Mehr-Marken-Vertrieb bei Continental in ... - Reifenpresse.de

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Markt + Marketing
Mehr-Marken-Vertrieb bei
Continental in Deutschland
Der Continental-Konzern hat sich entschieden, alle seine Marken ab sofort nur noch
durch einen Verkäufer pro Gebiet vermarkten zu lassen. Hiervon verspricht man sich
Einsparungen in nennenswertem Umfang, aber man meint auch, so den Bedürfnissen
der Kunden am besten entgegenzukommen, weil diese nicht länger nach Reifenmarken,
sondern nach Reifenkonzernen differenzierten. Nicht zuletzt ergeben sich so
nach den Vorstellungen von Jescow von Puttkamer, der den Geschäftsbereich Pkw-
Reifen Ersatzgeschäft in Deutschland, Österreich und der Schweiz leitet, auch Synergien
für die Händler.
Gleich zu Beginn des Jahres wagt der
Continental-Konzern in den Ersatzmärkten
Europas eine entscheidende Änderung.
Diese birgt ganz sicherlich auf dem Heimatmarkt
Deutschland hohe Risiken, denn fortan
sind die Spitzenverkäufer des Hauses nicht
mehr mit Leib und Seele im Dienste einer Reifenmarke
unterwegs, sondern sie schleppen
einen ganzen Bauchladen vor sich her. „Vier
Jescow von Puttkamer leitet den Geschäftsbereich
Pkw-Reifen Ersatzgeschäft Deutschland, Österreich
und Schweiz bei Conti
gewinnt“ verspricht die neueste Conti-Broschüre
für das Sommerreifengeschäft 2001 und
es wird verkündet: Gewinn durch die richtige
Strategie.
Vier gewinnt
Vier? Ja, Continental, Uniroyal, Semperit und
Barum! Wer diese vier Reifenmarken vermarktet,
soll auf der richtigen Seite stehen. Und
die Organisation soll sich wie folgt gestalten:
Ab sofort soll eine Verkaufsmannschaft
das, was man bei Continental Mehr-Marken-
Strategie nennt, umsetzen. Jeder Verkäufer
dieses Teams ist für die Marken Continental,
Uniroyal, Semperit und Barum gleichermaßen
verantwortlich. Vorteilhaft für den
Handel soll sein, dass es fortan nur noch
einen Ansprechpartner geben wird, der ihm
das komplette Pkw-Reifensortiment andient,
um sich so – jedenfalls ist das die Vorstellung
– mit den individuellen Bedürfnissen des Handelspartners
noch besser als bisher beschäftigen
zu können. Dabei ist der Vertrieb in zwei
Teile untergliedert. Erstens: Key-Account unter
der Leitung von Jürgen Mikulle und zweitens
der regionale Vertrieb unter der Leitung
von Lars Fahrenbach. Dabei werden beide
Bereiche durch das so genannte Markenmanagement
unterstützt. Gezielte Marketingaktivitäten
sollen für einzelne Marken erarbeitet
werden. Insgesamt gibt es für den deutschen
Reifenersatzmarkt somit sechs Regionen mit
sechs regionalen Verkaufsleitern und 45 Bezirksleitern.
Mit anderen Worten: Knapp 60
Verkäufer des Geschäftsbereichs Pkw-Reifen
sollen das Versprechen „Vier gewinnt“ Wahrheit
werden lassen.
Unabhängig von diesem Geschäftsbereich
operiert die von Norbert Busch geführte Verkaufsorganisation
Autohaus, weil „das Car
Business“ – so Jescow von Puttkamer im Gespräch
mit der NEUE REIFENZEITUNG in der
ersten Januarwoche in Hannover – europäisch
zu führen sei, weil die in
Autokonzernen groß gewordenen
Ansprechpartner für
Reifen es eben gewohnt seien
„europäisch zu denken
und europäisch zu handeln,
was bei vielen Reifenhandelsunternehmen
eher nicht der
Fall ist und auch nicht unbedingt
erforderlich ist“.
„Das Car Business ist europäisch
zu führen“
Conti plus 7:
Dass man mit vier Reifennnamen gewinnen
kann, will der Continental-Konzern gleich sieben
Mal unterstreichen, denn im Bewusstsein
dieser sieben Stärken werde die Zukunft gemeistert.
Diese sieben Stärken sollen sein:
• Marken
• Image
• Tests
• Erstausrüstung
• Systeme
• Deutschland
• Menschen
Es ist sehr richtig, dass sich die Reifenmarke
Continental besonders in den letzten zehn
Jahren sehr gut zu entwickeln wusste, nachdem
sie zuvor von der „Breitreifenmarke Uniroyal“
überschattet worden war und als langweilige
Marke für deutsche Zahnärzte herabqualifiziert
worden war. Das aber gehört der
Vergangenheit an. Die Reifenmarke Continental
ist im Bereich Pkw hervorragend bewertet
NEUE ReifenZeitung 12/2000
NEUE ReifenZeitung 1/2001

und auch in allen Tests bis in die neueste Zukunft
bewertet worden. Hinsichtlich Image und
Bekanntheitsgrad nimmt die Marke in
Deutschland eine Spitzenposition ein. Ferner
dürfte sich ein nicht zu unterschätzender
Nachlauf aus dem Erstausrüstungsgeschäft
ergeben, in welchem die Reifenmarke Continental
nicht nur bei Volkswagen, sondern auch
bei Autokonzernen mit Luxuslimousinen sehr
gut vertreten ist. Und auch das darf man ruhig
erwähnen, ohne befürchten zu müssen,
gleich in eine „Schublade einsortiert“ zu werden:
Continental ist bis dato eine sehr deutsche
Firma geblieben mit starker Stellung auf
dem deutschen Markt und das nicht zuletzt
deshalb, weil sich die von Jescow von Puttkamer
geführten Menschen leidenschaftlich für
ihre Marke einsetzten.
Wie steht es mit den anderen Marken?
Man wird wohl eher sagen müssen, dass neben
der herausragenden Marke Continental
nur noch Reifennamen im Portfolio sind. Die
einst ausgezeichnete Reifenmarke Uniroyal ist
systematisch heruntergewirtschaftet worden.
Das wird übrigens im Conti-Konzern auch
nicht lange, jedenfalls nicht intensiv, bestritten,
sondern man verweist auf die lange ungeklärten
Markenverhältnisse. Bekanntlich
sollte das Recht auf Führung der Marke Uniroyal
per Ende 2003 auslaufen, so dass die
Markenrechte an die Firma Michelin, die zwischenzeitlich
Uniroyal Goodrich Inc. übernommen
hatte, zurückgefallen wären. Obwohl
aber seit Jahren schon klar ist, dass das Recht
auf Führung des Markennamens praktisch
unbegrenzt verlängert worden ist, hat sich bis
heute wenig gezeigt, was geeignet sein könnte,
dem Management einen wirklichen Willen
zur Wiederherstellung des Markenwertes
bescheinigen zu können. Statt dessen sind
Investitionen in die Marke unterblieben. Im
Lkw-Bereich hat man ohnehin schon die Segel
gestrichen und der Kooperation point S
Lkw-Reifen dieses Namens zur exklusiven
Vermarktung überlassen. Wie zu hören ist, will
point S nun übrigens auch Pkw-Reifen der
Marke Uniroyal ins Sortiment nehmen.
Ähnlich ist die Entwicklung mit der Marke
Semperit verlaufen, die seit Jahren bereits
so gut wie kaum noch mit Marketing- und
Werbeaktivitäten in Erscheinung getreten ist,
sondern denselben Sparzwängen unterworfen
wurde. Dabei war Semperit in Österreich
eine Spitzenmarke und auch in weiten Teilen
Süddeutschlands sehr gut bekannt und sehr
akzeptiert.
Last but not least: Barum! Diese tschechische
Marke hat eine regionale Bedeutung, so
in einigen mitteleuropäischen Märkten. Wenn
ihr aber auch keine weiteren Ressourcen zur
NEUE ReifenZeitung 1/2001
Verfügung stehen sollten, wird sie das Schicksal
der beiden soeben beschriebenen Marken
erleiden. Es stellt sich somit die Frage, ob
das, was Conti-intern als „unsere Stärken“
gesehen wird, nämlich Marken, auch tatsächlich
Stärken sind oder ob die großen Wettbewerber
da nicht weit besser aufgestellt sind in
Deutschland, in Europa ohnehin.
Die Produkte im Test
Keine Frage: Pkw-Reifen aus dem Hause Continental
sind in den letzten Jahren hervorragend
bewertet worden; insbesondere im Geschäft
mit Winterreifen hat sich der Konzern
eine Führungsposition erarbeitet, die vermutlich
auf Jahre hinaus nicht zu knacken sein
wird. Hier stimmen nicht allein die Mengen,
sondern auch die Abgabepreise an den
Handel, vor allem aber auch die vom Handel
zu erwirtschaftenden Margen. Und dieser
Erfolg kam nicht von ungefähr, denn
ausnahmslos alle wichtigen Tests in großen
Zeitungen bescheinigten den Produkten
ausgezeichnete Ergebnisse. In Hannover
zeigt man sich sehr zuversichtlich, dass sich
daran auch in Zukunft nichts ändern wird.
Und diese Zukunft ist auch nicht unbegründet,
denn auch im Jahr 2001 wird der Konzern
mit vielen neuen Produkten aufwarten
können.
Systeme
Ein weiterer Pluspunkt soll in so bezeichneten
Systemen liegen. Hier ist allerdings nicht
deutlich geworden, um welche Systeme es sich
handeln soll und wie der gegenwärtige Stand
überhaupt ist. Somit ist eher zu vermuten, dass
man sich noch an einem Anfangspunkt befinden
wird. Mit dem Hinweis auf Systeme ist
ja nicht ein Hinweis auf andere Produkte als
Reifen verbunden, die im Konzern ebenfalls
produziert werden, z.B. Bremsen, sondern
darunter sollten Maßnahmen zu verstehen
sein, die eine systematische Bearbeitung des
Marktes ermöglichen. Hierunter sind Marketing-
und Werbemaßnahmen zu verstehen,
aber auch Vermarktungsmaßnahmen im
Großverbraucher- und Flottengeschäft. Es mag
ja sein, dass man in Hannover mehr entwickelt
und unter der Decke bereits fertig hat
als man bisher vorzustellen bereit ist. Schlagwortartig
können wenigstens ein paar wenige
Beispiele gegeben werden. So ist das ContiQualityCenter
bereits im Handel vorgestellt
worden und im Frühjahr wird es an den Rennstrecken
von Hockenheim, Lausitzring, Nürburgring
und Salzburgring so genannte Conti-
Camps in der Zeit von Mitte März bis Ende
Markt + Marketing
April geben.
Da man „mehr Kunden in der Breite“
braucht, werde ein „Conti-Allianz-Konzept“ mit
Vergölst entwickelt, mit dessen Hilfe man FSG
Franchise-Partner gewinnen wolle.
Wachstum, aber wie?
Auch der Conti-Konzern braucht Wachstum,
und er muss sich dieses Wachstum aus einem
nicht größer werdenden „Kuchen“ herausschneiden.
Hier ist erforderlich, am Umsatzvolumen
der Kunden einen besseren Anteil
für sich gewinnen zu können und zudem
dafür zu sorgen, dass man nicht allein im Billigbereich
gewinnt, sondern auch und vor allem
mit der Marke Continental, die dem Her-
„Die Kunden werden sich auf weniger Lieferanten
und damit auf Konzerne konzentrieren“
steller nun einmal die besten Deckungsbeiträge
garantiert. Von Puttkamer meint, dass
sich „die Kunden auf weniger Lieferanten und
damit auf Konzerne konzentrieren werden, der
Wettbewerb auf allen Ebenen nicht geringer
wird, die Kosten steigen werden, die Erträge
sinken und wir zudem lernen müssen, mit
knappen Ressourcen zu leben“.
Eigentlich ist dies ein allseits bekanntes und
immer wieder aufgezeichnetes Szenario. Doch
irgendwie sucht man als unbefangener Beobachter
nach dem Sinn. Wer mehr will, muss
sich mehr anstrengen, wer mehr Umsatz will,
muss teurer verkaufen und mehr verkaufen.
Wenn die Erträge sinken, muss man noch
mehr verkaufen. Was vorher weitaus mehr
Verkäufer nicht erreichten, soll nun mit weniger
Leuten realisiert werden? Wir bleiben skeptisch,
ob sich der Konzern mit „Vier gewinnt“
wirklich einen Gefallen getan hat.
klaus.haddenbrock@reifenpresse.de
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