PC_09_2019_FINAL_X1
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Van Avermaet an<br />
der Mauer von Geraardsbergen,<br />
dem<br />
bekanntesten Anstieg<br />
in Flandern.<br />
„DER TOUR-AUFTAKT FAND KOMPLETT<br />
IM ZEICHEN VON EDDY MERCKX STATT,<br />
DER EIN AUSSERGEWÖHNLICHER,<br />
BESCHEIDENER UND GROSSARTIGER<br />
MANN IST.“<br />
Christian Prudhomme, Tour-Direktor<br />
schattet wurde, war kein vorhersehbares,<br />
fing doch der bislang kaum in Erscheinung<br />
getretene Mike Teunissen<br />
Peter Sagan auf der Linie ab. Am nächsten<br />
Tag bestätigte Teunissens Jumbo–<br />
Visma-Team, dass es Form, Vertrauen<br />
und Schwung auf seiner Seite hatte, als<br />
es das Mannschaftszeitfahren gewann.<br />
Am letzten Tag des Rennens in Belgien,<br />
einem Etappenstart in Binche, sah eine<br />
riesige Menge das Peloton nach Süden<br />
über die Grenze fahren. Um den Geist der<br />
grenz überschreitenden Harmonie zu zementieren,<br />
umfasste die Ausreißergruppe<br />
Tim Wellens, einen Belgier von der Sprach <br />
grenze mit einem flämischen Vater und<br />
einer wallonischen Mutter, sowie Yoann<br />
Offredo, einen Franzosen, der für ein belgisches<br />
Teams fährt und dessen Lieblingsrennen<br />
die Kopfsteinpflasterklassiker des<br />
Frühjahrs sind. Dann legte Julian Alaphilippe,<br />
ein Franzose in den Diensten eines<br />
belgischen Rennstalls, im Ardennenvorgebirge<br />
der Champagne los und holte den<br />
Etappensieg und das Gelbe Trikot. Für<br />
eine Etappe, die halb belgisch, halb französisch<br />
war, schien alles zu passen. Aber<br />
der wahre Star des Eröffnungswochenendes<br />
war Brüssel – und natürlich Merckx.<br />
„Es war der bewegendste aller Grand<br />
Départs, die ich erlebt habe“, sagte Christian<br />
Prudhomme, der Boss der Tour, zu<br />
Procycling. „Natürlich waren in Yorkshire<br />
und London die Zuschauermengen ebenso<br />
groß wie in Brüssel. Aber der Tour-Auftakt<br />
fand komplett im Zeichen von Eddy<br />
Merckx statt, der ein außergewöhnlicher,<br />
bescheidener und großartiger Mann ist.<br />
Es war majestätisch, so viele Leute ‚Merci,<br />
Eddy‘ sagen zu hören.“ Prudhommes früheste<br />
Erinnerung an den Radsport war die<br />
letzte Etappe des Rennens 1968, daher<br />
umspannt sein eigenes Leben als Radsportfan,<br />
Journalist und dann Organisator<br />
des größten Rennens der Welt fast genau<br />
das von Eddy Merckx als größtem Champion,<br />
den der Sport je gesehen hat. „Ich<br />
bin die 100 Meter vom Village Départ zur<br />
Startlinie mit Eddy gelaufen, bevor die<br />
Etappe begann – und es war unvergesslich.<br />
Die Leute klatschten, riefen seinen<br />
Namen und hatten Tränen in den Augen.“<br />
DAS PUBLIKUM ALS MOTOR<br />
Offredo, der auf der dritten Etappe in der<br />
Ausreißergruppe fuhr, fand die belgischen<br />
Etappen inspirierend. „Wir trafen<br />
Christian Prudhomme am Vorabend der<br />
Tour, und er erinnerte uns daran, dass<br />
das Wichtigste im Radsport die Emotionen<br />
sind – noch vor jedem Sieg“, erzählte<br />
er. „Ich bin ein Fahrer, der mit Emotionen<br />
fährt und in der Ausreißergruppe habe<br />
ich den ganzen Tag gelächelt. Das Publikum<br />
ist unser Motor. Die Flandern-<br />
Rundfahrt ist ähnlich, aber es gibt eine<br />
spezielle Atmosphäre bei der Tour, und<br />
wir als Fahrer wollen den Fans ein bisschen<br />
von dem zurückgeben, was sie uns<br />
geben. In einer Ausreißergruppe zu sein,<br />
heißt für mich, dem Publikum und der<br />
Menge Ehre zu erweisen.“<br />
Aber der Radsport besteht nicht nur aus<br />
Menschenmengen und Lärm, und Emotionen<br />
können ebenso ruhig und nachdenklich<br />
wie warm und energetisch sein.<br />
ETAPPE<br />
4<br />
DIENSTAG, 9. JULI<br />
REIMS › NANCY<br />
213,5 KM<br />
Das Gelbe Trikot ist auf einer flachen<br />
Etappe mit einer Sprintankunft<br />
normalerweise ganz vorne dabei. Meist<br />
liegt das daran, dass der Führende auf<br />
Nummer sicher gehen will, um den<br />
Gefahren bei einer solchen Ankunft zu<br />
entgehen. Tatsächlich neigen die<br />
Gesamtführenden dazu, sich von<br />
hektischen Massensprints und all den<br />
möglichen Unfällen, die passieren<br />
können, fernzuhalten. Das letzte Mal,<br />
dass wir ein Gelbes Trikot sahen, das für<br />
einen Teamkollegen den letzten<br />
Kilometer eines Massensprints anfuhr,<br />
war 2012, als Bradley Wiggins auf den<br />
Champs-Élysées an die Spitze stürmte,<br />
um für Mark Cavendish den Sieg<br />
vorzubereiten. Paris war jedoch bei den<br />
Fahrern in Gedanken viel zu weit weg,<br />
als sie zu Beginn der ersten Woche in<br />
Nancy ankamen, aber das hinderte<br />
Julian Alaphilippe nicht daran, seine<br />
Rolle in der Mannschaft von Deceuninck–Quick-Step<br />
zu erfüllen, als sie den<br />
Sieg für Elia Viviani vorbereitete. Der<br />
Franzose wurde von Road Captain<br />
Michael Mørkov zwei Kilometer vor dem<br />
Ziel an die Spitze befohlen, krempelte<br />
seine metaphorischen Ärmel hoch und<br />
übernahm die Kontrolle. Auf der<br />
Zielgeraden musste der Italiener nicht<br />
mehr tun, als seine Nase 200 Meter vor<br />
dem Ziel in den Wind zu halten, um so<br />
schnell wie möglich bis zur Ziellinie zu<br />
sprinten. Fünf Jahre nach seinem<br />
Tour-Debüt holte Viviani seinen Sieg.<br />
ETAPPENERGEBNIS<br />
1 Elia Viviani Deceuninck–QS 5:<strong>09</strong>:20<br />
2 Alexander Kristoff UAE Emirates gl. Zeit<br />
3 Caleb Ewan Lotto Soudal gl. Zeit<br />
GESAMTWERTUNG<br />
1 Julian Alaphilippe Deceuninck–QS 14:41:39<br />
2 Wout Van Aert Jumbo–Visma +0:20<br />
3 Steven Kruijswijk Jumbo–-Visma +0:25<br />
BERGWERTUNG<br />
1 Tim Wellens Lotto Soudal 7<br />
2 Xandro Meurisse Wanty-Gobert 3<br />
3 Greg Van Avermaet CCC Team 2<br />
© Getty Images<br />
SEPTEMBER <strong>2019</strong> | PROCYCLING 65