damit seine<br />
Hoffnung für die Zukunft.<br />
Mit dem jüngsten Höhepunkt seiner Karriere,<br />
dem Günther-Laukien-Preis, bestätigen die Juroren<br />
einmal mehr seine großen Fortschritte. Dass<br />
es aber häufig Jahrzehnte dauert, bis es zu greifbaren<br />
und in der Praxis nutzbaren Ergebnissen<br />
kommt, beflügelt Griesinger eher, als dass es ihn<br />
demotiviert. „Einen wirklichen Durchbruch hat<br />
man als Forscher wahrscheinlich nur einmal im<br />
Leben – aber dafür lohnt es sich, zu arbeiten.“ Über<br />
seine vielen Auszeichnungen freut er sich zwar,<br />
aber sieht diese nicht als wesentliche Motivation.<br />
Vielmehr möchte er am Wandel seines Fachgebiets<br />
teilhaben und hofft, einen entscheidenden Beitrag<br />
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ihres Lebens<br />
Elisabeth Selbert ist eine der ,Mütter des Grundgesetzes‘, das vor rund 70 Jahren<br />
verabschiedet wurde. Dass es in Artikel 3 heißt, „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“,<br />
ist vor allem ihr – deren Weg sie für eine prägende Zeit an die Uni Göttingen führte –<br />
und ihren Mitstreiterinnen zu verdanken.<br />
TEXT NORMAN LIPPERT<br />
Am 22. September 1896 wird Martha Elisabeth<br />
Rohde als zweites von vier Kindern eines<br />
Justizoberwachtmeisters in Niederzwehren<br />
bei Kassel geboren. Weil ihr der Weg zu<br />
einer Lehrerausbildung verwehrt blieb, absolviert<br />
sie die Höhere Handelsschule und<br />
beginnt 1913 als Auslandskorrespondentin bei einem Kasseler<br />
Unternehmen. Im Jahr 1918 lernt sie Adam Selbert kennen, den<br />
damaligen Vorsitzenden des Arbeiter- und Soldatenrates in Niederzwehren.<br />
Von ihm für das politische Engagement begeistert,<br />
tritt sie in die SPD ein und wird kurz darauf zur Gemeindeverordneten<br />
gewählt.<br />
Zwei Jahre später heiratet das Paar, 1921 kommt der erste<br />
Sohn zur Welt, und im Jahr 1922 folgt der zweite. In einer klassischen<br />
Ehe der damaligen Zeit wäre damit die berufliche Karriere<br />
der Ehefrau – ganz zu schweigen von ihrem politischen Engagement<br />
– beendet gewesen. Doch die Selberts führen eine partnerschaftliche,<br />
gleichberechtigte Ehe. Anstatt sich allein um den<br />
Haushalt und die Kinder zu kümmern, behält Elisabeth Selbert<br />
ihre politischen Ämter, holt mit 30 Jahren das Abitur nach und<br />
nimmt anschließend ein Studium der Rechtswissenschaften auf<br />
– bestärkt von ihrem Ehemann und der Familie. Im Jahr 1926<br />
beginnt Elisabeth Selbert ihr Studium an der Marburger Universität.<br />
Auch wenn Frauen zu dieser Zeit teilweise mehr als 20 Prozent<br />
der Studierenden ausmachen, werden sie im männlich geprägten<br />
Universitätsbetrieb häufig als Fremdkörper angesehen.<br />
Elisabeth Selbert sticht zusätzlich hervor, denn sie ist deutlich<br />
älter als ihre Kommilitoninnen, dazu noch Mutter von zwei Kindern,<br />
politisch engagiert und äußerst zielstrebig.<br />
Ein schnellstmöglicher Abschluss ihres Stu diums ist<br />
aus finanziellen Gründen unumgänglich: Die Studiengebühren<br />
von 250 Mark pro Semester und die monatlichen Fahrtkosten<br />
von rund 40 Mark – an ein Zimmer ist nicht zu denken – übersteigen<br />
die finanziellen Möglichkeiten der Selberts. Ohne familiäre<br />
Unterstützung wären diese Anstrengungen nicht zu meistern<br />
gewesen. Während Adam Selbert den Lebensunterhalt bestreitet<br />
und Elisabeth täglich zur Universität pendelt, kümmern sich die<br />
Großeltern um die beiden Enkel und eine Schwester um den<br />
Haushalt.<br />
Im Wintersemester 1927 schreibt sich Elisabeth Selbert<br />
schließlich unter der Matrikelnummer 111 an der Juristischen<br />
Fakultät der Georg-August-Universität in Göttingen ein. Sie ist<br />
eine von fünf Frauen unter 350 Studierenden. Der Wechsel nach<br />
Göttingen wurde notwendig, weil sie in Marburg keinen Doktorvater<br />
findet. Am täglichen Pendeln ändert sich zuweilen ebenso<br />
wenig wie an ihrer Zielstrebigkeit.<br />
Über ihren studentischen Alltag in Göttingen ist nur<br />
wenig bekannt. Elisabeth Selbert steht für gewöhnlich um sechs<br />
Uhr auf, bereitet das Frühstück für die Familie vor und legt ihren<br />
Söhnen die Kleider zurecht. Anschließend macht sie sich auf den<br />
Weg nach Göttingen, besucht ihre juristischen Veranstaltungen<br />
im Auditorium und kehrt abends nach Kassel zurück. An ein<br />
ausgelassenes Studentenleben, Ausflüge mit den Kommilitonen<br />
oder Konzert- und Theaterbesuche ist in all den Jahren nicht zu<br />
denken, weder finanziell noch zeitlich. Das Studium geht vor. Im<br />
Oktober 1929 besteht sie das 1. Staatsexamen beim Oberlandesgericht<br />
Kassel. Noch im selben Jahr reicht sie ihre fertige Disser-<br />
40 Uni 2_<strong>2019</strong>
FOTO: BESTAND ERNA WAGNER-HEHMKE, HAUS DER GESCHICHTE, BONN<br />
»In meinen kühnsten Träumen<br />
habe ich nicht erwartet, dass<br />
der Antrag abgelehnt werden<br />
würde. Die Frau (…) muss auf<br />
allen Rechtsgebieten dem<br />
Manne gleichgestellt werden! «<br />
Die vier ,Mütter des Grundgesetzes‘ im Jahr 1948: Elisabeth Selbert (r.) mit Helene Wessel, Helene Weber, Friederike Nadig (v.l.)<br />
Uni 2_<strong>2019</strong> 41
Ein Stück Zeitgeschichte: Elisabeth Selberts handschriftlich<br />
bearbeitetes Grundgesetz<br />
tation zur ,Ehezerrüttung als Scheidungsgrund‘ ein und wird<br />
nach Bestehen der mündlichen Prüfung im Juli 1930 zur Doktorin<br />
der Rechtswissenschaften promoviert. Doch die jahrelange<br />
Dauerbelastung fordert während des anschließenden Referendariats<br />
ihren Tribut: Elisabeth Selbert erleidet einen Nervenzusammenbruch.<br />
Es dauert ein halbes Jahr, bis sie das Referendariat<br />
fortführen kann.<br />
Im Jahr 1934 wird sie als eine der letzten Anwältinnen in<br />
Deutschland zugelassen, bevor die Nationalsozialisten diesen Berufsweg<br />
für Frauen verschließen. Im Jahr zuvor hatten die Nationalsozialisten<br />
im Zuge der Machtübernahme mehrere Tausend<br />
Gewerkschafter, Kommunisten und Sozialdemokraten aus dem<br />
Staatsdienst entlassen, teilweise verhaftet und interniert. Auch<br />
Adam Selbert ist hiervon als sozialdemokratischer Kommunalpolitiker<br />
betroffen. Er wird zwar nach einigen Wochen aus der<br />
Haft entlassen, muss aber fortwährend auf seine früheren Beamtenbezüge<br />
verzichten. Bis zum Kriegsende 1945 gelingt es der<br />
Anwältin Selbert, die Familie zu ernähren.<br />
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wird Dr. Elisabeth<br />
Selbert in den Kasseler Stadtrat, zum Mitglied der verfassunggebenden<br />
Landesversammlung Hessens und in den SPD-Parteivorstand<br />
gewählt. Im Sommer 1948 verfügen die Westalliierten die<br />
Bildung des Parlamentarischen Rates, welcher der zukünftigen<br />
Bundesrepublik eine demokratische Verfassung geben soll. Die<br />
hoch qualifizierte Juristin wird in ihrer hessischen Heimat jedoch<br />
nicht nominiert. Es ist der Fürsprache des SPD-Vorsitzenden<br />
Kurt Schumacher und der Frauenbeauftragten im SPD-Vorstand,<br />
Herta Gotthelf, zu verdanken, dass der niedersächsische<br />
Landtag die in Göttingen ausgebildete Doktorin der Rechtswissenschaften<br />
schließlich in den Parlamentarischen Rat entsendet.<br />
Bis der Männer und Frauen gleichstellende Satz jedoch in<br />
das Grundgesetz aufgenommen wird, liegt ein steiniger Weg vor<br />
Elisabeth Selbert und ihren Mitstreiterinnen. Im September 1948<br />
lehnt der Ausschuss für Grundsatzfragen die von Elisabeth Selberts<br />
Parteikollegin Friederike Nadig eingebrachte Formulierung<br />
,Männer und Frauen sind gleichberechtigt‘ ab. Nachdem<br />
Selbert mit einem gleichlautenden Vorschlag im Dezember 1948<br />
ein zweites Mal im Hauptausschuss scheitert – wohlgemerkt<br />
auch am Widerstand der beiden Vertreterinnen der bürgerlichen<br />
Parteien –, startet sie zusammen mit Herta Gotthelf eine deutschlandweite<br />
Protestkampagne.<br />
Während die rhetorisch erfahrene Selbert das daraus resultierende<br />
„Trommelfeuer von Petitionen, Resolutionen und Telegrammen“<br />
öffentlichkeitswirksam einzusetzen weiß, kritisiert es<br />
der damalige FDP-Vertreter und spätere Bundespräsident, Theodor<br />
Heuss, als „Quasistürmlein“.<br />
Tatsächlich erreichen den Parlamentarischen Rat weniger<br />
als 50 Eingaben, viele davon erst nach der Abstimmung.<br />
Noch Jahrzehnte später wird es Dr. Elisabeth Selbert als ihre persönliche<br />
Sternstunde bezeichnen, dass der Hauptausschuss des<br />
Parlamentarischen Rates am 18. Januar 1949 den Artikel 3, Absatz<br />
2 annimmt und es seitdem im Grundgesetz heißt: „Männer<br />
und Frauen sind gleichberechtigt.“<br />
Auf den großen persönlichen wie politischen Triumph folgt<br />
allerdings – im Gegensatz zu vielen männlichen Mitgliedern des<br />
Parlamentarischen Rates – keine politische Karriere. Obwohl sie<br />
bei den Wahlen zum ersten Bundestag im Jahr 1949 auf dem<br />
vielversprechenden zweiten Listenplatz der hessischen SPD steht,<br />
fehlen ihr schlussendlich 200 Stimmen zum Bundestagsmandat.<br />
Ein hohes politisches Amt bleibt ihr später genauso verwehrt wie<br />
eine Position am Bundesverfassungsgericht. Bis Ende der<br />
1950er-Jahre zieht sich Selbert von allen politischen Ämtern zurück<br />
und konzentriert sich fortan auf ihre Kanzlei. Am 9. Juni<br />
1986 verstirbt Dr. Elisabeth Selbert im Alter von 89 Jahren in<br />
Kassel.<br />
Wer sich heute in Göttingen auf die Suche nach Selberts<br />
Spuren begibt, wird schnell feststellen: Kein Denkmal, keine Gedenktafel<br />
und auch kein Straßen name erinnert an die Mutter des<br />
Grundgesetzes.<br />
Doch gänzlich vergessen ist sie nicht: Im Jahr 2015 hat die<br />
Göttinger Kriminologieprofessorin Katrin Höffler an der Juristischen<br />
Fakultät das Elisabeth-Selbert-Mentoring-Programm ins<br />
Leben gerufen. Dieses soll juristische Wissenschaftlerinnen durch<br />
Seminare und Workshops fördern und miteinander vernetzen.<br />
Darüber hinaus wurde im Rahmen eines Stadtrundganges zum<br />
100. Jubiläum des Frauenwahlrechts erst kürzlich an Elisabeth<br />
Selberts Beitrag zur Gleichberechtigung und ihre kurze Zeit in<br />
Göttingen erinnert. ƒ<br />
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42 Uni 2_<strong>2019</strong>
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Digitale Praxis<br />
auf dem Vormarsch<br />
An der Privaten Hochschule Göttingen<br />
(PFH) startet in diesem Wintersemester ein<br />
altbekannter Studiengang – jedoch mit einem<br />
neuen Konzept: Wirtschaftsinformatik als<br />
duales Studium. Damit reagiert die PFH auf<br />
die veränderten Ansprüche von Unternehmen<br />
in einer digitalen neuen Welt.<br />
TEXT SVEN GRÜNEWALD ILLUSTRATION STOCK.ADOBE.COM<br />
44 Uni 2_<strong>2019</strong>
Nur weil ich gut Computer spielen<br />
kann, bin ich kein guter Informatikstudent“,<br />
sagt Heiko<br />
Reinhard, Chief Information<br />
Officer beim Medizintechnikunternehmen<br />
Ottobock aus Duderstadt und damit<br />
für alles verantwortlich, was dort mit der IT<br />
zu tun hat. Es reiche, so der Experte, überspitzt<br />
gesagt nun mal nicht aus, nur zu wissen, welche<br />
Knöpfe man drücken müsse. „Um die Unternehmenszukunft<br />
mitzugestalten, muss ich sowohl<br />
die betriebswirtschaftlichen Abläufe verstehen<br />
als auch die Techniken, die sie ermöglichen. Und<br />
das ist genau das Profil, das wir suchen: Wirtschaftsinformatiker.<br />
Mitarbeiter, die mitdenken<br />
und aktiv gestalten.“<br />
Dieses Anforderungsprofil ist einer der<br />
Gründe, warum Ottobock im Wintersemester<br />
<strong>2019</strong>/2020 drei dual Studierende in der Wirtschaftsinformatik<br />
der PFH Private Hochschule<br />
Göttingen starten lässt – der Studiengang ist neu<br />
und bietet damit erstmals ein duales Wirtschaftsinformatikstudium<br />
mit einem hohen Praxis-<br />
bezug in Südniedersachsen an. „Wir möchten<br />
keine reinen Theoretiker bei uns“, erklärt Reinhard.<br />
„Die dual Studierenden haben bei uns<br />
schon zum 1. August begonnen, lernen sukzessive<br />
das Unternehmen kennen, werden in Projekte<br />
eingebunden. Das heißt auch, sie brauchen dann<br />
als Absolventen keine Startphase mehr.“<br />
Es ist eben diese Praxisnähe, auf die die PFH<br />
bei der Studiengangskonzeption sehr viel Wert<br />
gelegt hat. Um eine möglichst optimale Verzahnung<br />
mit den beteiligten Unternehmen hinzubekommen,<br />
werden die vorlesungsfreien Zeiten<br />
frei von Klausuren gehalten, um Zeit für lange<br />
Praxisphasen zu lassen. „Und unter der Woche<br />
organisieren wir den Studienbetrieb so, dass wir<br />
am Donnerstagmittag mit den Vorlesungen fertig<br />
sind, wodurch die Studierenden am Nachmittag<br />
und am Freitag im Unternehmen in den<br />
laufenden Betrieb eingebunden werden können“,<br />
erläutert Hubert Schüle, Professor für<br />
Wirtschaftsinformatik und E-Business an der<br />
PFH. Er hat die duale Wirtschaftsinformatik<br />
konzipiert. Mit rund zehn Studierenden wird<br />
die erste Kohorte starten, perspektivisch sollen<br />
es 15 bis 20 werden.<br />
Die Idee für das neue Studienangebot entstand<br />
aus der hiesigen Netzwerkarbeit im IT-<br />
InnovationsCluster, in dem sich IT-Unternehmen<br />
und Hochschulen regelmäßig treffen.<br />
„Dort wurde in diesem Sommer geäußert, dass<br />
Göttingen einen dualen Studiengang Informatik<br />
oder Wirtschaftsinformatik braucht“, so Schüle.<br />
Die PFH hatte mit ihrer stark praxisorientierten<br />
Arbeit schon Erfahrung mit dem Aufbau entsprechender<br />
Programme und entwarf in Abstimmung<br />
mit IT-Unternehmen vor Ort den<br />
neuen Studiengang. „Mich hat der Aufbau<br />
überzeugt“, sagt Heiko Reinhard. „Das ist der<br />
richtige Mix aus Business und Informatik. Beide<br />
Aspekte werden in einer guten Balance vermittelt.“<br />
Und auf noch etwas legt Reinhard großen<br />
Wert: auf die regionale Nähe zwischen Hochschule<br />
und Unternehmen. So können die dual<br />
Studierenden auch kurzfristig an wichtigen Terminen<br />
im Unternehmen dabei sein. „Das ist<br />
wichtig für sie und uns.“<br />
Auch Martina Städtler-Schumann, Geschäftsführerin<br />
der Prof. Schumann GmbH in<br />
Göttingen, erhofft sich von ,ihren‘ dual Studierenden<br />
ein Profil, das irgendwo zwischen dem<br />
des Fachinformatikers, die das Unternehmen<br />
selbst ausbildet, und dem des Uni-Absolventen<br />
liegt. „Fachinformatiker bleiben gern bei ihrer<br />
Programmierung, während Uni-Absolventen relativ<br />
schnell in Führungsaufgaben gehen wollen“,<br />
sagt Städtler-Schumann. „Wir entwickeln Standardsoftware,<br />
dazu müssen wir Unternehmensprozesse<br />
verstehen und Synergien zwischen verschiedenen<br />
Arten von Unternehmen schaffen.<br />
Dafür brauchen wir immer Leute, die abstrakt<br />
denken können und die Praxis verstehen.“<br />
Das neue Angebot der PFH schließt daher eine<br />
Lücke im regionalen Angebot. „Wir haben in<br />
Göttingen eine starke Informatik, angewandte<br />
Informatik, Wirtschaftsinformatik, Mathematik<br />
und BWL“, erklärt Städtler-Schumann. „Von der<br />
Ausbildung her sind wir hier schon richtig gut,<br />
aber der Bedarf wird in Zukunft nicht weniger<br />
werden. Deshalb unterstützen wir das neue Studienangebot<br />
der PFH auch voll und ganz.“ƒ<br />
Dr. Martina Städtler-Schumann<br />
Heiko Reinhard<br />
Prof. Hubert Schüle<br />
Kontakt<br />
PFH Private Hochschule Göttingen<br />
Tel. 0551 54700-100<br />
info@pfh.de<br />
Die bisherigen Partnerunternehmen des PFH-Programms sind: Sartorius, KWS, Sycor, Thimm, Lookfamed,<br />
Blackbit, Sparkasse Göttingen, KSM Casting. Der Kreis der Partnerunternehmen wird permanent erweitert.<br />
Uni 2_<strong>2019</strong> 45
Stell dich mal vor ...<br />
faktor Uni hat Personaler aus Südniedersachsen gefragt, womit Bewerber punkten<br />
können und welche Fehler es zu vermeiden gilt.<br />
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Frau Weber, wonach entscheiden Sie, ob ein Bewerber<br />
in Ihr Team passt oder nicht?<br />
Die Qualität der Unternehmenskultur ist eine Grundlage unserer<br />
Wettbewerbsfähigkeit als Dienstleistungsunternehmen. Eine<br />
kollegiale Arbeitsweise, in der man sich gegenseitig unterstützt<br />
und Erfolge als ein gemeinsames Ergebnis anerkennt: Das wird<br />
von unseren Kunden geschätzt und zeichnet ABS Team gegenüber<br />
anderen Beratungshäusern aus. Folglich sind für uns Soft<br />
Skills bei einem Bewerber mehr als nur ein zusätzliches Bonbon<br />
in Ergänzung der fachlichen Qualifikation.<br />
Uns ist es wichtig, im persönlichen Bewerbergespräch<br />
zu erkennen, dass wir es mit einem echten Teamplayer zu tun<br />
haben. Neben dokumentarisch belegbaren Qualifikationen<br />
wie vorhandenen Programmierkenntnissen und Abschlusszeugnissen<br />
ist es immer der persönliche Eindruck, der über<br />
eine Einstellung entscheidet.<br />
Frau Engelhardt, kann man Bewerbungsgespräche<br />
üben? Und wenn ja, wie?<br />
Hier lautet meine klare Antwort: JEIN.<br />
NEIN … Aus meiner Sicht lebt ein Bewerbungsgespräch von<br />
der Authentizität des Bewerbers. Für mich ist es wichtig,<br />
den Bewerber so ehrlich und natürlich wie möglich kennenzulernen.<br />
Nur so können wir eine Prognose treffen, ob der<br />
Bewerber voraussichtlich den Anforderungen im zukünftigen<br />
Berufsleben gewachsen ist. Einstudierte Antworten oder gar<br />
Verhaltensweisen wirken da eher als Störfaktor und werden<br />
definitiv bemerkt.<br />
JA … Häufig werden Bewerbungsgespräche begonnen, indem<br />
der Bewerber etwas über sich persönlich erzählen soll. An<br />
dieser Stelle sollte jeder Bewerber einen kurzen und prägnanten<br />
Lebenslauf mit wichtigen und relevanten Daten und Fakten<br />
im Kopf haben und außerdem etwas über wesentliche<br />
Eigenschaften und persönliche Stärken erzählen können.<br />
Das kann man in der Tat im Vorfeld üben.<br />
46 Uni 2_<strong>2019</strong>
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zu erbringen.“<br />
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hin, dass man sie noch nicht anfassen<br />
soll. Mit Smiley. Dann geht es über zwei<br />
steile Treppen hoch in die alten Büros der Sparkasse.<br />
Rechts eine Auslage mit bunten Klatschpappen.<br />
Employee-owned Company steht auf<br />
der einen Seite, auf der anderen prangt das<br />
Logo des Unternehmens. Eine Gruppe Mitarbeiter<br />
kommt uns entgegen, ausgelassen, jung,<br />
mehrheitlich männlich. Sie wollen in die Mittagspause<br />
– heute ist Dönerstag, sagen sie lachend<br />
und schlagen den entsprechenden Weg<br />
in die Innenstadt ein.<br />
Man nimmt den Kontrast zwischen dem<br />
dunklen Spannteppich aus dem vergangenen<br />
Jahrhundert und der beschwingten<br />
Stimmung deutlich wahr. Mathematiker<br />
würden sagen: Die Faktoren verhalten sich<br />
umgekehrt proportional. Doch viel Zeit ist<br />
nicht, über die Wechselbeziehung von Stimmung<br />
und Räumlichkeiten zu sinnieren.<br />
Schon begrüßt uns Dr. Marko Weinrich, einer<br />
der Geschäftsführer des im Dezember<br />
2018 gegründeten IT-Dienstleisters. Von ihm<br />
und seinen vier Kollegen aus der Geschäftsführung<br />
– Frank Jakobi, Martin Renker, Martin<br />
Schweicher und Dr. Frank Wilkes – werden<br />
wir erfahren, was sich hinter dem Begriff<br />
employee-owned company, kurz EOC, verbirgt.<br />
„IM GRUNDE IST ES GANZ EINFACH. Wir<br />
verfolgen mit Arineo das Ziel, für unsere Kunden<br />
die besten IT-Dienstleistungen zu erbringen“,<br />
erklärt Weinrich und fährt schmunzelnd<br />
fort: „Und jetzt stellt sich die Frage, was macht<br />
IT-Dienstleistungen gut?“ So viel vorweg: Es<br />
geht nicht allein um die Exzellenz der Programmierung<br />
oder die billigsten Preise. Nicht nur<br />
um Servicezeiten. Ausschlaggebend sei, so<br />
Weinrich, dass die Kunden langfristig von<br />
einem gleichbleibenden, motivierten und fähigen<br />
IT-Expertenteam betreut werden. Die<br />
Beständigkeit, unterstreicht er, mache den
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Unterschied. Denn für Unternehmen sei es<br />
äußerst mühselig, einen passenden IT-Dienstleister<br />
zu finden. Aus diesem Grund folgen<br />
Kunden oft Mitarbeitern, wenn diese den Arbeitgeber<br />
wechseln. „Das ist wiederum ein<br />
Risiko für den IT-Dienstleister“, ergänzt Frank<br />
Wilkes und fährt fort: „Deshalb wollen wir Rahmenbedingungen<br />
schaffen, in denen sich unsere<br />
Mitarbeiter wohlfühlen. Eine Firma, in der<br />
sie gerne arbeiten, ohne über einen Jobwechsel<br />
nachzudenken.“<br />
WAS ALSO MACHT ARINEO ANDERS? „Wir<br />
haben in der Vergangenheit die Erfahrung<br />
gemacht, dass Menschen in der Regel einen<br />
Arbeitsplatz suchen, der ihnen zunächst finanzielle<br />
und emotionale Sicherheit, Entwicklungsmöglichkeiten<br />
und Wertschätzung<br />
bringt“, führt Martin Renker aus. „Ist dies sichergestellt,<br />
kann sich das für gute IT-Dienstleistungen<br />
notwendige kreative Potenzial erst<br />
richtig entfalten.“ Damit die Investitionen in<br />
die Menschen und ihre Ideen sichergestellt<br />
sind, soll Arineo ein sogenanntes Purpose-<br />
Unternehmen werden – also ein unverkäufliches<br />
Unternehmen, bei dem alle Überschüsse<br />
im Unternehmen verbleiben. Sie werden für<br />
die Fortbildung der Mitarbeiter, den Aufbau<br />
von neuen Standbeinen und Innovation verwendet.<br />
„Wir haben in der Gründungssatzung<br />
festgelegt, dass spätestens in fünf Jahren die<br />
Mehrheit am Unternehmen den Mitarbeitern<br />
gehören soll“, fügt Martin Schweicher hinzu.<br />
Das ist der Kern der neuen Unternehmensform:<br />
ein Purpose-Unternehmen, abgesichert<br />
durch das Eigentum der Mitarbeiter.<br />
ARINEO HAT BEREITS ZEHN STANDORTE<br />
in Deutschland und Österreich, hat sich jedoch<br />
für den Unternehmenssitz bewusst für<br />
Göttingen entschieden. Göttin gen biete durch<br />
die vielen hochwertigen Bildungseinrichtungen<br />
optimale Kooperations möglichkeiten für die<br />
Entwicklung marktrelevanter Innovationen und<br />
die Gewinnung neuer Mitarbeiter, so die Geschäftsführer.<br />
„EOC ist ein Win-win- Konzept –<br />
für unsere Mitarbeiter und für unsere Kunden.<br />
Wir würden uns sehr freuen, wenn in Zukunft<br />
weitere Unternehmen diesen Schritt wagen<br />
würden. Das Konstrukt hat noch viel Potenzial,“<br />
schließt Weinrich ab – und ein wenig<br />
Stolz flackert in seinen Augen auf.<br />
KONTAKT<br />
Arineo GmbH<br />
Sarah Peters<br />
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37073 Göttingen<br />
Tel. 0551 521380<br />
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Die SoWi Go! ist eine Firmenkontaktmesse,<br />
die sich insbesondere an Studierende<br />
und Graduierte der Sozialwissen-<br />
15.1.2020<br />
Studium fertig – und was nun?<br />
schaftlichen Fakultät richtet. Neben<br />
Wie kann das Hochschulteam der<br />
Darüber hinaus bietet das Hochschul-<br />
zahlreichen Arbeitgeberkontakten bie-<br />
Arbeitsagentur Göttingen beim<br />
team der Agentur für Arbeit Göttingen<br />
tet die Veranstaltung auch ein interes-<br />
Berufseinstieg helfen? Kann nach dem<br />
Sprechstunden in dem Büro im ZHG,<br />
santes Vortragsprogramm.<br />
Studium beim Jobcenter Arbeitslosen-<br />
Platz der Göttinger Sieben 4, an:<br />
Wann: 11 bis 16 Uhr<br />
geld II beantragt werden? Was ist dabei<br />
Wo: Uni Göttingen, Oeconomicum,<br />
zu beachten? Wie sieht es nach dem<br />
Montags: für Studierende in Umorien-<br />
Platz der Göttinger Sieben<br />
Studium mit dem Krankenversiche-<br />
tierungsphasen und bei Studienausstieg:<br />
rungsschutz aus?<br />
9 bis 12.30 Uhr und 13.30 bis 15.30 Uhr<br />
2.12.<strong>2019</strong><br />
Fit für die Einstellung –<br />
überzeugendes Selbstmarketing<br />
Wann: 16.15 bis 17.45 Uhr<br />
Wo: ZHG der Uni Göttingen, Platz der<br />
Göttinger Sieben 5, Hörsaal 002<br />
Dienstags: für Studierende, Examenssemester<br />
und Absolventen zur Studiengestaltung,<br />
zum Arbeitsmarkt und zum<br />
Wer Arbeitgeber überzeugen will, muss<br />
Berufseinstieg; Natur-, Ingenieur-,<br />
seine Stärken kennen und seine Leistungen<br />
angemessen kommunizieren<br />
können. Eine überzeugende Selbstpräsentation<br />
– sowohl im Vorstellungsgespräch<br />
als auch im AC – ist deshalb<br />
eine notwendige Voraussetzung. Probier<br />
dich im Balanceakt zwischen ,Überheblichkeit‘<br />
und ,Bescheidenheit‘ aus,<br />
um ein sicheres Gespür für ein selbstbewusstes<br />
Auftreten zu gewinnen. Informationen<br />
und Tipps für die ziel-<br />
7.3.2020<br />
GöBit – Göttinger Berufsinformationstag<br />
Zahlreiche Unternehmen stellen<br />
Ausbildungsberufe und die<br />
Ausbildungs möglichkeiten in ihren<br />
Unternehmen vor. Es gibt viel zu sehen<br />
und auszuprobieren. Geboten wird eine<br />
Übersicht der verschiedenen Einstiegsmöglichkeiten<br />
in den Beruf, sei es durch<br />
Ausbildung, ein duales Studium oder<br />
Rechts- und Wirtschaftswissenschaften,<br />
Medizin, Psychologie: 9 bis 12.30 Uhr und<br />
13.30 bis 15.30 Uhr<br />
Mittwochs: für Studierende, Examenssemester<br />
und Absolventen zur Studiengestaltung,<br />
zum Arbeitsmarkt und zum<br />
Berufseinstieg; Geistes- und Sozialwissenschaften:<br />
9 bis 12.30 Uhr und<br />
13.30 bis 15.30 Uhr<br />
Donnerstags: Jobvermittlung: 10 bis<br />
12.30 Uhr und 13.30 bis 15.30 Uhr<br />
ILLUSTRATION: STOCK.ADOBE.COM / FRANZIDRAWS<br />
50 Uni 2_<strong>2019</strong>
Herzlich Willkommen am Campus!<br />
Liebe Erstsemester-Studierende,<br />
wir wünschen allen ein gutes Ankommen auf dem<br />
Campus – entdeckt ihn und macht ihn zu „eurem“<br />
Campus!<br />
Im Studium werdet ihr ziemlich sicher auch mit<br />
dem Studentenwerk Göttingen und seinen Serviceleistungen<br />
für Studierende in Kontakt kommen:<br />
Denn das Studentenwerk ist mit seiner Campus-<br />
Gastronomie nicht nur Betreiber von 4 Mensen und<br />
10 Cafeterien.<br />
Es kümmert sich um Studentisches Wohnen, Studienfinanzierung,<br />
Kinderbetreuung, Psychosoziale<br />
Beratung, Soziales und hält außerdem vielfältige<br />
und günstige Kulturangebote für euch bereit.<br />
Die Studienfinanzierung berät euch zu BAföG-Leistungen<br />
und nimmt Anträge entgegen. Außerdem<br />
bekommt ihr Infos zu weiteren Möglichkeiten, ein<br />
Studium zu finanzieren.<br />
In über 39 Wohnheimen bieten wir rund 4.500<br />
Wohnplätze und verschiedenste Wohnformen in<br />
günstig gelegenen Wohnanlagen.<br />
Die Psychosoziale Beratung (PSB) bietet Gespräche,<br />
Beratungen und Kurse zur Stressbewältigung und<br />
Verbesserung von Lerntechniken an. In Krisensituationen,<br />
bei persönlichen Problemen und Belastungen<br />
durch das Studium kann die PSB unterstützen.<br />
Allgemeine Sozialberatungen und finanzielle Hilfen<br />
in Form von Beihilfen sowie Darlehen für in Not geratene<br />
Studierende bietet der Sozialdienst. Außerdem<br />
gibt es besondere Fördermöglichkeiten für<br />
Studierende mit Kind, chronisch kranke oder behinderte<br />
Studierende sowie internationale Studierende.<br />
Kennt ihr schon das Motto unseres Kulturbüros?<br />
Mit Kulturgenuss als Kontrastprogramm zum Lernen<br />
lässt sich Studienstress viel besser meistern, z.<br />
B. durch Tanzkurse, Fotokurse, Singen im Chor, Konzerte,<br />
Ausstellungen, Flohmärkte und Workshops.<br />
Leichter Studieren und eine gute Zeit haben –<br />
mit den Services des Studentenwerks!<br />
Einen guten Start wünscht euer<br />
Studentenwerk Göttingen<br />
In unseren sechs Kindertagesstätten bieten wir beste<br />
pädagogische Betreuung für Kinder ab neun Monaten<br />
bis zum Grundschulalter an. So erhalten studierende<br />
Eltern ihren Freiraum für ein erfolgreiches<br />
Studium.<br />
Studentenwerk Göttingen Stiftung öffentlichen Rechts<br />
Platz der Göttinger Sieben 4, 37073 Göttingen<br />
www.studentenwerk-goettingen.de
Trick 17 *<br />
Wer sein Gehirn versteht und richtig anspricht, lernt deutlich effizienter und nachhaltiger.<br />
Die Rezepte für gehirngerechtes Lernen sind nicht schwierig, erfordern aber etwas<br />
Umgewöhnung und Fantasie. So überlistest du dich selbst …<br />
TEXT MARGARETA VOGEL ILLUSTRATIONEN STOCK.ADOBE.COM<br />
ALLER ANFANG IST SCHWER<br />
Studierende neigen häufig dazu, nicht rechtzeitig mit<br />
einer Arbeit oder Vorbereitung anzufangen. Oft spielt<br />
die eigene Unsicherheit dabei eine Rolle, und kleine<br />
Ablenkungen halten als Alibi für den Aufschub her.<br />
Dadurch erschweren sie aber letztendlich nur ihre Ausgangssituation<br />
und erhöhen den Druck auf sich selbst.<br />
Fang deshalb immer früh genug an.<br />
52 Uni 2_<strong>2019</strong><br />
*mit Selbstüberlistung
ABSCHALTEN<br />
Für ein erfolgreiches Lernen sind<br />
Phasen der Entspannung unabdingbar.<br />
Jedoch bereitet gerade das<br />
,Abschalten‘ einigen Studierenden<br />
große Probleme. Anstatt sich zu<br />
entspannen, quälen sie sich mit<br />
einem schlechten Gewissen, da sie<br />
das Gefühl plagt, zu wenig gelernt zu<br />
haben. Häufig arbeiten die Studierenden<br />
dann weiter. Dies ist aber kontraproduktiv,<br />
da die Leistung sich nicht<br />
verbessert, die emotionale Situation<br />
sich dafür aber verschlechtern wird.<br />
Räum dir daher genügend Freiraum<br />
ein, um Kraft tanken zu können.<br />
(siehe hierzu auch ab Seite 56)<br />
O-TERMINE<br />
INTENSIV UND KONZEN-<br />
TRIERT ARBEITEN<br />
Studierende verschwenden oft Zeit,<br />
indem sie sich zu viel gleichzeitig vornehmen.<br />
Davon ist abzuraten. Arbeite<br />
immer nur eine Aufgabe ab, diese<br />
dafür aber mit der nötigen Zeit und<br />
Konzentration. Die Auseinandersetzung<br />
mit wissenschaftlichen<br />
Inhalten kann nicht beiläufig erfolgen<br />
und verlangt nach fokussiertem und<br />
intensivem Lernen.<br />
Die grundlegende Funktion von Organisations- und Ordnungsterminen<br />
besteht darin, nicht den Überblick zu verlieren. Eine halbe Stunde am<br />
Tag genügt. In dieser Zeit solltest du deinen Schreibtisch aufräumen,<br />
E-Mails beantworten oder Arbeitspapiere wegheften. Dies mag im ersten<br />
Moment profan klingen, jedoch rauben solche Arbeiten wertvolle<br />
Zeit, die zum Lernen verwendet werden könnte. Besonders in Prüfungsphasen<br />
halten nicht erledigte O-Arbeiten den Lernprozess auf.<br />
RÜCKWÄRTS PLANEN<br />
Wenn du einen Arbeitsplan aufsetzt, solltest du rückwärts<br />
planen. Angefangen beim Termin der Prüfung oder der<br />
Einreichung einer Arbeit. Gehe von dort in realistischen<br />
Schritten bis zum heutigen Tag zurück. Überlege, welche<br />
Schritte du einplanen müsstest und wie viel Zeit diese voraussichtlich<br />
beanspruchen werden.<br />
FÜNF-MINUTEN-<br />
TÄTIGKEITEN<br />
Tätigkeiten, die sich innerhalb<br />
von fünf Minuten erledigen<br />
lassen, solltest du immer zuerst<br />
angehen. Du vermeidest so, dass<br />
sich kleine Aufgaben anhäufen,<br />
deren Bewältigung im Nachhinein<br />
deutlich zeitintensiver ausfällt<br />
und dadurch Stress erzeugt.<br />
Kostenloser Ratgeber!<br />
Forscher haben noch viele<br />
weitere wirksame Lernmethoden<br />
entwickelt.<br />
Teste dich selbst, welche<br />
davon deinen Lernerfolg<br />
tatsächlich steigern!<br />
Den Download sowie<br />
weitere Lerntipps für das<br />
Studium – zur Verfügung<br />
gestellt von der PFH Private<br />
Hochschule Göttingen –<br />
findest du unter:<br />
www.pfh.de/lerntricks<br />
ZEITPROTOKOLL<br />
Manchmal kann es von Vorteil sein, ein Zeitprotokoll<br />
zu erstellen. Solltest du dies tun, dann<br />
frage zuallererst, was wichtig ist und wie viel<br />
Zeit du dafür investieren willst. Die Einteilung<br />
und Einhaltung von Arbeits- wie Lebenszeit<br />
wird heutzutage auch gerne als Work-Life-<br />
Balance bezeichnet. Wichtig ist die Feststellung,<br />
dass du dir den individuell benötigten Freiraum<br />
auch gewährst. Als Konsequenz verbessert sich<br />
deine emotionale Disposition durch die<br />
Entspannung, und du bist wiederum<br />
motivierter bei der Arbeit.<br />
Uni 2_<strong>2019</strong> 53
54 Uni 2_<strong>2019</strong><br />
They say 'jump' and you<br />
ask: 'How high ?'<br />
Action-Autor Rupert Fabig testet für faktorUni die neue World of Jumpers in<br />
Göttingen und riskiert dafür Bandscheibe und nicht bloß schweißige Hände.<br />
TEXT RUPERT FABIG FOTOGRAFIE ALCIRO THEODORO DA SILVA
An einen Trampolin-Park zu<br />
denken, fühlt sich für mich<br />
zunächst an, wie eine Rolltreppe<br />
mit Wasserskiern<br />
hochzufahren. Genial, wenn<br />
du es überlebst, aber auf dem<br />
Weg dorthin können eine<br />
Menge Dinge blitzschnell so richtig schief gehen.<br />
Der Grund: In einer Halle voller Schwungtücher<br />
habe ich mich zum ersten Mal richtig alt und unfähig<br />
für eine sportliche Betätigung gefühlt. Gefahr<br />
für die Gelenke hier, Bedrohung für die Bandscheibe<br />
dort. Daher, so mein erster Gedanke vor dem<br />
Test, bin ich womöglich der Falsche, um darüber zu<br />
schreiben? Und dennoch muss ich eingestehen, in<br />
der World of Jumpers etliche Anflüge von Spaß<br />
verspürt zu haben.<br />
Okay, das frische Hemd (die Wahl der Sportkleidung<br />
beachten!) durch wenige Sprünge in gefühlten<br />
50 und tatsächlich vermutlichen 25 Grad<br />
durchzuschwitzen, gehörte nicht dazu. Aber:<br />
Basket ball geht immer. Und so beginnt auch an<br />
dieser Station meine Reise: Mit Trampolin zu dunken,<br />
ist ein Klassiker. Wer sich verbotenerweise am<br />
Korb festhält, riskiert auch keine ungeplante<br />
Landung.<br />
Ebenfalls ziemlich cool und brandneu auf der<br />
erst Mitte des Jahres eröffneten 2.000 Quadratmeter<br />
großen Fläche ist das E-Jump-Battle. Dabei<br />
wird der Springer Teil eines Videospiels, muss á la<br />
Doodle Jump von Plattform zu Plattform hüpfen<br />
und Cartoon-Widersacher aus dem Weg boxen.<br />
Motiviert sogar mich, auf einmal höher zu springen<br />
als Apple-Aktien.<br />
Der Rest der für 3,5 Millionen Euro umgebauten<br />
ehemaligen Soccer-Halle an der Reinhard-Rube-<br />
Straße im Göttinger Gewerbegebiet ist vor allem<br />
etwas für U30-Jährige – die Hauptzielgruppe der<br />
World of Jumpers. Für die ausgefallene Partyaction<br />
taugt das Areal wirklich eins a. Sei es beim Dodgeball,<br />
beim Survival-Jump über einen rotierenden<br />
Balken oder beim Battle-Beam, bei dem sich die<br />
Spieler auf einem Balken mit Sticks bekämpfen.<br />
Weitere Attraktionen sind natürlich der Ninjaund<br />
Bounce-Parcours – bekannt aus der gleichnamigen<br />
TV-Show – und der Swing Full. Wer sich<br />
hier allerdings vom Trapez ins Schaumstoffbad<br />
stürzen will, sollte sich bewusst sein, dass der Aufstieg<br />
hinaus ähnlich kompliziert ist wie die Wasserski-Fahrt<br />
auf der Rolltreppe.<br />
Mein Fazit: Ab 12,50 Euro die Stunde hat World<br />
of Jumpers schon so einiges auf dem Kasten. Wer<br />
den Kopf also für eine Weile mal richtig ausschalten<br />
möchte – und dies ist durchaus hilfreich (!) –, der<br />
wird hier in ungeahnte Höhen springen. ƒ<br />
WORLD OF JUMPERS<br />
Reinhard-Rube-Straße 27<br />
37077 Göttingen<br />
www.worldofjumpers.de<br />
Öffnungszeiten<br />
Di. bis Fr.: 14 Uhr bis 20 Uhr<br />
Sa. und So.: 10 Uhr bis 20 Uhr<br />
Buchung erforderlich!<br />
Gewinnspiel<br />
faktor Uni verlost 2 x ein 90-Minuten-<br />
Ticket für World of Jumpers. Schick dazu<br />
einfach eine E-Mail mit dem Stichwort<br />
‚World of Jumpers‘ bis zum 15. November<br />
<strong>2019</strong> an redaktion@faktor-magazin.de.<br />
Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />
Viel Glück!<br />
Verlosung:<br />
2 x 1<br />
90-Minuten-<br />
Ticket<br />
Uni 2_<strong>2019</strong> 55
Bewegungsmelder<br />
Leih dir Kunst!<br />
Du bist frisch umgezogen<br />
und dein Zimmer<br />
wirkt noch steril und<br />
unbewohnt? Du sitzt<br />
an deinem Schreibtisch<br />
und starrst an eine<br />
leere weiße Wand?<br />
Du möchtest dir eine<br />
angenehme Lernatmosphäre schaffen? Dann<br />
schau doch mal in der Artothek des Kunstvereins<br />
Göttingen vorbei. Dort hast du die Möglichkeit,<br />
dir Werke der bildenden Kunst auszuleihen und so<br />
dein Zimmer zu verschönern. Gegen eine geringe<br />
Gebühr von nur wenigen Euros kannst du dir zwei<br />
bis drei gerahmte Bilder aussuchen und jeweils bis<br />
zu drei Monate mit nach Hause nehmen. Und mit<br />
inspirierenden Kunststücken der Klassischen<br />
Moderne oder zeitgenössischer Kunst an der Wand<br />
lernt es sich gleich viel einfacher.<br />
www.kunstvereingoettingen.de/artothek<br />
Auf geht’s…<br />
Paint Your Style<br />
Schau doch mal in der Barfüßerstraße 15 in Göttingen<br />
vorbei. Dort kannst du seit einiger Zeit bei ,Paint Your Style‘<br />
Keramik selbst bemalen. Aus über 300 unterschiedlichen<br />
Rohlingen suchst du dir zunächst deine persönliche Lieblingsform<br />
aus – sei es ein Becher, eine Teekanne, eine Butterdose<br />
oder eine Vase. Dann sind du und deine Kreativität<br />
gefragt! Mit einer Vielzahl an Maltechniken und Vorlagen<br />
wird dein Stück sicher zum Kunstwerk. Mitarbeiter von<br />
Paint Your Style stehen dir dabei die ganze Zeit mit Rat und<br />
Tat zur Seite. Sie kümmern sich anschließend auch um den<br />
letzten Schliff, das Glasieren und Brennen. Schon nach wenigen<br />
Tagen kannst du deine Keramik abholen und mit nach<br />
Hause nehmen. www.paintyourstyle.eu<br />
DER STATISTIKER<br />
Es ist unmöglich, seinen<br />
Ellbogen zu lecken. *<br />
Oder wie wäre es denn mal mit<br />
einem Besuch bei den Basketball-Jungs<br />
der BG Göttingen.<br />
Die easyCredit Basketball-<br />
Bundesliga ist in die neue<br />
Saison gestartet, und unsere<br />
Veilchen sind wieder mit<br />
dabei. Wenn Darius Carter,<br />
Dominic Lockhart und Co. erneut um jeden Punkt fighten,<br />
bist du gefragt! Misch dich unter die veilchenlila Menge und<br />
stimm mit in die Fan-Gesänge ein. Am Ende des Spiels bist du<br />
vom lauter Rumhüpfen und Anfeuern wahrscheinlich ähnlich<br />
außer Puste wie die Spieler selbst.<br />
www.bggoettingen.de<br />
Töpfer dir einen<br />
* was nun 73 % versuchen<br />
Kultur zum Ansehen und Mitmachen bietet das Kulturzentrum<br />
KAZ Göttingen. Neben Musik, Tanz und Akrobatik<br />
kannst du hier auch in den offenen Töpferkursen dienstags<br />
und donnerstags eigene Schalen, Skulpturen oder Figuren formen.<br />
In entspannter Atmosphäre kannst du alles ausprobieren<br />
und die vielfältigen Möglichkeiten des Tons entdecken. Deiner<br />
Kreativität sind keine Grenzen gesetzt, und mit etwas Geduld<br />
und Geschick wird jedes Stück zum Meisterwerk.<br />
www.kaz-goettingen.de<br />
Illustrationen/Fotos: stock.adobe.com<br />
56 Uni 2_<strong>2019</strong>
Foto: Atelier No.9<br />
Siebdruck im Atelier No. 9<br />
Malen und künstlerisches Schaffen dient der<br />
Stressbewältigung. Das ist wissenschaftlich<br />
bewiesen. Wie wäre es also mal, wenn du den<br />
ganzen Unistress hinter dir lässt und dich in die<br />
Musa in Göttingen begibst? Dort kannst du<br />
in verschiedenen Siebdruck-Kursen alles rund<br />
um die Motiverstellung, die Technik des Siebdrucks<br />
und mitgebrachte Textilien oder<br />
Materialien lernen. Print Lovers aufgepasst,<br />
das wird ein wahrer Spaß! Mit dem Kulturticket<br />
bekommst du 50 Prozent Ermäßigung.<br />
www.siebdruck-goettingen.de<br />
Abtauchen in andere Welten<br />
Du hast keine Lust auf Action und möchtest<br />
lieber mal die Seele baumeln lassen? Dann lauf<br />
doch einfach mal durch Göttingen – früher<br />
oder später kommst du an den sogenannten<br />
Bücherschränken vorbei. Nimm dir einfach ein<br />
Buch heraus, das dich interessiert, setz dich in<br />
den Botanischen Garten oder dein Lieblingscafé<br />
und versinke in einer fremden Welt. Hast<br />
du das Buch durch, stell es einfach zurück in<br />
den Schrank – oder bestücke ihn mit deinen<br />
eigenen Büchern. So schaffst du Platz bei dir<br />
daheim und gibst anderen Menschen die<br />
Chance, wieder neue Geschichten zu<br />
entdecken. Eine Liste aller Bücherschränke<br />
in Göttingen findest du hier:<br />
www.goettinger-umweltzentrum.de/<br />
leben-in-goettingen<br />
© Carlsen Verlag/Agustín Ferrer Casas<br />
Graphic Novel<br />
MIES<br />
Autor: Agustín Ferrer Casas<br />
Carlsen Verlag<br />
ISBN 978-3-551-02294-3<br />
quergelesen:<br />
Mies van der Rohe – ein visionärer Architekt<br />
Pünktlich zum 100-jährigen Jubiläum des Bauhaus und zum 50. Todestag von<br />
Mies van der Rohe erscheint im Carlsen Verlag die Graphic-Novel MIES, die das<br />
Leben des Architekten als opulente Bildergeschichte nicht immer ganz faktengetreu<br />
aber sehr orginell erzählt.<br />
Als Ludwig Mies van der Rohe 1930 die Leitung des Bauhauses in Dessau<br />
als Nachfolger von Hannes Meyer antrat, war er bereits ein weltberühmter<br />
Architekt. Der rote Faden der Graphic Novel bildet eine Flugreise van der<br />
Rohes nach Berlin zur Grundsteinlegung der neuen Nationalgalerie, auf der<br />
er seinem Enkel aus seinem bewegten Leben erzählt. Dabei werden seine<br />
wichtigsten Bauvorhaben und seine Zeit am Bauhaus mit allen politischen<br />
Schwierigkeiten dargestellt. Stilsicher<br />
erfasst der Autor die verschiedenen<br />
(Architektur-)Epochen, die van der Rohe<br />
durchlebt und maßgeblich mitgeprägt<br />
hat. Dabei versteckt er allerhand Bildzitate<br />
in seinen fein gezeichneten und<br />
klar aufgebauten Strips. Wer sich dem<br />
Bauhaus und der Geschichte der<br />
Architektur mal von einer ganz<br />
anderen Seite nähern will, ist mit<br />
diesem Buch bestens bedient.<br />
Über den Autor<br />
Der frühere Architekt Agustín Ferrer<br />
Casas ist in der spanischen Comiclandschaft<br />
schon seit Jahren eine feste<br />
Größe und hat sich in seinen Comics<br />
u. a. schon mit Mahatma Gandhi auseinandergesetzt.<br />
In MIES kehrt er zu<br />
seinen Architekturwurzeln zurück.<br />
Uni 2_<strong>2019</strong> 57
WISSENSBISSE<br />
Von wegen Gutenberg!<br />
Das Jikji ist ein ganz besonderes Druckwerk im koreanischen Buddhismus. Es<br />
handelt sich dabei um eine Anthologie, die im Jahr 1377 mit beweglichen Metall lettern<br />
gedruckt wurde – beinahe acht Jahrzehnte, bevor Johannes Gutenberg jene Technik<br />
offiziell erfunden hatte. Seitens der UNESCO wurde seine Echtheit bestätigt. Zu seiner<br />
Zeit war es ein sehr umfangreiches, zweiteiliges Buch. Heute sind nur mehr 38 Seiten<br />
erhalten geblieben, die in der Nationalbibliothek von Frankreich aufbewahrt werden.<br />
58 Uni 02_<strong>2019</strong>
MACH, WAS WIRKLICH ZÄHLT.<br />
#ING<br />
FOLGE DEINER BERUFUNG.<br />
bundeswehr<br />
karriere.de
Spaß beim Lernen statt Paukfrust – familiäre Atmosphäre statt<br />
Anonymität – persönliche Förderung in kleinen Lerngruppen statt<br />
volle Hörsäle. Die PFH Private Hochschule Göttingen bietet ein<br />
angenehmes Lernumfeld, um sich in der Studienzeit mit voller<br />
Konzentration auf den Wunschjob vorzubereiten. Im direkten<br />
Kontakt zu Professoren, mit spannenden und individuell wählbaren<br />
Studienschwerpunkten.<br />
Jetzt informieren über die Campusstudiengänge in Management,<br />
Psychologie, Orthobionik und Technologie:<br />
www.pfh.de/studium<br />
Bild: ©deagreez - fotolia.com<br />
Hier läuft‘s<br />
andersrum!<br />
PFH Private Hochschule Göttingen