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Betriebsrat aktuell - Probeausgabe

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TKMmed!a Mitbestimmung<br />

08 2019<br />

Unter anderem in dieser Ausgabe<br />

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auf Facebook unter<br />

Mitbestimmung Online<br />

Friederike<br />

Becker-Lerchner<br />

Rechtsanwältin und<br />

Chefredakteurin<br />

E-Mail: becker@<br />

mitbestimmung-heute.de<br />

Sachgrundlose<br />

Befristung:<br />

Erneute Befristung<br />

nach 6 Jahren<br />

Pause unwirksam<br />

Seite 3<br />

Arbeitnehmerhaftung:<br />

Wann Ihre Kolleginnen<br />

und Kollegen für<br />

Schäden haften<br />

Seiten 4–5<br />

Personalfragebogen:<br />

So reden Sie mit, wenn<br />

Ihr Arbeitgeber einen<br />

einführen will<br />

Seite 6<br />

Wenn ein Kollege einen<br />

Schaden verursacht<br />

Liebe Betriebsrätin, lieber <strong>Betriebsrat</strong>,<br />

bei einem Schaden stellt sich schnell die<br />

Frage: Wer hat für die anfallenden Reparaturkosten<br />

aufzukommen?<br />

So manch ein Arbeitgeber wird den Schaden<br />

sofort ersetzt bekommen wollen und<br />

viele Kollegen werden gar nicht wissen,<br />

wie ihnen geschieht – vor allem, wenn sie<br />

den Schaden aus Versehen verursacht<br />

haben. Ganz so leicht, wie sich das einige<br />

Arbeitgeber vorstellen, geht es dann aber<br />

doch nicht.<br />

Denn als Arbeitnehmer werden Sie durch<br />

den Grundsatz der beschränkten Arbeitnehmerhaftung<br />

entlastet. Dieser sieht eine<br />

volle Haftung des Beschäftigten nur im<br />

Ausnahmefall vor.<br />

Was diesem Grundsatz zugrunde liegt,<br />

wann er anzuwenden ist, wie Sie ihn anwenden<br />

und welchen Schaden Ihre Kolleginnen<br />

und Kollegen im Einzelfall doch<br />

eventuell zu tragen haben, lesen Sie auf<br />

den Seiten 4 und 5 dieser Ausgabe.<br />

Herzliche Grüße<br />

Keine Kündigung:<br />

Hier rechtfertigen rechtsradikale<br />

Aktivitäten keine Kündigung<br />

Begeht ein Arbeitnehmer eine schwere Pflichtverletzung oder sogar eine<br />

Straftat, riskiert er eine Kündigung. Jedenfalls muss er mit Sanktionen<br />

rechnen, wenn er im Beschäftigungsverhältnis falsche Verhaltensweisen<br />

gezeigt hat. Anders sieht es allerdings aus, wenn es sich um das Verhalten<br />

des Arbeitnehmers in der Freizeit handelt.<br />

Arbeitnehmer fällt durch rechtsradikale Äußerungen auf<br />

Ein Arbeitgeber erfuhr, dass einer seiner Beschäftigten in einer Diskothek auf<br />

Mallorca mit rechtsradikalen Äußerungen und Symbolen aufgefallen war. Das<br />

missfiel dem Arbeitgeber. Er kündigte fristlos, hilfsweise ordentlich. Die Kündigung<br />

begründete er damit, dass das Verhalten aufgrund des geschichtlichen Hintergrunds<br />

und seiner Verantwortung als Arbeitgeber nicht hinnehmbar sei. Der<br />

Arbeitnehmer wehrte sich mit einer Kündigungsschutzklage – mit Erfolg.<br />

Kündigung unwirksam<br />

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen hielt die Kündigung für unwirksam.<br />

Das begründeten die Richter damit, dass es sich um ein außerdienstliches<br />

Verhalten handle. Deshalb liege keine schwerwiegende Pflichtverletzung vor. Es<br />

sei weder der Betriebsfrieden gestört noch der Ruf des Unternehmens beeinträchtigt<br />

worden (LAG Niedersachsen, 21.3.2019, Az. 13 Sa 371/18).<br />

Fazit: Ein gesetzeswidriges Verhalten außerhalb des Betriebs rechtfertigt in<br />

der Regel keine Kündigung. Etwas anderes gilt nur, wenn sich negative Auswirkungen<br />

für Ihren Arbeitgeber nachweisen lassen.<br />

Friederike Becker-Lerchner<br />

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Muster zum Download finden Sie unter:<br />

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<strong>Betriebsrat</strong>sarbeit positiv gestalten:<br />

So verlieren Sie das Positive nicht<br />

aus dem Blick<br />

Als <strong>Betriebsrat</strong> kämpfen Sie meist parallel an verschiedenen Fronten. Das<br />

kann sehr anstrengend sein. Zudem werden Sie es hin und wieder auch erleben,<br />

dass eine Angelegenheit letztlich nicht in Ihrem Sinn geregelt wird.<br />

Solche Erlebnisse können ebenfalls Stress auslösen. In beiden Fällen ist es<br />

gut, wenn Sie einen Schritt zur Seite treten können und sich die positiven<br />

Aspekte Ihrer Arbeit ins Gedächtnis rufen.<br />

Lesen Sie mehr auf Seite 2 <br />

1


Fortsetzung von Seite 1 (<strong>Betriebsrat</strong>sarbeit positiv gestalten) <br />

Denn es ist wissenschaftlich belegt, dass sich eine positive (Lebens-)Einstellung<br />

und die Würdigung schöner Erlebnisse insgesamt<br />

positiv auf die Psyche und damit auch auf die Gesundheit<br />

des Körpers auswirken. Es fällt allerdings nicht jedem<br />

leicht, sich im allergrößten Stress bzw. im Moment großer Unzufriedenheit<br />

bewusst zu machen, wie gut es einem geht. Deshalb<br />

sollten Sie sich ständig darin üben, den Fokus auf positive<br />

Aspekte zu legen.<br />

Als <strong>Betriebsrat</strong> können Sie die folgenden Kniffe nutzen, um<br />

Ihre eigene Situation zu verbessern und etwaigen Stress zu reduzieren.<br />

Sie können sie aber auch einsetzen, wenn Sie beispielsweise<br />

mit Kollegen sprechen, die sich gerade im Stress<br />

befinden.<br />

1. Positive Momente bewusst machen<br />

Wenn Sie das Gefühl haben, dass alles über Sie hereinzubrechen<br />

droht, atmen Sie einmal tief durch und treten Sie einen<br />

Schritt beiseite. Machen Sie sich dann bewusst, welche positiven<br />

Aspekte Ihre <strong>aktuell</strong>e Situation hat. Halten Sie sich vor<br />

Augen, was gut läuft und warum auch etwaige Schwierigkeiten<br />

im Grunde genommen eine positive Seite haben. Finden Sie heraus,<br />

was das Beste an Ihrer Situation ist. Versuchen Sie außerdem<br />

zu klären, was Sie konkret an der jeweiligen Situation<br />

stört.<br />

2. Sammeln Sie Glückmomente<br />

Am besten machen Sie sich jeden Tag aufs Neue bewusst, welche<br />

Glückmomente Sie an dem jeweiligen Tag erlebt haben.<br />

Und zwar am besten am Abend und unabhängig davon, ob der<br />

Tag ein überwiegend glücklicher Tag oder eher von Stress geprägt<br />

war. Irgendetwas Positives werden Sie an jedem Tag erlebt<br />

haben.<br />

3. Positive Erlebnisse notieren<br />

Gerade wenn Sie noch am Anfang stehen, sich eine positive<br />

Grundeinstellung anzueignen, kann es sinnvoll sein, sich zumindest<br />

den wichtigsten positiven Moment des Tages zu notieren.<br />

Zudem sollten Sie in diesem Fall aufschreiben, warum<br />

Sie den Moment als besonders angenehm in Erinnerung<br />

haben. Denn auch durch das Aufschreiben üben Sie, den Fokus<br />

auf das Gute zu legen.<br />

Fazit: Wer in jeder Situation auch etwas Gutes sieht, reduziert<br />

den Stress und fördert dadurch seine Gesundheit. Als <strong>Betriebsrat</strong><br />

sollten Sie etwaigen Stress ab sofort nicht mehr so<br />

sehr an sich herankommen lassen. Und zwar dadurch, dass Sie<br />

gute Erlebnisse bewusst wahrnehmen. Für Ihren Arbeitsalltag<br />

als <strong>Betriebsrat</strong> heißt das auch, dass Sie positiv verlaufende Angelegenheiten<br />

und Maßnahmen benennen und mit Ihren Kollegen<br />

teilen.<br />

Informationsfluss:<br />

So gehen Sie optimal mit Informationen um<br />

Einige Arbeitgeber halten Informationen generell so lange zurück, bis sie sie zu ihrem eigenen Vorteil nutzen können.<br />

Diese Erfahrungen haben Sie als <strong>Betriebsrat</strong> bestimmt auch schon gemacht. Aber diese Grundhaltung ist nicht immer<br />

erfolgreich. Eine zu offene Kommunikation birgt jedoch auch Risiken. Geben Sie zu schnell zu viele Informationen gegenüber<br />

Ihrem Arbeitgeber preis, haben Sie die Gegenargumente häufig schneller auf dem Tisch, als Ihnen lieb ist.<br />

1. Offene Kommunikation ist gut –<br />

aber nicht immer<br />

Bevor Sie mit Ihrem Arbeitgeber oder auch Ihren Kollegen<br />

offen über den Stand der Dinge sprechen, sollten Sie sich folgende<br />

Frage stellen: Welche Folgen könnte es haben, wenn Sie<br />

diese Informationen preisgeben?<br />

2. Keine unausgereiften Ideen preisgeben<br />

Wissen ist Macht. Und die weiß Ihr Arbeitgeber gut zu nutzen.<br />

Haben Sie sich eine nach Ihrer Meinung praktikable Lösung für<br />

ein Problem überlegt, denken Sie sie bis zum Ende durch.<br />

3. Fixieren Sie Ihre Ideen schriftlich<br />

Bevor Sie Ihrem Arbeiter bzw. Ihren Kollegen Ideen mitteilen,<br />

sollten Sie sie – zumindest stichpunktartig – fixieren.<br />

So bringen Sie stets die richtigen<br />

Informationen in den Umlauf<br />

Ein Problem, das sich ergeben kann, wenn Sie Informationen<br />

länger zurückhalten bzw. nicht vollständig herausgeben, ist,<br />

dass halbwahre und manchmal falsche Informationen kursieren.<br />

Brodelt die Gerüchteküche, ist es Ihre Aufgabe – je nachdem<br />

auch mit Ihrem Arbeitgeber gemeinsam –, für etwas Ruhe<br />

zu sorgen. Geht es um rein betriebsratsinterne Angelegenheiten,<br />

gehen Sie am besten so vor:<br />

Identifizieren Sie die Meinungsführer in der Belegschaft.<br />

Das sind häufig Kollegen, die über ihre eigentliche Arbeit<br />

hinaus sehr engagiert sind. Sie stehen oft in engem Kontakt<br />

zu Ihnen bzw. Ihren Gremiumskollegen.<br />

Halten Sie diese Kollegen auf informellem Wege auf dem<br />

Laufenden. Das heißt: Geben Sie gezielt Informationen aus<br />

dem <strong>Betriebsrat</strong> preis. So kommen die richtigen Informationen<br />

in Umlauf.<br />

Mein Tipp<br />

Kollegen sollten rechtzeitig informiert werden<br />

Viele Informationen werden allerdings Angelegenheiten<br />

betreffen, bei denen es Sache Ihres Arbeitgebers ist, die<br />

Belegschaft zu informieren. Je nachdem, worum es geht,<br />

raten Sie ihm, die Belegschaft möglichst zeitnah zu unterrichten.<br />

2


Sachgrundlose Befristung:<br />

Erneute Befristung nach 6 Jahren Pause ist unwirksam<br />

Arbeitgeber lieben befristete Arbeitsverträge. Denn durch deren Abschluss bleiben sie flexibel. Vor einigen Jahren hatten<br />

die Gerichte die Flexibilität der Arbeitgeber gefördert, indem sie den erneuten Abschluss von sachgrundlos befristeten<br />

Arbeitsverträgen nach längerer Pause zugelassen hatten. Das ist nach neuester Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts<br />

(BAG) nicht mehr zulässig.<br />

Erneute sachgrundlose Befristung nach<br />

6 Jahren<br />

Ein Arbeitnehmer war von November 2007 bis Juli 2008 bei<br />

einem Automobilhersteller beschäftigt. Zum Januar 2014<br />

wurde er sachgrundlos befristet bis zum 31.12.2015 erneut<br />

eingestellt. Nach dem Ende der Befristung erhob der Arbeitnehmer<br />

Entfristungsklage. Und zwar mit der Begründung, dass<br />

aufgrund seiner früheren Beschäftigung nunmehr ein unbefristetes<br />

Arbeitsverhältnis zustande gekommen sei.<br />

Arbeitnehmer ist im unbefristeten<br />

Arbeitsverhältnis<br />

Das Gericht gab dem Arbeitnehmer recht. Es entschied, dass<br />

zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer ein unbefristetes<br />

Arbeitsverhältnis entstanden sei (BAG, 23.1.2019,<br />

Az. 7 AZR 13/17).<br />

Das begründeten die Richter mit einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts<br />

(BVerfG). Sie stellten klar, dass das BAG<br />

nach dem Beschluss des BVerfG seine Rechtsprechung zur Zuvorbeschäftigung<br />

aufgeben müsse.<br />

Sie müssen informiert werden<br />

Ihr Arbeitgeber muss Sie umfassend über die Personalplanung<br />

informieren (§ 92 Betriebsverfassungsgesetz). Dazu gehört<br />

grundsätzlich auch, dass er Sie über die Art der Beschäftigung<br />

unterrichtet.<br />

Auf diese Sachgründe kann sich Ihr<br />

Arbeitgeber berufen<br />

Hat Ihr Arbeitgeber einen sachlichen Grund für die Befristung<br />

eines Beschäftigungsverhältnisses, gilt weder die maximale<br />

Befristungsdauer von 2 Jahren noch das Vorbeschäftigungsverbot.<br />

Was insoweit als sachlicher Grund anzusehen ist, ist<br />

klar geregelt. 7 Gründe lesen Sie in § 14 Abs. 1 Teilzeit- und<br />

Befristungsgesetz (TzBfG). In der Checkliste unten habe ich<br />

Ihnen die wichtigsten aufgelistet.<br />

Fazit: Das BAG hat seine Rechtsprechung zur Zuvorbeschäftigung<br />

verworfen. Nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG ist eine sachgrundlose<br />

Befristung dann unzulässig, wenn mit demselben<br />

Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes<br />

Arbeitsverhältnis bestanden hat.<br />

Checkliste ✓Befristung in Ordnung?<br />

Prüfpunkte<br />

Es ist beabsichtigt, den befristeten Arbeitsvertrag schriftlich zu schließen.<br />

n<br />

1. Es liegt ein sachlicher Grund vor. Eine der folgenden Möglichkeiten ist gegeben:<br />

➤ Der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung besteht nur vorübergehend. n<br />

➤ Die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt, um den Übergang des Arbeitnehmers<br />

in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern.<br />

n<br />

➤ Der Arbeitnehmer wird zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt. n<br />

➤ Die Eigenart der Arbeitsleistung rechtfertigt die Befristung. n<br />

➤ Die Befristung erfolgt zur Erprobung. n<br />

➤ Die Befristung ist aufgrund von in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt. n<br />

➤ Der Arbeitnehmer wird aus Haushaltsmitteln vergütet, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung<br />

bestimmt sind, und er wird entsprechend beschäftigt.<br />

n<br />

➤ Die Befristung beruht auf einem gerichtlichen Vergleich. n<br />

Achtung: Die Aufzählung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit!<br />

2. Es handelt sich um eine befristete Einstellung, für die kein sachlicher Grund vorliegt:<br />

➤ Die Befristung ist auf eine Dauer von höchstens 2 Jahre ausgelegt. n<br />

➤ Bei einer kürzen Befristung: Sie haben nachgefragt, ob Ihr Arbeitgeber eine Verlängerung plant, und bei der Gelegenheit<br />

darauf hingewiesen, dass das Beschäftigungsverhältnis während einer Gesamtdauer von 2 Jahren ins- n<br />

gesamt nur 3-mal verlängert werden darf. Dabei muss sich die jeweilige Verlängerung unmittelbar anschließen.<br />

➤ Der Arbeitnehmer war in den vergangenen Jahren noch nicht im Betrieb beschäftigt. n<br />

3. Es handelt sich um eine sachgrundlos befristete Einstellung eines mindestens 53 Jahre alten Arbeitnehmers:<br />

Die Befristung eines Arbeitsvertrags bedarf auch dann keines sachlichen Grundes, wenn der Arbeitnehmer bei<br />

Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet hat und vor der Befristung mindestens n<br />

4 Monate beschäftigungslos war. Hier gilt eine zeitliche Begrenzung von 5 Jahren.<br />

Ist einer dieser 3 Punkte gegeben, werden Sie sich nur schwer gegen die Befristung wehren können. Download<br />

Ja<br />

3


Arbeitnehmerhaftung:<br />

Wann Ihre Kolleginnen und Kollegen für Schäden haften<br />

Beim Hobeln fallen Späne. So gewissenhaft Sie und Ihre Kollegen auch arbeiten mögen, irgendwann unterläuft den meisten<br />

von Ihnen ein Fehler. Hat dieser nur geringe Auswirkungen, wird das kein Problem sein. Passiert so etwas allerdings<br />

öfter oder verursachen Sie einen größeren Schaden, neigt der Arbeitgeber höchstwahrscheinlich dazu, Sie bzw. den Verursacher<br />

zur Kasse zu bitten. Das ist allerdings nicht so ohne Weiteres möglich. Im Folgenden lesen Sie, wann Sie und<br />

Ihre Kollegen in die Haftung genommen werden können.<br />

Grundsätzlich greift der Grundsatz der abgestuften Arbeitnehmerhaftung.<br />

Sie und Ihre Kollegen haften nur, wenn die folgenden<br />

Voraussetzungen gegeben sind:<br />

Voraussetzungen für Haftung<br />

Ein Kollege hat<br />

eine vertragliche Pflichtverletzung in Sinne des § 280 Bürgerliches<br />

Gesetzbuch (BGB) oder<br />

eine unerlaubte Handlung nach § 823 BGB begangen.<br />

Beispiel – Schaden durch Autounfall: Ein Außendienstler<br />

passt nicht auf und überfährt eine rote Ampel. Dadurch<br />

entsteht ein<br />

Sachschaden (Schaden an Gegenständen),<br />

Vermögensschaden (reiner Geldschaden) oder<br />

Personenschaden (eine Person wurde verletzt).<br />

Des Weiteren muss die Pflichtverletzung oder unerlaubte<br />

Handlung für den Schaden ursächlich sein. Es muss also ein<br />

Zusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und dem Schaden<br />

bestehen. Ohne Pflichtverletzung gibt es keine Haftung.<br />

Schließlich muss der Kollege zu guter Letzt für den Schaden<br />

verantwortlich sein. Er muss schuldhaft gehandelt haben.<br />

Beweislast trägt der Arbeitgeber<br />

Möchte Ihr Arbeitgeber einen Kollegen in Anspruch nehmen,<br />

muss er alle Voraussetzungen für eine Schadenersatzpflicht<br />

beweisen (§ 619a BGB). Dies gilt sowohl für die Pflichtverletzung<br />

und das Verschulden des Arbeitnehmers als auch für die<br />

Höhe des Schadens.<br />

Sorgen Sie als <strong>Betriebsrat</strong> dafür, dass Ihre Kollegen nicht zu<br />

Unrecht in die Haftung genommen werden. Haben Sie dabei<br />

stets im Kopf: Ihr Arbeitgeber muss die Betroffenen belasten.<br />

Dabei können ihm allerdings Indizien helfen. Beispiel: Nur der<br />

im Fokus stehenden Arbeitnehmer hatte zum fraglichen Zeitpunkt<br />

Dienst.<br />

Mein Tipp<br />

Wichtige Papiere, Fotos und andere Beweismaterialien<br />

aufbewahren<br />

Empfehlen Sie allen Kolleginnen und Kollegen, solchen<br />

Situationen grundsätzlich vorzubauen. Raten Sie ihnen,<br />

alles aufzubewahren, was sie entlasten kann. Unterlagen,<br />

mit denen sie entsprechende Umstände nachweisen<br />

können, sind rechtzeitig und vollständig zu sichern.<br />

Geht es um einen Autounfall, sollte ein betroffener Kollege<br />

im Zweifel auch die Polizeiakte hinzuziehen. Unter<br />

Umständen findet sich darin entlastendes Material.<br />

Grundsatz der eingeschränkten<br />

Arbeitnehmerhaftung prüfen<br />

Prüfen Sie als <strong>Betriebsrat</strong> im Zweifel den Grundsatz der eingeschränkten<br />

Arbeitnehmerhaftung. Dieser sieht vor, dass Sie<br />

und Ihre Kollegen in der Regel nur bei Vorsatz und grober<br />

Fahrlässigkeit haften. Das bedeutet Folgendes:<br />

1. Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit<br />

Definition: Hier lässt ein Arbeitnehmer das außer Acht, was<br />

im Normalfall jeder beachten würde.<br />

Haftung: Bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit muss der Arbeitnehmer<br />

grundsätzlich den ganzen Schaden allein tragen.<br />

Beispiel für grobe Fahrlässigkeit: Ihr Kollege überfährt<br />

eine rote Ampel. Dadurch kommt es zu einem Unfall.<br />

Kann ihm bei einem solchen Vorgehen sogar Absicht nachgewiesen<br />

werden, liegt Vorsatz vor. Bei grob fahrlässigem Verhalten<br />

sind aber Haftungserleichterungen möglich.<br />

2. Mittlere Fahrlässigkeit<br />

Definition: Von mittlerer Fahrlässigkeit ist auszugehen, wenn<br />

ein Verursacher schlicht unaufmerksam war, obwohl er einer<br />

Situation die volle Aufmerksamkeit hätte schenken müssen.<br />

Haftung: Im Fall von mittlerer Fahrlässigkeit wird der Schaden<br />

zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer aufgeteilt.<br />

Beispiel für mittlere Fahrlässigkeit: Ihr Kollege betankt<br />

einen Dienstwagen falsch und verursacht dadurch einen<br />

Schaden.<br />

3. Leichte Fahrlässigkeit<br />

Definition: Leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn ein objektiver<br />

Betrachter davon ausgeht, dass ein Vorfall jedem passieren<br />

kann.<br />

Haftung: Bei leichter Fahrlässigkeit haften Arbeitnehmer<br />

grundsätzlich nicht.<br />

Beispiel für leichte Fahrlässigkeit: Es handelt sich<br />

um eine leicht zu entschuldigende Pflichtwidrigkeit, die jedem<br />

unterlaufen könnte, z. B. wenn sich ein Kollege in einer Situation<br />

verspricht bzw. vertippt.<br />

Die Haftung eines Arbeitnehmers ist grundsätzlich gegenüber<br />

dem Arbeitgeber, einem Arbeitskollegen und einem Dritten<br />

möglich. Das ist davon abhängig, wem der Schaden entstanden<br />

ist.<br />

Innerbetrieblicher Schadenausgleich<br />

Je nach Konstellation des Einzelfalls findet ein innerbetrieblicher<br />

Schadenausgleich statt. Das heißt: Unter Umständen ist<br />

4

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