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L E<br />
T O U R<br />
20<br />
19<br />
JUMBO–VISMA<br />
© Getty Images (Teunissen), Kramon (klein), Gruber Images<br />
ge und die Gesamtwertung der Vier Tage<br />
von Dünkirchen im Mai brachten den Ball<br />
ins Rollen, bevor Teunissen fünf Wochen<br />
später die ZLM Tour gewann.<br />
„Bei den Vier Tagen von Dünkirchen<br />
haben wir ihm die Gelegenheit gegeben,<br />
Verantwortung zu übernehmen. Dann<br />
holte er bei der ZLM Tour die Führung –<br />
das war geplant. Für sein Selbstbewusstsein<br />
war das sehr wichtig“, sagte Merijn<br />
Zeeman, der Jumbo-Coach, zu Procycling,<br />
als er mit einer Flasche Champagner<br />
in der Hand vor dem Mannschaftsbus<br />
stand. „Er arbeitet mit einem unserer<br />
Trainer, Tim Heemskerk, der einen super<br />
Job mit ihm gemacht hat. Er hat sich vom<br />
Training, aber auch vom Selbstbewusstsein<br />
her sehr verbessert.“<br />
Zum ersten Mal in Teunissens Karriere<br />
ging er auf Erfolgskurs in die Tour. Sein<br />
neues Selbstbewusstsein zeigte sich darin,<br />
dass er auf der ersten Etappe in einer<br />
Position war, den Sprint zu bestreiten,<br />
und Sagan auf der Linie abfangen konnte.<br />
„Ich dachte, ich bin noch da, ich bin<br />
noch frisch, wir können es versuchen“,<br />
sagte ein immer noch strahlender Teunissen,<br />
als er sich im Pressekonferenz-Lkw<br />
hinsetzte und nicht langweilte, obwohl<br />
ihm 45 Minuten lang dieselben Fragen<br />
gestellt wurden. Diese Geschichte wurde<br />
er nicht müde zu erzählen.<br />
„Ich fühlte mich gut, und ich dachte,<br />
nach all der Vorarbeit von den Jungs ist<br />
das Mindeste, was ich tun kann, es selbst<br />
zu versuchen. Ich hätte mir nur nie vorstellen<br />
können, dass ich das Rennen gewinne.<br />
Es ist verrückt: Du gewinnst eine<br />
Etappe der Tour de France, du holst das<br />
Gelbe Trikot. Es ist sehr lange her, dass<br />
ein Niederländer Gelb getragen hat, und<br />
es passiert für mich alles gleichzeitig. Ja,<br />
es ist unglaublich.“<br />
Teunissen<br />
war der erste<br />
Niederländer seit<br />
30 Jahren im<br />
Gelben Trikot.<br />
ETAPPE 2<br />
ENDLICH<br />
DAS<br />
RICHTIGE<br />
TEAM<br />
TONY MARTIN<br />
Die Rohre aus rostfreiem Stahl, die die<br />
neun Silberkugeln verbinden, die das<br />
Brüsseler Atomium bilden, spendeten<br />
fast keinen Schatten an der Ziellinie des<br />
Mannschaftszeitfahrens. Unterhalb davon<br />
begannen die acht Fahrer des Teams<br />
Ineos, ihre roten Plastikstühle zu verlassen<br />
– heiße Stühle im wörtlichen wie im<br />
bildlichen Sinn in Anbetracht der Nachmittagssonne.<br />
Sie hatten die Stellung fast<br />
zwei Stunden lang gehalten, nachdem sie<br />
als erstes Team auf den 27,6 Kilometer<br />
langen Kurs gegangen waren und die<br />
schnellste Zeit hingelegt hatten. Aber ein<br />
Jubelschrei vom Jumbo–Visma-Masseur,<br />
als das niederländische Team über die Linie<br />
rollte und inmitten eines Schwarms<br />
von Journalisten zum Stehen kam, bestätige,<br />
dass das lange Warten von Ineos umsonst<br />
gewesen war.<br />
Nachdem die beiden Teams als Erstes<br />
und als Letztes ins Mannschaftszeitfahren<br />
gestartet waren, rechnete man damit,<br />
als Jumbo schließlich um 17:00 Uhr an<br />
den Start ging, dass die Mannschaft Ineos<br />
den Sieg noch streitig machen könnte.<br />
Aber wenige hätten gedacht, dass sie die<br />
Zeit der Tour-Titelverteidiger um ganze<br />
20 Sekunden unterbieten würde.<br />
Vor einem Jahr war, wie Jumbo–Visma<br />
selbst sagt, das schlechte Abschneiden<br />
beim Mannschaftszeitfahren bei der Tour<br />
2018 mit ein Grund, dass Primož Roglic<br />
das Podium verpasste – er verlor an dem<br />
Tag 1:11 Minuten auf Sky und ihm fehlten<br />
59 Sekunden zu einem Podestplatz in<br />
Paris. Die Qualitäten im Mannschaftszeitfahren<br />
zu verbessern, war<br />
wichtig, wenn das Team<br />
Toursieger sein wollte. Mehr<br />
Motoren würden sicher<br />
helfen – die <strong>2019</strong>er-Neuzugänge<br />
Tony Martin und<br />
Wout Van Aert brachten<br />
sie mit – aber es fehlte nicht nur eine Steigerung<br />
der Feuerkraft. Das Team brauchte<br />
einen Talisman, der einen kühlen Kopf<br />
bewahren, das richtige Tempo vorgeben<br />
und jeden Fahrer anleiten konnte in einem<br />
Szenario, in dem jede Sekunde zählt.<br />
„Bei der Analyse nach der Tour 2018<br />
kam heraus, dass wir keinen wirklichen<br />
Tony Martin war<br />
maßgeblich am<br />
Erfolg von Jumbo–<br />
Visma im Mannschaftszeitfahren<br />
beteiligt.<br />
72 PROCYCLING | SEPTEMBER <strong>2019</strong>