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Studie Kultur Region Oberes Mittelrheintal 2019 - Davide Brocchi

Davide Brocchi Wandel durch Kultur – Kultur im Wandel Neue Entwicklungspfade für die Region Oberes Mittelrheintal Eine Studie auf Basis von zwölf Experteninterviews, im Auftrag des Zweckverbandes Welterbe Oberes Mittelrheintal

Davide Brocchi
Wandel durch Kultur – Kultur im Wandel
Neue Entwicklungspfade für die Region Oberes Mittelrheintal

Eine Studie auf Basis von zwölf Experteninterviews,
im Auftrag des Zweckverbandes Welterbe Oberes Mittelrheintal

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Wandel durch <strong>Kultur</strong> – <strong>Kultur</strong> im Wandel<br />

Neue Entwicklungspfade für die <strong>Region</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Mittelrheintal</strong><br />

4.7.8 Zusammenhalt durch Gemeingüter<br />

Gemeingüter sind weder privat noch öffentlich. Gemeingüter sind nur dann solche, wenn eine<br />

gewisse lokale Selbstverwaltung durch die Genossenschaft der Bürger*innen zugelassen wird.<br />

(Helfrich 2011; Ostrom 1999)<br />

In einer Wohngemeinschaft verfügen die Bewohner*innen über Privaträume, gleichzeitig teilen<br />

sie miteinander bestimmte Räume als Gemeingut: die Küche, das Wohnzimmer. Hier werden<br />

gemeinsame Probleme besprochen, die Verantwortung für die Instandhaltung der Räume wird<br />

aufgeteilt, Vertrauen wird gepflegt, das „gute Leben“ wird gemeinsam gestaltet und erlebt.<br />

Wenn es solche Räume als Gemeingut in jeder Nachbarschaft geben würde, würde dies eine<br />

enorme Entwicklungsdynamik im Lokalen entfalten. Denn solche „nachbarschaftlichen Wohnzimmer“<br />

(oder Agoras) wären Räume, in denen Demokratie gelebt und unentgeltlicher Tausch<br />

(von Gebrauchtwaren, Kompetenzen, Solidarität) praktiziert wird. Begegnungsräume sind für<br />

den Zusammenhalt sowie Kunst und <strong>Kultur</strong> enorm wichtig.<br />

Wenn öffentliche Flächen zum Gemeingut werden, dann übernehmen die Bürger*innen auch<br />

mehr Verantwortung für ihre Pflege und Instandhaltung. Auch das Rheinufer könnte zum Gemeingut<br />

gemacht werden, wobei jede Ortschaft diese sauber hält und Plastikmüll regelmäßig<br />

einsammelt. Andere Ortschaften am Rhein können zur „essbaren Stadt“ werden (Vorbild: Andernach),<br />

wenn Nachbarschaften gemeinsam Obst und Gemüse auf bestimmten öffentlichen<br />

Flächen anbauen dürfen.<br />

Lokale Bürgergemeinschaften sollten durch die Kommunalverwaltungen unterstützt werden, indem<br />

die Nutzung und Belebung von öffentlichen Räumen erleichtert wird. Es geht nicht immer<br />

darum, die Kommunalverwaltungen mit weiteren Aufgaben zu belasten. Sie können sogar entlastet<br />

werden, wenn sie die Bürger*innen an einigen Stellen machen lassen und unterstützen.<br />

Bürger*innen übernehmen Verantwortung, wenn sie mitgestalten und sich stärker selbstverwalten<br />

dürfen – in einem bestimmten vordefinierten Rahmen (Vereinbarung).<br />

4.7.9 Stadt-Land-Partnerschaften<br />

Das Verhältnis zwischen Stadt und Land wird durch kulturbedingte Wertungen beeinflusst, wobei<br />

die Großstadt der Inbegriff der Moderne, des Fortschritts und der Emanzipation ist, während<br />

das Land mit Tradition, Rückständigkeit und fehlenden Möglichkeiten der kreativen Selbstentfaltung<br />

assoziiert wird. Diese asymmetrische Wertung wird oft von der Bevölkerung auf dem<br />

Land verinnerlicht, so dass die Jugend die <strong>Region</strong> verlässt, um in die Stadt zu ziehen. Traditionen<br />

werden aufgegeben, um am internationalen Markt teilhaben zu können.<br />

Doch <strong>Region</strong>en wie die südfranzösische Provence oder Südtirol zeigen, dass das Ungleichgewicht<br />

zwischen Städten und <strong>Region</strong>en kein Naturgesetz ist. Man kann sich von der kulturbedingten<br />

Asymmetrie emanzipieren, indem man ein Selbstwertgefühl der <strong>Region</strong> fördert, sich auf die Eigenart<br />

und die eigenen Stärken besinnt.<br />

Die Stadt braucht das Land mindestens so sehr, wie das Land die Stadt: Warum nicht Stadt-Land-<br />

Partnerschaften einführen? Zwischen einem Quartier in Koblenz oder Mainz und einer Gemeinde<br />

am Rhein? Die Stadt könnte das Land mit Impulsen, <strong>Kultur</strong> und Kunst beliefern, während<br />

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