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L E<br />

T O U R<br />

20<br />

19<br />

E G A N<br />

BERNAL<br />

escheiden und bodenständig“ nannte der<br />

geschlagene Tour-Champion Geraint Thomas<br />

seinen Nachfolger Egan Bernal. In<br />

Val Thorens – die letzte Bergetappe des<br />

Rennens und der Moment, in dem Bernal<br />

zum designierten Sieger wurde – konnte<br />

man sehen, was der Waliser meinte: Bernal<br />

warf den Blumenstrauß für das Weiße<br />

Trikot in Richtung des feiernden kolumbianischen<br />

Kontingents, aber traf nicht. Der<br />

22-Jährige hielt seine Hand an den Mund<br />

und versteckte ein verschämtes Lächeln.<br />

Später, auf der Pressekonferenz des Gelben<br />

Trikots, als die Medien den Kolumbianer<br />

zum ersten Mal während des turbulenten<br />

Rennens richtig kennenlernten,<br />

entsprach sein Verhalten erneut Thomas’<br />

Beschreibung: Bernal beantwortete Fragen<br />

mit Takt, Bescheidenheit und Humor.<br />

24 Stunden zuvor, als Bernal die Gesamtwertung<br />

auf den letzten vier Kilometern<br />

des Col de l’Iseran auf den Kopf gestellt<br />

hatte, war jedoch nichts von dem<br />

Engelchen zu sehen gewesen. Den Mund<br />

leicht geöffnet. Die Beine wirbelnd. Geduckte<br />

Haltung. Eine Reihe von Kletterern<br />

– darunter die Grand-Tour-Sieger Vincenzo<br />

Nibali und Simon Yates – versuchten,<br />

mit Bernal Schritt zu halten, konnten es<br />

aber nicht. Bernal drehte sich kaum um.<br />

Aber es war auch nicht wichtig, was hinter<br />

ihm passierte. Seine Zukunft lag da oben<br />

– vor ihm.<br />

Auf dem 2.770 Meter hohen Gipfel des<br />

Iseran war er in der Gesamtwertung mit<br />

45 Sekunden Vorsprung an Julian Alaphilippe<br />

vorbeigezogen und dank des<br />

außergewöhnlich nassen Wetters in den<br />

Alpen bald nur noch eine verkürzte Bergetappe<br />

von einem historischen Sieg entfernt.<br />

Dem ersten Toursieg eines Kolumbianers.<br />

Dem jüngsten Tour-Gewinn in der<br />

Nachkriegsära. Und dem siebten Sieg der<br />

Ineos-Sky-Dynastie in acht Jahren.<br />

Bernals früherer<br />

Teammanager<br />

Gi anni Savio gratuliert<br />

seinem ehemaligen<br />

Schützling.<br />

EIN GLÜCKSFALL<br />

Angesichts von Bernals Weg zur Tour<br />

musste man sich fragen, ob das Resultat<br />

vorherbestimmt war. 2018 fühlte er sich<br />

nach Siegen beim Colombia Oro y Paz und<br />

der Kalifornien-Rundfahrt sowie einem<br />

knappen zweiten Platz bei der Tour de<br />

Romandie bei der Tour de France sofort zu<br />

Hause. Es war eine seltene Auszeichnung,<br />

dass er in seinem Debüt-Jahr bei seinem<br />

Team überhaupt bei der Tour starten durfte,<br />

angesichts der Tendenz von Ineos, erst<br />

einmal die „Zahlen“ eines Fahrers zu bewerten,<br />

ehe man ihn auf ein Rennen losließ,<br />

das das wichtigste des Jahres ist.<br />

© Sirotti (Rodríguez), Offside Sports Photography (Parra), Yuzuru Sunada (Bernal, Botero, Quintana)<br />

MARTÍN<br />

RODRÍGUEZ<br />

Martín „Cochise“<br />

Rodríguez fuhr als erster<br />

Kolumbianer die Tour<br />

de France. Der<br />

Bahnspezialist und<br />

Verfolgungs-<br />

Weltmeister der<br />

Amateure von 1971 fuhr<br />

in der Saison 1975 mit<br />

Felice Gimondi im<br />

Bianchi-Team.<br />

KOLUMBIANER BEI DER TOUR<br />

LUIS<br />

HERRERA<br />

„Lucho“ feierte 1984<br />

bei einer legendären<br />

Kletterpartie nach Alpe<br />

d’Huez den ersten<br />

kolumbianischen<br />

Etappensieg in<br />

Frankreich. Ein Jahr<br />

später gewann er das<br />

Gepunktete Trikot – ein<br />

weiteres Debüt für das<br />

südamerikanische Land.<br />

FABIO<br />

PARRA<br />

1988 machte der<br />

kolumbianische<br />

Radsport einen weiteren<br />

Schritt nach vorn, als<br />

Parra als erster Vertreter<br />

des Landes auf dem<br />

Podium der<br />

Gesamtwertung stand.<br />

Parra wurde Dritter<br />

hinter Pedro Delgado<br />

und Steven Rooks.<br />

SANTIAGO<br />

BOTERO<br />

Nach den Höhen<br />

Kolumbiens in den<br />

1980er-Jahren war von<br />

den südamerikanischen<br />

Fahrern weniger zu<br />

sehen. Botero befeuerte<br />

das Interesse wieder,<br />

als er 2000 das<br />

Gepunktete Trikot auf<br />

dem Höhepunkt der<br />

Armstrong-Ära gewann.<br />

NAIRO<br />

QUINTANA<br />

Quintana markierte eine<br />

neue Welle von<br />

Kolumbianern bei der<br />

Tour. Als er bei seinem<br />

Debüt 2013 Zweiter<br />

wurde und das Weiße<br />

plus das Gepunktete<br />

Trikot gewann, rechnete<br />

man damit, dass er<br />

bald das Gelbe<br />

gewinnen würde.<br />

FERNANDO<br />

GAVIRIA<br />

Die Omnipräsenz von<br />

Kolumbien in allen<br />

Bereichen des Pelotons<br />

wurde bestätigt, als der<br />

Sprinter Fernando<br />

Gaviria mit Quick-Step<br />

zwei Sprintetappen bei<br />

der Tour de France 2018<br />

gewann. <strong>2019</strong> nahm er<br />

allerdings nicht an der<br />

Frankreich-Rundfahrt teil.<br />

42 PROCYCLING | SEPTEMBER <strong>2019</strong>

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