s'Magazin usm Ländle, 29. September 2019
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MUSIK<br />
FORTSETZUNG<br />
werden,wiesiestillhaltenmüssen,damitsieihreArbeitmachenkönnen.<br />
Dasistdaseine.Dasandereist,dass<br />
immernochsovieleFestivalsvonden<br />
vorhin schon erwähnten Attributen<br />
weißundmännlichdominiertwerden.<br />
Mankönntesagen,dasssichbeimKuratieren<br />
eine Art Faulheitbreitgemachthat.IchselbstmussteamAnfang<br />
meinerIntendanz in Bludenz<br />
eineReihe von schlechten Besprechungenübermichselbstlesen–dabei<br />
binichüberzeugt,einengutenJobzu<br />
machen.ManmusssichdiesesProblemsbewusstsein.AlsKuratormuss<br />
manarbeiten,manmussrecherchieren,esreichteinfachnicht,sichnur<br />
einpaarKonzerteanzuhören.ImmerhinistdasBewusstseinfürdieseProblematikheuteschonstärkerverankert<br />
alsinfrüherenGenerationen.<br />
Zeitgenössische Musik hat immernoch<br />
einensehrspeziellenStellenwertinder<br />
Musikwelt. In den großen Konzerthallen<br />
wirdsie nur ausnahmsweise aufgeführt,esgibt<br />
eigene Festivals für diese<br />
Musik.Warum?<br />
DieSzeneumdiezeitgenössischeMusikisttatsächlichimmernochrecht<br />
eng.ErzähltmanMenschen,diedamitnichtsamHuthaben,dassman<br />
Komponistinist,denkensie:Ah,wie<br />
Schönberg!DieSzenemusssichöffnen,dannkanndasPublikumaucherkennen,<br />
dass zeitgenössische Musik<br />
unheimlichfacettenreichist.Auchin<br />
BludenzzeigenwirnichtnureineArt<br />
von Konzert, sondern viele ganz<br />
unterschiedliche.<br />
Siesagteneinmal,dassIhreMusikabsolutkeinenImpactaufdieWelthat.<br />
Ich interessiere mich sehrfür das<br />
Weltgeschehen und für Politik.<br />
Gleichzeitigfälltesmirsehrschwer,<br />
dasinmeinerArbeitdeutlichzumachen,<br />
das zu verarbeiten. Deswegen<br />
habe ich damalsgesagt, dass es für<br />
michschwierigist,etwaszutun,dass<br />
einfachkeinen Einfluss in derWelt<br />
hat.AndereKomponistenkönnendas<br />
abersehrwohl.Erstkürzlichhabeich<br />
indenNiederlandeneinäußerstpolitischesStückgehört.Musikkanntatsächlich<br />
von denProblemendieser<br />
Geboren1983inRom(Italien),studierteinParis,MailandundNew<br />
STECK<br />
BRIEF York.IhreKompositionenwerden<br />
u.a.vonQuatuorDiotimaunddem<br />
KlangforumWienaufgeführt.ZahlreicheAuszeichnungen.Seit2015ist<br />
sieIntendantinder„BludenzerTage<br />
zeitgemäßerMusik“.<br />
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Welterzählen. Ichselbstbin aber<br />
nochnichtsoweit.<br />
Siesind angeblichein Kontrollfreak. Ist<br />
es nicht schwierig,unter diesen Umständeneine<br />
Partiturausder Hand und<br />
anderenMusikernzugeben?<br />
Ja,dasbinichundja,esistschwierig.<br />
AllerdingssindmeinePartiturenextremdetailliertgeschrieben.Ichschreibe<br />
darin einfach alles nieder,meine<br />
gesamte Gedankenwelt.Damit lasse<br />
ichsowenigSpielraumwiemöglich.<br />
IcharbeitemitSounds,diefürMusikernichteinfachzuerzielensind.So<br />
kommt auch einwenig„Dreck“ in<br />
meineMusik, ein Element, dasdie<br />
Schönheitstört. Mich interessiert<br />
nicht das Perfekte, sondern das<br />
Schmutzige.Aberja,wennichmeine<br />
eigenenKompositionenhöre,istdas<br />
immeretwasstressigfürmich.<br />
Siewurden in Romgeboren, leben aber<br />
in Berlin. Wasbietet Berlin, das Rom<br />
nichtzubietenhat?<br />
SeiteinigenMonatenlebeichnunin<br />
BerlinundauchwiederinRom.Ich<br />
habejajahrelanginParisstudiert,bevorichnachBerlingesiedeltbin.Es<br />
warschonverblüffendzusehen,dass<br />
sichinRomnichtsveränderthatinall<br />
denJahren.WasichanRomliebe,ist<br />
dasLicht.Aberesistnunmalso,dass<br />
esmeinenJobinItalieneinfachnicht<br />
gibt.KomponistinnenhabendortkeineExistenz.UndbesuchtmanKonzerte<br />
in Italien, merkt manschnell,<br />
dass da keineRisiken eingegangen<br />
werden.SoistBerlinmeineHeimat<br />
geworden–weileseinfachfüralles<br />
Platzhat.Egal,wasmanmacht,obes<br />
gefälltodernicht,eshatseinenPlatz<br />
in Berlin.Mittlerweile kann ich ja<br />
schonaufeineguteKarrierezurückblicken.Woichallerdingsnieaufgeführtwerde,istItalien.Dassagtdoch<br />
einigesaus.<br />
Haben Sie für die Bludenzer Tage <strong>2019</strong><br />
einen speziellen Fokus in Ihr Programm<br />
eingearbeitet?<br />
Nein.MirgehtesbeimKuratierennur<br />
umzweiDinge:DieKomponistensollendieFreiheithaben,daszumachen,<br />
wassiewollen–undmitwemsiees<br />
wollen.WirführenauchStückeauf,<br />
die viele andere vielleicht ablehnen<br />
würden,wir bringendas aber! Das<br />
zweiteist,dassunsereKonzertesich<br />
wirklichunterscheidensollen.Keines<br />
istwiedasvorhergehende.Würdeich<br />
zueinembestimmtenThemakuratieren,wäredaseineEinschränkung,die<br />
ichnichtwill.<br />
DieKonzerteinBludenzfallenauchdadurchauf,dassimmerwiederElemente<br />
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