Seiffener Art – DREGENO Magalog 2019-20
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WERKSTATTGESCHICHTEN<br />
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liegt es aber auch an den frischen Ideen, die wie ein Jungbrunnen<br />
wirken. Denn das Unger’sche Sortiment könnte<br />
fast auch aus Silicon Valley stammen, so viel Hightech<br />
und Innovation steckt darin. Auch von außen atmen die<br />
Entwürfe den Geist einer neuen Zeit <strong>–</strong> Lichterbögen aus<br />
Kristallglas mit satiniertem Lignulum-Logo, die sich per<br />
Smartphone-App in zahllosen Farbvarianten zum Strahlen<br />
bringen lassen. Figuren im minimalistischen Design,<br />
die sich so samtweich anfassen, dass man sie gar nicht<br />
mehr loslassen möchte. Und moderne Deckenpyramiden,<br />
die sich wie von Zauberhand nach <strong>Art</strong> eines Perpetuum<br />
mobile drehen <strong>–</strong> ein einzigartiges Venetel-Lager<br />
macht’s möglich, die Wärme spezieller Teelichter sorgt<br />
für den nötigen Auftrieb. Das Besondere: Nicht das Flügelrad<br />
dreht sich, sondern die gesamte Pyramide <strong>–</strong> inklusive<br />
Motivteller und Lichtern. Wie diese Deckenpyramiden,<br />
die <strong>20</strong>16 gleich nach Erscheinen mit dem Designpreis<br />
»Tradition und Form« geehrt wurden, entstehen, wollen<br />
wir uns in der Werkstatt einmal genauer anschauen.<br />
Schwebezustand: Drei hauchdünne Edelstahlseile<br />
halten die Pyramide in der Luft. Metallene Kugeln am<br />
unteren Ende geben ihnen den nötigen Halt.<br />
Dicke Bretter, kleine Figuren: Kaum vorstellbar, dass solche<br />
dicken Bohlen benötigt werden, um solche kleinen<br />
Wichte zu bauen.<br />
Flügelscheiben: Die Flügel sind nicht aus Sperrholz, sondern<br />
werden in hauchdünnen Scheibchen an der Kreissäge<br />
aus einem dicken Holzblock heruntergeschnitten.<br />
Reviermarkierung: Satinierte Kreise markieren auf<br />
dem Kristallglasboden die Stellen, wo die Teelichter<br />
stehen. Der Glasboden leuchtet in verschiedenen Farben.<br />
Und wenn das Wachs der Teelichter in der durchsichtigen<br />
Hülle schmilzt, strahlen die Farben durch die<br />
Kerzen hindurch. Ein einzigartiger Effekt, den man so<br />
noch nie gesehen hat.<br />
Torsten Unger öffnet die Tür und wir stehen vor einem<br />
riesigen Stapel Bretter. An den Rändern ist noch Rinde,<br />
eine Handkreissäge verrät, dass die Bohlen bald auf Länge<br />
geschnitten werden. »Hier werden unsere Figuren<br />
draus«, sagt Torsten Unger und holt drei winzige Kurrendesänger<br />
herzu, um den Größenunterschied sichtbar<br />
zu machen. »Wir verwenden grundsätzlich nur einheimische<br />
Hölzer«, sagt der Kunsthandwerker und zählt auf:<br />
»Esche, Ahorn, Birke, Buche. Das meiste bekommen wir<br />
auf einen Meter kurzgeschnitten«, sagt er und dehnt dabei<br />
das »ie« von »geschnieden« im vogtländischen Singsang.<br />
»Ich tu mich a net verstelln, ne«, schmunzelt er, als<br />
er unser Lächeln bemerkt. Gut so, finden wir.