19.08.2019 Aufrufe

Taxi Times DACH - Doppelausgabe Juni / Juli 2019

Eine solch starke und flächendeckende Taxi-Protestaktion hatte Deutschland noch nie erlebt. 10.000 Taxis fuhren am 10. April 2019 in Autocorsos hupend durch über 20 Städte, hielten Mahnwachen ab und riefen in Kundgebungen zur „Scheuerwehr“ auf. Taxi Times hat die Ereignisse dieses Tages nun in einer Spezialausgabe veröffentlicht.

Eine solch starke und flächendeckende Taxi-Protestaktion hatte Deutschland noch nie erlebt. 10.000 Taxis fuhren am 10. April 2019 in Autocorsos hupend durch über 20 Städte, hielten Mahnwachen ab und riefen in Kundgebungen zur „Scheuerwehr“ auf. Taxi Times hat die Ereignisse dieses Tages nun in einer Spezialausgabe veröffentlicht.

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NACHSPIEL<br />

Über eintausend Frankfurter <strong>Taxi</strong>fahrer<br />

demonstrierten am 23. Mai.<br />

Kollegen, die ihre Existenz verloren haben<br />

und die sogar in den Selbstmord getrieben<br />

wurden. Die anwesenden <strong>Taxi</strong>unternehmer<br />

und -fahrer (männlich wie weiblich) schwiegen<br />

und Kratz beendete die Stille mit der<br />

Kampfansage: „Mit uns macht das Uber<br />

nicht. Mit uns wird niemand in den Selbstmord<br />

getrieben. Dafür werden wir kämpfen.“<br />

Kratz verwies darauf, dass just am heutigen<br />

Tag das deutsche Grundgesetz seinen<br />

70. Geburtstag feiert, und forderte ein, dass<br />

ebenjenes Grundgesetz auch für die <strong>Taxi</strong>branche<br />

gelten müsse. Beispielsweise das<br />

Grundrecht für jeden Menschen auf Gewährung<br />

eines Existenzminimums und das<br />

Grundrecht auf Mobilität. Man werde auch<br />

den Artikel 3 GG zu Hilfe nehmen: Vor dem<br />

Gesetz sind alle gleich. „Wir stehen heute<br />

hier, weil wir Wettbewerbsgleichheit und<br />

Fairness haben wollen.“<br />

»WIR STEHEN HINTER EUCH«<br />

Nach ausführlichen Erläuterungen zur<br />

Rückkehrpflicht und einer eindringlichen<br />

Ermahnung an die Kontrollbehörden, auf<br />

die Rechtseinhaltung zu achten, übergab<br />

Kratz die Rednerbühne an Martin Kliehm<br />

von der Partei Die Linke. Die Linken hatten<br />

ein Plakat mit der Aufschrift „Wir stehen<br />

hinter euch“ zur Demo mitgebracht.<br />

Kliehm bestätigte die Argumentationen<br />

des <strong>Taxi</strong>gewerbes und kritisierte die Vertreter<br />

der CDU, die auf Herrn Scheuer nicht<br />

vehement genug einwirken würden. Mit<br />

diesem Vorwurf richtete er sich speziell an<br />

den Frankfurter Verkehrsdezernenten und<br />

CDU-Stadtrat Markus Frank. Dieser betrat<br />

im Anschluss die Rednerbühne, hatte aber<br />

keinen leichten Stand, auch wenn er sich<br />

gleich zu Beginn bei den Anwesenden für<br />

das beeindruckende Bild bedankte, das ihm<br />

die tausend demon strierenden <strong>Taxi</strong>s heute<br />

geboten hätten. Allerdings versäumte es<br />

Frank in seiner Ansprache, auf das kritisierte<br />

Kontrolldefizit seiner Behörde einzugehen<br />

und dafür Lösungen anzubieten.<br />

Stattdessen nahm er die Branche in die<br />

Pflicht, dass es nicht nur bei einer hundertjährigen<br />

Tradition bleiben solle, sondern<br />

sich die Branche fit für die Zukunft zu<br />

machen habe. „Es langt nicht ,Uber und<br />

Scheuer müssen weg‘ zu rufen“, sagte<br />

Frank. Man brauche ein gutes System, bei<br />

dem die Qualität des <strong>Taxi</strong>s erhalten bleibe.<br />

Die Stadt wolle dabei gerne helfen.<br />

Kratz nahm diese Steilvorlage an, forderte<br />

im Sinne dieser Qualität die Wiedereinführung<br />

der Ortskenntnisprüfung für<br />

Mietwagenfahrer und übergab anschließend<br />

das Mikrofon an die SPD-Bundestagsabgeordnete<br />

Ulli Nissen. Die SPD-Frau<br />

bezeichnete Scheuer als „Lobbyisten der<br />

Automobilindustrie“. Das sei schäbig. Uber<br />

habe in anderen Ländern Chaos angerichtet,<br />

das dürfe es in Deutschland niemals<br />

geben. Hinsichtlich der Rückkehrpflicht<br />

vertrat auch Frau Nissen die Argumente<br />

der <strong>Taxi</strong>branche.<br />

GRÜSSE VOM OB<br />

Bevor Ufuk Gergin vom Rhein-Main <strong>Taxi</strong>verband<br />

e. V. das Wort ergriff, verlas Kratz<br />

noch die Grußworte des Frankfurter Oberbürgermeisters<br />

Peter Feldmann, des hessischen<br />

Verkehrsministers Tarek Al-Wazir<br />

und des Ministerpräsidenten Volker Bouffier,<br />

die allesamt darauf schließen lassen,<br />

dass seitens der Stadt mehr gegen Uber<br />

unternommen wird und seitens des Landes<br />

die Scheuer-Eckpunkte auf hessischen<br />

Widerstand im Bundesrat stoßen.<br />

Gergin kündigte an, dass man sich so<br />

lange zu Protesten versammeln werde, bis<br />

das <strong>Taxi</strong>gewerbe mit seinen Anliegen<br />

Gehör bekommt. Den Verkehrsminister<br />

TAXIDEMO FRANKFURT<br />

1.000 Teilnehmer<br />

<strong>Taxi</strong>korso: vom Rebstock zum<br />

Mainkai, unter anderem auch durch<br />

das Bankenviertel<br />

Kundgebung: am Römerberg<br />

Redner:<br />

Hans-Peter Kratz (<strong>Taxi</strong>-Vereinigung<br />

Frankfurt e. V.), Martin Kliehm (Die<br />

Linke), Markus Frank (Stadtrat CDU),<br />

Ulli Nissen (MdB, SPD),<br />

Ufuk Gergin, (Rhein-Main <strong>Taxi</strong>verband<br />

e. V.), Marco Marchesani<br />

(<strong>Taxi</strong>unternehmer)<br />

Medienresonanz: diverse Tageszeitungen<br />

sowie lolake Fernseh- und<br />

Radiosender<br />

Organisator: <strong>Taxi</strong>vereinigung<br />

Frankfurt<br />

Besonderheit: Nur sechs Wochen<br />

nach dem <strong>Taxi</strong>-Aktionstag<br />

demonstrierten noch einmal mehr<br />

als 1.000 <strong>Taxi</strong>s in Frankfurt.<br />

Andreas Scheuer forderte Ufuk Gergin zum<br />

Rücktritt auf.<br />

Marco Marchesani, seit sieben Jahren<br />

<strong>Taxi</strong>unternehmer in Frankfurt, sprach stellvertretend<br />

für die vielen Hundert Anwesenden<br />

von den Sorgen, die sich die <strong>Taxi</strong>fahrer<br />

in Frankfurt machen, seit Uber im Dezember<br />

Fahrten zu Dumpingpreisen anbietet.<br />

Er wandte sich mit einer Warnung direkt<br />

an die Bevölkerung: „Denkt daran, wenn<br />

ihr an Silvester bei Regen oder während<br />

einer Messe ein Uber bestellt, dann zahlt<br />

ihr mehr. Das <strong>Taxi</strong> fährt zu fairen Preisen<br />

– auch in Zukunft.“<br />

Zum Abschluss bekam dann noch<br />

Oğuzhan Oğul großen Applaus. Oğul ist<br />

Vorstand von <strong>Taxi</strong> Ruf Köln und war aus<br />

Solidarität nach Frankfurt gereist. Kratz<br />

bedankte sich bei ihm für die Unterstützung<br />

bei der juristischen Bekämpfung der<br />

Uber-Fahrer. <br />

jh & hs<br />

TAXI DOPPELAUSGABE JUNI / JULI <strong>2019</strong><br />

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