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Taxi Times DACH - Doppelausgabe Juni / Juli 2019

Eine solch starke und flächendeckende Taxi-Protestaktion hatte Deutschland noch nie erlebt. 10.000 Taxis fuhren am 10. April 2019 in Autocorsos hupend durch über 20 Städte, hielten Mahnwachen ab und riefen in Kundgebungen zur „Scheuerwehr“ auf. Taxi Times hat die Ereignisse dieses Tages nun in einer Spezialausgabe veröffentlicht.

Eine solch starke und flächendeckende Taxi-Protestaktion hatte Deutschland noch nie erlebt. 10.000 Taxis fuhren am 10. April 2019 in Autocorsos hupend durch über 20 Städte, hielten Mahnwachen ab und riefen in Kundgebungen zur „Scheuerwehr“ auf. Taxi Times hat die Ereignisse dieses Tages nun in einer Spezialausgabe veröffentlicht.

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TAXIDEMO IN WIESBADEN<br />

und dort wiederum haben jene Landespolitiker<br />

das Sagen, die im Falle einer Novellierung<br />

des Personenbeförderungsgesetzes<br />

(PBefG) immer noch ihr Veto einlegen können.<br />

Vor allen Dingen dann, wenn Scheuers<br />

Eckpunkte so in ein neues Gesetz einfließen<br />

und damit insbesondere die Rückkehrpflicht<br />

für Mietwagen abgeschafft wird.<br />

Verschiedene Redner der Kundgebung<br />

hatten Scheuers Eckpunkte scharf kritisiert.<br />

Sie seien ein Vernichtungsschlag<br />

gegen das <strong>Taxi</strong>, bei dem die Verbraucher<br />

auf der Strecke blieben, sagte beispielsweise<br />

Hans-Peter Kratz. Ufuk Gergin vom<br />

Rhein-Main <strong>Taxi</strong>verband machte klar, dass<br />

das Personenbeförderungsgesetz ein Verbraucherschutzgesetz<br />

ist. Er sieht die Forderung<br />

nach Digitalisierung der Mobilität<br />

als trojanisches Pferd, um den Konzernen<br />

Marktanteile zu verschaffen. Scheuer sei<br />

ein „politischer Arm der Konzerne“.<br />

PFLICHT ZUR KONTROLLE<br />

Thomas Schmidt vom Landesverband Hessen<br />

verwies auf die verheerenden Folgen in<br />

anderen Ländern, wo man den von Scheuer<br />

geplanten Weg schon gegangen sei, wie<br />

in New York oder London. Eine Gewährleistung<br />

auf Beförderung sei nicht mehr<br />

gegeben, wenn die neuen Mobilitätsdienstleister<br />

als Rosinenpicker das <strong>Taxi</strong>gewerbe<br />

unwirtschaftlich machen. „Rosinenpicken<br />

zu unfairen Preisen, keinerlei Pflichten,<br />

Preisangebote nach Auslastung und Nachfrage<br />

und der Kunde und <strong>Taxi</strong>s bleiben auf<br />

der Strecke. Alte, Kranke, Behinderte und<br />

Schüler haben keine sichtbaren Vorteile<br />

durch die neuen Mobilitätsplattformen“, so<br />

Schmidt. Er forderte wie alle Redner einen<br />

fairen Wettbewerb und sieht die kommunalen<br />

Aufsichtsbehörden in der Pflicht, dies<br />

auch zu kontrollieren.<br />

Frankfurt ist seit Kurzem auch Uber-<br />

Stadt, was die hohe Teilnahme der Frankfurter<br />

Kollegen an der Demo erklärt. Der<br />

<strong>Taxi</strong>fahrer Christos wurde an jenem Tag von<br />

einem RTL-Fernsehteam begleitet. Bei der<br />

Kundgebung ging dann auch Herwig Kollar<br />

von der <strong>Taxi</strong> Frankfurt eG und als Vertreter<br />

des Bundesverbands auf der Bühne mit<br />

einem Vergleich aus der Tierwelt auf die<br />

Uber-Problematik ein. Vorher wies er darauf<br />

hin, dass die einzige Innovation von Uber der<br />

systematische und vorsätzliche Rechtsbruch<br />

ist. „Wenn man das Uber-Geschäftsmodell<br />

auf die Politik übertragen würde“, so Kollar,<br />

„müsste man die Anzahl der Abgeordneten<br />

verdoppeln und die Diäten halbieren. Dann<br />

bekäme man mehr Politik für weniger Geld.<br />

Und die Abgeordneten müssten für diese<br />

tolle Geschäftsidee 25 % Provision an Uber<br />

bezahlen!“ „Aber“, so Kollar weiter, „der hessische<br />

Verkehrsminister spricht lieber über<br />

das <strong>Taxi</strong>gewerbe als mit dem <strong>Taxi</strong>gewerbe.<br />

Vielleicht handelt er nach dem Motto,<br />

dass man die Frösche nicht fragen darf,<br />

wenn man den Teich trockenlegen will.<br />

Hier soll aber nicht der Teich trockengelegt<br />

werden. Man will vielmehr die Frösche verjagen,<br />

um einer Kröte namens Uber Platz<br />

zu verschaffen. Diese Kröte wird das <strong>Taxi</strong>gewerbe<br />

aber nicht schlucken! Vielleicht<br />

sollte der hessische Verkehrsminister<br />

einen neuen Fahrradweg weniger einweihen<br />

und die so gewonnene Zeit für den Dialog<br />

mit dem <strong>Taxi</strong>gewerbe nutzen.“<br />

Einen kleinen Wermutstropfen hatte die<br />

Veranstaltung dann doch: Obwohl über<br />

1.000 <strong>Taxi</strong>fahrer vor der Staatskanzlei<br />

demonstrierten, ließen sich weder Hessens<br />

Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU)<br />

noch der von Kollar so gescholtene grüne<br />

Verkehrsminister Tarek Al-Wazir auf der<br />

Demo blicken. Lediglich die Landtagsfraktionsvorsitzende<br />

der Linken, Janine Wissler,<br />

mischte sich unter die Demonstranten<br />

und richtete ein paar unterstützende Worte<br />

an die <strong>Taxi</strong>fahrer. Auch aus dem benachbarten<br />

Mainz kam niemand, weder die<br />

rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin<br />

Malu Dreyer noch der vom VDV eingeladene<br />

Verkehrsminister Dr. Volker Wissing<br />

von der FDP.<br />

Kratz stellte nicht zuletzt deshalb klar:<br />

„In Wiesbaden ging rund vier Stunden<br />

nichts mehr, aber man könne auch mal<br />

Frankfurt mit allen Einrichtungen für eine<br />

Woche stilllegen.“ Das sollte übrigens am<br />

23. Mai bei einer weiteren <strong>Taxi</strong>demo passieren.<br />

Dort richtete sich der Protest aber<br />

nicht mehr nur gegen Scheuer, sondern<br />

gegen die Frankfurter Aufsichtsbehörde,<br />

weil diese nichts gegen die offensichtlichen<br />

Rechtsbrüche von Uber & Co. unternimmt.<br />

Kratz hatte dort vorsorglich 1.000 <strong>Taxi</strong>s<br />

angemeldet (siehe S. 40). <br />

jh<br />

Frankfurter<br />

<strong>Taxi</strong>s auf dem<br />

Weg nach<br />

Wiesbaden.<br />

TAXIDEMO WIESBADEN<br />

1.000 Teilnehmer, darunter<br />

zahlreiche Frankfurter <strong>Taxi</strong>s.<br />

Vermittlungsstopp: Unter Federführung<br />

der <strong>Taxi</strong>zentrale Frankfurt eG<br />

wurden in Frankfurt, Hanau, Offenbach,<br />

Rüsselsheim und Wiesbaden<br />

für zwei Stunden keine Fahrtaufträge<br />

angenommen.<br />

<strong>Taxi</strong>korso: von der Biebricher Allee<br />

vorbei am Verkehrsministerium zum<br />

Kranzplatz<br />

Kundgebung: vor der Wiesbadener<br />

Staatskanzlei<br />

Redner: Ufuk Gergin, (Rhein-Main<br />

<strong>Taxi</strong>verband e. V.), Herwig Kollar<br />

(Bundesverband <strong>Taxi</strong>), Hans-Peter<br />

Kratz (<strong>Taxi</strong>-Vereinigung Frankfurt<br />

am Main e. V.), Thomas Schmidt<br />

(Landesverband Hessen), Janine<br />

Wissler (Fraktionsvorsitzende der<br />

Linken im Hessischen Landtag)<br />

Medienresonanz: diverse Tageszeitungen,<br />

z. B. „Frankfurter<br />

Rundschau“, „Pfälzischer Merkur“,<br />

„Wiesbadener Tagblatt“<br />

Organisator: <strong>Taxi</strong>vereinigung<br />

Frankfurt mit Unterstützung des<br />

VDV Rheinland<br />

Besonderheit: Aktiv mitgewirkt an<br />

der Demo hatte auch der Verband<br />

VDV Rheinland für Rheinland-<br />

Pfalz. Unter den <strong>Taxi</strong>s waren auch<br />

zahlreiche Koblenzer Kennzeichen<br />

und weiterer Gebiete aus Rheinland-<br />

Pfalz zu sehen.<br />

TAXI DOPPELAUSGABE JUNI / JULI <strong>2019</strong><br />

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