Seiffener Art – DREGENO Magalog 2019-20
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8 SACHSENS GLANZ UND GLORIA<br />
und damit Augusts Wohlstand. Denn auf dem Fleiß der<br />
Bergleute gründete der Reichtum des sächsischen Hofes.<br />
»Die technologischen Entwicklungen, die im Zuge des<br />
Bergbaus entstanden, machten das Erzgebirge damals<br />
zum Powerhouse von Sachsen <strong>–</strong> ein wahres Silicon Valley«,<br />
sagt Dr. Jenzen. Die Erzgebirger waren schon immer<br />
Vorreiter der Technik <strong>–</strong> und das ist die Region bis heute.<br />
Mit Innovationskraft und technischem Know-how zählen<br />
zahlreiche Unternehmen aus dem Erzgebirge in ihren<br />
Spezialgebieten zur Weltspitze. Die Wurzeln der Technologien<br />
liegen oft im Bergbau begründet, der seit Jahrhunderten<br />
der Motor der technischen und kulturellen Entwicklung<br />
im Erzgebirge ist.<br />
»Das, was wir heute als Motive der<br />
Erzgebirgischen Volkskunst schätzen,<br />
entstammt nicht, wie oft verbreitet,<br />
Not und Entbehrungen, sondern<br />
der höfischen Repräsentation des<br />
stolzen Bergmannsstandes vor<br />
dem europäischen Hochadel.«<br />
Auch das Erzgebirgische Kunsthandwerk® ist ein Teil<br />
dieser Geschichte, die Dr. Jenzen neu schreibt. Bergmann<br />
und Räuchermann, Pyramide und Schwibbogen<br />
erzählen nicht von Not und Niedergang, sondern von<br />
Würde, Fleiß und Stolz. Sie entsprangen nicht dem dunklen<br />
Schacht, sondern den schillernden Eindrücken einer<br />
höfischen Jahrhunderthochzeit. Der Lichterglanz des<br />
Saturnfestes brannte sich in das kulturelle Gedächtnis<br />
einer ganzen Region <strong>–</strong> so stark, dass daraus eine eigene<br />
Kunstform entstand. So erzählen Bergmann, Pyramide<br />
und Schwibbogen auch von der Fantasie und Kreativität,<br />
mit der die Erzgebirger die höfischen Motive<br />
auf ihre eigene Kultur übertrugen. Und sie zeugen vom<br />
handwerklichen Geschick, dank dem diese Kunst eine<br />
einzigartige Ausdrucksform fand: in der Erzgebirgischen<br />
Holzkunst®, die heute als Markenzeichen in alle Welt hinaus<br />
strahlt. So wie vor 300 Jahren der Stolz der erzgebirgischen<br />
Bergleute.<br />
Das Erzgebirge als<br />
Powerhouse Sachsens<br />
Sachsens Wirtschaft war schon immer ein Vorreiter<br />
für technologischen Fortschritt <strong>–</strong> und der<br />
Bergbau ist Jahrhunderten der Motor für diese<br />
Innovationskraft. Viele technische Neuerungen<br />
sind im Zuge des Bergbaus entstanden und konnten<br />
nur hier entstehen, in dieser weltweit einzigartigen<br />
Montanregion, die seit über 850 Jahren<br />
wie keine andere vom Bergbau geprägt ist. Auch<br />
Sachzeugen des Kunsthandwerkes in Seiffen wurden<br />
von der UNESCO in die Liste der assoziierten<br />
Objekte des Welterbes aufgenommen, unter anderem<br />
repräsentiert durch das Reifendrehwerk<br />
in Seiffen. Das Reifendrehen war vor <strong>20</strong>0 Jahren<br />
tatsächlich eine technische Revolution, die die<br />
serielle Fertigung des weltberühmten <strong>Seiffener</strong><br />
Reifenviehs® beflügelte. Dank eines ausgeklügelten<br />
Verfahrens bringt ein Drechsler mit viel<br />
Geschick und geübtem Auge einen Holzreifen so<br />
in Form, dass beim Aufschneiden des Rings ein<br />
Profil sichtbar wird <strong>–</strong> ein Pferd, eine Kuh, ein Schaf<br />
oder ein Elefant. Aus einem Reifen konnten so um<br />
die 50 hölzerne Tiere gestochen werden. Bis heute<br />
wird das Reifendrehen in Seiffen praktiziert. So<br />
entstehen Tiere und Herzen, Engelslöckchen und<br />
winzige Nasen für Engel oder Bergleute <strong>–</strong> nach<br />
einem uralten Verfahren, das vor zwei Jahrhunderten<br />
den Weg zur Serienfertigung kunsthandwerklicher<br />
Holzfiguren im Erzgebirge ebnete.<br />
Reifendrehwerk im <strong>Seiffener</strong> Freilichtmuseum<br />
Hauptstraße <strong>20</strong>3, 09548 Kurort Seiffen<br />
www.spielzeugmuseum-seiffen.de<br />
Dr. Igor Jenzen ist seit <strong>20</strong>04 Direktor des Museums für<br />
Sächsische Volkskunst in Dresden. Zuvor beschäftigte<br />
er sich als Wissenschaftler am Kunstgewerbemuseum<br />
mit der Dresdner Hofkunst.