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DAS LETZTE WORT<br />

JENS VOIGT<br />

Jens teilt mit uns seine Gedanken zur diesjährigen Ausgabe der Tour.<br />

© Getty Images<br />

D<br />

ie Tour de France endete<br />

gerade mit dem historischen<br />

Sieg von Egan Bernal, dem<br />

ersten Sieg des Gelben Trikots für<br />

Kolumbien, und nun ist das Trio<br />

komplett. Kolumbianische Radfahrer<br />

gewannen den Giro d’Italia<br />

(Nairo Quintana 2014), die Vuelta<br />

a España (Luis Herrera 1987) und<br />

nun endlich die Tour de France. Für<br />

mich ist das eine ziemlich coole<br />

Leistung, wenn man die Größe und<br />

Bevölkerung Kolumbiens betrachtet.<br />

Der Radsport ist in diesem Land ein<br />

beliebter Sport, und dieser Sieg wird<br />

bei der jungen Generation ein wachsendes<br />

Interesse wecken. Wir sollten<br />

uns besser auf eine weitere Welle<br />

junger kolumbianischer Radprofis<br />

gefasst machen, die in einigen Jahren<br />

nach Europa kommt.<br />

Es gab ein paar Dinge, die ich bei<br />

der diesjährigen Tour wirklich bemerkenswert<br />

fand. Erstens, wie beeindruckend<br />

es ist, dass das Team<br />

Sky/Ineos sieben der letzten acht<br />

Auflagen der Tour mit vier verschiedenen<br />

Fahrern gewonnen hat. Es<br />

verpasste den Sieg nur, als Chris<br />

Froome 2014 aussteigen musste.<br />

Es scheint, als könnte Ineos sagen:<br />

„Nun, einer unserer Kapitäne ist<br />

nicht zu 100 Prozent fit, aber es<br />

spielt keine Rolle – wir befördern einfach<br />

unseren nächsten Leutnant in<br />

die Rolle des Führenden.“ Und keine<br />

andere Mannschaft kann sagen, dass<br />

sie überrascht gewesen wäre. Jeder<br />

kann die Zeichen deuten. Ineos verwendet<br />

immer das gleiche System<br />

und die gleiche Taktik und niemand<br />

kann sie aufhalten. Das ist so beeindruckend.<br />

Vielleicht gefällt es euch<br />

nicht, aber man muss zugeben, dass<br />

es beeindruckend ist, oder?!<br />

Das andere, was mir klar wurde,<br />

ist der vollzogene Generationenwechsel.<br />

Darauf habe ich in einer<br />

früheren Kolumne hingewiesen.<br />

Schaut euch nur die Situation der<br />

Sprinter an. Mark Cavendish – nicht<br />

von seinem eigenen Team ausgewählt;<br />

Marcel Kittel – in einer Art<br />

Altersteilzeit; André Greipel und<br />

Alexander Kristoff – sie konnten<br />

keine Etappe gewinnen. All die Entscheidungen<br />

wurden von den Debütanten-Toursiegern<br />

Caleb Ewan<br />

und Elia Viviani sowie Dylan Groenewegen<br />

geholt.<br />

Gleiches galt für die GC-Fahrer.<br />

Thibaut Pinot sah toll aus, aber am<br />

Ende hatte er ein DNF. Dennoch<br />

hat sein Groupama-Team mit David<br />

Gaudu ein absolutes Supertalent,<br />

das in ein oder zwei Jahren wahrscheinlich<br />

der neue Teamkapitän<br />

sein wird. Nicht zu vergessen Bernal.<br />

Ihm war es egal, dass er der<br />

jüngste Fahrer im Feld war – er hat<br />

einfach gekämpft und die gesamte<br />

Tour gewonnen. Steven Kruijswijk<br />

auf Platz drei und Emanuel Buchmann<br />

auf Platz vier sind nicht die<br />

INEOS SAGT EINFACH: „NUN, EINER UNSERER<br />

KAPITÄNE IST NICHT ZU 100 PROZENT FIT,<br />

ABER ES SPIELT KEINE ROLLE – WIR<br />

BEFÖRDERN EINFACH UNSEREN NÄCHSTEN<br />

LEUTNANT IN DIE ROLLE DES FÜHRENDEN.“<br />

Jüngsten, aber Buchmann ist vor allem<br />

ein frisches Ge -sicht an der<br />

Spitze. Umgekehrt scheint Quintana<br />

im Moment weit davon entfernt, aufs<br />

Podium zu fahren.<br />

Zusammenfassend lässt sich sagen,<br />

dass Ineos in Zukunft weitere<br />

Gelbe Trikots gewinnen wird und<br />

es viele junge und hungrige Fahrer<br />

gibt, die bereit sind, die Führung zu<br />

übernehmen.<br />

Aber hey, es gibt noch Hoffnung<br />

für uns ältere Jungs. Schaut euch<br />

Vincenzo Nibali an, der sich von<br />

mittelmäßiger Form oder Krankheit<br />

nicht entmutigen lässt und schließlich<br />

mit all seiner Hartnäckigkeit,<br />

Erfahrung, Klugheit und reiner<br />

Jens schätzt David Gaudu als<br />

einen der neuen Sterne am Radsporthimmel<br />

ein.<br />

Klasse einen tollen Etappensieg am<br />

vorletzten Tag einfahren konnte. Ich<br />

freue mich für ihn, und ich war froh<br />

zu sehen, dass es noch einige Fahrer<br />

gibt, die die Flagge für uns, die älteren<br />

Jungs, hochhalten.<br />

Jens Voigt beendete seine Profi -<br />

karriere 2014 nach 18 Jahren.<br />

Der Berliner war einer der angriffslustigsten<br />

und beliebtesten Fahrer<br />

im Peloton. Unter anderem hielt er<br />

für 42 Tage den Stundenweltrekord.<br />

130 PROCYCLING | SEPTEMBER <strong>2019</strong>

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