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ZeitBlatt Magazin - Rosemarie Sissi Romy

TEIL 2 UNSERER PUBLIKATION SONDERMAGAZIN 80 JAHRE ROMY - zu Ehren Romy Schneider anlässlich des 80. Geburtstages von Romy Schneider In diesem Jahr wäre Romy Schneider 80 Jahre alt geworden. Die Welt hielt 1982 den Atem an, als bekannt wurde, das Romy Schneider starb. Leise hatte sie ein lautes Leben verlassen. Romy Schneider selbst beschrieb ihren Wunsch, ihre Denkweise über dieses Leben mit den Worten „Besser kurz und schön als lang und in Maßen“. „Das Maß“ – in ihrem Leben hatte sie wahrscheinlich nie gefunden. Als Autorin des Buches Bühne des Lebens und als Inhaberin des Romy Schneider Archiv ist es meine persönliche Meinung – dass es das Mittelmaß- zwischen den Dingen in Romy Schneiders Lebens nie etablierte. Romy Schneider als Schauspielerin, Weltstar und Frau – betrachte ich als ein Leben, geführt permanent am Limit. Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt. Sehen sie unveröffentlichte Fotos von Romy Schneider. Lesen Sie aus Ihren Briefen, erfahren Sie was sie dachte und fühlte - was sie bewegte.

TEIL 2 UNSERER PUBLIKATION SONDERMAGAZIN 80 JAHRE ROMY - zu Ehren Romy Schneider anlässlich des 80. Geburtstages von Romy Schneider In diesem Jahr wäre Romy Schneider 80 Jahre alt geworden. Die Welt hielt 1982 den Atem an, als bekannt wurde, das Romy Schneider starb. Leise hatte sie ein lautes Leben verlassen. Romy Schneider selbst beschrieb ihren Wunsch, ihre Denkweise über dieses Leben mit den Worten „Besser kurz und schön als lang und in Maßen“. „Das Maß“ – in ihrem Leben hatte sie wahrscheinlich nie gefunden. Als Autorin des Buches Bühne des Lebens und als Inhaberin des Romy Schneider Archiv ist es meine persönliche Meinung – dass es das Mittelmaß- zwischen den Dingen in Romy Schneiders Lebens nie etablierte. Romy Schneider als Schauspielerin, Weltstar und Frau – betrachte ich als ein Leben, geführt permanent am Limit. Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt. Sehen sie unveröffentlichte Fotos von Romy Schneider. Lesen Sie aus Ihren Briefen, erfahren Sie was sie dachte und fühlte - was sie bewegte.

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<strong>ZeitBlatt</strong><br />

2. Auflage / 2019<br />

KULTUR<br />

<strong>Romy</strong> Schneider<br />

ROSEMARIE<br />

SISSI<br />

ROMY!<br />

ZETBLATT VERLAG UWE MARCUS RYKOV / AUTOR ARIANE RYKOV ( VON NIEPELLO ) ZEITBLATT.COM


Inhalt<br />

01<br />

02<br />

03<br />

04<br />

05<br />

06<br />

07<br />

08<br />

09<br />

10<br />

Lebensangst<br />

Die spaziergängerin vom Grunewald<br />

Alles nur geträumt<br />

Ungeschminkte Wahrheit<br />

<strong>Romy</strong>s Traum<br />

Von der Kunst eine Schauspielerin zu sein<br />

Visionen werden Wirklichkeit<br />

Seelenleben<br />

Diva und Popstar zugleich<br />

Geschriebenes


1 SOMMER<br />

LEBENSANGST<br />

BERLIN, GRUNEWALD, WINKLERSTRASSE,<br />

69<br />

Harry Meyen und Sohn David machen einen Spaziergang.<br />

<strong>Romy</strong> ist alleine in der gemeinsamen Wohnung,<br />

melancholisch, rauchend, denkt Sie wieder einmal über<br />

Sinn und Sein nach: Warum ? Diese Frage stellte sich<br />

<strong>Romy</strong> oft. „Wer bin ich, was ist mein Ziel, woher komme<br />

ich, wohin gehe ich, was will ich? Das Leben wurde mir<br />

geschenkt, wo stehe ich jetzt, was habe ich daraus<br />

gemacht? Wie ist das mit meiner Ehe? Bin ich glücklich?<br />

War das nur Trotz? Oder doch Alain?“<br />

Ich sehne mich in solchen Minuten immer noch nach<br />

ihm... ich vermisse das Leben mit ihm... es war so anders.<br />

Was ist das mit Harry...? Ich liebe David, ich bin verrückt<br />

nach David... warum Harry? Ich will wieder nach Paris. Ich<br />

muss auf die Bühne. Ich muss spielen. Ich brauche einen<br />

neuen Film. Alle meine Kontakte gehen verloren... wie<br />

geht das weiter?<br />

Freud und Leid liegen so eng beieinander und sind doch<br />

so weit voneinander entfernt. Was macht mich glücklich?<br />

Wie empfinde ich wieder Glück? Ich bin keine gute<br />

Ehefrau und schon gar keine Hausfrau. Auch kein<br />

Anhängsel. Ich bin <strong>Romy</strong>, emanzipiert und eigenständig.<br />

Ich muss eine Lösung finden. Meine Familie, mein Kind,<br />

mein privates Glück, was ist das eigentlich, das wofür es<br />

sich zu kämpfen und zu leben lohnt. Geld macht alles im<br />

Leben leichter. Geld löst viele Probleme. Ohne den<br />

finanziellen Rückhalt würden viele große und kleine<br />

Probleme zu schier unlösbaren Katastrophen führen. Aber<br />

Geld ist nicht alles, im Gegenteil, es zerstört Beziehungen.<br />

Mein Vermögen geht zu Ende. Unsere gemeinsamen<br />

Schulden wachsen... und es war immer so einfach für<br />

mich, Geld zu verdienen.<br />

Ihre Gedanken überschlugen sich. Frankreich, Schönau,<br />

<strong>Sissi</strong>, Alain, Mama, Daddy Blatzheim...<br />

<strong>Romy</strong> hasste Menschen, für die Geld zum Götzen wurde.<br />

Stiefvater Blatzheim liebte an <strong>Romy</strong> nur diese eine Sache,<br />

ihr GELD. Seine Gedanken kreisten immer nur um diese<br />

eine Sache, was könnte man tun damit <strong>Romy</strong> noch mehr<br />

verdient, welche neuen Geschäftsmöglichkeiten könnten<br />

mir noch einfallen um an noch mehr Geld zu kommen.<br />

<strong>Romy</strong> verachtete diese Denkweise Zeit ihres Lebens. Für<br />

sie waren andere Dinge wichtiger. Gefühle, Emotionalität,<br />

einfach die menschliche Ebene, alles das waren<br />

Fremdworte für Stiefvater Blatzheim.<br />

Blatzheim betrachtete <strong>Romy</strong> als Zitrone, immer mehr<br />

auspressen bis irgendwann nichts mehr da ist, bis aus<br />

einem jungen Menschen irgendwann ein psychisches<br />

Wrack entsteht. Seine privaten Wünsche, seine<br />

geschäftlichen Ziele, sein Wohlstand, gesichert auf <strong>Romy</strong>´<br />

s Kosten, das war es was er an Ihr liebte.<br />

Ich <strong>Romy</strong>... <strong>Romy</strong> Schneider, die große Schauspielerin,<br />

die Gelddruckmaschine?<br />

Ich, die Person <strong>Romy</strong> bin ihm egal, bin nicht von<br />

Interesse: „Eine Frau, klein und labil ohne Tabletten, ohne<br />

Alkohol und Nikotin nicht lebensfähig.“<br />

Allerdings darf es Blatzheim auch nicht zu egal sein, was<br />

<strong>Romy</strong> aus ihrem Leben und ihrer Gesundheit macht, denn<br />

wenn diese irgendwann nicht mehr existent ist, dann ist es<br />

aus mit Blatzheims Geldsegen. Wer sollte dann seine<br />

kostspieligen Geschäftsvorhaben und Hobbys<br />

finanzieren? <strong>Romy</strong> wurde instrumentalisiert. Ihr Intellekt<br />

ließ Sie aber dieses Spiel durchschauen und Sie tat das<br />

einzig richtige! Sie brach jeglichen Kontakt zu dieser<br />

Zecke, die sie nur ausgesaugt hatte ab. Keine<br />

Liebesdienste mehr!<br />

Dies war die einzig richtige Entscheidung die sie hätte<br />

treffen können. Sicherlich fiel ihr diese Entscheidung<br />

schwer, immerhin war Herr Blatzheim, den <strong>Romy</strong> immer<br />

Daddy nennen musste, der neue Mann von Mutter Magda.<br />

Wesentlich schwierigerer wäre diese Entscheidung<br />

ausgefallen wenn es sich dabei um ihren leiblichen Vater<br />

Wolf Albach Retty gehandelt hätte. Glücklicherweise war<br />

dieser ein vollkommenen anderer Mensch, völlig anders<br />

gestrickt als Blatzheim.<br />

Auch wenn <strong>Romy</strong> ihren Vater Wolf nur selten zu Gesicht<br />

bekam, diese wenigen gemeinsamen Momente waren<br />

menschlich so wertvoll. Da sie einfach auf der gleichen<br />

Wellenlänge waren. Ihr Vater war in der Lage, sich immer<br />

wieder auf die neue Lebenssituation, in der <strong>Romy</strong> sich<br />

gerade befand, einzustellen. Das eben zeichnete Ihn aus,<br />

als Vater und als ein guter Schauspieler.<br />

Eben, weil er sie so sehr liebte, weil er seine Tochter<br />

verstand und respektierte, weil auch er als Schauspieler<br />

den großen Drang nach Freiheit hatte. Da waren sich<br />

Vater und Tochter sehr ähnlich und <strong>Romy</strong> hatte ihm,<br />

Ihrem Vater immer verziehen und Verständnis für sein<br />

Leben so weit entfernt von Ihr, gehabt. Anders als Mutter<br />

Magda.


1 SOMMER<br />

LEBENSANGST<br />

BERLIN, GRUNEWALD, WINKLERSTRASSE,<br />

69


1 WINKLERSTRASSE,<br />

LEBENSANGST<br />

BERLIN, GRUNEWALD,<br />

SOMMER 69<br />

„So einen Vater zu haben bezeichne ich als das größte<br />

Glück, als das größte Geschenk was diese Welt einem<br />

Menschen bereiten kann. Es gibt doch nichts schöneres<br />

wenn Eltern mit ihren Kindern eins sind, sie verstehen,<br />

ihren Herzschlag spüren und die Gefühle und Emotionen<br />

respektieren.“<br />

Für <strong>Romy</strong> wäre es die größte Strafe dieser Welt gewesen<br />

wenn Ihr Vater diese Sprache des Herzens seiner Tochter<br />

nicht verstanden hätte. So viele Kinder reden und<br />

kommunizieren mit ihren Eltern. Jedenfalls glauben sie<br />

das sie es tun... in Wirklichkeit reden sie aneinander<br />

vorbei.<br />

Der Eine hört den Anderen zwar reden, vernimmt auch<br />

klar und deutlich seine Stimme. Das eigentlich Gesagte,<br />

die eigentliche Aussage, das Statement geht vorbei. Da ist<br />

dieser Glaskasten, in dem Vater oder Mutter sitzen, und<br />

dieser Glaskasten in dem man selbst sitzt.<br />

Man redet. Aber es kommt nicht an. Man diskutiert.<br />

Aneinander vorbei. Man spricht. Aber eine andere<br />

Sprache. Man will verstehen. Kann aber nicht verstehen.<br />

Was entsteht aus diesem nachhaltigen Gefühl, zu<br />

glauben, nicht verstanden zu werden? Eine innere Leere?<br />

Ein Gefühl des Ungeliebtseins, oder gar Verachtung?<br />

Momente die ausreichen um nie verheilende Wunden zu<br />

erzeugen. „Evereybody´s Darling. … Ich werde von allen<br />

geliebt. Das ist mein Traum.“<br />

Magda und <strong>Romy</strong> Schneider mit Horst Buchholz in einem<br />

Münchener Szenelokal<br />

Ich liebe es, verstanden, akzeptiert und respektiert zu<br />

werden, egal wie ich bin und egal welche Macken ich<br />

habe.<br />

Wir sind Herdentiere, keiner von uns will und kann in der<br />

totalen Isolation leben. Viele tun dies zwar und führen ein<br />

Leben in der Isolation, allerdings tun sie das nicht aus<br />

freien Stücken, sondern müssen es zwangsweise tun weil<br />

Ihnen keine andere Möglichkeit bleibt. Wenn man keine<br />

andere Möglichkeit hat, muss man eben versuchen mit<br />

den schlechtesten Karten das möglichst beste Spiel zu<br />

spielen. So fühlte sich <strong>Romy</strong> als sie mit 19 Jahren aus der<br />

Geborgenheit Ihres Elternhauses in die große Pariser Welt<br />

flüchtete.<br />

Alain Delon hatte Sie erobert. Alain war für <strong>Romy</strong> der<br />

Inbegriff von Freiheit und Lebensfreude. Auch wenn der<br />

junge Alain damals eine Sprache sprach die <strong>Romy</strong> nicht<br />

als ihre Muttersprache bezeichnen<br />

konnte, weil sie diese nicht verstand.<br />

Dennoch sprachen die beiden auf der Ebene des Herzens<br />

und des Gefühls die gleiche Sprache, die Sprache der<br />

Verliebten, die beiden zu eigen war, die beide verstanden.<br />

Endlich frei sein, weg von zu Hause.<br />

Von jetzt an gab es einen Menschen den <strong>Romy</strong> verstand,<br />

und vor allem einen Menschen der <strong>Romy</strong> verstand. Von<br />

nun an gab es keine Vorschriften mehr: <strong>Romy</strong> du musst<br />

auf deine Gesundheit achten, <strong>Romy</strong> du darfst nicht<br />

rauchen, du darfst dies nicht, du darfst jenes nicht. Bei<br />

Alain war das alles erlaubt, und wenn <strong>Romy</strong> das Bedürfnis<br />

nach zwei Schachteln Zigaretten am Tag hatte, dann war<br />

das in Ordnung, ohne das jemand hinter ihr stand und ihr<br />

ein schlechtes Gewissen einredete.<br />

Und das fühlte sich gut an. Sie hatte endlich das Gefühl zu<br />

leben, frei zu atmen ohne dieses imaginäre Zwangskorsett<br />

welches sie seit <strong>Sissi</strong> immer noch einschnürte. Alain führte<br />

sie in die „Haute sociètè“ der Pariser Gesellschaft, nahm<br />

sie mit auf Party´s, führte sie in die „Scène d´art“ von Paris<br />

ein.<br />

<strong>Romy</strong> hatte diese Zeit sehr genossen, rückblickend war es<br />

die schönste Zeit Ihres Lebens. Alain, der junge Rebell der<br />

mit lauter Musik bei offenem Cabrio und vor Freude<br />

jubelnd mit Ihr durch die Rues de Paris fuhr. Der sie Dinge<br />

lehrte, die sie in Ihrem bisherigen Leben niemals kennen<br />

gelernt hatte, Dinge die Ihr ein neues Lebensgefühl<br />

vermittelten.<br />

Über wütende Anrufe von Mutter Magda und Blatzheim<br />

konnten <strong>Romy</strong> und Alain nur lachen, sie amüsierten sich<br />

darüber wie man zwei jungen Menschen ihr frisch<br />

gewonnenes Glück nicht gönnen und nicht akzeptieren<br />

wollte. Noch dazu aus Eigennutz. <strong>Romy</strong> ist nicht zurück<br />

gekommen - nein! Jeder Anruf entfremdete sie mehr von<br />

zu Hause und ließ sie Ihr Leben in Alain´s Arme legen. Es<br />

gab kein zurück!<br />

Mit der Zeit wurde sie französischer als jede Französin -<br />

aus Prinzessin <strong>Sissi</strong> wurde eine starke Persönlichkeit,<br />

eine Frau die als emanzipierte Frau und Stilikone<br />

ihrer Zeit galt.<br />

"Hallo, wir sind zurück!“ <strong>Romy</strong> wurde abrupt aus Ihren<br />

Gedanken gerissen. Harry und David, Ihr Leben, Ihre<br />

Familie versetzten Sie wieder in die Normalität. In weiter<br />

Ferne Alain, unerreichbar Paris...


1 SOMMER<br />

LEBENSANGST<br />

BERLIN, GRUNEWALD, WINKLERSTRASSE,<br />

69


2<br />

vom<br />

Die<br />

Spaziergängerinnen<br />

Grunewald<br />

Es war früh am Morgen, <strong>Romy</strong> und ihre Berliner Freundin<br />

Tara spazierten durch eine laue Sommernacht im Berliner<br />

Grunewald. Die beiden Frauen, die sich erst seit ein paar<br />

Stunden kannten, wirkten, so schien es, als würden sie<br />

sich schon ihr Leben lang kennen. Wer es nicht besser<br />

wusste und die beiden beobachtete musste wohl denken<br />

sie seien Schwestern, die einander lange nicht mehr<br />

gesehen und die einiges an Gesprächen nachzuholen<br />

hatten. Tara hatte nun endlich einen Menschen gefunden<br />

mit dem sie offen und ehrlich über die Probleme und die<br />

Sorgen reden konnte die sie bewegten: „Ich bin nie ein<br />

Mensch gewesen, der mit fremden Leuten sofort so locker<br />

reden kann, <strong>Romy</strong> war für mich die absolute Ausnahme,<br />

und ich weiß das es bei ihr genau so war.“<br />

Bei dieser besonderen Begegnung, wie beide Frauen ihr<br />

erstes kennen lernen beschrieben, konnte Tara nun<br />

endlich jene Probleme loswerden, die ihr schon lange auf<br />

der Seele brannten. Auch für <strong>Romy</strong> war das ein<br />

glücklicher Umstand den sie sehr begrüßte. <strong>Romy</strong><br />

vertraute Ihr an, das Sie sich momentan wie in einer<br />

Zwangsjacke fühlte, und das es Ihr größter Wunsch wäre<br />

endlich auszubrechen. Endlich raus und frei sein wie ein<br />

Vogel, der einfach abheben kann, sich in die Lüfte stürzt<br />

und niemand weiß wo er hin will, was das nächste Ziel<br />

seiner Reise ist. Diesen unersättlichen Drang nach<br />

Freiheit verspürte <strong>Romy</strong>.<br />

Im nächsten Moment schüttelte sie den Kopf und schwieg<br />

für eine Weile, dann flüsterte sie leise: „Eigentlich geht es<br />

mir doch so gut, ich bin nun hier, bei einem Mann den ich<br />

sehr liebe, und der mich liebt. Eigentlich habe ich doch gar<br />

keinen Grund<br />

und auch gar kein Recht mich zu beschweren.“<br />

Doch diese Freiheit eines Vogels, die wollte sie unbedingt<br />

spüren und nachempfinden. „Das erste Mal in meinem<br />

Leben wirkliche Freiheit habe ich gespürt als ich im Flieger<br />

nach Paris saß und abgehauen bin.“<br />

Damit meinte sie ihren Ausbruch aus den Fittichen ihrer<br />

Mutter Magda, die alles dafür tat um die Karriere ihrer<br />

Tochter in möglichst schnell verlaufende Bahnen in<br />

Richtung Erfolg zu lenken. Magda Schneider, die in den<br />

30er und 40er Jahren hauptsächlich in „Wiener Mädel“<br />

Rollen zu sehen war hatte es sich zum Ziel gesetzt aus<br />

ihrer Tochter <strong>Romy</strong> einen großen Star zu machen.<br />

Allerdings ging es ihr dabei sicher nicht nur um das Wohl<br />

ihrer Tochter, sondern ebenso um das Eigene. Mutter<br />

Magda war eine mittelmäßig erfolgreiche Schauspielerin.<br />

Nach ihrer Scheidung mit dem gut aussehenden<br />

Schauspieler und Weiberhelden Wolf Albach Retty<br />

heiratete Sie den Gastronomen Hans Herbert Blatzheim.<br />

Zusammen mit Blatzheim kurbelte Mutter Magda ihre<br />

eigene Karriere nach oben, indem Sie <strong>Romy</strong> zu einem<br />

großen Star aufbaute, und als dieses Projekt gelungen<br />

war, gab es Verträge nur im Doppelpack. <strong>Romy</strong> mit<br />

Magda! <strong>Romy</strong> ohne Magda – ein Ding der Unmöglichkeit.<br />

Magda Schneider war ständig darum bemüht ihr Kind zu<br />

bewachen, wie ein kleines Kind, welches man nicht aus<br />

den Augen lassen sollte. <strong>Romy</strong> hatte zwar ein sehr<br />

herzliches Verhältnis zu ihrer Mutter, dennoch wurde Ihr<br />

das alles zu viel. Plötzlich fühlte sie sich eingenäht in eine<br />

Zwangsjacke, aus der sie unbedingt ausbrechen musste.<br />

Einmal, so erzählte <strong>Romy</strong>, waren Sie und Ihre Mutter in<br />

New York, auf dem Terminplan stand ein Filmball auf dem<br />

sich die ganze Familie präsentieren sollte. So wollten es<br />

jedenfalls Magda Schneider und Herr Blatzheim. Was<br />

<strong>Romy</strong> dabei dachte und fühlte war für Mutter und<br />

Stiefvater von wenigem Interesse.<br />

An diesen Abend, erinnerte sich <strong>Romy</strong>: Sie trug ein<br />

hellblaues Kleid, betrachtete sich im Spiegel, war<br />

Kreidebleich und Tränen flossen über ihr Gesicht. Warum<br />

Sie weinen musste, das konnte Sie nicht genau sagen,<br />

aber es gab so viel was sie an diesem Tag so unsagbar<br />

traurig machte. Sie fühlte sich einsam, nicht für ernst<br />

genommen und eben in dieser Zwangsjacke, aus der sie<br />

auch Jahre später noch ausbrechen wollte.<br />

Wahrscheinlich hatte Sie diese Zeit nie vergessen können,<br />

daher musste sie auch weiterhin das Gefühl haben<br />

ausbrechen zu müssen.<br />

Tränen überströmt, so berichtete <strong>Romy</strong> an diesem Abend,<br />

rief sie Hildegard Knef an, die zur selben Zeit am selben<br />

Ort war. „Hier ist <strong>Romy</strong>, darf ich kurz zu ihnen kommen?“<br />

Die Knef war sehr im Stress, hatte viel zu tun, nahm sich<br />

dennoch die Zeit um mit <strong>Romy</strong> zu sprechen. „Und dann<br />

war da noch Ilse, sie hat für Hilde gearbeitet, ihr Dialekt,<br />

dieses sächsische Dialekt, es ist als wäre es gestern, zu<br />

gut kann ich mich daran erinnern.“<br />

Den beiden Frauen, Hilde und Ilse, schüttete <strong>Romy</strong> Ihr<br />

Herz aus, beschwerte sich darüber das Sie täglich nur mit<br />

Orangensaft gefüttert


2<br />

vom<br />

Die<br />

Spaziergängerinnen<br />

Grunewald<br />

werde damit sie nicht zu dick wird, und damit Sie gesund<br />

bleibt, nicht krank wird, um auch ja keinen Termin<br />

ausfallen zu lassen: „Ich war in Tränen aufgelöst, Ilse bot<br />

mir ein Glas Whiskey an, ich lehnte ab, aus Angst vor der<br />

Mutter, ich könnte ja zu dick werden, und dann gibt’s<br />

vielleicht nicht mal mehr Orangensaft.“<br />

Nachdem <strong>Romy</strong> diesen Satz ausgesprochen hatte musste<br />

sie lachen: „Ach Tara, du musst ja denken meine Mami ist<br />

ein Unmensch, aber das ist sie nicht, sie hat soviel für<br />

mich getan, und tut es noch immer, aber damals war ich<br />

wirklich mit den Nerven am Ende – zerstört – was weiß<br />

ich.“<br />

Magda rief sicherlich sämtliche Leute an, die sich im<br />

selben Haus befanden, um <strong>Romy</strong> zu finden. So auch<br />

Hilde, mindestens fünf mal klingelte das Telefon… kein<br />

Mensch nahm ab. Irgendwann stand sie dann vor der Tür,<br />

<strong>Romy</strong> und Hilde Knef versteckten sich im Badezimmer,<br />

Ilse öffnete: „Die sind schon weg, hab see nich mehr<br />

jesehn.“<br />

Als Magda weg war feixten sich die drei Frauen eins, und<br />

<strong>Romy</strong> schien für einen kurzen Moment glücklich. Dann<br />

wollte Hilde wissen warum <strong>Romy</strong> denn weggelaufen sei.<br />

„Mami, Herr Blatzheim, die Presseabteilung, alle sind<br />

ständig bei mir, ich habe nicht einen Moment wo ich frei<br />

durchatmen kann und allein sein kann.“<br />

Kaum hatte sie diesen Satz gesagt, ist sie aufgestanden<br />

und gegangen. „Wenn ich mich jetzt nicht zeige passiert<br />

ein Unglück, Mami rastet aus.“<br />

<strong>Romy</strong> ging und hinterließ eine nachdenkliche Hilde die<br />

sich an Magda Schneiders herrschendem Wesen noch<br />

lange Zeit nach dieser Begegnung erinnern sollte. „Kannst<br />

du jetzt verstehen was ich mit dieser Zwangsjacke meine,<br />

Tara?“<br />

Tara nickte und konnte wohl verstehen. Schließlich sprach<br />

<strong>Romy</strong> Ihr aus der Seele, sie lebte doch immer noch in<br />

einer Zwangsjacke. Russland. Eingesperrt, überwacht und<br />

kontrolliert, kannte sie dieses Gefühl nur zu gut. Und auch<br />

Tara wollte ausbrechen und frei wie der kleine Spatz sein,<br />

der einfach aufspringt und davon schwebt. Doch die<br />

Angst, dem Regime ausgesetzt zu sein, erstickte diesen<br />

Traum von Freiheit im Keim.<br />

„Du musst doch in diesem Land sehr einsam sein ?<br />

Einsamkeit kenne ich nur zu gut, die Einsamkeit fing<br />

schon auf dem Internat Goldenstein an, dort musste ich<br />

immer Theater spielen… Theater,<br />

immer Theater… aber es war Medizin, es hat mir<br />

wenigstens für einen Moment diese erdrückende<br />

Einsamkeit genommen.“<br />

<strong>Romy</strong>s Mitschüler konnten damals nicht verstehen, warum<br />

es für <strong>Romy</strong> so wichtig war, Theater zu spielen, und<br />

warum das Theater einen so großen Stellenwert in ihrem<br />

Leben einnahm. Sicherlich dachten viele, sie, das Kind<br />

eines Schauspielerehepaares müsse das Theater im Blut<br />

haben. Sicherlich entspricht das auch zu einem großen<br />

Teil den Tatsachen, dennoch war es für <strong>Romy</strong> auch ein<br />

Geschenk um der Einsamkeit zu entfliehen. In dem<br />

Moment in dem <strong>Romy</strong> ein neues Stück lernte, konnte sie<br />

sich mit der Figur die sie spielte beschäftigen und sie war<br />

frei von allen Problemen, die sie privat beschäftigten.<br />

Eines dieser Probleme für die junge <strong>Romy</strong> Albach war es<br />

zum Beispiel, das all ihre Mitschülerinnen an den<br />

Wochenenden zu den Eltern fahren durften, oder ihre<br />

Eltern sie besuchten. <strong>Romy</strong> wurde selten bis nie besucht.<br />

Der Vater ständig unterwegs, tingelte von Filmstudio zu<br />

Filmstudio, die Mutter tingelte von den verschiedensten<br />

Theatern zu den verschiedensten Filmstudios.<br />

Beide Eltern waren unentwegt unterwegs, Zeit für <strong>Romy</strong> –<br />

Fehlanzeige!<br />

Sein schlechtes Gewissen wollte Wolf Albach Retty damit<br />

wieder gut machen, in dem er <strong>Romy</strong> für ihre<br />

Theatervorstellungen Kostüme des Wiener Burgtheaters<br />

zukommen ließ. Kostüme über die sich <strong>Romy</strong> im Übermaß<br />

freute. Für <strong>Romy</strong> war das eine Art Anerkennung, die sie<br />

von ihrem Vater bekam, eine Anerkennung dafür, das er<br />

sich darüber freute, das seine Tochter Theater spielt.<br />

<strong>Romy</strong> machte der Gedanke glücklich, ihrem Vater einen<br />

Gefallen zu tun. Sie wollte ihren Eltern gefallen, koste es<br />

was es wolle. In ihr Tagebuch klebte sie Fotos ihrer<br />

berühmten Filmeltern, die sie aus irgend welchen<br />

Filmmagazinen ausgeschnitten hatte. „Aber das ist ja nun<br />

vorbei“ sagte sie und nahm den letzten Zug ihrer<br />

Zigarette, die sie wenige Sekunden später mit ihrem<br />

Schuh ausdrückte. „Sehen wir in die Zukunft, du sagst du<br />

studierst Schauspiel in Moskau?! Ich habe nie eine<br />

Schauspielschule besucht, alles was ich gelernt habe,<br />

habe ich mir selber beigebracht und abgeschaut. hast du<br />

nicht Lust mir etwas beizubringen von all dem was ihr an<br />

einer Schauspielschule lernt ?“<br />

Im Hotel hatte Tara kurz über ihr Studium, und das was<br />

sie bis jetzt gelernt hatte berichtet. <strong>Romy</strong> war sehr<br />

interessiert, begann das Thema erneut. „Ich will alles<br />

lernen was du da gelernt hast, Fechten,


2<br />

vom<br />

Die<br />

Spaziergängerinnen<br />

Grunewald


3<br />

Alles nur geträumt?<br />

Die Geschehnisse der letzten 48 Stunden erschienen Tara<br />

wie ein Traum.<br />

Sie konnte überhaupt nicht begreifen was in dieser kurzen<br />

Zeit passiert war. In Berlin tat sich der jungen<br />

Schauspielerin eine komplett anders geartete Welt auf.<br />

Sie befand sich nun in einer farbenfrohen pulsierenden<br />

Stadt. Berlin, die Stadt die lebt und niemals schläft.<br />

Die Stadt die Tara umarmt! Die Welt von der sie immer<br />

schon geträumt hatte, die Welt die sie nur für kurze Zeit im<br />

Theater miterleben durfte ist nun Realität geworden.<br />

Prächtige Kleider, ein prunkvolles Ambiente, ein<br />

Märchenschloss wie sie es vorher nur aus Büchern und<br />

Filmen kannte. Das alles ist nun für einen kurzen<br />

Augenblick Wirklichkeit geworden.<br />

Tara, auf dem Weg zurück in die Köpenicker Pension<br />

konnte das alles gar nicht fassen: „War ich wirklich in<br />

diesem Märchenschloss, zusammen mit <strong>Sissi</strong>, der<br />

Märchenprinzessin die ich aus dem Film kenne? Ich muss<br />

träumen, das kann doch nicht sein, das kann doch nie im<br />

Leben Wirklichkeit sein. Bestimmt ist das Alles nur ein<br />

Traum… in ein paar Stunden erwache ich, der Traum ist<br />

vorbei und ich bin wieder in Moskau.“<br />

Der Traum ist wahr geworden! Tara verbrachte einen<br />

ganzen Tag und eine ganze Nacht mit <strong>Romy</strong> Schneider!<br />

Die halbe Nacht saß sie mit <strong>Romy</strong> im Schlosshotel<br />

Gehrhus, sie tranken Wein und unterhielten sich. Die<br />

andere Hälfte der Nacht spazierten die beiden Frauen<br />

durch den Berliner Grunewald. <strong>Romy</strong> erzählte Tara bei<br />

diesem Spaziergang Ihr ganzes Leben. Tara erzählte<br />

<strong>Romy</strong> Ihr ganzes gelebtes Leben. Nach dieser Nacht hatte<br />

Tara das Gefühl, Sie würde diese Frau, die sie ja das<br />

erste Mal in ihrem Leben gesehen hatte, ein ganzes<br />

Leben lang kennen.<br />

Am nächsten Tag trafen sie sich wieder, Tara unterrichtete<br />

die große <strong>Romy</strong> Schneider. Das alles lief wie ein Film an<br />

Tara vorbei. In Moskau bewunderte sie ihre<br />

Schauspieldozenten immer, die scheinbar allwissend und<br />

unantastbar in ihrem Sessel saßen, die Schüler<br />

beobachteten und bewerteten. Nun saß Sie in Berlin auf<br />

einem Sessel und beobachtete <strong>Romy</strong> Schneider. Wie<br />

gerne würde Sie doch jetzt ihre Mutter anrufen und Ihr von<br />

dem bisher erlebten erzählen. Maria würde das Alles<br />

wahrscheinlich gar nicht fassen können, was Ihre<br />

Tochter da in nur zwei Tagen erlebt hatte. Sie würde ihr<br />

zwar glauben, da Tara ihre Mutter nie anflunkern würde,<br />

aber fassen würde sie es nicht können. Wie gerne würde<br />

Tara sich ihrer Mutter mitteilen.<br />

Ihr kam in den Sinn, wie wertvoll die wenige Zeit sei die ihr<br />

verbleibt. Was sind schon zwei Wochen? Zwei Wochen<br />

werden wie im Fluge vergehen - die Zeit ist einfach zu<br />

kostbar.<br />

Am nächsten Tag stand der Besuch bei der Hutmacherin<br />

auf dem Plan. Tara freute sich sehr auf diesen Tag. Sehr<br />

gespannt war sie auf die Eindrücke die dort auf sie<br />

warteten. Sie war neugierig auf die Menschen die sie dort<br />

kennen lernen sollte. Wenngleich sie den morgigen Tag<br />

doch viel lieber mit <strong>Romy</strong> verbringen würde. <strong>Romy</strong> ging ihr<br />

nicht mehr aus dem Kopf. Tara hatte <strong>Romy</strong> in diesen zwei<br />

Tagen so sehr in ihr Herz geschlossen. Jede freie Minute<br />

dachte sie an diese wundervolle Frau, die sie kennen<br />

gelernt hatte: „Für mich war <strong>Romy</strong> ein Geschenk von<br />

Gott.“<br />

In ihrem ganzen bisherigen Leben hatte Tara nie eine<br />

Freundin gefunden, mit der sie so offen über alles reden<br />

konnte. Der sie blind vertrauen konnte. Die sie liebt wie<br />

eine Schwester. <strong>Romy</strong> war für Tara die Schwester die sie<br />

sich immer gewünscht hatte. Zwar hatte Tara einen<br />

Bruder, aber mit ihm konnte sie längst nicht so vertraut<br />

reden wie mit <strong>Romy</strong>.<br />

Mit keinem ihrer Freunde konnte sie dies.<br />

„Ich habe mich nach diesen zwei Tagen gefragt wie das<br />

mit <strong>Romy</strong> und mir weitergehen würde… Würde ich sie<br />

nach diesen zwei Tagen nochmal sehen? Würde sie sich<br />

wieder bei mir melden? Was empfindet <strong>Romy</strong> für mich?<br />

Empfindet sie diese zwei Tage als genau so intensiv wie<br />

ich? Oder wird sie mich vergessen? Wann werde ich sie<br />

wieder sehen? Und die Frage aller Fragen: Was wird sein<br />

wenn ich zurück nach Moskau muss? Werde ich sie<br />

danach jemals wieder sehen?“<br />

Gedankenverloren schlenderte Tara durch die Straßen<br />

von Berlin Köpenick. In Gedanken war sie die ganze Zeit<br />

bei <strong>Romy</strong>. Sie dachte nach, über all das was <strong>Romy</strong> ihr<br />

erzählt hatte, über sich selbst, über ihr Leben. Gerne<br />

würde Tara ihre gesamte Zeit die sie in Berlin war mit<br />

<strong>Romy</strong> verbringen. Doch das war unmöglich. Sie dachte<br />

über <strong>Romy</strong>s Leben nach: Sicherlich hat <strong>Romy</strong> viele<br />

Termine, und gar keine Zeit, sich jeden Tag mit mir zu<br />

beschäftigen. Und ihr Mann Harry… dem gefällt es sicher<br />

nicht wenn seine Frau jeden Tag mit einer anderen<br />

Person beschäftigt ist.


3<br />

Alles nur geträumt?


3<br />

Alles nur geträumt?<br />

Harry Meyen wirkte auf Tara sehr vereinnahmend. Er<br />

wollte <strong>Romy</strong> ganz für sich alleine haben. Und wehe dem,<br />

es kam jemand der eine andere Weltanschauung hatte als<br />

er. Und wenn dieser Jemand seine Frau von dieser<br />

anderen Weltanschauung, die er nicht teilte, überzeugen<br />

wollte, so würde er das zu verhindern wissen.<br />

Sie stellte sich die Frage ob <strong>Romy</strong> mit Harry glücklich war.<br />

Jedenfalls waren sie mal sehr glücklich – immerhin hat<br />

Harry seine Ehefrau, die Schauspielerin Anneliese Römer<br />

für <strong>Romy</strong> verlassen. <strong>Romy</strong> zeigte Ihr Urlaubsfotos mit<br />

Harry, auf denen das Paar sehr glücklich und sehr verliebt<br />

wirkte. Dennoch war von diesem Zustand bei Taras<br />

Besuch in deren Wohnung nicht mehr viel zu merken.<br />

<strong>Romy</strong> klang so euphorisch als sie ihr von den<br />

bevorstehenden Dreharbeiten mit Alain Delon zu dem Film<br />

„Der Swimmingpool“ erzählte. Und ob Harry das<br />

Filmprojekt mit Alain Delon wirklich so akzeptierte, wie er<br />

mit Leichtigkeit vorgab, schoss Tara durch den Kopf. Wie<br />

hatte er wohl insgeheim wirklich darauf reagiert? Auch<br />

wenn <strong>Romy</strong> immer wieder betonte, das sie und Alain sehr<br />

gute Freunde seien, und mehr da nicht wäre… stellte sich<br />

Tara die bevorstehende Situation als schwierig vor. Nach<br />

<strong>Romy</strong>s Schilderungen hörte es sich für Tara so an als<br />

wäre Alain der Mann auf den <strong>Romy</strong> immer gewartet hatte.<br />

Die erste große Liebe. Als wäre er der Mann mit dem sie<br />

alt werden wollte. Eben die große Liebe! Als Tara <strong>Romy</strong><br />

danach fragte, erwiderte sie: „Weißt du Tara, die Zeit heilt<br />

nicht alle Wunden, sie lehrt uns nur, mit dem<br />

Unbegreiflichen zu leben. Und ich habe gelernt mit dem<br />

Unbegreiflichen zu leben“<br />

Mit diesem Zitat war Alain für <strong>Romy</strong> abgeschlossen und<br />

<strong>Romy</strong> lenkte das Thema ganz schnell in eine andere<br />

Richtung. Erst in zwei Tagen sollte Tara sie wieder sehen.<br />

Zwei Tage können zu einer Ewigkeit werden. Spät in der<br />

Nacht, gerade zurück in ihrer Pension angekommen<br />

wurde sie gleich am Telefon verlangt. Am anderen Ende<br />

der Leitung war <strong>Romy</strong>.<br />

Ein Lächeln zauberte sich sogleich auf Taras Gesicht als<br />

sie <strong>Romy</strong>s Stimme vernahm. <strong>Romy</strong> empfand genau<br />

dasselbe für Tara, und hatte das Bedürfnis sich mit ihr<br />

auszutauschen. <strong>Romy</strong> fragte nach, ob Tara sie nicht mit<br />

auf die Hutschau nehmen könnte. Sie fände es sehr<br />

schade, wenn wir diese zwei kurzen Wochen nicht<br />

intensiver miteinander verbringen würden. Tara willigte<br />

ein, gab die Adresse für die morgige Modenschau durch<br />

und freute sich schon jetzt sehr darauf, ihre <strong>Romy</strong> wieder<br />

zu sehen.<br />

Wenn diese zwei Wochen doch bloß niemals vergehen<br />

würden…<br />

Zwei Wochen… vierzehn kurze Tage<br />

Was bleibt ist die Erinnerung an eine Zeit die unsere war:<br />

„Die Erinnerung ist oft das Schönste“<br />

Die zwei Wochen mit <strong>Romy</strong> vergingen wie im Fluge. Was<br />

hatte Tara während dieser Zeit alles erlebt.<br />

Diese zwei Wochen kamen ihr so kurz vor, und doch hatte<br />

sie mehr erlebt als in zwei Jahren in Moskau. Die Zeit war<br />

so intensiv, vielleicht sogar zu intensiv. Als Tara wieder im<br />

Zug nach Moskau saß lies sie die gesamte Zeit die sie mit<br />

<strong>Romy</strong> in Berlin verbracht hatte noch einmal Revue<br />

passieren.<br />

<strong>Romy</strong> hatte sie zum Bahnhof gebracht. Beide wussten<br />

dass es kein Abschied für immer sein sollte, sondern nur<br />

für eine gewisse Zeit. <strong>Romy</strong> hatte Tränen in den Augen,<br />

zündete sich erneut eine Zigarette an. Das <strong>Romy</strong> viel<br />

rauchte hatte Tara in der Zeit, in der sie bei ihr war,<br />

bemerkt, aber an dem Tag ihres Abschieds war <strong>Romy</strong> ein<br />

Kettenraucher. Sie zündete sich eine Zigarette nach der<br />

anderen an. Mit weinerlicher Stimme sagte <strong>Romy</strong>: „Warum<br />

leben wir nicht in einer freien Welt? In einer Welt, die es<br />

den Menschen erlaubt frei zu leben, vor allem dort zu<br />

leben wo sie leben möchten? Ich hätte dir hier eine<br />

Wohnung besorgt… unsere Freundschaft hätte wachsen<br />

können. Du könntest weiter an meiner Stimme arbeiten…<br />

Jetzt musst du zurück, und die Freundin die ich immer<br />

gesucht habe ist wieder weg… so als wäre das alles nie<br />

passiert.“<br />

<strong>Romy</strong> fing plötzlich an zu lachen! Tara verstand kein Wort.<br />

<strong>Romy</strong> hatte das oft, das sie in einem Moment zu Tode<br />

betrübt, und im nächsten himmelhoch jauchzend war. Sie<br />

kicherte, hatte plötzlich ein Lächeln im Gesicht. Im<br />

nächsten Moment fing sie an ein Lied in französischer<br />

Sprache zu singen… leise.<br />

Dem Hauch des Rauchs ihr Zigarette schaute sie nach bis<br />

man ihn nicht mehr erkennen konnte, bis er vollends<br />

verschwunden war. „So wie der Rauch dieser Zigarette<br />

wirst du auch verschwinden, und ich werde dich nicht<br />

mehr sehen… wie gerne wäre auch ich der Rauch einer<br />

Zigarette… und würde mich in den Zug setzten und mit dir<br />

zusammen nach Moskau fahren… für eine ganz lange Zeit<br />

nach Moskau fahren… ich will gar nicht sagen das ich<br />

fliehen will… ich lebe seit zwei Jahren mit Harry hier in<br />

Berlin… in einer vier Zimmer Wohnung… ich bin sehr<br />

glücklich… eigentlich… nur, ich möchte auch wieder<br />

etwas anderes sehen.“


3<br />

Alles nur geträumt?<br />

Mit <strong>Romy</strong> zusammen nach Moskau fahren, davon träumte<br />

auch Tara. Nur war das ein Traum der immer ein Traum<br />

bleiben würde. <strong>Romy</strong> versprach Tara sie so oft wie<br />

möglich anzurufen, ihr zu schreiben, sich ihr mitzuteilen.<br />

Das die Eine weiß, wie es der Anderen geht, was sie<br />

grade tut und was ihre Träume und Wünsche sind. „Tara,<br />

du bist meine wirkliche Freundin! Wir beide wissen, das<br />

wir uns noch nicht lange kennen, und wir beide wissen<br />

das diese Freundschaft wachsen muss, aber ich glaube<br />

wir beide sind davon überzeugt das diese Freundschaft<br />

wachsen wird.“<br />

Tara war sprachlos, ihr fehlten die Worte. Sie konnte zu<br />

dem von <strong>Romy</strong> gesagtem nichts mehr hinzufügen. Sie<br />

umarmte <strong>Romy</strong> ein letztes Mal, stieg in den Zug. <strong>Romy</strong><br />

blieb stehen und gestikulierte und winkte ihr zu bis der<br />

Zug los fuhr. <strong>Romy</strong> stand dort bis von dem Zug in<br />

Richtung Moskau nichts mehr zu sehen war. Mit dem<br />

Wissen sich nie wieder aus den Augen zu verlieren gingen<br />

beide Freundinnen nun wieder ihrer Wege. Die<br />

Erinnerungen an jeden einzelnen Tag mit <strong>Romy</strong> liefen nun<br />

wie ein Film in Taras Kopf ab.Tara sah sich neben <strong>Romy</strong><br />

sitzen. Sie waren am 3. Tag gemeinsam auf der<br />

Hutmodenschau jener Dame der sie ihre Einladung nach<br />

West Berlin zu verdanken hatte. <strong>Romy</strong> war begeistert von<br />

diesen Abend und begeistert von fast jedem Hutmodell<br />

welches bei dieser Präsentation vorgeführt wurde.<br />

Ausgelassen und überschwänglich glücklich lachte <strong>Romy</strong>,<br />

machte Scherze, trank Wein und unterhielt sich mit Tara<br />

und den anwesenden Gästen. Sie machte sich einen<br />

Spaß daraus unerkannt auf diese Veranstaltung zu gehen.<br />

<strong>Romy</strong> blieb an diesem Tag komplett unerkannt. Kein<br />

Mensch hatte auch nur einen Gedanken daran<br />

verschwendet das bei dieser kleinen und geselligen<br />

Runde ein Weltstar wie <strong>Romy</strong> Schneider anwesend sein<br />

könnte. Tara empfand es als sehr angenehm sich mit<br />

<strong>Romy</strong> ungestört unterhalten zu können, sich frei bewegen<br />

zu können und nicht ständig unter der Aufsicht irgend<br />

welcher Fotografen zu stehen. Ein ganz normaler Tag, mit<br />

ganz normalen Menschen, mit einer ganz normalen <strong>Romy</strong>.<br />

<strong>Romy</strong> hatte an jenem Nachmittag einen großen Hut<br />

aufgesetzt, schließlich besuchte man ja eine<br />

Hutmodenschau, und bei einer solchen Modenschau ist es<br />

doch das Normalste der Welt einen Solchen zu tragen. Zu<br />

ihrem modischen Pariser Hut kombinierte sie eine<br />

passende Sonnenbrille im ähnlichen Stil. Hut und<br />

Sonnenbrille passten wunderbar zu ihrem langen luftigem<br />

Sommerkleid.<br />

Es war sehr heiß an diesem Tag im Juli.<br />

Nach der Präsentation der einzelnen Hutmodelle konnten<br />

einige Stücke der Show erworben werden. <strong>Romy</strong> war eine<br />

der Ersten die ihren Platz verließ um die eben gezeigten<br />

Kunstwerke aus der Nähe zu betrachten. Tara folgte ihr<br />

und tat selbiges.<br />

<strong>Romy</strong> betrachtete jedes einzelne dieser Kunstwerke ganz<br />

genau, untersuchte es auf Fehler und Macken. Aus der<br />

Nähe gesehen begeisterten sie die auf der Präsentation<br />

gezeigten Kunstwerke nur noch mehr. Schließlich erwarb<br />

sie über die Hälfte der gezeigten Stücke. Bevor sie dies tat<br />

setzte sie jedes einzelne Exemplar auf, betrachtete sich<br />

im Spiegel. Anschließend stülpte sie jedes dieser Modelle<br />

auch Tara über den Kopf.<br />

<strong>Romy</strong> hatte das perfekte Hutgesicht, stellte Tara an<br />

diesem Nachmittag fest. Sie konnte jedes noch so<br />

ausgefallene Modell aufsetzen und sah perfekt damit aus.<br />

Jedes Einzelne dieser Hutmodelle sah wie eigens für<br />

<strong>Romy</strong> angefertigt aus. Tara hatte noch nie im Leben eine<br />

Frau gesehen, die tragen konnte was immer sie wollte und<br />

damit so perfekt aussah wie <strong>Romy</strong> es tat. <strong>Romy</strong> war an<br />

diesem Tag komplett ungeschminkt, trug nur ein wenig<br />

Lippenstift und sah doch so perfekt aus. Nicht ein einziges<br />

Model konnte die Hüte so gut präsentieren wie <strong>Romy</strong>.<br />

Tatsächlich hatte man sie angesprochen ob sie sich nicht<br />

vorstellen könnte bei der nächsten Show selbst einige<br />

Hüte auf dem Laufsteg zu präsentieren. Natürlich wollte<br />

<strong>Romy</strong> unerkannt bleiben, und natürlich wollte sie keine<br />

Hüte auf dem Laufsteg präsentieren. Sie machte sich<br />

einen Spaß daraus und antworte auf die ihr gestellte<br />

Frage mit: Excuse me, ich not speak deutsches Sprache.<br />

Tara konnte sich das Lachen nicht verkneifen und<br />

versuchte dennoch ernst zu bleiben. Als man sie ansprach<br />

antworte sie in russischer Sprache.<br />

Da die Sprachbarriere mit den beiden Frauen von der<br />

Hutdesignerin nicht zu überbrücken schien hatte sich<br />

deren Anfrage sehr schnell in Luft aufgelöst. Sie bedankte<br />

sich für ihr Erscheinen und verabschiedete sich höflich<br />

von den beiden Freundinnen. Auf dem Rückweg konnten<br />

sich beide das Lachen nicht verkneifen. Tara fand <strong>Romy</strong>s<br />

Schauspiel köstlich. <strong>Romy</strong> fand es hoch amüsant wie Tara<br />

plötzlich mir nichts, dir nichts in polnischer Sprache<br />

antwortete. In den nächsten Stunden amüsierten sich<br />

beide noch köstlich über dieses Geschehen.


3<br />

Alles nur geträumt?<br />

Nach der Show fuhren sie zurück in <strong>Romy</strong>s Wohnung in<br />

den Berliner Grunewald. Dort angekommen wurden sie<br />

bereits von Harry erwartet. Er hatte es furchtbar eilig und<br />

ärgerte sich sehr darüber das die beiden Frauen zwei<br />

Stunden später als abgesprochen nach Haus kamen.<br />

<strong>Romy</strong> und Harry Meyen hatten abgesprochen das Harry<br />

solange in der Wohnung warten würde bis <strong>Romy</strong><br />

heimkehrt, um die Kinderschicht für die nächsten Stunden<br />

zu übernehmen. Als <strong>Romy</strong> und Tara nun endlich da waren<br />

machte sich Harry auf dem schnellstem Wege auf ins<br />

Theater am Kurfürstendamm, wo ihm eine wichtige<br />

Besprechung bevorstand.<br />

Das Kochen mit <strong>Romy</strong> war eine wahre Freude. Es war<br />

unterhaltsam und amüsant. Dazu gab es ein fruchtiges<br />

Glas Rotwein und der gemütliche Nachmittag wurde bis<br />

zum Abend fortgesetzt.<br />

Voller Freude stürmte <strong>Romy</strong> in Davids Zimmer und<br />

begrüßte ihren Sohn herzlich. David war ihre große Liebe!<br />

<strong>Romy</strong> liebte David über alles! Sie liebte ihn nicht nur, nein<br />

viel mehr noch: sie vergötterte ihn!<br />

Tara ließ Mutter und Sohn für einige Momente lang allein<br />

und setzte sich in <strong>Romy</strong>s Küche. Dort goss sie sich ein<br />

Glas Wasser aus der von <strong>Romy</strong> bereit gestellten Karaffe<br />

ein und bestaunte das herrliche Ambiente der Küche. Als<br />

<strong>Romy</strong> zurück kam hatte Sie Appetit und fragte Tara ob sie<br />

nicht Lust hätte etwas mit ihr zu kochen. Tara hatte<br />

ebenfalls Appetit und bejahte sofort. Spinat mit Spiegelei<br />

sollte es geben.<br />

Nach dem Essen begaben sich die beiden Frauen in<br />

<strong>Romy</strong>s Wohnzimmer um sich dort auf das bequeme<br />

Ledersofa zu setzten und den schönen Tag ausklingen zu<br />

lassen. <strong>Romy</strong> hatte Käsehäppchen vorbereitet, und stellte<br />

diese neben die Weinkaraffe, im Hintergrund dudelte der<br />

Plattenspieler und sorgte für eine wohlige Atmosphäre.<br />

Das Lied, das im Hintergrund leise und doch klangvoll vor<br />

sich hin dudelte machte Tara auf eine gewisse Art und<br />

Weise sehr sentimental, warum das so war konnte sie in<br />

diesem Moment nicht sagen. Auch <strong>Romy</strong> sagte plötzlich<br />

nichts mehr und lauschte drei Minuten lang den Klängen<br />

der Musik.<br />

Als das Musikstück zu Ende war stand sie auf und<br />

bewegte sich in Richtung Plattenspieler um das Lied<br />

erneut spielen zu lassen. Wieder saßen beide Frauen<br />

stumm auf dem Sofa und lauschten den Klängen der<br />

Musik. Nach langer Zeit des Schweigens ergriff <strong>Romy</strong> das<br />

Wort. Dieses Lied erinnert mich sehr an die Zeit….........<br />

als sich Alain von mir getrennt hat… wo auf einmal ein<br />

Zettel auf dem Tisch lag… bin mit Natalie in Mexiko… mit<br />

Natalie, es hatte also doch gestimmt, das was man mir<br />

gesagt hatte, und das was ich in den Zeitungen gelesen<br />

hatte. Ich habe es damals, als ich das Foto von Alain<br />

gesehen habe, mit einer Frau auf dem Schoss für einen<br />

Paparazzi Schwachsinn gehalten… dem Ganzen keinen<br />

weiteren Glauben geschenkt… später dann wusste ich,<br />

dass sie alle von Anfang an Recht hatten. Alles im Leben<br />

hat seine Zeit, und die Zeit die Alain und ich zusammen<br />

hatten sollte eben nur fünf Jahre lang andauern. Fünf<br />

kurze und doch so intensive Jahre. Wenn ich ganz ehrlich<br />

bin, gibt es keinen Tag an dem ich nicht an diese Zeit<br />

zurück denke… ich habe bis heute nicht verstanden, was<br />

Natalie hatte, was ich nicht hatte! Heute bin ich wieder<br />

glücklich… mit Harry… David… der das größte Glück für<br />

mich bedeutet! Aber damals???<br />

Damals war ich an dem Punkt wo gar nichts mehr ging!<br />

Alain war mein Leben! Die Trennung hatte mir den Boden<br />

unter den Füßen weggezogen! 1963 stand ich dann<br />

irgendwann an dem Punkt wo ich mir einfach keinen<br />

Ausweg mehr wusste. Weißt du Tara, ich war so<br />

verzweifelt, dass ich einfach nicht mehr leben wollte. Ich<br />

hatte keine Kraft mehr das Leben zu ertragen, ein Leben<br />

ohne Alain zu ertragen. lch habe geglaubt ohne Alain wäre<br />

sämtliche Energie, sämtliche Kraft verschwunden die es<br />

einem Menschen möglich macht dieses Leben zu leben.<br />

Ich wollte Schluss machen… Schluss machen mit mir und<br />

dem Leben ohne Alain! Ich konnte mir nicht vorstellen<br />

ohne ihn weiter leben zu können! Konnte nicht begreifen,<br />

das es da einen Menschen gab den er mehr liebte als<br />

mich. Das wir irgendwann Freunde werden, konnte ich mir<br />

erst Recht nicht vorstellen… Aber du siehst ja, auch wenn<br />

man sich etwas absolut nicht vorstellen kann, ist es<br />

möglich, das es irgendwann doch passiert… und es ist<br />

nun passiert… Alain und ich sind Freunde, ja… wir drehen<br />

sogar einen Film zusammen!“<br />

<strong>Romy</strong> schaute in Taras Augen! „Was denkst du?“ „Ich<br />

versuche das zu verstehen was du eben gesagt hast! Und<br />

ich versuche zu verstehen, dass du dir das Leben nehmen<br />

wolltest. Du sagtest eben zu mir, das du dich umbringen<br />

wolltest wegen Alain. Weil du damit nicht leben konntest<br />

das eure Beziehung vorbei war, und Alain eine andere<br />

Frau gefunden hatte! Ich kann nicht verstehen, dass du<br />

nach so wenigen Jahren in der Lage bist einen Film mit<br />

ihm zu drehen, noch dazu einen Film der


3<br />

Alles nur geträumt?


3<br />

Alles nur geträumt?<br />

die ganzen Erinnerungen wieder zurückholt. Einen Film in<br />

dem Du und er ein Liebespaar spielen…“<br />

<strong>Romy</strong> hörte Tara zu, bewegte sich rhythmisch nach den<br />

Klängen der Musik, antwortete irgendwann auf ihre Frage!<br />

Weist du Tara, ich glaube diesen Satz habe ich dir schon<br />

an dem Abend gesagt als wir uns im Gehrhus kennen<br />

gelernt haben. Ich kann ihn nur wiederholen, weil ich auch<br />

heute noch, wenige Tage später der gleichen Ansicht bin.<br />

Wenn alle Schauspieler, die schon mal ein Liebespaar<br />

waren keine Filme mehr drehen würden, dann gäbe es<br />

bald keine Filme mehr.“<br />

<strong>Romy</strong> hielt kurz inne. „Der Moment ist doch das<br />

Schlimmste in solch einer Situation! Der Moment tut so<br />

weh, das du der Meinung bist das du das nicht ertragen<br />

kannst. Das du das ganze Leben nicht mehr ertragen<br />

kannst. Und in so einem Moment versuchst du Alles! Du<br />

versuchst Alles um das Gefühl zu betäuben, ja … um das<br />

Gefühl tot zu machen!<br />

Der Wahn, das Gefühl zu töten geht sogar soweit, das du<br />

dich selbst töten willst. Mir war in diesem Moment alles<br />

egal, ich wollte mich töten… konnte das Leben nicht mehr<br />

ertragen! Aber heute lebe ich! Und Alain und ich sind<br />

Freunde! Ja, wir machen sogar einen gemeinsamen Film!<br />

Und das ist doch am Ende das was zählt. Das man es<br />

irgendwann doch schafft JA zu sagen! JA zum Leben zu<br />

sagen!“<br />

Tara war erschüttert von dem was <strong>Romy</strong> ihr an diesem<br />

Abend erzählte. Sie war erschüttert das <strong>Romy</strong> nicht nur<br />

mit dem Gedanken gespielte hatte, sich das Leben zu<br />

nehmen, sondern diesen Gedanken auch wirklich in die<br />

Tat umsetzen wollte. Harry gab ihr Sicherheit, gab ihr<br />

Geborgenheit. Er hat sie aufgefangen als sie am Boden<br />

war. Harry und David geben <strong>Romy</strong> die Sicherheit und<br />

Geborgenheit die sie braucht. Die junge Familie ist <strong>Romy</strong>s<br />

Rückzugsort.<br />

<strong>Romy</strong> erzählte von früher, erzählte was sie früher für<br />

wichtig erachtete und das ein Großteil dieser Dinge für sie<br />

heute völlig unbedeutend sind. Beispielsweise rannte sie<br />

früher von einem Modegeschäft zum Nächsten. Kaufte ein<br />

Designer Kostüm nach dem Anderen. „Das war damals<br />

sehr wichtig für mich“<br />

Heute denkt <strong>Romy</strong> anderes darüber. Heute ist es ihr egal<br />

ob sie Chanel, Dior oder einfach eine bequeme<br />

Leinenhose aus einem x-beliebigen Geschäft trägt.<br />

„Heute kann man alles tragen, wenn es zu einem passt“.<br />

Tara hielt einen Moment inne, reflektierte das von <strong>Romy</strong><br />

gesagte. Auch für sie war es wichtig immer gut angezogen<br />

zu sein, schön auszusehen. Im Gegensatz zu <strong>Romy</strong> lebte<br />

sie in Armut und konnte es sich nicht leisten mal eben, mir<br />

nichts, dir nichts, in die nächste Mode-Boutiuque zu gehen<br />

und sich ein Designer- Kostüm zu kaufen. Die schönsten<br />

Kleider die Tara besaß hatte Mutter Natalie für sie genäht.<br />

Ein solches selbst genähtes Kleid trug Tara bei ihrer<br />

ersten Begegnung mit <strong>Romy</strong> im Schlosshotel. <strong>Romy</strong> gefiel<br />

dieses Kleid besonders gut. Es passte irgendwie auch zu<br />

<strong>Romy</strong>s heutigem Stil, den sie so definierte: „Ich mag keine<br />

Kostüme mehr und überhaupt nichts, was umständlich<br />

anzuziehen ist. Man sieht mich nur noch in Kleidern oder<br />

Hosen-Esembels. Das Wichtigste: Die Sachen müssen<br />

sitzen und praktisch sein.“<br />

Ein sehr elegantes und dennoch praktisches Kleid hatte<br />

Tara an jenem ersten Abend an, <strong>Romy</strong> fand es tre´s chic!<br />

So kam es, das beide Freundinnen beschlossen einen<br />

Tausch zu arrangieren. Tara schenkte <strong>Romy</strong> das von<br />

Mutter Maria genähte Kleid. <strong>Romy</strong> schenkte ihr dafür ein<br />

aufwendiges Kostüm mit vielen Knöpfen und<br />

Verzierungen. „Es steht dir bestimmt super, und du bist<br />

viel jünger als ich, du kannst es besser tragen. Außerdem<br />

machen Knöpfe und der ganze Schnick Schnack drum<br />

rum mich nervös.“<br />

im Laufe der Zeit die Tara bei <strong>Romy</strong> in Berlin verbrachte<br />

tauschten sie viele ihrer Kleidungsstücke. Das war auch<br />

irgendwie ein Gefühl von: Die beste Freundin immer bei<br />

sich zu haben. Schließlich trug man deren Sachen, und<br />

die Erinnerung an die Freundin im Herzen.<br />

In Taras Augen verkörperte <strong>Romy</strong> die pure Lebensfreude.<br />

Jeder Gang, Jede einzelne Geste, jedes Lachen … das<br />

alles klang so glücklich, beschwingt und ausgelassen.<br />

Tara bewunderte <strong>Romy</strong> um ihre Leichtigkeit. Wie gerne<br />

hätte sie jene Lebensfreude und Leichtigkeit besessen die<br />

<strong>Romy</strong> besaß. <strong>Romy</strong> war so herzlich. Überhaupt ganz<br />

anders wie man sich einen Star wie <strong>Romy</strong> Schneider<br />

vorstellt, der in der ganzen Welt Erfolge feiert. Für sie<br />

waren Geld, Ansehen, Dinner-Veranstaltungen,<br />

Galaveranstaltungen lästige Anhängsel, die ihr Beruf mit<br />

sich brachte. Sie machte es, weil man es von ihr<br />

verlangte, weil es einfach zu ihrem Job dazu gehört.<br />

In Wirklichkeit war <strong>Romy</strong> froh wenn eine solche<br />

Veranstaltung möglichst schnell über die Bühne ging und<br />

sie diese wieder verlassen konnte. „Ich brauche nur einen<br />

Platz mit wenigen Menschen, die ich gern habe.“


3<br />

Alles nur geträumt?<br />

Tara war eine der wenigen Menschen die <strong>Romy</strong> gern<br />

hatte. Mit ihr durch den Grunewald zu spazieren und sich<br />

zu unterhalten empfand sie als tausendmal schöner, als<br />

irgendeinen Smaltalk auf einem Event zu halten.<br />

Während einer ihrer gemeinsamen Spaziergänge wurde<br />

<strong>Romy</strong> entdeckt. Tara bemerkte sofort, das ein Ehepaar,<br />

das eben an ihnen vorbei gelaufen war über <strong>Romy</strong> redete.<br />

Die Frau flüsterte zu ihrem Mann: „Das ist doch die <strong>Romy</strong><br />

Schneider! Dafür das sie ein Star ist geht se aber<br />

anjezogen wie normale Leut! Mensch, da seh ick ja<br />

modischer aus - und die glaubt se is ne Modeikone. Das<br />

„flüstern`` war nicht zu überhören! <strong>Romy</strong> bekam jedes<br />

ihrer Worte mit. Sie hielt kurz inne, schaute Tara mit<br />

einem breiten Grinsen an, ihre Augen funkelten. Plötzlich<br />

rannte sie los. Tara wusste für einen kurzen Augenblick<br />

lang nicht was los war. „Wer als Erster am See ist hat<br />

gewonnen, und darf Madame spielen.“<br />

Madame spielen?? Was hatte das zu bedeuten? Tara<br />

verstand nicht und rannte hinterher. Völlig aus der Puste<br />

hatte <strong>Romy</strong> das Ziel erreicht. Sogleich begann sie die<br />

Modedame zu parodieren. „Tara, der Schauspielunterricht<br />

geht weiter!“<br />

<strong>Romy</strong> begann einen kurzen Monolog, versuchte ernst zu<br />

bleiben und sich ein lautes Lachen zu verkneifen:<br />

„Modeeeee! Ich komm aus der Modeeee! Ich habe als<br />

Daaamenschneiderin gearbeitet! Diese Frau Schneider,<br />

das geht gar nicht! Das passt gar nicht! Das ist überhaupt<br />

nicht stilecht! In dem Dress sieht se pumslig aus! Grade<br />

solche Leute sollten doch immer ete pete aussehen… das<br />

kann ich gaaar nicht verstehen!“<br />

Nach der kurzen Schauspieleinlage gingen beide Frauen<br />

weiter, auf dem Weg nach Hause amüsierten sie sich<br />

köstlich. <strong>Romy</strong> kannte die Dame. Hatte sie schon einige<br />

Male auf Veranstaltungen gesehen! Sie hatte sie sofort<br />

wieder erkannt. – Schmuck behangen wie ein<br />

Weihnachtsbaum und mit langen weißen Haaren, war sie<br />

wohl kaum zu übersehen! „Die Probleme dieser Leute<br />

möchte ich auch mal haben. Ich meine, wenn ich den<br />

ganzen Tag zu Hause sitzen würde, und mir darüber<br />

Gedanken machen müsste welchen Dress ich zum<br />

einholen und spazieren gehen anziehe würde ich verrückt<br />

werden. Ich kann gut und gerne darauf verzichten die<br />

Blicke der Leute auf der Straße auf mich zu ziehen. Mein<br />

Wunsch war es immer, zu wirklich jeder<br />

Zeit… durch mein Können und durch meine Leistungen zu<br />

überzeugen! Dazu brauche ich mich nicht von Kopf bis<br />

Fuß mit Schmuck zu behängen, um jedem zu<br />

demonstrieren… ich bin Schauspielerin…<br />

ich stelle was dar!“<br />

Dem konnte Tara nur zustimmen! Außerdem hatte <strong>Romy</strong><br />

es überhaupt nicht nötig sich derart heraus zu putzen. Sie<br />

war eine natürliche Schönheit und bereits ein wenig<br />

Lippenstift und Rouge ließen ihre Schönheit perfekt zur<br />

Geltung kommen. <strong>Romy</strong> hatte dieses perfekte Gesicht.<br />

Die Abstände der Augen, die Tiefe in ihren Augen, das<br />

funkeln ihrer Augen, ihre vollen Lippen, die Nase. Das<br />

alles war so perfekt, das alles machte <strong>Romy</strong> zu einer<br />

herausragenden Schönheit. Ein Mensch der im Herzen,<br />

und von innen heraus so schön war wie <strong>Romy</strong>, der musste<br />

auch äußerlich wunderschön sein. Das Eine hängt mit<br />

dem Anderen zusammen.<br />

Wahre Schönheit kommt von Innen. Sie kann nicht herauf<br />

geschminkt werden, und auch der teuerste Schmuck<br />

besitzt nicht die Fähigkeit aus einer Krähe einen Schwan<br />

zu zaubern. Das ist nicht möglich. Natürlich stimmt es, das<br />

Make up und Schmuck Schönheit betonen, aber wo nichts<br />

ist da kann auch nichts betont werden. Ich selbst zu sein -<br />

Wahrhaftigkeit und Innerlichkeit im Privatleben und auf der<br />

Bühne!<br />

Das war es was <strong>Romy</strong> zu der Persönlichkeit machte die<br />

sie heute war!<br />

Nach einer langen Zeit des Schweigens setzten sie sich<br />

auf eine Bank, um die angenehm frische Luft und die<br />

Ruhe zu genießen. Die Zeit des Schweigens setzte sich<br />

fort, <strong>Romy</strong> suchte nach einer Zigarette und einer<br />

Streichholzpackung. Als sie beides gefunden hatte nahm<br />

sie einen tiefen Zug an ihrer Zigarette… blickte zu Tara:<br />

„Glück ist eigentlich… eigentlich so leicht definierbar.<br />

Obwohl ich das Wort eigentlich ja hasse! Eigentlich sagt<br />

alles aber auch nichts. Ich sage es jetzt trotzdem!<br />

Glücklich ist der Mensch, der die Fähigkeit besitzt, seine<br />

ganze Kraft und Energie in Dinge zu investieren die er<br />

verändern kann. Und die Gelassenheit aufbringt, die<br />

Dinge zu ertragen, die er nicht verändern kann.<br />

Natürlich gehört auch ein gewisses Quäntchen Intelligenz<br />

dazu, das Eine vom Anderen zu unterscheiden. Und zu<br />

erkennen was man verändern kann, und was<br />

aussichtslos ist.“


3<br />

Alles nur geträumt?<br />

<strong>Romy</strong> besaß die Intelligenz, das Eine von dem Anderen<br />

zu unterscheiden. Aus diesem Grund stand sie auch weit<br />

über Menschen, wie eben gesehene Spaziergängerin. Sie<br />

wusste ganz genau das solche Menschen, die ein derartig<br />

verkorkstes Weltbild haben nicht zu ändern sind. Das hat<br />

auch nichts mit Feigheit zu tun. Es geht lediglich darum<br />

seine Energie, die so kostbar ist nicht mit Personen oder<br />

Dingen zu verschwenden die man niemals ändern wird.<br />

„Früher habe ich immer gedacht, ich kann alles verändern!<br />

Alles was ich verändern will kann ich verändern. Heute<br />

weiß ich, das dieser Gedanke eine pure Illusion ist. Aber<br />

ich habe gelernt, ich habe dazu gelernt. Mit dieser<br />

Erkenntnis, die das Leben mir geschenkt hat ist einiges<br />

leichter geworden, vor allem ist vieles leichter zu<br />

verstehen.“<br />

<strong>Romy</strong> ist eine glückliche Frau von fast 30 Jahren. Tara ist<br />

genau zehn Jahre jünger. Sie fühlt, das sie von <strong>Romy</strong> sehr<br />

viel lernen kann. Die Erfahrungen die <strong>Romy</strong> mit ihren fast<br />

30 Jahren gesammelt hat. Dafür bewundert Tara ihre neu<br />

gewonnene Freundin sehr. Auch <strong>Romy</strong> bewundert Tara<br />

für ihr Wissen und Können, das Tara in einem Jahr<br />

Schauspielstudium erworben hat. Jeden Tag erhält <strong>Romy</strong><br />

Unterricht durch Tara! Tara erinnert sich an all die<br />

schönen Momente mit <strong>Romy</strong>. Daran, wie oft sie einfach in<br />

<strong>Romy</strong>s Wohnzimmer gesessen hatte,<br />

<strong>Romy</strong> fort ging um ihr irgendeine Sache zu zeigen. Tara<br />

erinnerte sich an ihren dritten Tag, den sie gemeinsam mit<br />

<strong>Romy</strong> in deren Wohnung verbrachte. <strong>Romy</strong> betrat durch<br />

lautes Poltern das Wohnzimmer! Sie hatte versehentlich<br />

eine Bodenvase umgerissen! Während <strong>Romy</strong> damit<br />

beschäftigt war, Handfeger und Schippe zu organisieren<br />

drückte sie Tara einen Stapel Kleider in die Hand. „Ich<br />

räume das kurz weg, Harry kriegt sonst einen Anfall wenn<br />

er das von mir verursachte Chaos zu Gesicht bekommt.<br />

Schau dir in der Zeit die Kleider an, und probiere sie bitte<br />

an!“<br />

Tara verstand nicht. <strong>Romy</strong> war beschäftigt mit der<br />

Chaosbeseitigung, anscheinend war die zu Bruch<br />

gegangene Vase von Harry, und <strong>Romy</strong> war eifrig bemüht<br />

alle Spuren des Unfalls zu beseitigen.<br />

Vielleicht kaufte sie eine neue Vase, um einer<br />

Auseinandersetzung mit Harry aus dem Weg zu gehen!<br />

Tara fragte nicht nach, folgte während dessen <strong>Romy</strong>s<br />

Anweisung die Kleider anzuprobieren!<br />

An diesem Abend sollte es zur ersten handfesten<br />

Auseinandersetzung zwischen <strong>Romy</strong> und Tara kommen!<br />

Grund für diese Auseinandersetzung war: <strong>Romy</strong> wollte<br />

Tara all die Kleider die sich auf dem Stapel befanden,<br />

schenken. Dieses Geschenk wollte Tara unmöglich<br />

annehmen. Sie versuchte <strong>Romy</strong> ihre Argumentation<br />

verständlich darzulegen. <strong>Romy</strong> wollte das aber partout<br />

nicht verstehen! <strong>Romy</strong> war der Meinung, sie müsse Tara<br />

für den erhaltenen Unterricht entlohnen. Da Tara es<br />

ablehnte Geld von ihrer Freundin zu nehmen, bestand<br />

<strong>Romy</strong> auf dieses Geschenk als Dankeschön für Taras Zeit<br />

und Mühe. Als Tara ihr zu verstehen gab das sie ihr<br />

großzügiges Geschenk nicht annehmen könne wurde<br />

<strong>Romy</strong> laut. „Ich will das du es annimmst! Ich will das,<br />

weißt du wie ich mir sonst vorkomme?? NEIN! NEIN und<br />

nochmals NEIN! Du nimmst das an! JETZT!“<br />

<strong>Romy</strong> die sonst so herzlich, liebevoll und verständnisvoll<br />

war, wurde auf einmal laut und jähzornig. Sie schrie durch<br />

den Raum, nahm die Sachen, legte sie zusammen um sie<br />

anschließend wieder auseinander zu nehmen und Tara<br />

vor die Füße zu schmeißen! Auch Tara wurde laut an<br />

diesem Abend, sie nahm alle Sachen die <strong>Romy</strong> ihr<br />

zugeschmissen hatte und warf sie ihr zurück!<br />

War das nun eine Schauspieleinlage oder Realität? Tara<br />

konnte sich die Frage in diesem Moment nicht<br />

beantworten. Tara bat <strong>Romy</strong> sich zu beruhigen! Sie hielt<br />

die ganze Angelegenheit mittlerweile wirklich für eine<br />

Schauspieleinlage. Mit lauter Stimme rief sie: <strong>Romy</strong> ich<br />

glaube dir! Die Etüde hast du sehr gut gespielt! Ich habe<br />

dir wirklich geglaubt, du bist ärgerlich auf mich. Nach jeder<br />

abgeschlossenen Etüde sagte Tara entweder, ich habe dir<br />

geglaubt, oder ich habe es dir nicht geglaubt, wenn die<br />

Darstellung sie nicht überzeugt hatte. „Wenn du glaubst,<br />

das ich spiele, dann möchte ich das du jetzt bitte gehst!<br />

Auf der Bühne, und vor der Kamera bin ich eine<br />

Schauspielerin! JA! Aber wie kannst du glauben, das ich<br />

privat spiele?? Zumal es hier grade um eine für mich<br />

wichtige Angelegenheit geht!“<br />

Tara verstand noch immer nicht warum <strong>Romy</strong> so<br />

aufgebracht war! Sie fing sogar an Tara zu beschuldigen,<br />

das sie am nächsten Tag zu einer Zeitung gehen werde<br />

und denen erzählt: „Die Schneider flippt aus.“ Tara konnte<br />

nicht begreifen was plötzlich passiert war, das <strong>Romy</strong><br />

derartig in Rage geriet.<br />

Sie versuchte sie zu beschwichtigen, indem sie an die<br />

vorhin getauschten Kleidungsstücke erinnerte. Aber <strong>Romy</strong><br />

wollte das nicht hören. <strong>Romy</strong> atmete kurz durch und sagte<br />

dann in einem sehr höflichen Tonfall das sie Tara bitte<br />

jetzt zu gehen.


3<br />

Alles nur geträumt?<br />

Noch immer saß Tara im Zug auf dem Weg nach Moskau.<br />

Die Zugfahrt, die ihr auf dem Hinweg so unendlich lang<br />

erschien, verging nun wie im Fluge. Ihre Gedanken<br />

überschlugen sich. Sie war kurz eingeschlafen. Wie aus<br />

dem Nichts erwachte sie plötzlich aus ihrem Traum. Sie<br />

sah <strong>Romy</strong> vor sich wie sie sich gestritten hatten. Das war<br />

an jenem Abend wo <strong>Romy</strong> sie nach ihrem Gespräch bat<br />

die Wohnung zu verlassen.<br />

<strong>Romy</strong> war wütend und jähzornig an jenem Abend und<br />

vermittelte Tara das Gefühl, das ihre neu gewonnene<br />

Freundschaft hiermit beendet war. Auf dem Rückweg zu<br />

ihrer Pension kamen Tara die Tränen. Sie konnte nicht<br />

verstehen was sie falsch gemacht haben sollte, was <strong>Romy</strong><br />

derartig in Rage versetzte. Die ganze Nacht kreisten ihre<br />

Gedanken um das letzte Gespräch mit <strong>Romy</strong>. Sie stellte<br />

sich so viele Fragen, über das, was sie falsch gemacht<br />

haben könnte. Fragen auf die sie keine Antworten finden<br />

konnte. Fragen die sie jetzt und sofort am Liebsten von<br />

<strong>Romy</strong> beantwortet hätte. Sollte sie <strong>Romy</strong> anrufen? Nein!<br />

Mitten in der Nacht könne sie <strong>Romy</strong> unmöglich anrufen.<br />

Was sollte <strong>Romy</strong> denken? Sicherlich war sie noch wütend!<br />

Ihr wurde klar das sie im Moment nicht handeln könne,<br />

sondern den nächsten Tag abwarten musste.<br />

Am nächsten Morgen begab sich Tara später als gewohnt<br />

in den Frühstückssalon. Die ganze Nacht lag sie wach,<br />

erst in den frühen Morgenstunden schlief sie vor<br />

Erschöpfung ein.<br />

Während sie ein kleines Frühstück zu sich nahm sprach<br />

der Portier der Pension sie an: Frau , soeben ist ein Paket<br />

durch einen Kurierdienst für sie eingetroffen. Bitte melden<br />

sie sich an der Rezeption um dieses in Empfang zu<br />

nehmen. Sofort erhob sie sich von ihrem Stuhl um sich in<br />

Richtung Rezeption zu begeben. Dort angekommen nahm<br />

sie ihr Paket in Empfang und suchte sofort nach dem<br />

Absender. Ihr Atem stockte für einen kurzen Moment als<br />

sie dort den Namen R. Haubenstock entzifferte.<br />

R. PS. Wenn du heute ab 16.00 Uhr noch nichts vor hast<br />

würde ich mich freuen, mehr über Schauspieltechnik zu<br />

erfahren. Sie musste die in blauer Tinte geschriebenen<br />

Zeilen mehrfach lesen um zu verstehen, das <strong>Romy</strong> sie<br />

wirklich wiedersehen wollte. Auch um zu verstehen das<br />

ihre neu gewonnene Freundschaft zu ihr am gestrigen Tag<br />

nicht wie von ihr angenommen, beendet war:<br />

„Danke lieber Gott, das du meinen Wunsch erhört hast<br />

und ich <strong>Romy</strong> nicht verloren habe.“<br />

Wieder flossen Tränen über ihr Gesicht. Jedoch waren es<br />

diesmal keine Tränen der Trauer - es waren<br />

Freudentränen! Sie würde <strong>Romy</strong> heute schon<br />

wiedersehen. Punkt 16.00 Uhr stand sie mit einem Strauß<br />

Blumen und einer kleinen Geschenkdose vor <strong>Romy</strong>s Tür.<br />

Sekunden später öffnete <strong>Romy</strong> ihr und begrüßte sie mit<br />

einer freundschaftlichen Umarmung. Der Streit war<br />

vergessen und Tara schwor sich kein Sterben´ s -<br />

Wörtchen darüber zu verlieren. Als Dankeschön für<br />

<strong>Romy</strong>s Geschenk hatte sie ihr einen Strauß Blumen<br />

mitgebracht und eine kleine Geschenkschachtel die <strong>Romy</strong><br />

sofort öffnete. „Ein Fisch, von einem Fisch!“<br />

Sagte <strong>Romy</strong> und legte die Kette mit dem silbernen<br />

Fischanhänger sofort um.<br />

In ihrem Zimmer angelangt öffnete sie die erhaltene<br />

Sendung langsam und sah entsetzt auf jene Kleider die<br />

sie am Vortage als Geschenk abgelehnt hatte. <strong>Romy</strong> hatte<br />

einen kleinen Zettel beigefügt: Ich war sehr wütend auf<br />

Dich! Gestern! – Heute tut es mir schon wieder leid, dass<br />

wir im Streit auseinander gegangen sind. Bitte nehme<br />

dieses Geschenk an. Wehe du sendest es mir zurück! Ich<br />

rede kein Wort mehr mit Dir!


4<br />

Ungeschminkte<br />

Wahrheit...<br />

<strong>Romy</strong> Schneider und Alain Delon waren wie die beiden<br />

Königskinder aus der griechischen Volksballade: „Es<br />

waren zwei Königskinder, die hatten einander so lieb, sie<br />

konnten beisammen nicht kommen, das Wasser war viel<br />

zu tief.“<br />

Die Trennung von Alain hatte <strong>Romy</strong> den Boden unter den<br />

Füßen weg gerissen. Diese Trennung war auch der Grund<br />

ihres ersten Selbstmordversuchs.<br />

1964 hatte <strong>Romy</strong> einen Fototermin in ihrer Pariser<br />

Wohnung mit dem in Berlin lebenden Fotografen Will<br />

McBride, der zu der Zeit für das Kultmagazin TWEN<br />

arbeitete. <strong>Romy</strong> begegnete Will McBride am Tag ihres<br />

Shootings komplett natürlich, wahrhaftig und authentisch.<br />

Ohne Make up, ohne prächtige Kleider, ohne Kostüme,<br />

<strong>Romy</strong> pur, mit wenig Lippenstift, ein bisschen<br />

Wimperntusche, aber eben nur ein bisschen, was so gut<br />

wie unscheinbar erschien. <strong>Romy</strong> sah keine Veranlassung<br />

sich heraus zu putzen. <strong>Romy</strong> fühlte sich an diesem Tag<br />

sehr privat und so behandelte sie den Job als Modell für<br />

Twen auch, als sei es eine Privatangelegenheit. Sie hatte<br />

beschlossen diesen Tag glücklich zu sein und ihre innere<br />

Trauer zu vergessen.<br />

„Das wäre doch Vorspielung falscher Tatsachen. Es geht<br />

mir grade nicht so gut, und ich sehe keine Veranlassung<br />

dies überspielen zu müssen. Ich bin auf der Bühne und<br />

vor der Kamera eine - so hoffe ich gute Schauspielerin.<br />

Aber privat bin ich das komplette Gegenteil davon. Privat<br />

bin ich die schlechteste Schauspielerin die sie sich<br />

vorstellen können. Ich sehe auch keinen Grund, den<br />

Menschen mit denen ich privat zu tun habe ein Schauspiel<br />

zu präsentieren. Privat bin ich eben <strong>Romy</strong>. <strong>Romy</strong> ohne<br />

Maske, ohne tausend Fassetten. Ich bin die <strong>Romy</strong>, die ich<br />

wirklich bin, und aus - end of story“.<br />

Wie bei jedem Fotoshooting das <strong>Romy</strong> wahrnahm brachte<br />

sie sich auch dieses Mal in die künstlerische Umsetzung<br />

des Shootings ein. Sie hatte den Wunsch, den Schmerz,<br />

den die Trennung von Alain ihr zugefügt hatte, fotografisch<br />

umzusetzen und festzuhalten. So arrangierte sie ein Bild,<br />

welches zwei Stühle zeigt, die Rücken an Rücken stehen.<br />

Auf einem der beiden Stühle nahm sie Platz, der andere<br />

Stuhl blieb leer.<br />

Dieses Bild, mit einer fast ungeschminkten und<br />

natürlichen <strong>Romy</strong> symbolisierte ihren derzeitigen<br />

Gefühlszustand. Die innere Leere die sie zu dieser Zeit<br />

erfüllte. <strong>Romy</strong> fühlte sich total leer, einsam, allein<br />

gelassen, und hilflos.<br />

Will McBride ist es gelungen diesen Moment der<br />

unsagbaren Trauer und Melancholie festzuhalten und<br />

<strong>Romy</strong>s Gefühle einzufangen. Eine sehr nachdenkliche,<br />

sensible und unbekannte <strong>Romy</strong> Schneider.<br />

McBride, international bekannt als der Schwarz-Weiß-<br />

Fotograf fertigte eine sehr intime Serie von <strong>Romy</strong> und nur<br />

einige wenige Motive hat McBride in Farbe fotografiert.<br />

Einige dieser sehr sensiblen und unbekannten Farbmotive<br />

sind in diesem Buch exklusiv zu sehen.<br />

„Es ist Unsinn, zu behaupten, das die Zeit irgendwann alle<br />

Wunden und Narben heilen könne. Für die kleinen<br />

„Wündchen und Närbchen“ mag diese Aussage sicherlich<br />

zutreffen. Aber gewiss nicht für die großen Wunden, der<br />

Schmerz bleibt ein Leben lang. Im Laufe der Zeit werden<br />

die Narben zwar kleiner und der Schmerz wird<br />

erträglicher, aber heilen kann die Zeit diese Wunden<br />

sicherlich nicht. Ich fühlte eine komplette innere Leere in<br />

mir. Es fühlte sich an als hätte mir jemand das Herz<br />

heraus gerissen, um anschließend darauf herum zu<br />

trampeln. Für eine lange Zeit war es mir nicht möglich<br />

einen einzigen klaren Gedanken zu fassen.“


5<br />

<strong>Romy</strong>´s Traum<br />

Freitag, 12. August 1969, um 0:50 Uhr<br />

„Tara, schön, dass ich dich erreiche, und schön, dass du<br />

noch wach bist.“<br />

<strong>Romy</strong> rief mich nach Mitternacht an. Wie so oft hatte sie<br />

einen Traum, und nachdem sie erwacht war, wollte sie mir<br />

unbedingt davon erzählen. Ich hörte ihr zu. „Gerade habe<br />

ich an dich denken müssen, geht es dir gut?“ „Ich habe<br />

wieder mal geträumt, willst du es hören?“<br />

Sie lies mir keine Zeit zu antworten, sie war noch immer in<br />

ihrem Traum gefangen. Ich hatte das Gefühl, sie erlebte<br />

ihn jetzt, als sie ihn mir erzählte, noch einmal… „Wenn wir<br />

frei in unseren Gedanken, in unserem Denken, Tun und<br />

Fühlen sind – dann können wir alles im Leben erreichen!<br />

Wir werden fliegen! Als ich noch ein Kind war, wünschte<br />

ich mir oft, ein Vogel zu sein und fliegen zu können.<br />

Ich wünschte mich so oft auf die Krone eines Baumes –<br />

auf die höchste Krone eines Baumes – von der ich mich<br />

unbekümmert fallen lassen konnte, um frei von Ort zu Ort<br />

zu fliegen. Wo es mir gefiele, da bliebe ich. Sollte ich an<br />

einem Ort nicht mehr glücklich sein, würde ich mich<br />

einfach zurück in die Lüfte schwingen.<br />

In meinem Traum ist es genau so. Ich suche weiter …<br />

sehe bekannte Gesichter. Sie alle sollen mich sehen –<br />

sollen sehen, dass ich doch fliegen kann. Ich liebe das<br />

Gefühl der Unangreifbarkeit. LudwigII sagte einmal: Ein<br />

falsches Wort, eine falsche Bewegung … und du hast<br />

sofort die Scherben in der Hand.<br />

Wäre er nicht schon vor Ewigkeiten von uns gegangen,<br />

würde ich sagen, er charakterisiert mich. Wie sehr ich mir<br />

doch wünschen würde, einmal frei und ganz allein durch<br />

warme und weiche Luft zu fliegen. Ich schließe meine<br />

Augen. Ich sitze am Schreibtisch meines Vaters in seinem<br />

Herrenzimmer. Ich bin wieder drei Jahre alt.<br />

Mein Körper wird immer schwerer, ich lasse mich fallen.<br />

Losgelöst und völlig frei steige ich auf. Ich sehe<br />

Mariengrund, das Haus meiner Eltern, das Haus, in dem<br />

ich aufgewachsen bin. Sehe meine Mutter, meinen Vater,<br />

die Großeltern, den Garten, das Dorf … Schönau.<br />

Die Freunde, die ich hatte. Und sie? Sie sehen mich. Sie,<br />

die mich immer ausgelacht, die mich für verrückt erklärt<br />

haben. Ich grüße sie, ich lache. Nun fliege ich von Gasse<br />

zu Gasse, von Straße zu Straße … über einen See. Wenn<br />

ich müde werde, lege ich mich auf eine kühle weiße Wolke<br />

… schlafe … und wenn ich aufwache, steige ich wieder<br />

auf, fliege weiter. Einmal sehe ich die Mama, sie schimpft<br />

mit mir, aber ich fliege weiter.<br />

Ich vermisse meinen Vater. Warum hat er mich verlassen,<br />

warum hat er uns verlassen? Warum ist er gegangen und<br />

nicht mehr heimgekommen?<br />

Ich fliege zu ihm und sage ihm hallo. Ich will mit ihm<br />

reden, aber er sieht mich nicht. Ich will ihn umarmen, doch<br />

er ist unerreichbar. Ich bin so klein, dass ich auf einer<br />

Rose landen kann, in einer Tulpe schlafen. Ich liebe den<br />

Duft der Blumen, ich bin glücklich. – Ja, ich glaube, ich bin<br />

glücklich. Ich sehe meine Oma, auf der großen Bühne des<br />

Lebens. Sie ist die Erste, die mich fliegen sieht, sie sieht<br />

mich wirklich fliegen. Wieder bin ich glücklich. Sie winkt<br />

mir zu, ich winke zurück, lande kurz bei ihr … bin bei ihr,<br />

spüre ihre Hände, rieche ihr blumiges Parfüm. Jedes Mal,<br />

wenn ich fliege, bin ich frei von Ängsten.<br />

Ängsten, die sonst immer da sind. Ich habe dann das<br />

Gefühl, frei zu atmen. Ich liebe das Gefühl, frei zu atmen.<br />

Manchmal kriege ich einfach keine Luft mehr und mein<br />

ganzer Körper verkrampft sich, so dass keine Luft mehr in<br />

meine Lungen gelangt. Der Boden unter meinen Füßen<br />

nimmt mir die Luft zum Atmen, dann entgleitet er mir.<br />

Wenn ich fliege, sind diese beklemmenden Gefühle<br />

ausgeschaltet, es fühlt sich so an, als gäbe es sie<br />

überhaupt nicht mehr. Jetzt schwebe ich über dem<br />

Internat, ich sehe Goldenstein, die Mutter Oberin. Gott sei<br />

Dank sieht sie mich nicht. Sie würde sagen: <strong>Rosemarie</strong><br />

Albach, was ist das schon wieder für ein Schmarrn?<br />

Ich kichere und fliege weiter. Ich hätte den ganzen Tag so<br />

weiter träumen können … doch plötzlich erwache ich. Ich<br />

öffne die Augen und alles ist wieder da: der Schreibtisch<br />

meines Vaters, sein Herrenzimmer. Dann wache ich<br />

tatsächlich auf und sehe mein Bett, mit dem Lederaufsatz,<br />

der weißen Leinenbettwäsche, die mich auch an meine<br />

Kindheit erinnert. Auf einmal ist alles wieder da, alles,<br />

wovor ich fliehen wollte, ist wieder da. Da sind sie wieder,<br />

die Probleme, die das Leben, der Alltag und die Menschen<br />

um mich herum mir bereiten. Ich wünsche mich zurück in<br />

die Lüfte, in die warme, weiche Luft, die mich im Traum<br />

getragen hat. Die mich weggetragen hat aus der Realität,<br />

weg von den Problemen, von all dem Ballast, der mein<br />

Leben so schwer macht.<br />

„Wo fliegen all die Jahre hin... es geht alles so schnell...!“


5 Freitag,<br />

<strong>Romy</strong>´s Traum<br />

12. August 1969, um 0:50 Uhr<br />

„ „Tara, schön, dass ich dich erreiche, und schön, dass du<br />

noch wach bist.“<br />

<strong>Romy</strong> rief mich nach Mitternacht an. Wie so oft hatte sie<br />

einen Traum, und nachdem sie erwacht war, wollte sie mir<br />

unbedingt davon erzählen. Ich hörte ihr zu. „Gerade habe<br />

ich an dich denken müssen, geht es dir gut?“ „Ich habe<br />

wieder mal geträumt, willst du es hören?“<br />

Sie lies mir keine Zeit zu antworten, sie war noch immer in<br />

ihrem Traum gefangen. Ich hatte das Gefühl, sie erlebte<br />

ihn jetzt, als sie ihn mir erzählte, noch einmal… „Wenn wir<br />

frei in unseren Gedanken, in unserem Denken, Tun und<br />

Fühlen sind – dann können wir alles im Leben erreichen!<br />

Wir werden fliegen! Als ich noch ein Kind war, wünschte<br />

ich mir oft, ein Vogel zu sein und fliegen zu können.<br />

Ich wünschte mich so oft auf die Krone eines Baumes –<br />

auf die höchste Krone eines Baumes – von der ich mich<br />

unbekümmert fallen lassen konnte, um frei von Ort zu Ort<br />

zu fliegen. Wo es mir gefiele, da bliebe ich. Sollte ich an<br />

einem Ort nicht mehr glücklich sein, würde ich mich<br />

einfach zurück in die Lüfte schwingen.<br />

In meinem Traum ist es genau so. Ich suche weiter …<br />

sehe bekannte Gesichter. Sie alle sollen mich sehen –<br />

sollen sehen, dass ich doch fliegen kann. Ich liebe das<br />

Gefühl der Unangreifbarkeit. LudwigII sagte einmal: Ein<br />

falsches Wort, eine falsche Bewegung … und du hast<br />

sofort die Scherben in der Hand.<br />

Wäre er nicht schon vor Ewigkeiten von uns gegangen,<br />

würde ich sagen, er charakterisiert mich. Wie sehr ich mir<br />

doch wünschen würde, einmal frei und ganz allein durch<br />

warme und weiche Luft zu fliegen. Ich schließe meine<br />

Augen. Ich sitze am Schreibtisch meines Vaters in seinem<br />

Herrenzimmer. Ich bin wieder drei Jahre alt.<br />

Mein Körper wird immer schwerer, ich lasse mich fallen.<br />

Losgelöst und völlig frei steige ich auf. Ich sehe<br />

Mariengrund, das Haus meiner Eltern, das Haus, in dem<br />

ich aufgewachsen bin. Sehe meine Mutter, meinen Vater,<br />

die Großeltern, den Garten, das Dorf … Schönau.<br />

Die Freunde, die ich hatte. Und sie? Sie sehen mich. Sie,<br />

die mich immer ausgelacht, die mich für verrückt erklärt<br />

haben. Ich grüße sie, ich lache. Nun fliege ich von Gasse<br />

zu Gasse, von Straße zu Straße … über einen See. Wenn<br />

ich müde werde, lege ich mich auf eine kühle weiße Wolke<br />

… schlafe … und wenn ich aufwache, steige ich wieder<br />

auf, fliege weiter. Einmal sehe ich die Mama, sie schimpft<br />

mit mir, aber ich fliege weiter.<br />

Ich vermisse meinen Vater. Warum hat er mich verlassen,<br />

warum hat er uns verlassen? Warum ist er gegangen und<br />

nicht mehr heimgekommen?<br />

Ich fliege zu ihm und sage ihm hallo. Ich will mit ihm<br />

reden, aber er sieht mich nicht. Ich will ihn umarmen, doch<br />

er ist unerreichbar. Ich bin so klein, dass ich auf einer<br />

Rose landen kann, in einer Tulpe schlafen. Ich liebe den<br />

Duft der Blumen, ich bin glücklich. – Ja, ich glaube, ich bin<br />

glücklich. Ich sehe meine Oma, auf der großen Bühne des<br />

Lebens. Sie ist die Erste, die mich fliegen sieht, sie sieht<br />

mich wirklich fliegen. Wieder bin ich glücklich. Sie winkt<br />

mir zu, ich winke zurück, lande kurz bei ihr … bin bei ihr,<br />

spüre ihre Hände, rieche ihr blumiges Parfüm. Jedes Mal,<br />

wenn ich fliege, bin ich frei von Ängsten.<br />

Ängsten, die sonst immer da sind. Ich habe dann das<br />

Gefühl, frei zu atmen. Ich liebe das Gefühl, frei zu atmen.<br />

Manchmal kriege ich einfach keine Luft mehr und mein<br />

ganzer Körper verkrampft sich, so dass keine Luft mehr in<br />

meine Lungen gelangt. Der Boden unter meinen Füßen<br />

nimmt mir die Luft zum Atmen, dann entgleitet er mir.<br />

Wenn ich fliege, sind diese beklemmenden Gefühle<br />

ausgeschaltet, es fühlt sich so an, als gäbe es sie<br />

überhaupt nicht mehr. Jetzt schwebe ich über dem<br />

Internat, ich sehe Goldenstein, die Mutter Oberin. Gott sei<br />

Dank sieht sie mich nicht. Sie würde sagen: <strong>Rosemarie</strong><br />

Albach, was ist das schon wieder für ein Schmarrn?<br />

Ich kichere und fliege weiter. Ich hätte den ganzen Tag so<br />

weiter träumen können … doch plötzlich erwache ich. Ich<br />

öffne die Augen und alles ist wieder da: der Schreibtisch<br />

meines Vaters, sein Herrenzimmer.<br />

Dann wache ich tatsächlich auf und sehe mein Bett, mit<br />

dem Lederaufsatz, der weißen Leinenbettwäsche, die<br />

mich auch an meine Kindheit erinnert. Auf einmal ist alles<br />

wieder da, alles, wovor ich fliehen wollte, ist wieder da. Da<br />

sind sie wieder, die Probleme, die das Leben, der Alltag<br />

und die Menschen um mich herum mir bereiten.<br />

Ich wünsche mich zurück in die Lüfte, in die warme,<br />

weiche Luft, die mich im Traum getragen hat. Die mich<br />

weggetragen hat aus der Realität, weg von den<br />

Problemen, von all dem Ballast, der mein Leben so<br />

schwer macht.<br />

„Wo fliegen all die Jahre hin... es geht alles so schnell...!“


6<br />

Schauspielerin<br />

Von der Kunst eine<br />

zu sein<br />

Der Erfolg ist das größte Geschenk, die größte Huldigung<br />

welche die Bühne einem Schauspieler bescheren kann.<br />

Wochen und Monate lange harte Arbeit an sich selbst und<br />

an der Rolle werden in den wenigen Minuten des Beifalls<br />

gehuldigt. Diese Huldigung der eigenen und der<br />

kollektiven Leistung ist der Moment für den es sich lohnt<br />

diesen monatelangen Kampf zu beschreiten.<br />

Die Arbeit an sich selbst in Zusammenhang mit der Arbeit<br />

an der Rolle sind oftmals ein Kraftakt der zur kompletten<br />

Selbstaufgabe der eigenen Bedürfnisse und des eigenen<br />

Willens führt. Das größte Glück ist es, einen Regisseur an<br />

der Seite zu haben, der um jene Mittel weiß, den<br />

Schauspieler zu lenken. Ohne einen solchen Meister ist<br />

der Schauspieler verloren. „Lost in space“ ... schwammig<br />

in seinen Bewegungen und Handlungen, geleitet von<br />

Emotionen die der Schauspieler in diesem Moment nicht<br />

einzuordnen weiß. Verloren wie ein Blatt im Wind! Vor<br />

einer riesigen Aufgabe stehend, gefangen, vor einer<br />

Mauer die unüberwindbar ist, vor einem hohen Gipfel der<br />

kaum zu erreichen ist.<br />

Der Applaus beflügelt den Schauspieler... der Gipfel des<br />

größten Glücksgefühls. Ein Moment des Erfolgs der alles<br />

aufwiegt. Der Applaus ist die Bestätigung dafür, alles<br />

richtig gemacht zu haben. Die Bestätigung und das Lob<br />

dafür, den Mut aufgebracht zu haben ins eiskalte Wasser<br />

gesprungen zu sein. Allen Kritiken und Bedenken zum<br />

Trotz weiter gemacht zu haben, alle Zweifel ausgeschaltet<br />

zu haben, um zielstrebig dem großen Ziel entgegen zu<br />

gehen. Nur ein kurzer Gedanke an diesen Erfolg während<br />

des Probenprozesses bringt neue Kraft und Mut weiter zu<br />

arbeiten. Bis zur völligen Selbstaufgabe, bis an die<br />

Grenzen der psychischen und physischen Belastbarkeit.<br />

Sich aufzuopfern für die Rolle bis zur völligen körperlichen<br />

und nervlichen Erschöpfung. Anerkennung! Applaus!<br />

Doch das Spiel mit dem Erfolg ist wie ein Spiel mit dem<br />

Teufel. Durch Erfolg kann man alles erlangen, allerdings<br />

kann er einem auch alles nehmen. Junge Schauspieler<br />

leiden oftmals an Höhenflügen. Der Erfolg lässt sie ganz<br />

nach oben fliegen. Doch wer hoch fliegt muss auch wissen<br />

das er eines Tages wieder auf den Boden zurück muss.<br />

Das der Erfolg kein dauerhafter Zustand ist sollte jeder<br />

Schauspieler sich vor Augen führen und mit diesem<br />

Wissen leben. Der Moment, in dem man sich dafür<br />

entscheidet eines Tages ganz hoch fliegen zu wollen,<br />

muss auch gleichzeitig der Moment sein in dem man sich<br />

eingesteht auch ganz tief fallen zu können. Die<br />

Bereitschaft hoch zu fliegen haben viele Menschen.<br />

Die Akzeptanz des tiefen Falls haben nur die Wenigsten.<br />

Fliegen können wir alle, doch landen können nur wenige...<br />

Während des gesamten Probenprozesses begleiten den<br />

Schauspieler Ängste und Zweifel. Die Angst vor dem<br />

Versagen. Allem voran die Angst vor dem eigenen Selbst.<br />

Die Zweifel an sich Selbst, ob das vorhandene Talent<br />

ausreicht. Oder ob es vielleicht gar nicht vorhanden ist.<br />

Selbst in der Nacht quälen die Zweifel und viele fragen<br />

sich ob es das Richtige ist, was man da gerade tut. Dazu<br />

übertragen sich die Zweifel der Familie und der Freunde.<br />

Die meinen es gar nicht böse, sie wollen doch nur<br />

beschützen und vor einem großen Fehler, einer großen<br />

Dummheit bewahren.Diese ganze Gefühlsachterbahn hat<br />

<strong>Romy</strong> während der Zeit bei Luchino Visconti durchlebt.<br />

Die Angst war da, Tag und Nacht. Besonders<br />

intensivierten sich diese Gedanken wenn Briefe oder<br />

Anrufe von ihrer Mutter Magda sie erreichten. „Du ruinierst<br />

dich, ich kann das nicht zulassen. Bevor du einmal auf<br />

eine große Bühne gehst, solltest du erst<br />

Schauspielunterricht haben und dich irgendwo in der<br />

Provinz bewähren.“<br />

<strong>Romy</strong> ließ sich nicht beirren, hatte alle Zweifel in den Wind<br />

geschlagen. Sie hat JA gesagt zu Visconti. In diesem<br />

Moment hat sie auch JA zu Erfolg oder dem ganz tiefen<br />

Fall gesagt. Alles ist möglich, alles kann passieren.<br />

Luchino Visconti brachte <strong>Romy</strong> das Schwimmen bei.<br />

Schwimmen gegen den Strom. Gegen den Strom ist sie<br />

geschwommen als sie sich trotz der mahnenden Worte all<br />

derer, die schon vorher meinten das es ein Flop wird, für<br />

das Projekt Visconti entschied. Mit Beginn der<br />

Probenprozesse ist <strong>Romy</strong> in einen Strudel hinein<br />

gerutscht, der ihr jegliche Luft zum atmen nahm und der<br />

ihr den Boden entriss. „Nie im Leben werde ich den Tag<br />

vergessen, an dem ich zum ersten Mal das große<br />

Abenteuer erlebte, das Gefühl, eine Schauspielerin zu<br />

sein.“ Luchino Visconti war es gelungen <strong>Romy</strong> zu formen,<br />

sie zu brechen und zu biegen. Schauspieler sind wie<br />

Wachs in den Händen des Regisseurs. Wie eine<br />

Knetmasse die man formen und biegen kann. Sie sind<br />

Kettenhunde an der Leine des Regisseurs. Sensible<br />

Membranen. Der erste Akt in der Beziehung <strong>Romy</strong> -<br />

Luchino war die völlige Ablehnung. Visconti lehnte <strong>Romy</strong><br />

ab, er verachtete sie. Im zweiten Akt schenkte er ihr<br />

Aufmerksamkeit und Vertrauen, das Gefühl einen Freund<br />

gefunden zu haben. Dieses Gefühl schenkte er ihr im<br />

zweiten Akt, um es ihr im dritten wieder zu nehmen. Der<br />

Dritte Akt war der große Bruch.


6<br />

Schauspielerin<br />

Von der Kunst eine<br />

zu sein<br />

Visconti hatte <strong>Romy</strong> gebrochen. So sehr das sie an dieser<br />

Arbeit zu zerbrechen drohte. Im letzten Moment gab er ihr<br />

ein Mittel in die Hand, eine Technik, mit der es ihr gelang<br />

aus eigener Kraft wieder aufzustehen und sich frei zu<br />

entfalten.<br />

Im letzten Akt ließ er sie wie Phönix aus der Asche im<br />

hellsten Licht, unter vollstem Glanz erwachen und<br />

gleichzeitig erstrahlen. Dieser Weg war hart und steinig,<br />

geprägt von tiefen Löchern über die es galt herüber zu<br />

steigen.<br />

Tara und <strong>Romy</strong> Schneider saßen immer noch in <strong>Romy</strong>s<br />

prunkvollem Salon ihrer Pariser Wohnung. Noch immer<br />

befanden sie sich auf Zeitreise in das Paris des Jahres<br />

1961.<br />

Paris, Anfang des Jahres 1961.<br />

Der leere Theatersaal des Theatre de Paris – 1350 leere<br />

Sitzplätze. Nur ein besetzter Platz in Reihe 5. Auf diesem<br />

Platz thront der große Meister: Luchino Visconti. Die<br />

Leseproben waren beendet. Die Proben auf der Bühne<br />

hatten soeben begonnen. Ein leerer Theatersaal, mit zwei<br />

Schauspielern auf der Bühne: <strong>Romy</strong> Schneider und Alain<br />

Delon. <strong>Romy</strong>s Gesichtsausdruck war gekennzeichnet<br />

durch die Angst zu versagen.<br />

Der Angst, der Rolle nicht gerecht zu werden... der Angst<br />

sich eingestehen zu müssen, das all jene Personen die ihr<br />

von Anfang an von diesem waghalsigen Unterfangen<br />

abgeraten haben, Recht behalten würden. Was wäre das<br />

für eine Genugtuung gewesen? Hättest du doch gleich auf<br />

uns gehört... dir fehlt eben die Erfahrung und das Talent.<br />

„Ich werde erbarmungslos arbeiten, ich werde alles geben<br />

was in mir ist, und ich werde ihnen zeigen das ich es doch<br />

kann, und sie alle werden es sehen“<br />

Die Gedanken an die ersten Leseproben überschatten<br />

<strong>Romy</strong>s Gedanken auch noch während der ersten Proben<br />

auf der Bühne. Sie sieht sich immer noch an dem Tisch<br />

mit all den anderen Schauspielern. Als sie schließlich an<br />

der Reihe war brachte sie kein einziges Wort in<br />

französischer Sprache heraus. Geschweige denn einen<br />

einzigen Satz der in dem vorliegenden Skript stand. Wie<br />

ein Schulmädchen welches sein Gedicht nicht gelernt<br />

hatte und sich nun vor der ganzen Klasse bis auf die<br />

Knochen blamierte. Ihre Ängste potenzierten sich, Visconti<br />

war plötzlich kein Freund mehr und nur ein kalter und<br />

distanzierter Beobachter. Er sagte kein Wort. Gehüllt in<br />

einen Mantel des Schweigens saß er auf einem Stuhl in<br />

der fünften Reihe des Theatersaals.<br />

Sein Schweigen konnte alles ausdrücken: Verachtung,<br />

Enttäuschung, Hass und Wut... alles. Lobende Worte für<br />

die Schauspieler gab es nicht. Statt dessen vermittelte er<br />

Ihnen das Gefühl, sie von Zeit zu Zeit zu hassen, sie zu<br />

verachten.<br />

<strong>Romy</strong> fühlte sich wie ein Versager... dieses Gefühl wurde<br />

von Tag zu Tag größer. Vor allem in der Nacht übernahm<br />

dieses Gefühl die Oberhand in <strong>Romy</strong>s Gedankenwelt.<br />

Jede Nacht sah sie Visconti vor sich, sah das grimmige<br />

kalte Gesicht vor sich, so als würde er am Liebsten sagen:<br />

Du bist es nicht wert auf der Bühne zu stehen, geh mir aus<br />

den Augen. Du bist nichts! Ein Niemand! Du bist den<br />

Boden der Bühne auf der du stehst nicht Wert.<br />

Ein Traum der sich in den nächsten Tagen tatsächlich in<br />

der Realität genau so zutragen sollte. <strong>Romy</strong> sollte in<br />

diesem Stück ein Lied singen. An den bisherigen<br />

Probentagen brach Visconti vor dem Lied ab. „Danke“<br />

sagte er. Doch an diesem 62. Tag verlangte er, das sie<br />

dieses Lied singe. „Weiter..“ Erstaunt fragte <strong>Romy</strong>: „Wieso<br />

jetzt... das hast du vorher nicht gesagt.“ Plötzlich erklang<br />

ein Stockschlag auf dem Boden - „ich habe gesagt: weiter“<br />

Viscontis Stimme erfüllte nun den ganzen Raum. <strong>Romy</strong><br />

war vorbereitet auf dieses Lied, Tag und Nacht hatte sie<br />

geübt, sich an diesem Lied versucht. Sie wollte es singen.<br />

Doch in dem Moment fehlte ihr der Mut. Sie bat Visconti<br />

darum es an einem anderen Tag zu singen, und einfach<br />

weiter zu machen. Mit dieser Bitte hatte sie Pandoras Box<br />

geöffnet. Visconti schien außer sich vor Wut: „Wenn du<br />

das Lied nicht sofort singst, sofort, dann brauchst du es<br />

nie zu singen. Nie mehr in deinem Leben. Du kannst nach<br />

Hause gehen! Au revoir, Mademoiselle... geh nach Hause<br />

und komm nie wieder!“<br />

Seine Worte verdeutlichte er mit seinem Stock, den er<br />

unmissverständlich in Richtung Tür hielt. „Und ich wusste<br />

damals, wenn ich jetzt gehe, dann brauche ich nie wieder<br />

zu kommen. Dann ist alles aus. Er hätte sicher am<br />

gleichen Tag dieses andere Mädchen angerufen. Und sie<br />

hätten alle Recht gehabt. <strong>Romy</strong> bringt es nicht... das war<br />

doch klar“<br />

<strong>Romy</strong> hatte all ihren Mut zusammen genommen und<br />

begann zitternd und leise mit der Anfangspassage des<br />

Liedes. In diesem Moment hatte sie keine Kraft Visconti in<br />

die Augen zu sehen. Sie sang in einer zarten und<br />

flatternden Stimme, Visconti befahl: „weiter, weiter!“


6<br />

Schauspielerin<br />

Von der Kunst eine<br />

zu sein<br />

Nach der Pause wurden alle Schauspieler nach Hause<br />

geschickt. Einzelprobe mit <strong>Romy</strong> und ihrem Partner Daniel<br />

Sorano. <strong>Romy</strong> sang das Lied noch mindestens 20 mal.<br />

Plötzlich, bei der zigfachen Wiederholung passierte etwas<br />

was <strong>Romy</strong> nicht fassen konnte. Was nicht erklärbar, nicht<br />

mit Worten zu beschreiben war. Ein Gefühl das nicht von<br />

dieser Welt war.<br />

<strong>Romy</strong> Schneider war nicht mehr <strong>Romy</strong> Schneider. Von<br />

nun an war sie Annabella, die Figur des Stückes.<br />

<strong>Romy</strong> Schneider hatte die Bühne verlassen um Annabella<br />

die Bühne betreten zu lassen. Auf einmal stand ein ganz<br />

anderer Mensch auf dieser Bühne. In <strong>Romy</strong> hatte sich<br />

etwas gelöst. „Der Druck in meinem Kopf verschwand, ich<br />

pumpte die Lungen voll Luft, ich veränderte mich innerlich<br />

und äußerlich. Von einer Sekunde auf die Andere war ich<br />

nicht mehr <strong>Romy</strong> Schneider. Ich war Annabella. Nur<br />

Annabella, überhaupt nicht mehr <strong>Romy</strong> Schneider.“<br />

Die Blockade war gelöst, das Eis geschmolzen.<br />

Das erste Mal verspürt <strong>Romy</strong> Schneider wirkliche Freiheit!<br />

Sie ist FREI! Für einen Schauspieler gibt es nichts<br />

Schöneres als frei auf der Bühne zu sein! Alle Ängste und<br />

Zweifel über Bord zu werfen. Wenn man schon den Mut<br />

aufbringt, mit geschlossenen Augen in eiskaltes Wasser<br />

zu springen, dann will man die Kühle des Wassers auch<br />

genießen und sollte schwimmen! Sie sang aus vollstem<br />

Herzen. Körper und Stimme bildeten nun eine Einheit.<br />

Plötzlich waren die richtigen Bewegungen da. Ihre<br />

Gedanken waren frei, <strong>Romy</strong> fühlte sich so als wäre sie<br />

plötzlich alleine auf der Welt. Es gab keine Zweifel mehr,<br />

es gab keinen Regisseur und keine Partner mehr. Es gab<br />

nur noch Annabella die der Welt eine Botschaft zu<br />

verkünden hatte. Von der sie erwartete das ein Jeder sie<br />

versteht. Das war ihre Intension, ihr Gedanke. Dann folgte<br />

das Ende. <strong>Romy</strong> lies sich auf der Bühne fallen und fing<br />

erbarmungslos an zu weinen. Visconti beendete die<br />

Proben an dieser Stelle. Er legte seine Hand auf ihre<br />

Schulter, seine Lippen verließen Worte des Lobes. Er, der<br />

große Meister der für einen Schauspieler nie so etwas wie<br />

lobende Worte übrig hatte sagte: “Nicht schlecht,<br />

Romina...“ In diesem Moment war <strong>Romy</strong> nicht in der Lage<br />

das eben Geschehene zu realisieren. Sie konnte<br />

unmöglich glauben was passiert war. Vor ihrem inneren<br />

Auge sah sie sich noch wenige Tage zuvor auf der Bühne.<br />

Völlig planlos, umgebenen von der Tatsache nicht zu<br />

wissen was sie mit ihren eigenen Armen und Beinen tun<br />

sollte. Mit einer Stimme die noch nicht mal über die<br />

Bühnenrampe empor stieg.<br />

Sie sah sich am ersten Probentag mit Hosen! Visconti<br />

hatte darauf bestanden das sie sich einen Reifrock<br />

überziehe, damit sie ein Gefühl für die Figur bekäme die<br />

sie verkörpert. Kostüme dienen dem Schauspieler als<br />

Hilfsmittel sich besser in der Rolle zu bewegen, vielmehr,<br />

die richtigen Bewegungen für die zu verkörpernde Figur zu<br />

finden.<br />

Reifrock Erfahrungen hatte <strong>Romy</strong> in dutzenden 50er Jahre<br />

Kostümfilmen bereits gesammelt. Das war kein Neuland,<br />

auf diesem Gebiet war sie schließlich schon erprobt. Im<br />

Schlaf müsste sie damit über die Bühne gehen können,<br />

und genau wissen wie sie sich zu bewegen habe. Doch<br />

davon keine Spur. Die Bühne erschien ihr kilometerweit.<br />

Die richtigen Bewegungen, die sie durch das Kostüm<br />

eigentlich hätte finden müssen blieben ebenfalls aus.<br />

Arme und Beine blockierten sich selbst. Die Arme hingen<br />

nutzlos neben dem Körper, lästig und linkisch. Die Beine<br />

wollten am Liebsten übereinander stolpern. <strong>Romy</strong> trug<br />

hohe Schuhe und sollte einige Tanzschritte zum Besten<br />

geben. „Das konnte ich doch? Diese Technik beherrsche<br />

ich! Keine Spur. Ich kam mir vor wie ein Elefantenbaby.<br />

Und die Anderen müssen sich an den Kopf gefasst<br />

haben!“<br />

Ähnlich wie Jerzy Grotowski liebte Visconti die<br />

Authentizität auf der Bühne. Alles musste echt sein. -<br />

Real! Allein für die Kostüme zu diesem Stück gab Visconti<br />

ein Vermögen aus. Er hatte alles aus eigener Tasche<br />

finanziert.<br />

<strong>Romy</strong> trug einen Morgenrock aus schwerem rotem Samt.<br />

In diesem Morgenrock musste <strong>Romy</strong> eine beinahe<br />

artistische, fast schon akrobatische Szene spielen:<br />

Annabella, die aus einem blutschänderischen Verhältnis<br />

mit ihrem Bruder Giovanni - Alain spielt den Bruder - ein<br />

Kind erwartet, wird von ihrem Ehemann gepeinigt. Sie soll<br />

den Namen des Vaters ihres Kindes preisgeben!<br />

Zum Höhepunkt dieser Szene musste ihr Partner, Jean<br />

Francois sie an den Haaren packen um sie von einer<br />

Bühnenecke zur Anderen zu schleudern. <strong>Romy</strong> landete<br />

immer wieder in der Mitte. Ihr Körper war gekennzeichnet<br />

durch grüne und blaue Hämatome, bedingt der tausend<br />

Versuche die sie startete.<br />

Die körperliche Gewalt, die sie sich auf der Bühne selbst<br />

zugefügt hatte war nichts gegen die seelische Gewalt die<br />

ihr Visconti während der Proben zugefügt hatte.


6<br />

Schauspielerin<br />

Von der Kunst eine<br />

zu sein<br />

Es gehörte zu seiner Taktik die Schauspieler zu quälen,<br />

sie fertig zu machen, sie aufs Bitterste leiden zu lassen,<br />

um das Letzte aus ihnen heraus zu holen. Er gab sich auf<br />

der Bühne nur mit Emotionen der Superlative zufrieden.<br />

Der Schauspieler muss leiden bis es nicht mehr geht.<br />

Tränen vergießen bis er keine Tränen mehr hat die er<br />

vergießen kann.<br />

Er lachte die Schauspieler aus, er hatte <strong>Romy</strong> ausgelacht.<br />

In einem Moment wo sie ganz wahrhaftig und pur auf der<br />

Bühne stand und es endlich geschafft hatte, ihren<br />

Emotionen auf der Bühne freien Lauf zu lassen. In diesem<br />

Moment begann Visconti sie auszulachen. Es ist<br />

einerseits die größte Erniedrigung die man einem<br />

Schauspieler in so einem Moment zufügen kann.<br />

Andererseits kann diesen Schauspieler nach solch einer<br />

Situation nichts mehr schocken. Er ist gewappnet, für die<br />

Zukunft und vor jedem neuen Regisseur der von dieser<br />

Zeit an vor ihm steht.<br />

Für all diese Momente war <strong>Romy</strong> Visconti ein Leben lang<br />

dankbar. Sie war ihm dankbar für jedes Auslachen, für<br />

jede Quälerei, für jedes Fertigmachen, für jeden einzelnen<br />

Moment des Hasses... für jeden einzelnen blauen Fleck,<br />

den sie sich auf der Bühne zugefügt hatte. Unendliche<br />

Dankbarkeit für Alles. Bei ihm hatte sie in wenigen<br />

Monaten all das gelernt was ein Schauspielschüler in vier<br />

Jahren Ausbildung lernt. Ihre Dankbarkeit stand in<br />

Verbindung zu einer niemals endenden Liebe für Visconti.<br />

<strong>Romy</strong> war unsterblich verliebt in den großen Meister.<br />

Visconti, so erklärte sie, gehöre zu den best aussehenden<br />

Männern die sie jemals sah, und dem Charismatischsten<br />

dem sie jemals begegnen würde.<br />

Ihre Liebe, so sagte sie wäre rein platonisch. Dennoch von<br />

einer Intensität die so stark war das er ihr Herz zum rasen,<br />

ihre Gefühle zum überkochen brachte. Ihre Gefühle fuhren<br />

Achterbahn, wenn Visconti nur den selben Raum betrat.<br />

Sie suchte seine Nähe. Eine Umarmung Viscontis ist die<br />

größte Anerkennung, das schönste Gefühl was es für<br />

<strong>Romy</strong> gab. Visconti war für sie eine Art: Götter ähnliches<br />

Wesen. Nicht von dieser Welt.<br />

Tara war fasziniert von <strong>Romy</strong>s Schilderungen der Arbeit<br />

mit Luchino Visconti. Während des Gesprächs stolperte<br />

sie über zahlreiche Parallelen zwischen ihm und K.S.<br />

Stanislawski. Sie war sich sicher, hätten diese beiden<br />

Meister ihres Fachs sich eines Tages kennen gelernt, sie<br />

würden sich entweder abgöttisch lieben oder aus tiefstem<br />

Herzen hassen. „Die Schleuderszene auf der Bühne hätte<br />

ich zu gerne gesehen. Mit ein paar einzigen Ballett und<br />

Tanzgrundlagen ist das sehr leicht zu meistern.!“ warf<br />

Tara ein.“<br />

Tanzen verleiht unserem Körper nicht nur eine bessere<br />

Haltung, es lässt auch die Bewegungen weiträumiger und<br />

größer, fließender werden. Die Bühne lebt von<br />

geschlossenen und präzisen Bewegungen. In dem<br />

Moment wo sich der Schauspieler in hastigen und<br />

abgehackten Bewegungen verliert ist alles vorbei. In<br />

diesem Moment ist die Figur tot. Die Bein- und Armhaltung<br />

auf der Bühne ist ein grundlegender Punkt für die<br />

Körpersprache auf der Bühne. Präzise und fließende<br />

Bewegungen zu formen erfordert die Absolvierung eines<br />

lang andauernden Körpertrainings. Der erste Schritt zu<br />

einer ansatzweisen richtigen Bühnenpräsenz ist die<br />

Ausmerzung von alt anerzogenen Haltungsschäden.<br />

Um dieses Prozedere nach der Schule des großen K.S.<br />

Stanislawski zu beschreiben: Das Tanzen ist eine effektive<br />

Methode, um Armen, Beinen und Rückgrat eine optimale<br />

Haltung zu verleihen. Beinahe automatisch werden alle<br />

Haltungspunkte durch die simpelsten Tanzübungen an<br />

ihren optimalen Platz gerückt. Tanzen ist die beste<br />

Medizin um langjährig angeeignete Haltungsschäden, die<br />

teilweise seit unserer frühsten Kindheit Bestandteil<br />

unseres Lebens sind, restlos zu eliminieren. Es gibt eine<br />

Vielzahl von angeborenen, oder über die Jahre hinweg<br />

angeeigneten Haltungsschäden. Viele dieser Schäden<br />

sind auf eine dauerhaft verkrampfte Körperhaltung, oder<br />

auf eine falsche Lebensweise zurück zu führen.<br />

Beispielsweise gibt es Menschen, deren Arme, bedingt<br />

durch eine flache Brust und abfallende Schultern vor dem<br />

Körper herum baumeln und dadurch beim gehen gegen<br />

Leib und Schenkel schlagen.<br />

Wiederum gibt es Beispiele wo Schultern und Rumpf nach<br />

hinten verdreht sind. So wölbt sich der Leib zu weit<br />

heraus, so dass die Arme hinten am Rücken hängen.<br />

Beide eben genannten Haltungen sind Fehlhaltungen. Die<br />

Armstellung ist bei beiden genannten Beispielen falsch,<br />

denn sie müssen sich seitlich neben dem Körper befinden.<br />

Sind die Arme verdreht, so dass die Ellenbogen dem<br />

Körper nach innen zugewandt sind, gilt es sie in die<br />

entgegengesetzte Richtung zu biegen. Dies darf allerdings<br />

nur im geringen Maße geschehen, da bereits die kleinste<br />

Übertreibung die gesamte Körperhaltung verdirbt.<br />

Eine Fehlstellung der Beine beeinträchtigt ebenfalls die<br />

Gesamthaltung des Körpers. Diese Fehlstellung lässt den<br />

Körper des Schauspielers auf der Bühne plump,<br />

unbeholfen und schwerfällig erscheinen.


6<br />

Schauspielerin<br />

Von der Kunst eine<br />

zu sein<br />

Dadurch ist die ganze Körperhaltung des Schauspielers<br />

auf der Bühne beeinträchtigt, das Bild der zu<br />

verkörpernden Figur nicht klar definierbar.<br />

Bei den meisten Frauen sind die Beine meist von der<br />

Hüfte bis zum Knie nach innen verdreht. Selbiges gilt für<br />

die Füße, wo die Fersen meist nach außen und die<br />

Zehenspitzen nach innen gedreht sind. Durch<br />

Ballettübungen an der Stange lassen sich diese<br />

Fehlstellungen meist leicht korrigieren. Von den Hüften<br />

werden die Beine nach außen gedreht und dadurch in die<br />

richtige Position gebracht. Eine bessere Proportionierung<br />

der Beine ist ein angenehmer Nebeneffekt dieser Übung.<br />

Die korrekte Beinstellung entwickelt ihren Ursprung in den<br />

Hüften, dies wiederum wirkt sich auf die Stellung der Füße<br />

aus.<br />

Zu einer korrekten Fußstellung gehört, das die Fersen<br />

nebeneinander und die Zehen auseinander stehen. Es<br />

gibt neben den Übungen an der Ballettstange noch<br />

gesonderte Exerzitien die auf bestimmt Position und Pas<br />

aufgebaut sind. Diese Übungen setzen die richtige Bein<br />

und Fußstellung voraus.<br />

Doch nicht jeder Schauspieler kommt in den Genuss einer<br />

Ballett oder Tanzausbildung. Doch auch dieser<br />

Schauspieler, der sich wohl kaum in dem Besitz einer<br />

Ballettstange im eigenen Wohnzimmer befindet, möchte<br />

an diesen Haltungspunkten arbeiten. Dafür gibt es eine<br />

Übung die er privat in seinen eigenen vier Wänden ohne<br />

jeglichen Platz praktizieren kann.<br />

Dabei wird der linke Fuß so platziert, das die Zehen<br />

möglichst weit nach außen gedreht sind. Im zweiten Teil<br />

dieser Übung wird der rechte Fuß mit möglichst weit nach<br />

außen gerichteten Fußzehen dicht vor den linken Fuß<br />

platziert. Die Zehen des rechten Fußes müssen dabei die<br />

Zehen des linken Fußes berühren. Die Zehen des linken<br />

Fußes müssen dabei möglichst die Ferse des rechten<br />

Fußes berühren. Bei den ersten Wiederholungen dieser<br />

Übung ist es ratsam sich an einem Tisch oder Stuhl<br />

festzuhalten. Der ganze Körper, insbesondere beide Knie<br />

werden sich dabei stark verbiegen. Ziel muss es sein mit<br />

Beinen und Rumpf möglichst gerade gerichtet aufrecht zu<br />

stehen. Dadurch werden die Beine automatisch in den<br />

Hüften nach außen gedreht.<br />

Es wird einem kaum gelingen, sich gerade aufzurichten,<br />

wenn die Füße nicht etwas voneinander entfernt stehen.<br />

Nach mehreren intensiven Wiederholungen biegen sich<br />

die Beine mehr und mehr nach außen.<br />

Je intensiver und öfter die Wiederholungen, desto<br />

intensiver werden die Beine in Fußgelenken und Hüften<br />

nach außen gedreht. Das Training von Händen und Füßen<br />

ist bei der Ausbildung eines ausdrucksvollen Körpers von<br />

gleichrangiger Bedeutung.<br />

Ein weiterer wichtiger Punkt für die Körpererziehung, den<br />

plastischen Bewegungsausdruck und dem allgemeinen<br />

Körperaufbau, ist die Wirbelsäule. Diese muss im Becken<br />

fest verankert und festgeschraubt sein. Die imaginäre<br />

Schraube muss fest sitzen. Erst dann hat der obere Teil<br />

des Rumpfes eine feste Stütze erreicht. Somit ist ein<br />

Schwerpunkt gegeben der eine gerade und aufrechte<br />

Haltung garantiert.<br />

Lockert sich die imaginär erdachte Schraube, verliert<br />

zuerst die Wirbelsäule und mit ihr der ganze Körper an<br />

Stütze. Die Fähigkeit sich schön und ausdrucksstark zu<br />

bewegen ist somit nicht mehr gegeben. Diese imaginär<br />

erdachte Schraube ist der entscheidende Punkt für die<br />

ausdrucksvolle Haltung auf der Bühne.<br />

Grundvoraussetzung Nummer Eins ist es die Wirbelsäule<br />

zu trainieren, sie zu stabilisieren um ihr anschließend eine<br />

gute Haltung zu verleihen.<br />

Diese korrekten Haltungspunkte hatte <strong>Romy</strong>, so dachte<br />

sie, während der Dreharbeiten zu <strong>Sissi</strong> erlernt. Doch bei<br />

Visconti war plötzlich all das von früher erlangte Wissen<br />

dahin, es war schlicht und ergreifend nicht mehr abrufbar.<br />

Magda Schneider hatte ihr, nach Beendigung des letzten<br />

<strong>Sissi</strong> Filmes einen Reifrock geschenkt. Dieser Reifrock<br />

sollte <strong>Romy</strong> helfen privat zu üben, falls weitere<br />

Kostümfilme folgen. Diesen Reifrock schenkte <strong>Romy</strong> in<br />

späteren Jahren Tara . Mit der Hoffnung das diese ihn<br />

sicherlich für eine Rolle verwenden kann. <strong>Romy</strong> hatte sich<br />

fest vorgenommen keine weiteren Kostümfilme mehr zu<br />

drehen. Also war auch der Reifrock in ihrem<br />

Kleiderschrank überflüssig.<br />

Zurück zu Visconti und der Inszenierung von „Schade, das<br />

sie eine Dirne ist“.<br />

Nach der letzten erfolgreichen Probe begab <strong>Romy</strong> sich in<br />

ein kleines Bistro in der Nähe des Theatre de Paris. Dort<br />

wartete sie auf Alain der noch mit einer Kostümprobe<br />

beschäftigt war. Während der Zeit die sie mit dem leidigen<br />

warten verbrachte schaute <strong>Romy</strong> tief ins Glas.<br />

.Später wusste sie nicht mehr so genau was sie an jenem<br />

Tag alles getrunken hatte. Whisky? Wein oder<br />

Champagner? <strong>Romy</strong> war sichtlich glücklich und sichtlich<br />

beschwipst. Und sie wusste: Das ist der richtige Beruf.


6<br />

Schauspielerin<br />

Von der Kunst eine<br />

zu sein<br />

Das ist mein Beruf.<br />

„Die wirkliche Erfüllung<br />

ist das Theater. Jetzt<br />

war mir klar: Dort habe<br />

ich einen Platz, der mir<br />

gehört. Wenn jetzt<br />

noch nicht, dann<br />

werde ich ihn mir<br />

erarbeiten.“<br />

Von diesem Moment<br />

an gehörten alle<br />

Gedanken an die<br />

sogenannte zweite<br />

Besetzung der<br />

Vergangenheit an.<br />

<strong>Romy</strong> wusste nun<br />

ganz sicher das sie<br />

Annabella war. Das<br />

der Platz auf der<br />

Bühne an der Seite<br />

von Alain und unter<br />

der Regie von Visconti<br />

nur ihr gehörte. Ihr<br />

ganz allein. Viel später<br />

gestand Visconti ihr,<br />

das es diese zweite<br />

Besetzung niemals<br />

gegeben hatte. Das er<br />

von vorne herein<br />

wusste das es für<br />

diese Rolle nur<br />

Romina, wie er <strong>Romy</strong><br />

immer nannte, geben<br />

konnte.


Visionen werden<br />

7 Wirklichkeit<br />

Wer bin ich, und wer will ich sein? Wer bist du, und wer<br />

willst du sein?<br />

Diese Fragen begleiten uns ein Leben lang.<br />

Das Leben schenkt Kraft und Möglichkeiten, das eigene<br />

Sein zu verändern, sich selbst zu ändern und die<br />

Umstände in denen man lebt zu ändern. Jeder Mensch<br />

gelangt im Laufe seines Lebens an die sogenannten<br />

Wendepunkte, die von einem Schlag zum Nächsten alles<br />

was bisher geschah verändern können.<br />

Die Entscheidung etwas zu ändern treffen wir, die<br />

betreffenden Personen, ganz allein. Das sind die Chancen<br />

des Lebens wo die Situation, oder auch wir, die<br />

Betreffenden selbst, entscheiden können, in eine andere<br />

Richtung zu gehen, einen neuen Weg einzuschlagen.<br />

Noch einmal ganz von Vorne anzufangen – ein neuer<br />

Mensch werden – in ein komplett anderes Leben<br />

einzutauchen.<br />

Mit alteingesessenen Verhaltensmustern zu brechen,<br />

Attitüden abzulegen, eine neue Sicht auf das Leben, sich<br />

selbst und andere Menschen, zu erlangen. Auszubrechen<br />

aus dem eigenen Ich – alte Verhaltensweisen einfach über<br />

Bord zu werfen. Dinge zu tun, die man nie tat. Vielleicht<br />

weil man sie nie tun wollte? Vielleicht weil man sie auch<br />

nie tun konnte? Die Angst verlieren um sich selbst neu zu<br />

kreieren. Das eigene Ich noch einmal neu zu finden, aus<br />

vergangenen Fehlern zu lernen um gleichzeitig an Ihnen<br />

zu wachsen. Für einen Tag, für Wochen oder für Monate<br />

sich selbst zu vergessen, die Umstände in denen man lebt<br />

zu vergessen. Einzutauchen in eine andere Welt, mit<br />

anderen Menschen – unter anderen Umständen – mit<br />

einem neuen Ich!<br />

Was für ein schöner Traum. Der große Traum vom Film,<br />

der große Traum von der Bühne, den Brettern die die Welt<br />

bedeuten.<br />

Am vorherigen Tag sprachen die beiden Freundinnen<br />

noch von „dem Preis“ den sie bereit waren für ein Leben<br />

mit der Kunst zu bezahlen. Den Preis, den beide bereit<br />

waren zu zahlen, war ohne Frage ein verdammt hoher!<br />

Doch sie beide sind zu dem Schluss, der Quintessenz<br />

gekommen: Alles richtig gemacht zu haben. Sie beide<br />

haben sehr viel gegeben, und noch mehr bekommen.<br />

<strong>Romy</strong>s daraus gezogene Schlussfolgerung an jenem<br />

Abend: „Uns gehört das, wovon die breite Masse der<br />

Menschheit nur zu träumen vermag. Wir sind frei! Auf der<br />

Bühne und vor der Kamera sind wir frei! Wir können all die<br />

Facetten zeigen, können all die Dinge des Lebens zeigen,<br />

die wir im alltäglichen Leben, im Alltag niemals zeigen<br />

könnten... ohne das da einer käme und uns sofort<br />

wegsperren würde!“<br />

Ihr Gesicht war in diesem Moment frei von Ängsten, und<br />

jenen negativen Gedanken die sie so oft verfolgten. „Wir<br />

können alles sein, und alles durchleben. Wir können noch<br />

mal zu Kindern werden... etwas total verrücktes machen...<br />

zum Beispiel... ich weiß nicht... barfuß auf dem Dach<br />

herum tanzen und laut singen... ohne das ein penibler<br />

Bürger kommt und der Meinung ist wir gehören<br />

weggesperrt... oder eine Bank ausrauben, dafür einen<br />

total verrückten Plan entwickeln, wie zum Beispiel der in<br />

meinem Film; „Das Mädchen und der Kommissar“... das<br />

können wir spielen... erleben... ohne dafür eingesperrt zu<br />

werden. Wir bekommen die Chance, dieses Gefühl des<br />

Erlebens jener Situation, jene Emotionalität zu erfahren –<br />

zu erleben. Ich muss immer wieder das Wort „erleben“ in<br />

den Mund nehmen, da es das ist was wir permanent tun...<br />

wir erleben Dinge die ein normaler Mensch nie erleben<br />

wird. Das alles wäre uns doch nie vergönnt, hätten wir ihn<br />

nicht, diesen unseren Beruf. Einen so wunderbaren<br />

Beruf... der zugleich Fluch und Segen ist. Ich meine die<br />

Angst die ich habe ist immer da, die Angst vor dem<br />

Versagen. Ängste gilt es zu bekämpfen.<br />

Dieses Geschenk macht uns Schauspielern der Beruf<br />

jeden Tag aufs Neue. Ich betrachte jede einzige Probe,<br />

jedes neue Rollenstudium und jeden neuen Film als ein<br />

neues Geschenk. Und ich danke Gott jedes Mal aufs<br />

Neue das er mir dieses Geschenk – meinen Beruf –<br />

bereitet hat. Es ist viel mehr als nur ein Beruf – viel mehr<br />

als nur ein Geschenk – es ist die Berufung die meinem<br />

Leben den Sinn des Seins schenkt... mich zu der Frau<br />

macht, die ich als kleines Mädchen sein wollte.“<br />

<strong>Romy</strong> sprang plötzlich auf und entriss Tara abrupt aus<br />

ihrer Gedankenwelt. „Ein eigenes Theaterstück müsste<br />

man schreiben, über all das Glück welches uns dieser<br />

Beruf beschert. Das müsste man auf die Beine stellen. In<br />

meinem Kopf fliegen Ansätze eines möglichen Anfangs<br />

herum... ein Monolog.“<br />

Sie hielt kurz inne um im nächsten Moment ihren<br />

Gedanken freien Lauf zu lassen, ihrer Kreativität den<br />

nötigen Raum zu schenken. „Ich will es dir vorspielen<br />

Tara! Nimm dein Buch und halte meine Ansätze fest... die<br />

Guten natürlich... den Schrott laß weg.“<br />

<strong>Romy</strong> sammelte sich selbst und ihre Gedanken, öffnete<br />

das Fenster, um das Leben draußen zu betrachten und<br />

erneut eine Zigarette zu rauchen. Sie musste ihre innere<br />

Ruhe finden. Sich komplett auf sich konzentrieren.


Visionen werden<br />

7 Wirklichkeit<br />

Dann sollte es los gehen. Vielleicht kommen ja während<br />

des Rauchens noch ein paar Gedanken? Man weiß es ja<br />

nicht. Vielleicht ist es auch gut die Gedanken einfach nur<br />

fliegen zu lassen und sich von jenen leidlichen Gedanken<br />

zu befreien... sich zu einem leeren Blatt zu machen. Von<br />

diesem Moment an gab es für <strong>Romy</strong> nur noch die Rolle,<br />

den Monolog den sie Tara nun präsentieren wollte:<br />

Ich bin <strong>Rosemarie</strong> Albach – <strong>Romy</strong> Schneider. Ich hasse<br />

das Wort „Star“, „Glamour“, erst Recht graut es mir vor der<br />

sogenannten „Prominenz“- Ich bin <strong>Romy</strong> – eine Frau –<br />

Mutter und vor Allem: eine Schauspielerin!<br />

Aber ich bin viel mehr als das... In meiner Brust leben<br />

viele Seelen, ich lebe mit tausenden unterschiedlichen<br />

Facetten. Mein Traum ist es jede Einzelne von diesen,<br />

meinen Facetten, zu leben. - Im Film oder auf der Bühne...<br />

am Besten wäre das Mittelmaß zwischen beiden.<br />

Ich bin eine Frau... manchmal auch ein kleines Mädchen.<br />

Ich bin das liebe zuckersüße Madel vom Lande... und ich<br />

bin die elegante Lady aus der Großstadt. Die<br />

verführerische Geliebte und die perfekte Hausfrau... das<br />

Heimchen am Herd.<br />

In einem Moment himmelhoch jauchzend und wenige<br />

Sekunden später zu Tode betrübt. Das Leben genießen<br />

um zugleich die Last des Lebens zu ertragen. Meinem<br />

Partner grenzenlose Liebe zu schenken um ihn im<br />

nächsten Moment abgrundtief zu hassen... ihn anflehen<br />

mich nicht zu verlassen. Ich bin lieb und nett, manchmal<br />

unfair, mal gerecht. Ich kann ein fieses Biest sein... oder<br />

wie wäre es, mit einer kaltblütigen Möderin??? Oder doch<br />

lieber das unschuldige Opfer???<br />

Ich kann heute eine Politikerin sein und Gesetze<br />

machen... dafür Sorge tragen, das Reiche noch reicher<br />

werden und Arme noch ärmer... und im nächsten Moment<br />

das Volk sein... auf die Straße gehen... weil ich mit den<br />

bestehenden Gesetzen und dem System in welchem ich<br />

lebe nicht zufrieden bin. Ich will Bettlerin sein und<br />

Königin... Ich will geliebt und ich will gehasst werden... ich<br />

will die verrücktesten Situationen erleben, mich in die<br />

Gedankenwelten der unterschiedlichsten Charaktäre<br />

einfinden um mit ihren Gedanken zu leben. Es ist viel<br />

mehr als nur eine Rolle zu spielen. Ich spiele nicht - ich<br />

bin! In dem Moment wo ich die Bühne betrete bin ich nicht<br />

mehr <strong>Romy</strong> Schneider, die Schauspielerin. Ich mache<br />

mich zu einem leeren Blatt. Bevor der Vorhang aufgeht<br />

denke ich nicht etwa an meinen ersten Satz, an meine<br />

erste Bewegung, oder etwa daran das hunderte von<br />

Menschen vor mir sitzen, die mich anstarren.<br />

Diese Gedanken existieren nicht. Die Angst streiche ich<br />

aus meinem Bewusstsein. Am Anfang rufe ich mir die<br />

erlernten Techniken ins Bewusstsein. Später, wenn ich<br />

das nötige Maß an Souveränität erlangt habe, passiert das<br />

ganz automatisch. Die Empfindlichkeit ist der Schwerpunkt<br />

im Schauspiel. Ich muss auf innere und äußere Impulse<br />

reagieren. Ich muss mich dem hier und jetzt öffnen. Ob<br />

vor der Kamera, oder auf der Bühne, das ist ganz Gleich,<br />

verbindet uns eine Kraft zu unserem Partner. Ich öffne<br />

mich meinem Partner und ich öffne mich dem hier und<br />

jetzt.<br />

ich brauche die Atmosphäre auf der Bühne wie die Luft<br />

zum atmen.<br />

Denn die Atmosphäre ist die Seele der Szene... sie gibt<br />

uns eine klare Melodie auf der Bühne... ohne diese<br />

Melodie habe ich keinen Grund, überhaupt die Bühne zu<br />

betreten. Die Atmosphäre inspiriert und bringt Bilder... in<br />

meinem Kopf sind Bilder für einen möglichen<br />

Szenenvorschlag von mir als Schauspielerin... auf der<br />

Bühne muss ich Gefühle provozieren und sie gleichzeitig<br />

beherrschen... das ist auf der einen Seite ein kompletter<br />

Widerspruch in sich... Gefühle beherrschen... kann man<br />

Gefühle beherrschen?<br />

Ein Schauspieler redet nur wenn es unbedingt nötig ist...<br />

denn überflüssige Worte belasten die Handlung. Als<br />

Schauspielerin ist es meine Aufgabe den Raum mit<br />

Atmosphäre zu füllen... ich spreche und bewege mich in<br />

Harmonie... ich färbe Bewegungen mit<br />

Sinnesempfindungen. Denn durch färben bekommt die<br />

Handlung einen anderen Charakter. Am Ende ist das<br />

Leben auf der Bühne ein energetischer Fluss. Gefühl auf<br />

der Bühne ist das Ergebnis von Sinnesempfindungen...<br />

dabei ist unser Körper das Gefäß für Ströme von<br />

Empfindungen... im alltäglichen Leben beobachte ich die<br />

Menschen... stundenlang kann ich sie beobachten... das<br />

ist wichtig für mich als Schauspielerin.<br />

Ich stelle mir die Figur die ich spiele in den<br />

unterschiedlichsten Atmosphären vor.<br />

Ich bin die Figur deren Kostüm ich trage... im Inneren bin<br />

ich der Mensch dessen Rolle ich spiele. Durch die Kraft<br />

meiner Projektion kreiere ich die Figur und mache sie<br />

lebendig. Ich denke wie die Figur die ich spiele denkt, ich<br />

fühle, was sie fühlt... ich handele so wie meine Figur<br />

handelt... und das nicht nur auf der Bühne! Ich handele<br />

aus der Sicht der Figur. Alles Private schiebe ich von mir<br />

weg... völlig abgeschirmt von der Realität.


Visionen werden<br />

7 Wirklichkeit<br />

Während des Probenprozesses, die ganze Zeit, 24<br />

Stunden am Tag gehen mich die Probleme von <strong>Romy</strong><br />

Schneider nichts mehr an. Ich bin nur noch für die Rolle<br />

und die zu verkörpernde Figur da. Das kann ganz<br />

praktisch sein... nehmen wir mal an ich bekäme ständig<br />

Briefe von meiner Bank... mit denen ich mich auseinander<br />

setzen müsste. Dann würde mich das sehr belasten. Rote<br />

Zahlen und Schulden würden mich sehr belasten. Ich<br />

kann sagen: Das sind die Probleme der Schneiderin. Ich<br />

bin jetzt aber nicht mehr <strong>Romy</strong> Schneider............... (lange<br />

Stille und dann lautes lachen)<br />

Wir entwickeln eine Fähigkeit, das Fabulieren. Im Handeln<br />

in der Situation, eine Figur erschaffend. Das heißt auch in<br />

Aktion zu denken. Der Autor gibt uns einen generellen<br />

Umriss von seinen Figuren. Wir Schauspieler hauchen<br />

dem, vom Autor erzählten, leben ein. Unsere Aufgabe ist<br />

es der Figur Fleisch und Seele zu geben. Sie lebendig zu<br />

machen.<br />

Im Film werden Träume war... das Theater ist der Ort der<br />

unbegrenzten Möglichkeiten... in unserer Fantasie ist alles<br />

möglich, wäre da nicht das Leben, was uns sofort wieder<br />

auf den Boden der Tatsachen, der Realität zurück holt.<br />

Im Theater und im Film ist alles ganz anders. Wir können<br />

frei leben, ohne Angst und ohne Zwang. Wir können für<br />

eine Zeit die Realität ausblenden und unseren Träumen<br />

freien Lauf lassen. Visionen, werden Wirklichkeit... wir<br />

hauchen ihnen Leben ein... und geben anderen Menschen<br />

die Möglichkeit, für wenige Stunden in eine andere Welt<br />

einzutauchen. Wir tauchen ein in eine Welt, ohne<br />

Gesetze... alles ist möglich... das was wir uns immer<br />

erträumten kann im Film passieren.<br />

In welchem anderen Beruf kann ich denn meine Kreativität<br />

so frei entfalten, mich als Person so frei entfalten? Die<br />

Antwort darauf habe ich noch nicht gefunden.<br />

Die Königskinder, die im realen Leben nie zueinander<br />

finden durften, können plötzlich zusammen sein, sich nie<br />

mehr verlieren und ihr Leben bis zum Ende miteinander<br />

teilen. Ist das nicht schön?<br />

Es gibt vier Arten des Theaters. Das Drama, Die Tragödie,<br />

Die Clownerie und die Komödie. Alles hat seinen Reiz! Im<br />

Laufe unseres Lebens durchleben wir alle vier Arten des<br />

Theaters. Das Leben hält alles für uns bereit. Wir haben<br />

Phasen, da sind wir ein Clown, kommen uns vor wie in<br />

einer Komödie, und plötzlich passiert das ganz große<br />

Drama und wir glauben unser Leben wäre eine einzige<br />

Tragödie. Tschechov zeigt das alles. Er zeigt wie<br />

Menschen an ihren Träumen scheitern.<br />

Nur wenigen gelingt es ihre Träume zu realisieren.<br />

Stanislawski sagt, man kann nicht im allgemeinen spielen.<br />

Recht hat er! Die Bühnenwahrheit und die Wahrheit im<br />

Leben unterscheiden sich durch eine Vielzahl an<br />

wesentlichen Punkten. Auf der Bühne handeln wir in einer<br />

ausgedachten und konstruierten Situation, wir benehmen<br />

uns abhängig von den Umständen in denen wir uns<br />

befinden. Arm oder reich... das was kurz davor passiert<br />

ist, bestimmt meine Handlung auf der Bühne. Logik des<br />

Verhaltens... Logik und Konsequenz auf der Bühne.<br />

Die Bühnenwahrheit ist eine Reihe von logischen, im<br />

Zusammenhang stehenden Reaktionen. Schließlich ist<br />

doch das Theater aufgebaut auf der menschlichen<br />

Schwäche! Ich handele aus dem Impuls heraus. Der<br />

Impuls ist meine innere Entscheidung. Die Empfindung ist<br />

das Wichtigste für meine Kreativität. Doch wie gelange ich<br />

an den Punkt des Empfindens? Um an diesen Punkt zu<br />

gelangen müssen wir Schauspieler zuerst beobachten und<br />

bewerten. Empfindung entsteht aus der Beobachtung und<br />

der anschließenden Bewertung heraus. Denn<br />

Sinnesempfindung bedeutet denken, beobachten,<br />

bewerten, um schließlich zu reagieren.<br />

Das „Theater Studio“ nach Stanislawski ist der Ort des<br />

künstlerischen Experiments, wo der Mensch im Zentrum<br />

steht. Das ist das Wichtigste im Theater. Wir, Ich, der<br />

Mensch steht im Mittelpunkt.<br />

Meine Aufgabe als Schauspielerin ist es, den Weg zur<br />

Emotion meiner Figur zu finden. Das heißt, durch den<br />

bewussten Weg zur Emotion zum Unterbewussten. Als<br />

Schauspielerin muss ich wissen woher ich komme, wohin<br />

ich gehe, was ich erreichen will, und warum ich das<br />

erreichen will. Um meine eigentliche Aufgabe auf der<br />

Bühne zu bestimmen, müssen zuerst die Umstände<br />

definiert werden. Denn die Umstände bestimmen mein<br />

Benehmen... das ist im realen Leben genau so. Bevor ich<br />

auf die Bühne gehe, muss ich mir jedes Mal dieselben<br />

fünft Fragen beantworten, die sogenannten W-Fragen:<br />

1. Wer bin ich? Meine Kindheit... mein Umfeld...<br />

2. Wo bin ich?<br />

3. Wann? Die Zeit in der ich mich gerade befinde...<br />

4. Was will ich? Ergibt sich aus dem woher und wohin, ich<br />

beantworte mir die Frage was war davor...<br />

5. Warum tue ich das? Warum will ich das.?<br />

Je mehr Schwächen die Figur hat, die ich spiele, desto<br />

aussagekräftiger meine Rolle... denn das Menschliche ist<br />

das Wichtigste. Der Stoff für ernsthaftes Schauspiel ist<br />

leiden.


Visionen werden<br />

7 Wirklichkeit<br />

Die tiefsten, menschlichen Abgründe können wir auf der<br />

Bühne ausleben. Beispielsweise, eine völlig kranke Liebe<br />

leben, hemmungslosen Sex haben... einen tückischen<br />

Mord begehen... hundertmal können wir sterben...<br />

erschossen werden... uns vergiften. Und plötzlich<br />

erwachen wir wieder... und sterben aufs Neue... alles ist<br />

möglich und alles ist erlaubt.<br />

Genie und Wahnsinn liegen so nah beieinander... diesen<br />

ganzen Wahnsinnkönnen wir leben... denn das ist der<br />

wahre Inbegriff der Kunst.<br />

Sind wir ehrlich? Welcher Zuschauer, welcher<br />

Kinobesucher will denn im Film oder im Theater das<br />

normale, alltägliche Leben sehen? Gehen wir nicht ins<br />

Theater um für einige Stunden abzuschalten? War es<br />

nicht die Vision eines Märchenkönigs, oder einer<br />

Märchenkaiserin, die den deutschen Kinos Millionen<br />

eingespielt haben? Weil Millionen in die Kinos gestürmt<br />

sind um dem grauen Alltag eines Nachkriegs-<br />

Deutschlands zu entfliehen?<br />

Ernst Marischka sagte einmal zu mir: Du wirst alle jungen<br />

Mädchen in Europa zum Träumen bringen. Ist es nicht der<br />

Anspruch den die Zuschauer an uns, die Schauspieler und<br />

die Regisseure haben? Sie träumen zu lassen? Ihnen<br />

Vergangenes näher zu bringen? Sie über bestehendes<br />

Unrecht aufzuklären? Ist es nicht auch unsere Aufgabe die<br />

Zuschauer über Missstände unserer Gesellschaft<br />

wachzurütteln? Versteckte Kritik an der Gesellschaftsform<br />

in der wir leben zu üben? Wissen wir nicht alle, das die<br />

Kunst schon seit jeher als Instrument für so vieles genutzt<br />

wird?<br />

Auf der Bühne dürfen wir alles sagen.<br />

Denke was du noch nie gedacht hast.<br />

Fühle was du noch nie gefühlt hast.<br />

Erlebe was du noch nie erlebt hast.<br />

Verändere was du noch nie verändert hast.<br />

Das Medium dafür ist der Film, ist die Bühne. Das leere<br />

Blatt sind wir, die Schauspieler. Das leere Blatt kann jede<br />

Farbe, jedes Gefühl, jede Nationalität und jede<br />

Gedankenwelt zeigen, und Millionen werden es sehen.<br />

Ein lautes Abspannen durchflutet den Raum, <strong>Romy</strong> sinkt<br />

zu Boden, schließt die Augen und bleibt regungslos<br />

liegen. „Gib mir mal ne Zigarette, und sag nichts... ich bin<br />

gleich wieder da“. Tara reichte ihr wortlos die gewünschte<br />

Zigarette. In ihrem Buch hielt sie die Sätze fest die <strong>Romy</strong><br />

zuletzt gesagt hat.<br />

Abwechselnd betrachtete sie ihre Aufzeichnungen,<br />

blätterte von einer Seite zur Nächsten. Zwischendurch<br />

schaute sie unmerklich zu <strong>Romy</strong>, die noch immer mit<br />

geschlossenen Augen auf dem Boden lag und rauchte.<br />

Sie streute wahllos die Zigarettenasche auf den Boden.<br />

Alles war egal, sie war noch ganz in ihrem Spiel, und den<br />

Gedanken verfangen. Tara konnte sich denken was in<br />

diesen Minuten in <strong>Romy</strong> vorging. Sie war beschäftigt mit<br />

der sogenannten „Phantasie Arbeit“. Bevor ich die Bühne<br />

betrete arbeitet meine Vorstellungskraft, denn die<br />

Vorstellungskraft ist Teil der Phantasie. <strong>Romy</strong>s<br />

Vorstellungskraft arbeitete auf Hochtouren in dem Moment<br />

wo sie mit geschlossenen Augen am Boden lag. Ein<br />

wesentlicher Bestandteil der „Phantasie Arbeit“ ist es die<br />

Situation, bevor man auf die Bühne geht, vor dem inneren<br />

Auge durch zuspielen. <strong>Romy</strong> war eine Perfektionistin<br />

durch und durch. Sie tat dies vor dem Spiel, und nach<br />

dem Spiel. Ein simples Beispiel für die sogenannte<br />

„Phantasie Arbeit“: Setze Dich auf einen Stuhl und steh<br />

wieder auf. Schließe deine Augen und fahre in Gedanken<br />

das Setzen nach. Genau so leicht, wie ich meine<br />

Vorstellungskraft mit einem so simplen Beispiel wie dem<br />

Setzen trainieren kann, ist dieses Training auch bei<br />

komplexeren Abläufen möglich. Auf diese Art und Weise<br />

ist es möglich, alle vorgeschlagenen Handlungen vor dem<br />

inneren Auge durchzugehen. Sogar komplexe<br />

Szenenabschnitte kann der Schauspieler mit dieser<br />

Technik vor dem inneren Auge proben. Diese Übung<br />

verleiht ein Gefühl von Sicherheit und Souveränität auf der<br />

Bühne oder vor der Kamera.<br />

Eine kleine Hilfestellung für die Vorstellungskraft ist das<br />

„kreative Wenn“. Was wäre wenn ich mich in dieser oder<br />

jenen Situation befinden würde. Oder auch: Was wäre<br />

wenn das und das passieren würde? Was würde ich tun?<br />

Der Entstehungsprozess, die Suche nach dem „kreativen<br />

Wenn“ entsteht durch das Prinzip von Logik und<br />

Folgerichtigkeit. Denn alles was auf der Bühne passiert<br />

muss logisch, praktisch und zweckmäßig sein. Der<br />

Schauspieler darf seine Handlungen, sein Spiel auf der<br />

Bühne nicht ins leere Laufen lassen.<br />

Auf der Bühne gilt das sogenannte „Zug um Zug Prinzip“.<br />

Als Schauspieler müssen wir auf unseren Partner<br />

reagieren. Wir müssen lernen die jeweilige Situation<br />

abzunehmen, unsere innere Entscheidung treffen und<br />

weiterspielen. Auf der Bühne gilt es die Handlung voran zu<br />

bringen. Nichts darf ins Leere laufen. Es gibt eine<br />

wunderbare Übung, mit nur sieben Worten jede Situation<br />

darstellen zu können.


Visionen werden<br />

7 Wirklichkeit<br />

Diese Übung gehört zu den Grundlage-Übungen für<br />

unsere „Phantasie Arbeit“. Ja. Ach. Warum. Sowie. Nein.<br />

Ja. Mit diesen Wörtern ist es möglich verschiedene<br />

Situationen, wie beispielsweise ein Telefongespräch,<br />

Trennung, Entlassung oder ein freudiges Ereignis,<br />

darzustellen. Noch immer lag <strong>Romy</strong> auf dem Boden. Sie<br />

flüsterte mit einer so zerbrechlich klingenden Stimme:<br />

„Angst, Angst ist das was mich belastet. Ich werde diese<br />

furchtbare Angst nicht los! Was kann ich nur tun um diese<br />

Angst endlich zu verlieren???“<br />

Sie wandte sich Tara zu und blickte sie fragend an. „Gibt<br />

es nicht eine Technik, eine Hilfestellung... irgend etwas...<br />

um diese schreckliche Angst zu besiegen. Diese Angst<br />

kann ich gar nicht beschreiben, ich habe das Gefühl sie<br />

zerreißt mich innerlich.“Ihre Blicke trafen sich, eine<br />

unmerkliche Stille machte sich breit. „Angst auf der Bühne<br />

können wir Schauspieler bekämpfen. Das ist nur eine<br />

Frage der Technik. Die Technik ist die Beschäftigung mit<br />

dem inneren und äußeren Objekt. Die tiefe Beschäftigung<br />

mit dem Objekt gibt uns Sicherheit auf der Bühne.“<br />

Doch was ist das innere und äußere Objekt? Um bei der<br />

Schauspieltechnik nach K.S. Stanislawski zu bleiben: Die<br />

Auseinandersetzung mit dem „Objekt“ gehört zu der<br />

Grundlage einer jeden Schauspieltechnik, sie ist<br />

Grundsatz. Bühnenkonzentration bedeutet die<br />

Aufmerksamkeit dem konkreten Projekt und Objekt zu<br />

widmen. Auf der Bühne gilt es privates zu lösen und<br />

Hemmungen zu verlieren. Schauspieler müssen ihre<br />

Aufmerksamkeit auf das sogenannte „Objekt“<br />

konzentrieren. Das heißt, ihre Aufmerksamkeit dem Objekt<br />

schenken. Ausstrahlung bedeutet Konzentration. Die<br />

Aufmerksamkeit ist die innere Energie, der Kraftstoff mit<br />

dem wir die Bühne betreten. Ein gutes inneres<br />

Selbstgefühl macht Ausstrahlung, innere Lebendigkeit<br />

verleiht uns ein besonders Licht. In diesem Licht gilt es auf<br />

der Bühne zu erstrahlen. Ein klares Objekt bedeutet der<br />

Fluß auf der Bühne. Die Handlung wird voran gebracht, es<br />

passiert etwas. Hat der Schauspieler dieses Objekt<br />

verloren, oder seine Aufmerksamkeit nicht in dem<br />

erforderlichen Maße dem Objekt gewidmet, entsteht ein<br />

Loch – Leerlauf. Das Objekt ist ein Teil von uns. Je tiefer<br />

die Beschäftigung mit dem Objekt, desto größer ist die<br />

Sicherheit des Schauspielers auf der Bühne. Das<br />

Angstgefühl, von dem <strong>Romy</strong> immer wieder spricht kann<br />

der Schauspieler mit Hilfe dieser Objektarbeit bekämpfen,<br />

bzw. reduzieren. In dem Moment wo der Schauspieler die<br />

Bühne betritt, existiert für ihn lediglich das hier und jetzt,<br />

Ich und mein Objekt.<br />

Ein mögliches Objekt kann der Spielpartner, die<br />

Spielpartnerin sein, oder auch Requisiten wie Tisch, Bank,<br />

Stuhl, Schmuck oder Kleidungsstücke. Auf der Bühne<br />

leben wir von der Illusion, uns macht alles Freude was uns<br />

in die Hände fällt. Der Schauspieler hat die Begeisterung<br />

eines Kindes in sich. Mit dieser Begeisterung in sich, setzt<br />

er sich intensiv mit seinem Spielpartner, wenn gegeben,<br />

oder einem möglichen Gegenstand, wie beispielsweise<br />

einer Puderdose, auseinander. Die intensive<br />

Auseinandersetzung mit dem Objekt lässt den<br />

Schauspieler die öffentliche Situation vergessen und somit<br />

gelingt es ihm seine Ängste zu verlieren. Der Druck vor<br />

der Öffentlichkeit zu versagen, einen Fehler zu machen<br />

verliert sich somit. Da ich nun die Aufmerksamkeit nicht<br />

mehr meinen Ängsten, und einem möglichen versagen<br />

widme, sondern ich meine gesamte Aufmerksamkeit nun<br />

der Beschäftigung mit einem Objekt widme. Je tiefer die<br />

Beschäftigung mit dem Objekt, desto wahrhaftiger ist das<br />

Spiel des Schauspielers auf der Bühne. Denn die<br />

Beschäftigung mit dem Objekt ist stärker als der Gedanke<br />

an die Angst. Denn Angst schafft Verklemmung. Diesen<br />

Satz müssen sich Schauspieler immer und immer wieder<br />

ganz tief in ihr Bewusstsein rufen. Dies gilt für die äußeren<br />

Objekte. Das innere Objekt muss der Schauspieler selbst<br />

erschaffen, um sich mit diesem zu beschäftigen. Mit dem<br />

inneren Objekt gilt es, sich genauso intensiv auseinander<br />

zu setzten wie mit dem Äußeren. Unsere inneren Objekte<br />

sind unsere Gedanken, und die inneren Bilder, die nötig<br />

sind um eine Figur zu erschaffen. Das Objekt wirkt auf<br />

mich als Schauspieler und schließlich auf die innere<br />

Sinnesempfindung. Um <strong>Romy</strong> den in der Theorie so<br />

komplexen Inhalt mit der Auseinandersetzung eines<br />

möglichen Objekts praktisch zu demonstrieren, begibt sich<br />

Tara zu ihr. „Ich werde mich nun, drei Minuten lang mit<br />

deinen Haaren auseinandersetzen. Denn sie sind mein<br />

jetziges Bühnenobjekt.“ Tara beginnt mit der<br />

Auseinandersetzung ihres selbst gewählten Objektes –<br />

<strong>Romy</strong>s Haare. Sie untersucht sie ganz genau, betrachtet<br />

sie vom Ansatz bis zu den Spitzen. Jedes noch so keine<br />

und dünne Haare beäugt sie zuerst einzeln, dann in der<br />

Gesamtheit. Kein einziges Wort kommt über die Lippen.<br />

Minutenlang widmet sie sich diesem, ihrem Objekt. „So<br />

wie ich mich grade eben mit deinen Haaren beschäftigt<br />

habe, kann ich mich mit jedem anderen selbst gewähltem<br />

oder vorgeschlagenem Objekt widmen. Das ist ganz<br />

einfach. Du wirst sehen, wenn du es selbst versuchst, das<br />

du Zeit und Raum dabei vergisst. Das Gefühl was du hast,<br />

deine Angst, ist plötzlich nicht mehr wichtig.


Visionen werden<br />

7 Wirklichkeit<br />

Weil du deine ganze Aufmerksamkeit deinem Objekt<br />

schenkst. Das Objekt ist eine Stütze, und zugleich ein<br />

Schutz, der dir deine Ängste nimmt.“ <strong>Romy</strong> hatte von jener<br />

Technik noch nie etwas gehört. Doch sie war<br />

Schauspielerin genug, um das kleine Kind in sich sofort zu<br />

aktivieren und jenes von Tara demonstrierte Beispiel<br />

selbst zu erproben. Ihr favorisiertes Objekt war eine<br />

halbvolle Zigarettenschachtel, der sie nun all ihre<br />

Aufmerksamkeit schenkte. Sehr schnell fand sie gefallen<br />

an dieser simplen Übung. Auch sie konnte sich<br />

minutenlang mit ihrer Zigarettenschachtel beschäftigen.<br />

Zuerst betrachtete sie diese ganz genau, nahm alle<br />

Zigaretten einzeln heraus, um auch diese zu betrachten<br />

und zu fühlen. Wie fühlt sich die Verpackung an? Was<br />

fühle ich mit geschlossenen Augen? Wie riecht diese<br />

Schachtel? Was kann ich damit alles machen?<br />

<strong>Romy</strong> begann die Schachtel nach oben zu werfen, um sie<br />

anschließend wie einen Ball wieder aufzufangen. Sie<br />

wollte gar kein Ende finden, und sich noch weitere<br />

Minuten mit ihrem Objekt beschäftigen. Als sie ihre<br />

Beschäftigung mit dem Objekt beendet hatte war auch sie<br />

der Meinung, dass diese Form des Trainings ein<br />

möglicher Weg sein könnte um ihre Angst zu besiegen.<br />

„Ich blende einfach alle anderen Gedanken aus. Es gibt<br />

nur noch mich und das jeweilige Objekt. Die Gedanken an<br />

das Publikum... die Kritiker verlieren sich... das ist<br />

eigentlich eine so simple und doch so effektvolle Methode“<br />

Das neu erlangte Wissen über die „Objekt Arbeit“<br />

beflügelte <strong>Romy</strong> nun noch mehr an dem<br />

Entstehungsprozess eines eigenen Theaterstückes zu<br />

arbeiten. Nach einiger Zeit des intensiven<br />

auseinandersetzen mit der Materie wurde ihr klar, das ein<br />

eigenes Theaterstück nicht mal eben aus der Hand zu<br />

schütteln sei, und keine Arbeit für Wochen oder Monate<br />

ist, das wäre viel komplexer. Die Entstehungszeit wäre<br />

eine wesentlich längere. Schließlich wäre es ihr, und auch<br />

Tara nicht möglich gewesen, sich ausschließlich nur mit<br />

diesem Projekt zu befassen. Die Arbeit im Moskauer<br />

Theater musste weiter gehen, genauso die neuen<br />

Filmarbeiten von <strong>Romy</strong>. Schließlich gab es Verträge,<br />

welche man einhalten musste. Doch dieses Projekt<br />

betrachteten beide Freundinnen als interessant und<br />

durchaus ausbaufähig. Ihr Ziel war es die innere<br />

Motivation, die einen Schauspieler beflügelt auf die Bühne<br />

zu gehen, darzustellen. Schauspiel als Instrument zu<br />

erklären, Schauspiel als den Ort des Entstehens, der<br />

großen Visionen von Regisseuren zu erklären. Schauspiel<br />

erst einmal zu definieren. Im Laufe der Zeit, je intensiver<br />

die Beschäftigung mit der Thematik, desto mehr Fragen<br />

kamen auf, desto mehr Erklärungsbedarf bestand.Der<br />

Gedanke, jenes wertvolle Wissen, was sie von den großen<br />

Regiesseuren erlernt haben, der neuen Generation weiter<br />

zu geben. Natürlich gibt es entsprechende Lektüre, die es<br />

einem jungen Schauspieler ermöglichen darüber zu lesen.<br />

Doch ist das alles mehr als schwer zu verstehen, wenn<br />

man ein Anfänger ist und darüber noch nie etwas gehört<br />

hat. Es wäre doch viel interessanter dieses ganze Wissen,<br />

von Schauspielern, durch die großen Meister erlangt,<br />

schöpferisch darzustellen, auf der Bühne zu kreieren.<br />

Warum immer nur Stoffe darstellen die alle möglichen<br />

Handlungen erklären. Warum gibt es nicht ein Stück<br />

welches uns etwas über Schauspiel und seine Technik<br />

verrät. Wäre das nicht ein völlig neuer Ansatz, der<br />

komplexen Auseinandersetzung mit der Schauspielkunst?<br />

Die Quintessenz verschiedener Schauspieltechniken<br />

zusammen zu fassen in einem Theaterstück. Sie wollten<br />

nichts überstürzen, nichts übers Knie brechen, denn das<br />

wäre von Anfang an der falsche Weg für ihr Projekt<br />

gewesen, und sicherlich eine Totgeburt.<br />

<strong>Romy</strong> warf ein: Es gibt so vieles was ich über mich sagen<br />

möchte. Was ich über meinen Beruf sagen möchte. Ich<br />

wünsche mir, diesen Beruf den Menschen näher zu<br />

bringen. Schauspiel betrachte ich als eine Art Schule des<br />

Lebens. Schauspiel gibt uns die Möglichkeit Dinge aus<br />

einer komplett anderen Perspektive zu betrachten. Diese<br />

Denkweisen die wir im Laufe der Zeit durch Schauspiel<br />

erlernt haben können uns auch im alltäglichen Leben sehr<br />

von Nutzen sein. Denn eigentlich ist alles ganz einfach.<br />

Auf der Bühne ist eigentlich immer alles ganz einfach, im<br />

Film noch mehr. Wenn wir ehrlich sind, und uns der<br />

näheren Auseinandersetzung mit dieser Thematik<br />

unterziehen, stellen wir fest, das die gleichen Erkenntnisse<br />

auch für unser alltägliches Leben gelten.“ Schauspiel ist<br />

die Lehre der Argumentation. Auf der Bühne gilt es<br />

permanent seine Figur zu verteidigen, das bedeutet unter<br />

anderem Argumentation. Nun ja, eine gute<br />

Argumentationstechnik kann uns auch im alltäglichen<br />

Leben sehr von nutzen sein. Auf der Bühne unterscheiden<br />

wir zwischen drei verschiedenen Logiken: Der<br />

Induktionslogik, (vom Besonderen auf das allgemeine<br />

schließen), der Deduktionslogik (logisches, folgerichtiges<br />

schließen), und der Implikationslogik (verwickeln,<br />

einwickeln).Argumentationstheorie und Logik<br />

(Folgerichtigkeit) sind wesentliche Bestandteile der<br />

Schauspielkunst, mit denen sich ein jeder Schauspieler<br />

zuerst einmal intensiv auseinander setzten muss.


Visionen werden<br />

7 Wirklichkeit<br />

K.S.Stanislawski unterscheidet zwischen zwei Etappen:<br />

der schöpferische Prozess des Lebens und dem<br />

schöpferischen Prozess des Körpers. Beides gilt es zu<br />

intensivieren, zu begreifen. Hat der Schauspieler diese<br />

beiden Etappen verinnerlicht, erschließt sich ihm eine<br />

neue Frage. Wie definiere ich das Denken auf der Bühne?<br />

Denken auf der Bühne ist die Konsequenz des<br />

Empfindens. Dadurch gelangen wir zu den besagten<br />

Bildern vor unserem inneren Auge. Das innere Auge sieht<br />

Bilder, das ist unsere Vorstellungskraft, die nötig ist um ein<br />

kreatives Geschehen auf der Bühne überhaupt entstehen<br />

zu lassen.<br />

<strong>Romy</strong>s Gedanken vertieften sich immer mehr in die<br />

Materie der Schauspieltechnik und deren Grundlagen. Sie<br />

wollte verstehen und begreifen. Sie war fest davon<br />

überzeugt, das je intensiver sie die Grundlagen und deren<br />

Techniken verinnerlicht und begriffen hat, desto schneller<br />

können sich ihre Ängste reduzieren. Sie wollte zu dem<br />

Punkt kommen wo sie die Außenwelt und die Realität<br />

komplett vergessen könne, auf der Bühne und vor der<br />

Kamera. Sie glaubte fest daran, ihre Angst damit endlich<br />

besiegen zu können. Richtig hatte sie bereits 1968<br />

erkannt: „Die Angst die ich habe, dieses Lampenfieber,<br />

das kann ich gar nicht beschreiben. Und um dieses<br />

Lampenfieber, die Angst die ich habe zu nutzen, da muss<br />

man schon sehr weit sein, sehr viel Souveränität<br />

mitbringen. Und die habe ich noch nicht, die kann ich gar<br />

nicht haben, dazu fehlt mir einfach die Erfahrung.“<br />

Die Erfahrung ist ein wichtiger Bestandteil um sich die<br />

Ängste, das Lampenfieber nutzbar zu machen. Doch<br />

Erfahrung ist nichts ohne eine Technik, das hatte <strong>Romy</strong><br />

nun verstanden, und daran wollte sie arbeiten. Schnell war<br />

die Frage aufgekommen, was denn eigentlich Schauspiel<br />

sei? Was ist Schauspiel? Ein Schauspieler stelle sich zwar<br />

permanent zur Schau, indem er verschiedene Rollen<br />

verkörpert, ihnen Leben einhaucht. Ihnen Fleisch und<br />

Seele gibt. Er spielt die Rolle. Doch Schauspiel ist viel<br />

mehr als nur eine Rolle zu „spielen“.<br />

Spielen ist nichts anderes als handeln, handeln aus der<br />

Sicht der Figur und handeln aus der Sicht der Situation.<br />

Der Aufbau einer jeden Rolle beschäftigt sich mit der<br />

Suche nach dem inneren Leben der Figur. Die Aufgabe<br />

des Schauspielers ist es seine Rolle zu verkörpern, sie<br />

nicht zu spielen, zu markieren. Ich bin diese Rolle – ich<br />

verkörpere meine Rollenfigur. Schauspiel ist ein<br />

sinnliches, praktisches, zielbewusstes, funktionelles,<br />

konsequentes, logisches handeln. Kurz: Schauspiel ist<br />

praktisches handeln. Alles was ein Schauspieler auf der<br />

Bühne tut, geschieht aus dem inneren Impuls heraus. Der<br />

innere Impuls ist die innere Entscheidung. Jede Aufgabe<br />

muss ein praktisches Ziel beinhalten.<br />

Jede neue Handlung muss uns neue Informationen zu der<br />

zu verkörpernden Figur geben. Entscheidend dabei ist,<br />

das sich die Handlung nicht wiederholen darf. Die<br />

Handlung auf der Bühne ergibt sich schließlich aus Ketten<br />

von Reaktionen. Auf der Bühne müssen wir lernen, das<br />

Wichtigste zu konzentrieren, so dass wir das Entstehen<br />

von sogenannten “Löchern“ vermeiden.<br />

Die Quintessenz zusammengefasst in der Theorie der<br />

Schauspielkunst: Schauspiel besteht aus Synthese und<br />

Analyse. Synthese: Der Schauspieler konzentriert sich auf<br />

die Quintessenz der Figur. Dabei ist es Grundsatz, das<br />

Wichtige zu merken, zu speichern und das Unwichtige zu<br />

vergessen. Nichtigkeiten belasten die Rolle und bringen<br />

die Szene nicht voran, sie bringen uns in ein Loch, so<br />

dass sich die Szene nicht weiterentwickeln kann. Ist der<br />

Moment eines solchen Loches, eines Leerlaufs erreicht,<br />

dreht sich die Szene im Kreis, es passiert nichts. Die<br />

Spannung ist raus und der Zuschauer langweilt sich.<br />

"Als Schauspielerin gehe ich immer zum nächsten Ziel. Ich<br />

untergliedere meine Szene in Abschnitte und Aufgaben.<br />

Ich orientiere mich an den Hauptmerkmalen... ich gehe<br />

immer zum nächsten Ziel meiner Figur.“<br />

Analyse: Wir gehen ins Detail der Rolle, wir zergliedern sie<br />

in Einzelheiten. Das heißt nichts anderes, als die Situation<br />

genau unter die Lupe zu nehmen. Ist die Rolle nun in alle<br />

Einzelheiten zergliedert geht der Schauspieler zum<br />

nächsten Abschnitt. Ganz am Anfang der Szene denkt der<br />

Schauspieler an das erste Ziel seiner Figur, dieses Ziel gilt<br />

es unter allen Umständen zu verfolgen. Ist dieses Ziel<br />

erreicht geht er zum nächsten Ziel. Dabei ist eine gut<br />

definierte Aufgabe von größter Wichtigkeit, denn eine gut<br />

definierte Aufgabe enthält ein praktisches Ziel.<br />

Ich habe mir angewöhnt jede Situation in drei<br />

verschiedenen Teil-Situationen zu spielen, das bringt mir<br />

das bessere Verständnis für die jeweilige darzustellende<br />

Situation! Um ein krasses Beispiel zu benennen: Ich sitze<br />

auf einem Stuhl an einem Tisch und trinke Whisky. Ich<br />

stelle mir also die Frage warum trinke ich Whisky? In der<br />

Regieanweisung steht, ich sitze auf einem Stuhl, an einem<br />

Tisch, und trinke Whiskey. Für mich als Schauspielerin gilt<br />

es nun zu definieren warum ich ihn trinke, um mir die<br />

eigentliche Situation des Geschehens auf der Bühne zu<br />

verdeutlichen. Ich kann diesen Whisky als Belohnung für<br />

einen langen Arbeitstag trinken, und damit den Tag<br />

ausklingen lassen,


Visionen werden<br />

7 Wirklichkeit<br />

dazu genüsslich eine Zigarette rauchen. Das Trinken ist in<br />

dieser Situation eine Belohnung, verbunden mit Genuss.<br />

Das ist die erste Möglichkeit. Die zweite Möglichkeit ist<br />

diesen Whisky zu „saufen“ ich trinke Whisky um zu<br />

vergessen. Mein Leben ist die Hölle und ich will mich der<br />

Realität des Lebens entziehen und betrinke mich so lange<br />

bis ich das alles vergessen habe, in meiner eigenen Welt<br />

lebe, und schließlich einschlafe.<br />

Der Whisky ist hier das Mittel um mich volllaufen zu<br />

lassen, um zu vergessen, meine Nerven zu betäuben. Die<br />

dritte Variante: Ich bin Sommelier, und meine Aufgabe ist<br />

es, das Zeug zu Verkosten um meine Bewertung für das<br />

Getränk abzugeben. Ich trinke also, weil es mein Job ist<br />

das Getränk zu bewerten. Ich mache also drei Mal<br />

dasselbe! Ich trinke Whisky. Doch drei Mal ist die<br />

Motivation, das was dahinter steckt eine komplett andere.<br />

Meine Aufgabe als Schauspieler ist es dem Zuschauer<br />

deutlich zu erkennen zu geben, aus welcher Motivation<br />

heraus ich diesen Whisky trinke.<br />

Das gilt für jede Handlung auf der Bühne, die Motivation<br />

muss zu erkennen sein.“<br />

Während <strong>Romy</strong> nun in ihre Hausbar griff um eine Flasche<br />

Whisky herauszuholen und die Situation praktisch zu<br />

demonstrieren, war Tara bereits beim nächsten<br />

wesentlichem Punkt der Technik angelangt. „Die<br />

Handlung klar und sauber darzustellen ist die eine Sache.<br />

Doch nach der Handlung muss etwas passieren, du<br />

kannst schlecht die ganze Zeit dasitzen und Whisky<br />

trinken. Ein Drehpunkt muss folgen, etwas was die<br />

Handlung voran treibt, beispielsweise ein Störfaktor.“<br />

Auf der Bühne haben wir eine klare Aufgabe, permanent<br />

denken wir mit unserer Aufgabe. Die Aufgabe definiert<br />

sich entsteht eine neue Beziehung und eine neue<br />

Atmosphäre. Die Situation auf der Bühne muss sich<br />

während einer Szene mindestens einmal wesentlich<br />

ändern. Dazu brauchen wir entweder einen Drehpunkt,<br />

oder einen emotionalen Bruch. Das sind zwei Vorgänge.<br />

Ein Vorgang ist die Kette von motivierten, logischen<br />

Handlungen mit einer gemeinsamen Aufgabe.<br />

Ein Drehpunkt bringt die hundertprozentige Änderung der<br />

Situation auf der Bühne. Unsere Handlung auf der Bühne<br />

braucht mindestens einen, bzw. mehrere Kontrapunkte,<br />

emotionale Bruchstellen. Das können Emotionen sein wie:<br />

Aggression, Trauer, Glück, Verzweiflung. Ein Drehpunkt<br />

ist ein Grenzmoment. <strong>Romy</strong> warf ein: „Du redest von<br />

einem Störfaktor, ich sitze hier und betrinke mich sinnlos,<br />

ich finde das toll. Das ist die momentane Situation die<br />

i<br />

ich darstellen möchte. Komm her und sei mein Störfaktor.<br />

Das mit dem Drehpunkt verstehe ich noch nicht so ganz,<br />

ich will es mir aber begreiflich machen.“<br />

<strong>Romy</strong> sitzt am Tisch ihres Wohnzimmers auf einem<br />

bequemen Polsterstuhl, im Schneidersitz. Sie lacht: „Auf<br />

dich, auf mich, auf die ganze Welt. Auf das Leben. Auf all<br />

die Idioten und den ganzen Mist“<br />

Freudig trinkt sie vor sich hin, sie ist glücklich darüber das<br />

sie nun dort sitzt, und ihren Whisky trinkt. Stundenlang<br />

könnte sie diese Situation darstellen. Plötzlich kommt<br />

Tara, der Störfaktor der Szene. Die Handlung <strong>Romy</strong>s war<br />

bis jetzt klar dargestellt und eindeutig zu erkennen. Sie<br />

trinkt um das Leben um sich herum zu vergessen, in<br />

diesem Moment ist sie glücklich. Plötzlich tritt der<br />

Störfaktor auf und die Situation kippt. Die Handlung<br />

verändert sich. Ohne ein Wort zu sagen betritt Tara die<br />

imaginäre Bühne, nimmt sich Glas und Flasche und<br />

verschwindet. <strong>Romy</strong> bleibt plötzlich ohne ihr Requisit<br />

zurück am Tisch.


Visionen werden<br />

7 Wirklichkeit<br />

„Die Handlung hatte sich wesentlich verändert. Plötzlich<br />

hatte <strong>Romy</strong> einen emotionalen Bruch auf der Bühne. Nun<br />

war sie nicht mehr glücklich, und das Leben war ihr nicht<br />

mehr egal. Die Last des Lebens überkam sie, und sie<br />

verfiel in Aggression. Sie schlug auf den Tisch und schrie,<br />

alles was sie belastete lies sie nun heraus. Dann wurde es<br />

ruhig, so als würde man eine Stecknadel hören, die zu<br />

Boden fällt. Sie schaute ins imaginäre Publikum.<br />

Während der Zeit der Stille hatte sie eine innere<br />

Entscheidung getroffen, ein erneuter emotionaler Bruch<br />

trat auf. Sie verfiel in Trauer und stellte sich den<br />

Problemen, um einen Lösungsweg für eine jeweilige<br />

Problemlösung zu finden. „Okay, das war doch schon mal<br />

nicht schlecht, Tara. Also halten wir fest: Für die Handlung<br />

auf der Bühne sind Kontrapunkte nötig. Der Moment der<br />

inneren Entscheidung ist mein Drehpunkt. Ein Drehpunkt<br />

kann beispielsweise auch durch einen Vorgang entstehen,<br />

auch das bringt die Handlung voran.“<br />

Etliche Stunden hatten sich die beiden Freundinnen nun<br />

intensiv mit der Schauspielkunst auseinander gesetzt.<br />

Viele Notizen und gemeinsame entwickelte Denkansätze<br />

hatte Tara in ihrem Buch festgehalten. Fest stand: „Sie<br />

müssen sich unbedingt öfter treffen, um aus diesen<br />

Denkansätzen ein Konzept zu erstellen, einen Plan zu<br />

entwerfen, der eines Tages wirklich einmal auf die Bühne<br />

gehen kann. Am Besten natürlich dargestellt von ihnen<br />

beiden. Sie versprachen sich gegenseitig ihren Plan erst<br />

einmal geheim zu halten.<br />

Sie wollten etwas in der Hand haben, etwas Vorzeigbares<br />

ausgearbeitet haben, bevor sie große Töne über ein<br />

mögliches Projekt verlieren.<br />

Wir sind heute sehr weit gekommen, wenn wir uns in den<br />

nächsten zwei Tagen noch genau so intensiv damit<br />

auseinander setzen... sehe ich einen guten Weg für die<br />

Realisierung unserer Vision. Ich glaube, das dass was wir<br />

über Schauspielerei sagen wollen und sagen werden,<br />

noch kein Schauspieler und kein Regisseur so ehrlich dem<br />

Publikum präsentiert hat!“<br />

Davon war auch Tara überzeugt. Sie war froh endlich<br />

einen Weg gefunden zu haben, all das erlernte weiter in<br />

die Welt zu tragen, es mit den Menschen zu teilen, die<br />

genau so sehr für den Beruf lebten wie sie es tat. „Dieses<br />

erlernte Technik in Kombination mit den Theorien nach<br />

Stanislawski sind etwas so wunderbares für Schauspieler,<br />

diese Technik liefert völlig neue Erkenntnisse über die<br />

Arbeit eines Schauspielers. Die Welt muss das sehen. Wir<br />

können das nicht in verschlossenen Räumen praktizieren,<br />

um Niemanden davon partizipieren zu lassen. Das wäre<br />

sinnlos“.<br />

Sie beide hatten das gleiche Ziel vor Augen und einen<br />

gemeinsamen Weg vor sich. Das Phänomen<br />

Schauspielkunst in Zusammenhang mit der menschlichen<br />

Ebene betrachten. Denn am Ende ist Schauspiel die<br />

Lehre der Argumentation und der Mensch steht im<br />

Zentrum dieser Lehre.


8 Seelenleben<br />

„<strong>Romy</strong> war nicht nur eine Schauspielerin.<br />

Sie war viel mehr, sie war Vermittlerin zwischen den<br />

imaginären Welten in der Kunst und in der Phantasie.<br />

Vermittlerin zwischen der Welt der großen Regisseure<br />

und der Welt des Publikums. Dem Publikum, das<br />

gefangen ist in der Welt des Alltags.<br />

Uns allen hat <strong>Romy</strong> Schneider so unendlich viel gegeben,<br />

immer hat sie sich selbst und ihre Seele dem Zuschauer<br />

Preis gegeben. Ihre Gefühlswelt und ihr innerstes<br />

Seelenleben hat sie mit uns auf der Leinwand geteilt. In<br />

jedem einzelnen Film, in jeder einzelnen Rolle hat sie uns<br />

einen Teil von dem Menschen <strong>Romy</strong> gezeigt. Natürlich<br />

spielte <strong>Romy</strong> auch Rollen, die nicht unbedingt etwas mit<br />

ihrer Person zu tun hatten, Rollen die völlig andere<br />

Charaktere hatten, als <strong>Romy</strong> es eigen war. Auf der<br />

Leinwand und auf der Bühne steht <strong>Romy</strong> in einer<br />

erdachten, konstruierten Situation, in dieser Situation<br />

handelt <strong>Romy</strong> nach den Vorgaben und Anweisungen des<br />

jeweiligen Regisseurs.<br />

Mit jeder einzelnen Rolle die <strong>Romy</strong> jemals verkörperte, hat<br />

sie uns auch etwas von dem Mädchen <strong>Rosemarie</strong> Albach<br />

gezeigt. Die ganze Bandbreite der menschlichen<br />

Charaktere hat <strong>Romy</strong> ihrem Publikum präsentiert. Auf der<br />

Leinwand war <strong>Romy</strong> die Märchenprinzessin. Später<br />

spielte sie die gleiche Rolle jener Märchenprinzessin aus<br />

vergangenen Tagen als reife Frau – zweimal hauchte sie<br />

der Kaiserin Elisabeth von Österreich Leben auf der<br />

Leinwand ein. Sie spielte das liebe Mädchen von<br />

nebenan, den verführerischen Vamp, eine Prostituierte,<br />

eine Mörderin, Opfer- und Täterrollen. Sie ließ uns am<br />

Leben ihrer Rollenfiguren teilhaben und hat uns<br />

mitgenommen auf eine Reise durch das Leben ihrer<br />

darzustellenden Charaktere.<br />

Sie hat uns an die Hand genommen und in das<br />

Seelenleben der unterschiedlichsten Menschen hinein<br />

geführt. Sie gab uns die Möglichkeit zu erfahren, was<br />

dahinter steckt. Was für eine Geschichte die Menschen<br />

die sie spielte durchleben mussten, um zu dem Menschen<br />

zu werden, den wir in der Rolle zu Gesicht bekommen.<br />

<strong>Romy</strong> hat in ihren Rollen gezeigt, das es die Umstände<br />

sind, die einen Menschen zu dem machen was er im<br />

Laufe der Jahre darstellt. Sie hat uns geholfen, uns ein<br />

Stück weit in diese Menschen hinein zu versetzen und<br />

hinein zu fühlen. Viele Charaktere der Menschen, die ihr<br />

Publikum wiederspiegelt, hat <strong>Romy</strong> gespielt.<br />

Sie war für diese Menschen eine Lebenshilfe, sie konnte<br />

sich mit den Rollen identifizieren. <strong>Romy</strong> selbst ist an der<br />

Rolle, die das Leben für sie bereit hielt, zerbrochen und<br />

daran zu Grunde gegangen.<br />

Ihre privaten Niederlagen, ihr Martyrium spielte sich vor<br />

unseren Augen ab. Erfolg und Ruhm gingen Hand in Hand<br />

mit dem Fluch und all den Niederlagen, die ihr Privatleben<br />

überschatteten. Ihr Herz und ihre ganze Liebe gehörten<br />

dem Beruf der Schauspielerei. Diese Liebe zum Beruf ist<br />

ein wahrer Segen, doch auch ein ebenso großer Fluch. In<br />

<strong>Romy</strong>s Privatleben steigerten sich Gefühle wie Glück und<br />

Freude, Angst und Trauer, Wut und Jähzorn ins<br />

Unermessliche.<br />

Euphorie und Schwermut. Als Schauspieler gilt es den<br />

Weg zu starken szenischen Emotionen zu finden. Ist<br />

dieser Weg erst einmal gefunden, ist es fast unmöglich<br />

diesen Weg jemals wieder zu verlassen. Im alltäglichen<br />

Leben sind es Kleinigkeiten, fast schon Nichtigkeiten,<br />

welche die meisten Menschen als gegeben hinnehmen,<br />

ihnen keine weitere Beachtung schenken und weiter<br />

leben, so als wäre nie etwas gewesen. Ein Schauspieler<br />

durchlebt diese Momente anders – das heißt, ein<br />

Schauspieler durchlebt diese Momente mit einer größeren<br />

Intensität. Diese Intensität ist oftmals so stark, das der<br />

Schauspieler daran zerbricht, wenn es sich bei den<br />

durchlebten Gefühlen um Trauer oder Verlust handelt. Im<br />

positiven Sinne, bei der Empfindung von Glück und<br />

Freude ist es oftmals so, das andere leicht glauben<br />

könnten: Was ist denn mit dem los?<br />

Hat der irgendwelche Substanzen konsumiert? Wie kann<br />

man sich denn über eine derartige Bagatelle so belustigen<br />

und nicht mehr beruhigen?<br />

Das Phänomen Schauspieler – mit all seinen Licht- und<br />

Schattenseiten. Mit all seinen Farben und all den Narben<br />

die das Leben ihm zugefügt hat. Gefühlsintensitäten die<br />

uns privat zerstören können. Auf der Bühne leben wir von<br />

diesen starken Gefühlen. Doch privat können sie uns zu<br />

Boden werfen, uns nicht mehr aufstehen lassen, uns<br />

kaputt machen. Privat ist das, was im Beruf ein Geschenk<br />

ist, ein Fluch.


Diva und Popstar<br />

9 zugleich<br />

„Ich lache wenn mir nach lachen zu Mute ist... und ich<br />

Heule wenn mir nach Heulen ist... ich tue nichts mehr<br />

dafür um irgend jemandem eine Fassade zu verkaufen die<br />

es nicht gibt.“<br />

Jean-Claude Brialy erinnert sich an die Anfangszeit<br />

<strong>Romy</strong>s in Frankreich. „Christine“ so hieß ihr erster Film in<br />

französischer Sprache aus dem Jahr 1958, den gleichen<br />

Stoff spielte auch schon ihre Mutter lange vor ihrer Zeit.<br />

Ihr französisch war zu dieser Zeit geprägt von einem<br />

deutlichen deutschen Akzent, ihr Akzent trug zur<br />

allgemeinen Erheiterung ihrer Kollegen und der gesamten<br />

Filmcrew bei. Ihr Akzent war amüsant und niedlich<br />

zugleich – so dass sich ihre Kollegen den Spaß erlaubten,<br />

ihr dies immer wieder unter die Nase zu reiben. <strong>Romy</strong><br />

pikierte das sehr, sie fand es weder lustig, noch niedlich,<br />

noch amüsant. Ihre Kollegen trieben es soweit auf die<br />

Spitze, das <strong>Romy</strong> eines Tages die Wut packte und alles<br />

Greifbare um sich herum zu Boden warf. Jean-Claude<br />

Brialy suchte nach einfühlsamen Worten die <strong>Romy</strong> zur<br />

Besinnung und zum Einsehen bringen sollten: „Aber was<br />

soll das denn jetzt? Du bist doch nicht Scarlett in ‚Vom<br />

Winde verweht‘! Du wirst jetzt schön deine Sachen<br />

aufräumen. Die Garderobiere ist nicht deine Magd“.<br />

<strong>Romy</strong>s ausgeprägte Sensibilität nahm Brialys Worte<br />

einsichtsvoll zur Kenntnis und sie räumte alle Sachen<br />

wieder an ihren Platz, die sie im Anfall von Hysterie und<br />

Wut zu Boden geworfen hatte. <strong>Romy</strong> war damals ein<br />

junges Mädchen von zwanzig Jahren, das zwar bereits<br />

über Filmerfahrungen verfügte, doch noch im<br />

Entwicklungsprozess auf dem Weg zu einer „fertigen,<br />

reifen“ Frau stand. Sie war eine begabte Schauspielerin,<br />

die aber als Frau einfach noch nicht die Reife hatte. Ein<br />

Rohdiamant auf der Suche nach dem perfekten Schliff.<br />

Der Fotograf Robert Lebeck lernte <strong>Romy</strong> Schneider als<br />

erwachsene, reife Frau, als Diva kennen. <strong>Romy</strong> war zu<br />

der Zeit ein Diamant mit einem sehr feinen Schliff. Popstar<br />

und Diva zugleich, sie konnte verletzend und einfühlsam<br />

sein, hysterisch und gleichzeitig auf der Suche nach der<br />

perfekten Harmonie. <strong>Romy</strong>, das war ein Widerspruch in<br />

sich, das waren zwei Seelen die in einer Brust schlugen.<br />

In ihrer Brust schlug das Herz eines Wirkungstiers, das<br />

um jeden Preis nach Aufmerksamkeit heischte. Eine Frau,<br />

die am Liebsten abgeschottet von allem und mit sich<br />

selbst allein sein wollte. Robert Lebeck erinnert sich an<br />

sein erstes Zusammentreffen mit <strong>Romy</strong>, er sagte: „Schon<br />

ihr Blick war ein unheimlicher Flirt. Als wolle sie sagen: Sie<br />

gefallen mir. Sie gefallen mir sehr.“<br />

Das Fenster zu <strong>Romy</strong>s Seele, das waren ihre Augen. Mit<br />

Blicken konnte <strong>Romy</strong> Menschen ansprechen. Mit Blicken<br />

konnte sie ihnen das sagen was sie in dem Moment<br />

dachte und fühlte. Doch diese Blicke waren oft nicht für<br />

jedermann verständlich, nicht zu erfassen und nicht zu<br />

deuten. Ihre Gefühle in Worte zu packen und gegenüber<br />

ihrem Gesprächspartner auszusprechen war für <strong>Romy</strong> fast<br />

nicht möglich. <strong>Romy</strong> redete viel, trank viel und versuchte<br />

sich zu jeder Minute Lebeck mitzuteilen. Sie wollte sich<br />

und ihre Gefühle über die Bilder Lebecks, als Botschaft an<br />

den Betrachter der Bilder mitteilen und sich so offenbaren.<br />

Robert Lebecks Fotoserie von <strong>Romy</strong> Schneider ist<br />

wahrhaftig, authentisch und ehrlich.<br />

<strong>Romy</strong> spielt keine Rolle, <strong>Romy</strong> verneint übermäßige<br />

Schminke, <strong>Romy</strong> gibt sich pur und unverfälscht. In der<br />

Nacht schrieb sie Lebeck einen Zettel mit den Worten die<br />

sie unbedingt hatte sagen wollen, doch nicht sagen<br />

konnte. Auf einem kleinen roten Zettel stand geschrieben:<br />

„Du machst mir Angst. Ich mache mir Angst. Vergiss mich<br />

ganz schnell. Aber bitte sage mir noch gute Nacht.“<br />

In seiner Fotoserie sieht man <strong>Romy</strong> beim schminken,<br />

herumalbern und lachen. Robert Lebeck fotografiert <strong>Romy</strong><br />

mit seiner Leica, er betritt den Raum, die Tür ist<br />

angelehnt: Sie lag auf dem Bett, dann zog sie ihre Stiefel<br />

aus. <strong>Romy</strong>, noch immer auf der Suche nach sich selbst<br />

und nach der Liebe vergisst in diesen Momenten alles und<br />

greift nach seiner Zuneigung, seiner Aufmerksamkeit.<br />

Lebeck war in diesen Momenten nicht nur ein Fotograf,<br />

der den Auftrag hatte Fotos von <strong>Romy</strong> Schneider zu<br />

fertigen. Lebeck war viel mehr, ein Seelenverwandter und<br />

vor allem ein verständnisvoller Zuhörer, der <strong>Romy</strong> wirklich<br />

gesehen hatte und ein Ohr für jene Dinge hatte, die <strong>Romy</strong><br />

bewegten. Sie redeten bis morgens um vier und schliefen<br />

schließlich nebeneinander ein. Ihre Authentizität ist auch<br />

vor der Kamera spürbar. <strong>Romy</strong> spielt Rollen die sie selbst<br />

etwas angehen, Rollen mit denen sie sich identifizieren<br />

kann. Luchino Visconti beschreibt <strong>Romy</strong> als „sehr deutsch<br />

in dieser Mischung aus Schamlosigkeit und Keuschheit“.<br />

<strong>Romy</strong> durchlebt vor der Kamera die gesamte Bandbreite<br />

aller möglichen zu verkörpernden Charaktere, sie ist<br />

Opfer, Täter, Ehefrau und Prostituierte. Ihr Leben<br />

entgleitet ihr. Um den nötigen Halt, den <strong>Romy</strong> im Leben<br />

nicht mehr finden kann zu spüren, steigert sie sich<br />

vollends hinein in ihre größte Sucht – den Film. Der Film,<br />

das Leben vor der Kamera stellt für sie den Boden dar,<br />

der ihr privat entglitten ist. Im Film, so weiß sie, erhält sie<br />

den Bodenkontakt und Lebensinhalt, der sie weiter leben<br />

lässt.


Diva und Popstar<br />

9 zugleich<br />

<strong>Romy</strong> setzt Zeichen, in ihr steckt ein Wirkungstier das<br />

ausbrechen will – sich zeigen muss.<br />

Als <strong>Romy</strong> für ihren Film „Le Train“ vor der Kamera stand<br />

war es ihre Intension, ein Signal zu setzten „gegen die<br />

Nazitypen die in Deutschland immer noch etwas zu sagen<br />

haben.“ <strong>Romy</strong>s politisches Engagement und ihr<br />

unersättlicher Wissensdrang sind die Triebkräfte um das<br />

Medium Film für sich richtig einzusetzen. <strong>Romy</strong> ist nicht<br />

„feige“ - so stellt sie klar. Doch im Film ist nunmal vieles<br />

leichter über die Lippen zu bringen wie beispielsweise in<br />

einem Interview. „Im Film handele ich in einer meist<br />

erdachten und konstruierten Situation, doch ist in jeder<br />

erdachten und konstruierten Situation Wahrheit enthalten,<br />

Wahrheit die gesagt werden muss, Wahrheit die ich sagen<br />

will.“<br />

Tara vertraut <strong>Romy</strong> an: „Es ist die Aufgabe von uns<br />

Schauspielern, unser Publikum über bestehendes Unrecht<br />

aufzuklären.“<br />

So sagte sie ihrer Freundin Tara auch, das sie es nicht<br />

fassen könne, das Nazis von Einst in Deutschland auch<br />

nach Beendigung des zweiten Weltkrieges, noch immer in<br />

Rang und Namen ständen. Aus dem banalen Grund, das<br />

dieses zerstörte Deutschland jeden ausgebildeten<br />

Arbeiter, Beamten und Wissenschaftler händeringend<br />

verpflichten musste. „<strong>Romy</strong> hatte sehr viel gelesen, wollte<br />

ständig auf dem Laufenden sein - informiert sein. Früher,<br />

als wir uns kennen lernten sprach sie eine Sache vielleicht<br />

ein oder zweimal an. Doch in den letzten Lebensjahren<br />

sprach sie in einer ständigen Endlosschleife. Sie<br />

wiederholte permanent bereits Gesagtes und wollte ganz<br />

sicher sein das man es auch wirklich verstanden hatte.“<br />

<strong>Romy</strong> berichtete Tara in diesen Zeiten sehr detailliert über<br />

vergangenes Geschehen. Ihre Erzählungen glichen einem<br />

Film, der vor ihrem inneren Auge ablief, den sie teilen<br />

wollte. „Heute weiß ich das <strong>Romy</strong> das tun musste, weil sie<br />

die Dinge, die sich entwickelt haben nicht mehr ertragen<br />

konnte. Besonders den Tot von ihrem Sohn David konnte<br />

sie nicht ertragen. Hinzu kamen ihre Schuldgefühle Harry<br />

Meyen gegenüber nach seinem Tot.“<br />

<strong>Romy</strong> war ein Borderliner, und als solche agiert sie mit<br />

dem Talent das Borderliner zu eigen haben: sie können<br />

perfekt manipulieren, meist ohne das ihr Gegenüber es<br />

bemerkt. <strong>Romy</strong> erinnerte sich an Kleinigkeiten die vor<br />

Jahrzehnten passiert sind, und hatte mit diesen<br />

Nichtigkeiten einen Weg gefunden, um von ihren derzeit<br />

bestehenden Problemen abzulenken. So berichtete sie<br />

Tara in gesteigerter Häufigkeit über ihr Leben mit Delon,<br />

ihr Leben mit Harry Meyer und Daniel Biasini und darüber,<br />

das alle, außer Alain Delon, es nur auf ihr Geld<br />

abgesehen hatten. Anfangs glaubte Tara das <strong>Romy</strong> sich<br />

in ihren Erzählungen so oft wiederholte, weil sie Angst<br />

hatte, Tara würde es nicht oder falsch verstehen.<br />

Erst Jahre nach <strong>Romy</strong>s Tot wurde ihr klar das ihre<br />

permanenten Wiederholungen einfach ihre Angst war,<br />

falsch verstanden zu werden: „Sie glaube, je öfter sie eine<br />

Sache sagt, desto schneller wäre man ihrer Meinung, und<br />

desto schneller würde man sie wirklich verstehen. Das war<br />

es was sie brauchte, das Gefühl des wirklich verstanden<br />

werdens.“ Nach Davids Tot war <strong>Romy</strong>s psychische<br />

Verfassung in einem derart desolaten Zustand das sie<br />

ihren Nerven keine weiteren Probleme mehr zumuten<br />

konnte. Sie versuchte alles so weit es möglich war zu<br />

verdrängen, betäubte ihre Nerven mit Alkohol. „Ich habe<br />

mit <strong>Romy</strong> gesprochen wegen ihrem ständig ansteigenden<br />

Alkoholkonsum. Ich habe auch zu ihr gesagt sie müsse in<br />

ein Sanatorium gehen, was sie dann Gott sei Dank auch<br />

tat. Doch irgendwann habe ich bemerkt ich komme nicht<br />

durch, <strong>Romy</strong> lässt das was ich sage nicht an sich ran. Ich<br />

habe mich distanziert.“ Nachts lief Sie einsam und allein<br />

durch die Strassen von Paris. Wenn sie eine Telefonzelle<br />

erspäht hatte betrat sie diese und rief Tara tief in der<br />

Nacht an um ihr ihre Gedanke und Gefühle mitzuteilen.<br />

<strong>Romy</strong> leidet unter starken Albträumen, wie sie Tara verrät.<br />

Sie sieht Vater und Sohn vor sich die sie beide begraben<br />

hat, die beide viel zu früh dieses Leben verlassen haben.<br />

Bedingt durch den Konsum von Tabletten und Alkohol<br />

schleichen sich vereinzelt Halluzinationen ein gegen die<br />

<strong>Romy</strong> machtlos ist.Tags darauf ist sie plötzlich wieder<br />

völlig klar und gesteht sich selbst ein, zu viele Tabletten<br />

und Alkohol zu sich genommen zu haben. Sie müsse<br />

endlich wieder mehr arbeiten, um das alles besser zu<br />

verarbeiten. <strong>Romy</strong> war bekannt dafür, dass sie sich sehr<br />

intensiv mit ihrer jeweiligen beruflichen und privaten<br />

Situation auseinander setzte und vor allem mit den<br />

Statements, die über sie geschrieben wurden. Einige<br />

dieser Aufreger schienen Tara völlig nichtig und nicht<br />

relevant, andere wiederum waren berechtigt. Die<br />

Feministin und Autorin Alice Schwarzer ließ zum Thema<br />

Feminismus kein gutes Haar an <strong>Romy</strong>. <strong>Romy</strong> hätte<br />

„Männerfilme“ gemacht, so schrieb sie. Über die<br />

Aussagen Schwarzers ist auch <strong>Romy</strong>s Freundin<br />

Christiane Hölger erbost, über Alice Schwarzer sagt sie in<br />

einem Interview: „Sie warf <strong>Romy</strong> vor, dass sie sich nicht<br />

als Lesbierin geoutet habe.“


Diva und Popstar<br />

9 zugleich<br />

Ihre Affären zu Frauen stritt <strong>Romy</strong> keineswegs ab. Sie<br />

stand zu ihrer Neigung und vor allem zu ihren Gefühlen.<br />

Doch war <strong>Romy</strong>, nur weil sie lesbische Neigungen in sich<br />

trug keineswegs lesbisch, und auf keinem Fall stand sie in<br />

der Pflicht sich dieser Neigungen wegen zu outen. <strong>Romy</strong><br />

war impulsiv und sie lebte intensiv - und ihre Beziehungen<br />

zu Frauen, obgleich sie manches Mal nur kurzweilig<br />

andauerten, gehörten für sie eben dazu.<br />

Heute würden wir sagen <strong>Romy</strong> war Bi-sexuell, doch<br />

damals war das alles anders, die Menschen hatten einen<br />

anderen Bezug zu Homosexualität. <strong>Romy</strong> lebte ihrer Zeit<br />

weit voraus. „Unsere Kinder werden über uns lachen. Sie<br />

werden darüber lachen, wie verklemmt die Menschen in<br />

unserer Zeit waren. Ich hoffe und wünsche das die neue<br />

Generation anders ist... offen für alles... und vor allem<br />

offen für die Liebe.“<br />

Beschreibt beispielsweise heute ein Weltstar wie Rihanna,<br />

oder Katy Perry in einem Song wie: „I kissed a girl“ diese<br />

Thematik, gibt es Millionen denen diese Stars damit aus<br />

der Seele sprechen. Damals hätte es das Ende der<br />

Karriere des jeweiligen Stars bedeuten können. <strong>Romy</strong> war<br />

eine moderne Frau der es gelungen war sich aus den<br />

Denkmustern die ihr die Familie diktiert hatte zu lösen.<br />

Ihre Eltern stammen beide aus gutbürgerlichem Hause, an<br />

so etwas wäre wahrlich nicht zu denken gewesen. Doch<br />

<strong>Romy</strong> hat dafür gekämpft jene veralteten<br />

Verhaltensmuster gänzlich über Bord zu werfen – diesen<br />

Kampf hat sie gewonnen. Für sie war es<br />

ausschlaggebend, die Dinge zu tun die ihr Gefühl von ihr<br />

verlangte und nicht jene Dinge zu tun die ihr Kopf ihr<br />

sagte. „Ich bin für jeden Fehler den ich selbst tun kann<br />

dankbar. Doch bitte lasst mich brav meine eigenen Fehler<br />

machen... im Beruf bin ich für jeden Tipp und für jeden<br />

Ratschlag dankbar. Doch privat möchte ich davon<br />

gänzlich verschont bleiben.“<br />

Das war <strong>Romy</strong>s Devise und danach lebte sie. Vorschriften<br />

und Bevormundungen engten <strong>Romy</strong> ein und sperrten<br />

ihren Freigeist, das Wirkungstier in ihr ein. „Ich lasse mich<br />

nicht einsperren. Von Niemandem. Weder von der Mutter,<br />

noch von dem Stiefvater, noch von meinem Mann oder<br />

der Freundin – ich lebe nur einmal... und das so wie ich es<br />

für richtig halte.“<br />

Schrieb sie ihrer Freundin Tara als Antwort auf einen<br />

mehrseitigen Brief, in welchem Tara detailliert auf <strong>Romy</strong>s<br />

Tabletten- und Alkohol- Problematik eingeht. „Ich habe<br />

<strong>Romy</strong>s Idee von Freiheit verstanden. Ich dachte und fühlte<br />

genau wie sie. Doch komme ich aus einem Land wo die<br />

Verhältnisse gravierend anders waren als in dem Land in<br />

dem <strong>Romy</strong> lebte. Auch ich habe viele Gesetze gebrochen,<br />

Doch konnte ich darüber nicht so offen reden wie <strong>Romy</strong> es<br />

konnte... das war der Unterscheid... <strong>Romy</strong> konnte das<br />

schwer verstehen.“<br />

Kurze Affären hatte <strong>Romy</strong> nach beinahe jedem Dreh, auch<br />

während ihrer vierjährigen Verlobungszeit mit Alain Delon.<br />

Sie sagt: „Nach jedem Dreh gibt es einfach noch so viel<br />

überschüssiges Gefühl. Wer behauptet eigentlich, das<br />

Nymphomanie eine Krankheit ist - sie ist in den<br />

Pausenkrisen so gesund.“<br />

Magda Schneider spricht in einem Interview über <strong>Romy</strong>s<br />

Offenheit und darüber wie tolerant ihre Tochter all diese<br />

Dinge betrachtete: „Sie hielt das für normal. Sie hielt das<br />

auch für normal, dass Alain weiter Männer liebte.“<br />

<strong>Romy</strong> war sehr stark geprägt von Eifersucht und<br />

Besitzanspruch. Wenn sie Jemanden liebte, musste sie<br />

sicher sein, das diese Person ihr mit Haut und Haaren<br />

auch wirklich gehörte. Andererseits lies sie ihrem Partner<br />

die Freiräume die sie sich selbst eingestehen wollte,<br />

solange diese für sie bedeutungslos und ungefährlich<br />

erschienen.<br />

Tara beschreibt <strong>Romy</strong> in den letzten Jahren als<br />

zerbrochenen Engel, dem man auf brutalste Art und<br />

Weise seine Flügel herausgerissen habe. Den Tot von<br />

David konnte sie nicht verstehen, sie konnte nicht<br />

verstehen wie man ihr das Wertvollste und Liebste auf der<br />

Welt entziehen konnte. <strong>Romy</strong> war getroffen und sie lag am<br />

Boden, auch als viele Monate nach Davids Tot vergangen<br />

waren war es ihr nicht möglich darüber zu reden.<br />

Sie sprach sehr viel über David, Harry, über die<br />

glücklichen Jahre. Auch darüber, das alles was danach<br />

kam nicht wie von ihr erhofft eine Verbesserung, sondern<br />

das genaue Gegenteil darstellte. „Es war so grausam,<br />

David, der Unfall, ich weiß noch genau... ich will<br />

versuchen es dir zu sagen... aber bitte verstehe auch<br />

wenn ich es nicht kann, dann geh bitte... lass mich dann<br />

allein.“ <strong>Romy</strong> rauchte während dieser Zeit Kette, sie<br />

brauchte die permanente Sicherheit sich an etwas<br />

festhalten zu können. „Ich erinnere mich wie ich damals<br />

David kennen gelernt habe. Anfangs als lebhaftes Kind<br />

und später als einen hübschen kleinen jungen Mann, der<br />

redete wie <strong>Romy</strong>, pausenlos.“ David hörte nie auf zu<br />

reden, genau wie <strong>Romy</strong> hatte auch er ein sehr stark<br />

ausgeprägtes Mitteilungsbedürfnis. Auch an jenem Tag,<br />

an dem er das Licht dieser Welt für immer verlassen<br />

musste hörte er nicht auf zu reden. Die Schmerzen, der


Diva und Popstar<br />

9 zugleich<br />

Unfall, das alles war zu viel für einen Jungen im zarten<br />

Alter von vierzehn Jahren. Er wollte nicht weinen, er wollte<br />

nicht schreien, nur reden um sicher zu sein, das alles<br />

vielleicht doch nicht so schlimm war wie es vorgab zu<br />

sein.<br />

Während der rasenden Fahrt ins Krankenhaus nach St.<br />

Germain-en laye erlosch seine zarte bubenhafte Stimme.<br />

Er schloss die Augen, die Sanitäter initiierten ihm eine<br />

Narkosespritze aus der er nie wieder erwachte. Als der<br />

Rettungswagen das Krankenhaus erreichte, war David<br />

bereits nicht mehr am Leben.<br />

„Die Ärzte, die Retter, die Engel in Weiß... sie konnten<br />

nichts mehr tun... sie haben meinen Sohn verloren... ich<br />

habe mein Kind für immer verloren.“<br />

Die Ärzte überbrachten <strong>Romy</strong> die unfassbare Nachricht<br />

und wandten sich sogleich von ihr ab. Die Familie wandte<br />

sich von ihr ab, weil auch sie nicht wussten wie sie das<br />

unfassbare begreifen sollten. Weil sie nicht wussten wie in<br />

aller Welt mit einer Frau umzugehen die ohnehin so sehr<br />

sensibel und so zerbrechlich war. Was würde sie<br />

erwarten? Wie sollten sie <strong>Romy</strong> helfen? Sie würden ihr<br />

Worte sagen, Worte die von Herzen kommen, Worte die<br />

ihr den Beistand geben den sie braucht. Doch wie würden<br />

diese Worte bei <strong>Romy</strong> ankommen?<br />

Doch er war da, er hat mich nie verlassen. In der<br />

schlimmsten Zeit meines Lebens war Alain da, und er war<br />

der einzige Mensch, der bedingungslos für mich da war.<br />

Die Leidenschaft die Liebe zu ihm ist verloren gegangen,<br />

doch das Band zwischen uns ist gewachsen.“<br />

Delon kümmert sich um <strong>Romy</strong> und erledigt sämtliche<br />

Formalitäten für sie. David Christopher erweist er die<br />

letzte Ehre und schützt <strong>Romy</strong> mit Bodyguards vor den<br />

gierigen Blicken der Presse, die nicht davor zurück<br />

schreckte, eine Mutter auf dem schwersten Weg ihres<br />

Lebens mit der Kamera zu jagen, sie zu verfolgen.<br />

„Ich kann darüber nicht nachdenken... ich fühle mich so<br />

leer... ich glaube ich habe keine Tränen mehr die ich noch<br />

vergießen kann... ich habe sie alle vergossen... es gibt<br />

einfach noch zu viel was ich nicht verstehen kann... ich<br />

kann es einfach nicht verstehen.“<br />

Da war immer wieder David, über dessen Tot sie nicht<br />

sprechen konnte und doch sprechen wollte. Nur<br />

brockenweise konnte <strong>Romy</strong> sich überwinden, über die<br />

Geschehnisse von damals zu reden. Was danach folgte<br />

war meist eine lange Stille die in einem schrecklichen<br />

Schluchzen endete, so dass <strong>Romy</strong>s Stimme in weinen<br />

und schreien zerbrach.<br />

An jenem letzten Abend der beiden Freundinnen<br />

berichtete <strong>Romy</strong> ihr auch zum ersten Mal wie es wirklich<br />

um ihre Gesundheit bestellt war. „Meine rechte Niere war<br />

komplett befallen, ein Tumor. Man hatte mir gesagt das<br />

diese Operation kompliziert und gefährlich sein wird... man<br />

hat mir aber auch gesagt das ich gar keine andere Wahl<br />

habe.“<br />

<strong>Romy</strong> litt lange Zeit nach der Operation unter sehr<br />

starken Schmerzen die ihre ohnehin schon starken<br />

Depressionen verschlimmerten. Grausam waren auch die<br />

Bedingungen unter denen man <strong>Romy</strong> erlaubte das<br />

Krankenhaus zu verlassen: Lebenslange Diät und<br />

lebenslänglicher Verzicht auf den geliebten Rotwein. Eine<br />

lange über den Hüftknochen verlaufende Narbe wird<br />

bleiben – ein Leben lang. „Mein Gesicht kommt mir so<br />

aufgedunsen vor... seit der OP, meine Augen werden<br />

immer kleiner... die Ärzte führen das auf meinen<br />

Alkoholkonsum zurück. Doch das glaube ich nicht. Ich<br />

glaube das hängt alles auf eine ganz merkwürdige Art und<br />

Weise zusammen... die Nierenoperation und mein<br />

körperlicher Zerfall... ich wache nachts auf und ich habe<br />

Angst... Angst davor zu zerfallen... körperlich... nervlich...<br />

in allem zu zerfallen.“<br />

„David, war ihre große Liebe, ihr Leben, ihre Zukunft.<br />

Jeder der <strong>Romy</strong> kannte wusste das. Wir redeten über sehr<br />

viele Dinge an diesem, unseren letzten Abend... <strong>Romy</strong><br />

wechselte von einem Thema zum Nächsten... es war als<br />

säße David im Raum... ich fühlte mich ihm so nah... das<br />

ich es nicht beschreiben kann.“<br />

<strong>Romy</strong> sprach aus was ihr in diesen Momenten gerade<br />

durch den Kopf ging. Das primäre Thema ihres<br />

Gespräches – David, doch um dem Gefühl des nach und<br />

nach verrückt werdens zu entfliehen, musste sie immer<br />

wieder springen – zu einem anderen Thema mit dem sie<br />

ebenfalls noch nicht abgeschlossen hatte. „Ich war blind<br />

vor Liebe... Biasini – und ich habe David damit verletzt. Ich<br />

habe meinem Kind weh getan... David mochte ihn ja!<br />

Doch er hätte sich nichts sehnlicher gewünscht als bei<br />

seinem Vater zu bleiben... unsere kleine Familie... und ich<br />

habe das kaputt gemacht. Ich hab alles kaputt gemacht.“<br />

<strong>Romy</strong> klammerte sich an Daniel und wollte mit ihm eine<br />

gemeinsame Film-Produktionsfirma gründen. Der Name<br />

<strong>Romy</strong> Schneider war das Zugpferd dieser<br />

Produktionsfirma. Anfragen kamen – doch wurden sie nie<br />

realisiert. Hildegard Knef betitelt in ihrem Buch ‚<strong>Romy</strong> –<br />

Betrachtungen eines Lebenswegs‘ Daniel Biasini als einen<br />

„offenbar kokainsüchtigen Nachtclubvogel“.


Diva und Popstar<br />

9 zugleich<br />

<strong>Romy</strong> tat alles dafür, so sagte sie es ihren Freundinnen<br />

Hildegard Knef und auch Tara , um Biasinis Ruf als<br />

„Nachtclubvogel“ und „Gigolo“ zu entkräften. In ihrem<br />

Buch über <strong>Romy</strong> Schneider sagt Hildegard Knef: „Sie<br />

setzt das Gerücht in die Welt von der neuerlichen Tätigkeit<br />

ihres Gatten.“<br />

Während <strong>Romy</strong> damit beschäftigt war alles Notwendige zu<br />

tun, um den Ruf ihres Mannes wieder herzustellen<br />

amüsierte sich dieser mit willigen Mannequins auf Partys<br />

in Pariser Nachtclubs.<br />

Hildegard Knef sieht sich nach all den Geschehnissen mit<br />

Biasini in ihrer Meinung bekräftigt, das Harry Meyen „die<br />

Erfüllung ihres Lebens geworden wäre.“ Keineswegs soll<br />

der Gedanke aufkommen das Hildegard Knef zu dieser<br />

Aussage greift weil sie und Meyen enge Freunde waren.<br />

Sie kannte Harry sehr gut und sie kannte <strong>Romy</strong> sehr gut<br />

und im Laufe der Jahre erschien es ihr immer deutlicher,<br />

wie optimal diese beiden Menschen zueinander passten.<br />

Tara gegenüber sagte Hildegard Knef einmal: „Mit Harry<br />

zog <strong>Romy</strong> meist an einem Strang, beruflich wie auch<br />

privat. Natürlich gab es Zerwürfnisse... doch zeige mir die<br />

Ehe die frei von Zerwürfnissen und frei von<br />

Meinungsverschiedenheiten ist.“<br />

Er hatte dieselbe Ernsthaftigkeit was alle Fragen ihres<br />

Berufes anbelangte. Im Gegensatz zu Biasini, dessen<br />

Freizeitbeschäftigung sich auf das Aufsuchen von Bars<br />

beschränkte. <strong>Romy</strong> konnte mit diesem, seinem<br />

Lebensinhalt wenig anfangen – um es genauer zu<br />

beschreiben, er war ihr verhasst.<br />

Tara erinnert sich: <strong>Romy</strong> konnte sehr wütend werden<br />

wenn Freunde von ihr länger in einer solchen Lokalität<br />

verweilen wollten als sie selbst. Sie wollte dann immer<br />

sehr schnell weggehen, sie konnte die Menschen und den<br />

Lärm um sich herum nicht ertragen. Im Gegensatz zu<br />

Daniel bevorzugte <strong>Romy</strong> ruhige Restaurants wo sie sich<br />

mit jenen Menschen die ihr wichtig waren traf - um zu<br />

reden und in Ruhe ein Glas Wein zu trinken, eben<br />

ernsthafte Gespräche zu führen.<br />

Wenn <strong>Romy</strong> gehen wollte hatte man zwei Möglichkeiten:<br />

Entweder, man lies auf der Stelle alles stehen und liegen<br />

und ging mit ihr – oder man blieb und <strong>Romy</strong> drehte sich<br />

auf dem Absatz um und ging.“<br />

Das war nicht immer so, erinnert sich Tara heute.<br />

Keinerlei Probleme hatte <strong>Romy</strong> bis in den frühen<br />

Morgenstunden in einem Restaurant mit gedämpfter<br />

Musik, einem guten Wein und möglichst wenigen<br />

„Menschen zu verweilen. <strong>Romy</strong> liebte es bei leiser Musik<br />

ein elegantes Ambiente zu betrachten und sich voll und<br />

ganz ihrem Gegenüber zu widmen. „Ich brauche nicht<br />

viele Menschen um mich herum.“<br />

Tara gegenüber suchte <strong>Romy</strong> den Hauptgrund für das<br />

Scheitern ihrer Ehe an diesem kleinen, aber doch so<br />

feinen Unterschied. „Daniel liebt die Clubs dieser Stadt...<br />

und Menschen... viele Menschen... ich liebe sie nicht... ich<br />

hasse das alles...“ „Weißt du Tara, ich habe drei Narben<br />

. Eine habe ich mir selbst zugefügt... mit meinem Leben,<br />

damit meine ich meinen Lebensstil - meine Niere - die<br />

Narbe an meiner Hüfte. Die Zweite hat Delon mir<br />

zugeführt, die Kleine an meinem Handgelenk. Wegen ihm<br />

wollte ich mir die Pulsadern aufschneiden... die Dritte –<br />

mein Herz... mein Herz besteht nur noch aus Narben...<br />

DAVID!!!“<br />

"<strong>Romy</strong> öffnete an diesem Abend die dritte Flasche<br />

Rotwein die sie gemeinsam mit Tara leeren wollte. Sie<br />

wurde sentimental, suchte nach Schuld, bei sich selbst, an<br />

Davids Tot. „Wäre ich damals bei Harry geblieben, dann<br />

hätte er sich nie das Leben genommen... und mein Kind,<br />

mein Kind würde leben...??? Doch Sarah, Sarah hätte es<br />

nicht gegeben... und ich liebe Sarah... doch ich kann das<br />

alles nicht verstehen. ALLES! ALLES was passiert ist!“<br />

Die Zeit mit Harry war eine ruhige und gediegene Zeit,<br />

alles was <strong>Romy</strong> zunächst langweilig erschien, war genau<br />

das was sie in späteren Jahren zu vermissen begann. Sie<br />

sagte, sie habe erst viel später gelernt, das was sie hatte,<br />

zu schätzen. Die Familie, so betonte sie ginge ihr über<br />

alles, nur irgendwann hatte sie den Punkt erreicht wo das<br />

„Wirkungstier“ in ihr ausbrechen musste. „Mit Harry saß<br />

ich mit einer Flasche Rotwein auf dem Sofa, die Musik<br />

tönte leise aus dem Plattenspieler und wir haben geredet<br />

– über alles geredet. Daniel hat dies alles nichts gegeben.<br />

Nein. Ihm hat das nie etwas bedeutet, am Anfang<br />

vielleicht... aber auf Dauer konnte er seine Bedürfnisse<br />

eben nicht unterdrücken. Mit ihm konnte ich das nicht, er<br />

fühlte sich von den Klängen laut tönender Musik aus den<br />

sogenannten „In- Bars“ angezogen.“<br />

<strong>Romy</strong> war auf der Suche eine Erklärung für alles was<br />

passiert war zu finden. Dabei ging es für sie immer wieder<br />

um die Frage der Schuldzuweisung. Tara versuchte ihr zu<br />

verdeutlichen, ihr zu erklären das es für sie keine Schuld<br />

gibt. Das Leben schreibt die grausamsten Geschichten,<br />

sie zu erklären ist unmöglich. Warum passieren Dinge so<br />

wie sie passieren?


Diva und Popstar<br />

9 zugleich<br />

Warum gehen geliebte Menschen viel zu früh? Warum<br />

verlassen wir jemanden den wir eigentlich lieben – warum<br />

werden wir verlassen von dem was wir am meisten<br />

lieben? Das alles sind Fragen auf die wir keine Antwort<br />

finden können...<br />

Wie viele Straßen auf dieser Welt sind Straßen voll<br />

Tränen und Leid?<br />

Wie viele Meere auf dieser Welt sind Meere der<br />

Traurigkeit?<br />

Wie viele Mütter sind lang schon allein und warten und<br />

warten noch heut‘?<br />

Die Antwort, mein Freund weiß ganz allein der Wind.“<br />

(Bob Dylan)<br />

Da <strong>Romy</strong> die Antworten auf ihre Fragen nicht finden<br />

konnte hatte sie das Bedürfnis das Thema ganz schnell in<br />

eine andere Richtung zu lenken. Langsam blies sie den<br />

Rauch ihrer Zigarette aus und schweifte ab in ein anders<br />

Thema – ihren Beruf.<br />

Gibt es Vorhersehung?<br />

Oder Menschen die den Lebensweg eines jeden<br />

Menschen vorhersehen können?<br />

Wenn es sie geben sollte kam der Fernsehredakteur<br />

Hans-Jürgen Syberberg diesem Können sehr nah. Er<br />

erhielt Ende der 60er Jahre den Auftrag eine Portrait über<br />

<strong>Romy</strong> Schneider zu drehen.<br />

Den Auftrag zu diesem Portrait erteilte ihm <strong>Romy</strong><br />

Schneider selbst.<br />

Syberberg schien machtlos gegen <strong>Romy</strong>s<br />

„Schauspielergeschwafel“ . Sie berichtete ihm detailliert<br />

über das Fühlen und Denken eines Schauspielers. „Ich<br />

hab nicht mehr die Kraft, ich will auch nicht mehr... ich<br />

meine Paris, ich werde immer wieder mal hingehen, aber<br />

dann ist es aus, ich bin kein Großstadtmensch... ich<br />

möchte Theater spielen, ja, ich habe eine Scheißangst<br />

davor, aber ich möchte so gerne... aber das hab ich ja<br />

alles gewollt. Wenn das möglich gewesen wäre, hätte ich<br />

doch schon mit sieben Jahren ‚Peterchens Mondfahrt‘<br />

gespielt, ich hab auch in der Schule nur gespielt... ich<br />

hätte ja immer nur ja sagen müssen... und da schwimmen<br />

wir halt in derselben lauwarmen Brühe, und das ist ja<br />

wirklich deutsch...“<br />

Unbewusst schweift Syberberg den Focus von <strong>Romy</strong> ab<br />

und filmt die Umgebung neben <strong>Romy</strong>. Sie befinden sich in<br />

Kitzbühel, <strong>Romy</strong> ist Seilbahn gefahren und redet über ihr<br />

Leben, die Schauspielerei und über ihre Ängste. Die<br />

Worte prasseln nur so aus ihrem Mund, Syberberg<br />

schweift ab und filmt Landschaften und den Boden unter<br />

<strong>Romy</strong>s Füßen.<br />

Klumpige Schneereste die sich zu Matsch entwickelt<br />

haben gerieten ihm vor die Linse. Es waren keine<br />

„Zufallsaufnahmen“. Syberberg hatte <strong>Romy</strong> wirklich<br />

gesehen, er hatte ein tiefes Verständnis für <strong>Romy</strong> und<br />

einen tiefen Bezug zu dem was sie sagte. Der reine weiße<br />

Schnee, das war ein Sinnbild für die reine junge <strong>Romy</strong><br />

Schneider. Der Matsch, den er wenige Sekunden später<br />

aufgezeichnet hatte, das Sinnbild für die innerliche Leere<br />

und Zerrissenheit der <strong>Romy</strong> Schneider.<br />

Harry Meyen durchblickte die Intension Syberbergs sofort<br />

und lies den Film mit seinen ursprünglichen Inhalten<br />

verbieten. Er konnte nicht zulassen das der für Glamour<br />

und Ruhm stehende Star <strong>Romy</strong> Schneider in seinem<br />

tiefsten Seelenleben durchleuchtet wird. Die innere<br />

Zerrissenheit, die tiefe Traurigkeit der <strong>Romy</strong> Schneider<br />

sollten keinem Journalisten dieser Welt den Raum für eine<br />

mögliche Angriffsfläche bieten.<br />

<strong>Romy</strong> war besessen von der Sucht nach Liebe, und der<br />

Sucht nach Applaus und nach immer und immer mehr von<br />

allem. Der Punkt wo sie sagen konnte: „Das ist gut, das<br />

habe ich erreicht, das habe ich geschafft“<br />

Sie musste ständig einen Schritt weitergehen, eine Stufe<br />

höher gehen und vor allem musste sie eins: höher fliegen.<br />

Zeit ihres Lebens hatte sie die Kraft immer schneller<br />

immer weiter zu gehen, doch am Ende ihres Lebens hatte<br />

auch diese Kraft sie verlassen. „Ich habe <strong>Romy</strong> kennen<br />

gelernt als eine Frau mit unendlicher Energie, einer<br />

Ausstrahlung die einen jeden in seinen Bann zog. Sie war<br />

ein Engel der sehr hoch fliegen konnte. Das war meine<br />

Freundin <strong>Romy</strong>... bei unserem letzten Treffen und den<br />

darauf folgenden Telefonaten, es waren sehr wenige,<br />

wurde mir immer klarer, das mein Engel seine Flügel<br />

verloren hatte.“


unbeschwerte Weihnachtszeit in Mariengrund


<strong>Romy</strong> in Mariengrund


10 Geschriebenes<br />

1. juni 1952<br />

"Ich bin wütend.<br />

Ich bin unglücklich!<br />

Ich glaube,ich könnte - ich weiß<br />

nicht was. Ich weiß nicht einmal,<br />

was für einen Tag wir heute<br />

haben, Mittwoch, natürlich.<br />

Sonst hätten wir nicht frei.<br />

Mittwoch, das ist der einzige<br />

Tag, an dem wir nachmittags tun<br />

und lassen können, was uns<br />

Spaß macht. Ich wünschte<br />

manchmal, ich wäre schon raus<br />

aus diesem Pensionat.<br />

Der Tag fing schon so dumm<br />

an.<br />

Ich habe glatt verschlafen und<br />

nicht einmal gehört, daß die<br />

Frau Präfektin geläutet hat.<br />

6.30 Uhr, Aufstehen!<br />

Da drehen sich ja selbst die<br />

Hühner noch einmal auf der<br />

Stange um. Hühner sind wirklich<br />

dumm. Ich möchte später nicht<br />

einmal wie sie in dem Ruf<br />

stehen, Frühaufsteher zu sein.<br />

Ich werde immer bis zehn Uhr<br />

schlafen und mir dann das<br />

Frühstück ans Bett bringen<br />

lassen. (...) "<br />

Tagebuch Auszug <strong>Rosemarie</strong><br />

Albach / Goldenstein


10 Geschriebenes<br />

20. Mai 1954<br />

"Mir ist so als hätte ich<br />

einen Schwips. Ich<br />

weiß auch nicht, ob<br />

ich nun glücklich sein<br />

soll oder traurig. Ich<br />

weiß auch nicht, ob<br />

ich das alles<br />

schreiben soll. Aber<br />

ich muß einfach, damit<br />

es mir von der Seele<br />

wegkommt. Eigentlich<br />

ist es ein häßlicher<br />

Beruf -<br />

Filmschauspielerin.<br />

Schauspielern! Man<br />

muß mit ganzem<br />

Herzen dabeisein.<br />

Und irgendwann<br />

einmal darf man es<br />

doch wieder nicht.<br />

Man sitzt oder man<br />

steht oder man schreit<br />

oder man weint. Man<br />

muß sich richtig<br />

gehenlassen"<br />

"Man muss mitleben,wenn mann es gut machen will, aber man soll trotzdem Abstand von den Dingen<br />

haben, einen klaren Kopf behalten. Ich weiß, dass ich in dieser Schauspielerei aufgehen kann. Es ist wie<br />

ein Gift, dass man schluckt und an das man sich gewöhnt und das man doch verwünscht.<br />

Jetzt bin ich 15 Jahre alt, ich war bei der Omi in Berchtesgaden, ich war in der Schule und ich war im<br />

Internat. Und jetzt bin ich plötzlich beim Film. "


Gedanken...Aufzeichnungen um 1965-75


Die persönlichen Aufzeichnungen...


Autorin Ariane Rykov<br />

<strong>Romy</strong> Schneider Archiv<br />

Bisher erschienen:<br />

2010 <strong>Romy</strong> Lebt<br />

2016 Bühne des Lebens (<strong>Romy</strong> Schneider, Marilyn<br />

Monroe und Jerzy Grotowski)<br />

2018 - 80 Jahre <strong>Romy</strong> Ich werde weiterleben und das<br />

richtig gut (Teil1)<br />

2018 <strong>Rosemarie</strong>, <strong>Sissi</strong>, <strong>Romy</strong><br />

2019 <strong>Romy</strong>s Bühne


Bildnachweis<br />

Cover: Rainer Waldkirch<br />

Backcover: <strong>Romy</strong> Schneider / <strong>Romy</strong> Schneider Archiv<br />

Sämtliche Bilder werden nacheinander folgend den jeweilig ermittelten Rechteinhaber<br />

zugewiesen und aufgelistet.<br />

Benno Wundshammer Bild: 37,38,42,43,44<br />

<strong>Romy</strong> Schneider Archiv / Foto Apis Bild: 3,5,21,23<br />

Kurt Will / <strong>Romy</strong> Schneider Archiv Bild: 36<br />

Filmplakate / <strong>Romy</strong> Schneider Archiv Bild: 12-19,31-35<br />

Briefe, Gedichte von <strong>Romy</strong> Schneider /<br />

<strong>Romy</strong> Schneider Archiv Bild ,6,7,25-30,45-50<br />

Erika Rabau Bild: 4<br />

Zeitungsberichte beschriftet Bild: 9-11,22<br />

20 th Century Bild: 20<br />

Uwe Marcus Rykov Bild: 51<br />

Quellnachweis<br />

Alle autobiografisch verwendeten Zitate aus Interviews mit/über <strong>Romy</strong> Schneider, Harry Meyen, Alain<br />

Delon, Hildegard Knef und weiteren im Inhalt genannten Personen werden nicht gesondert aufgelistet.<br />

Die jeweiligen Passagen sind lediglich als Zitat markiert.<br />

Ich <strong>Romy</strong>, Tagebuch meines Lebens<br />

Henschel Verlag 1990, Herausgegeben von Renate Seidl ISBN: 3-362-00485-7<br />

Der Fall <strong>Romy</strong> Schneider Herausgegeben von Michael Jürgs, 1. Auflage August 2008 Copyright: Ulstein<br />

Buchverlage GmbH Berlin 2008 ISBN: 978-3-548-37217-4<br />

<strong>Romy</strong> – Betrachtung eines Lebenswegs Herausgegeben von Hildegard Knef,<br />

Copyright: Albrecht Knaus Verlag, Hamburg Auflage von 1984 ISBN: 3-453-01891-5<br />

Akte des Mfs, Stasi Akte <strong>Romy</strong> Schneider, Bittler Behörde Berlin<br />

Abgeheftete und zensierte Interviews mit <strong>Romy</strong> Schneider<br />

Aktenzeichen Nr. BstU 000240 BZ.-WB.30.09.1976<br />

DER SPIEGEL 21/2007 <strong>Romy</strong> Schneider Die Königin der Schmerzen<br />

von: Matussek, Matthias und Beier, Lars-Olav<br />

Dokumentarfilm: <strong>Romy</strong> Schneider Eine Nahaufnahme<br />

Dokumentarfilm: <strong>Romy</strong> Schneider Die letzten Tage einer Legende<br />

DER SPIEGEL Interview mit Jean-Claude Brialy vom 29.05.2007<br />

Interview: Lars-Olav Beier, Stefan Simons<br />

DER SPIEGEL vom 25.05.2007 Robert Lebeck, „Das Tragische ist Interessant“<br />

Interview: Peter Luley<br />

Interview mit Alain Delon/ BUNTE/ 28.10.2009 „<strong>Romy</strong> Schneiders Tot war eine Erlösung“


Impressum<br />

<strong>Romy</strong> Schneider Archiv<br />

Ariane Rykov – von Niepello<br />

Uwe Marcus Rykov<br />

<strong>Rosemarie</strong> <strong>Sissi</strong> <strong>Romy</strong> / Sondermagazin <strong>Romy</strong> Schneider Archiv, <strong>ZeitBlatt</strong> <strong>Magazin</strong><br />

Idee und Konzept:<br />

Ariane Rykov – von Niepello<br />

Uwe Marcus Rykov<br />

Copyright 2019. Alle Rechte beim Verlag<br />

Uwe Marcus Rykov<br />

Ariane Rykov<br />

Tomsona Iela 39 / 1-26<br />

LV 1013 Riga / Latvia<br />

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der<br />

Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des vorliegenden Werkes darf in irgendeiner Form<br />

ohne schriftliche Genehmigung des Verlags sowie des Autoren reproduziert,<br />

vervielfältigt oder verbreitet werden.


<strong>Romy</strong> Schneider

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