PC_09_2019_FINAL_X1
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ETAPPE<br />
8<br />
SAMSTAG, 13. JULI<br />
MÂCON › SAINT-ÉTIENNE<br />
200 KM<br />
Abgesehen davon, dass er beim Giro<br />
2012 Dritter wurde, trat Thomas De<br />
Gendt im Klassement bei großen<br />
Rundfahrten nie in Erscheinung. Er war<br />
schon immer eher ein Baroudeur. Als<br />
junger Fahrer für Topsport Vlaanderen<br />
und Vacansoleil unterwegs, brachte ihm<br />
seine unbeherrschte Art nur wenig<br />
Freunde ein. Jetzt ist er selbst ein<br />
Veteran. Er hat zahlreiche Erfolge zu<br />
verzeichnen, und die Angriffe von De<br />
Gendt werden nun von seinen Kollegen<br />
mit Ehrfurcht und Respekt aufgenommen.<br />
André Greipel, ehemaliger<br />
Teamkollege, beglückwünschte den<br />
Belgier zu seinem Sieg in Saint-Étienne<br />
– nicht überraschend, denn es war<br />
wahrscheinlich einer der besten Tage<br />
in De Gendts Karriere überhaupt.<br />
Er hatte mit Alessandro De Marchi, Ben<br />
King und Niki Terpstra angegriffen und<br />
einen Abstand von bis zu fünf Minuten<br />
herausgefahren. Aber da das Gelbe<br />
Trikot durch Bonussekunden in Gefahr<br />
war, wurde der Vorsprung am Ende<br />
des letzten Anstiegs schnell auf<br />
90 Sekunden reduziert. De Gendts<br />
Führung im Klassement erledigte sich<br />
durch den Angriff von Pinot und<br />
Alaphilippe, aber der Belgier fand neue<br />
Reserven, um seinen Etappensieg zu<br />
sichern. Es ist selten, dass ein Ausreißversuch<br />
überlebt, wenn es ums<br />
Klassement geht, aber wenn diese<br />
Flucht De Gendt beinhaltet, lohnt es sich,<br />
genauer hinzusehen.<br />
D<br />
ie schwerste erste Tour-Woche<br />
überhaupt – das war Daryl Impeys<br />
Bewertung der ersten<br />
Woche nach seinem Erfolg in<br />
Brioude. Eine kleine Übertreibung sei ihm<br />
zugestanden: Nachdem er eine Karriere<br />
lang auf der Jagd nach einem Tour-Etappensieg<br />
gewesen war, hatte ihm ein Tag in<br />
der Ausreißergruppe in Gesellschaft von<br />
14 starken Fahrern den Erfolg gebracht,<br />
aber es war ein Gefühl, das vom Peloton<br />
geteilt wurde.<br />
Am zweiten Morgen eines Trios von<br />
Etappen im Zentralmassiv sagte Thibaut<br />
Pinots Groupama-FDJ-Bodyguard Stefan<br />
Küng: „Wir reden immer von den Hochgebirgsetappen<br />
und wie schwer sie sind, aber<br />
diese Art von Etappen ist schwerer, weil<br />
man die Anstiege schneller fährt, weil sie<br />
kürzer sind. Und wenn eine starke Ausreißergruppe<br />
vorn ist und einige Teams hinten<br />
Interesse an einem Sprint haben, wird<br />
Vollgas gefahren.“ Am Tag zuvor war das<br />
Peloton mehr als 3.700 Meter geklettert,<br />
die auf sieben kategorisierte und zahlreiche<br />
nicht kategorisierte Anstiege verteilt waren.<br />
Aber während er in Saint-Flour lässig<br />
an der Motorhaube eines Bora–hansgrohe-<br />
Wagens lehnte, blies Enrico Poitschke, der<br />
Leitende Sportdirektor des Teams, die<br />
Wangen auf und verwies auf das kurze<br />
Gedächtnis der Fahrer. „Jedes Jahr ist<br />
hart!“, attestierte er ihnen die Neigung,<br />
vergangene Strapazen zu vergessen. „Vielleicht<br />
vergessen die Jungs die Anstrengungen<br />
sehr schnell. Sie müssen sich voll<br />
konzentrieren und in der besten Form<br />
sein, damit sie um den Sieg kämpfen können“,<br />
sagte er.<br />
Alaphilippe genießt<br />
sein Gelbes<br />
Trikot, das er nach<br />
der dritten Etappe<br />
zum ersten Mal<br />
überstreifen durfte.<br />
Es bestand Einigkeit, dass die Eröffnungswoche<br />
der Tour <strong>2019</strong> eine Achterbahnfahrt<br />
war. Als der erste Akt nach zehn<br />
Tagen abgeschlossen war, hatten neun<br />
verschiedene Fahrer eine Etappe gewonnen<br />
und das Gelbe Trikot hatte viermal<br />
den Besitzer gewechselt. Und trotz eines<br />
von Deceuninck–Quick-Step und Ineos<br />
initiierten Überfalls bei Seitenwind auf<br />
den letzten 30 Kilometern der Etappe<br />
nach Albi lagen die Top Ten nur gut zwei<br />
Minuten auseinander. So passte es, dass<br />
die Eröffnungswoche damit endete, dass<br />
der Weltranglistenerste Julian Alaphilippe<br />
in der Champagne gewann.<br />
Im Folgenden haben wir die Gründe für<br />
diesen schwierigen Tour-Auftakt zusammengefasst.<br />
ETAPPENERGEBNIS<br />
1 Thomas De Gendt Lotto Soudal 5:00:17<br />
2 Thibaut Pinot Groupama-FDJ +0:06<br />
3 Julian Alaphilippe Deceuninck–QS gl. Zeit<br />
ATTACKE! WICHTIGE ANGRIFFE<br />
IN DEN ERSTEN ZEHN TAGEN<br />
GESAMTWERTUNG<br />
1 Julian Alaphilippe Deceuninck–QS 34:17:59<br />
2 Giulio Ciccone Trek-Segafredo +0:23<br />
3 Thibaut Pinot Groupama-FDJ +0:53<br />
PUNKTEWERTUNG<br />
1 Peter Sagan Bora–hansgrohe 204<br />
2 Michael Matthews Team Sunweb 144<br />
3 Sonny Colbrelli Bahrain Merida 129<br />
3. ETAPPE JULIAN<br />
ALAPHILIPPE, ÉPERNAY<br />
DISTANZ ZUM ZIEL:<br />
16 KM<br />
Alaphilippe nutzte die 12,2 Prozent<br />
steile Côte de Mutigny, um in dem<br />
Moment zu entwischen, in dem die<br />
frühe Ausreißergruppe neutralisiert<br />
wurde. Er fuhr 26 Sekunden<br />
heraus und erobert auf diesem<br />
Weg das Gelbe Trikot.<br />
6. ETAPPE DYLAN<br />
TEUNS, SUPER<br />
PLANCHE DISTANZ<br />
ZUM ZIEL: 160 KM<br />
Eine elfköpfige Ausreißergruppe<br />
setzte sich kurz nach dem Start in<br />
Mülhausen ab. Dylan Teuns und<br />
Giulio Ciccone waren die letzten<br />
Überlebenden und behielten eine<br />
Minute Vorsprung. Teuns gewann<br />
die Etappe.<br />
8. ETAPPE THOMAS DE<br />
GENDT, SAINT-ÉTIENNE<br />
DISTANZ ZUM ZIEL:<br />
200 KM<br />
Der Belgier setzte sich nach dem<br />
Start in Mâcon mit einem starken<br />
Quartett ab. De Gendt setzte am<br />
Schlussanstieg zwölf Kilometer<br />
vor dem Ende mit 1:30 Minuten<br />
Vorsprung zu einem Solo an und<br />
rettete sich hauchdünn ins Ziel.<br />
78 PROCYCLING | SEPTEMBER <strong>2019</strong>