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Studie Kultur Region Oberes Mittelrheintal 2019 - Davide Brocchi

Davide Brocchi Wandel durch Kultur – Kultur im Wandel Neue Entwicklungspfade für die Region Oberes Mittelrheintal Eine Studie auf Basis von zwölf Experteninterviews, im Auftrag des Zweckverbandes Welterbe Oberes Mittelrheintal

Davide Brocchi
Wandel durch Kultur – Kultur im Wandel
Neue Entwicklungspfade für die Region Oberes Mittelrheintal

Eine Studie auf Basis von zwölf Experteninterviews,
im Auftrag des Zweckverbandes Welterbe Oberes Mittelrheintal

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Wandel durch <strong>Kultur</strong> – <strong>Kultur</strong> im Wandel<br />

Neue Entwicklungspfade für die <strong>Region</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Mittelrheintal</strong><br />

herzustellen. Die Vernachlässigung oder Zerstörung der <strong>Kultur</strong> irgendeiner Gruppe bedeutet für<br />

die gesamte Menschheit einen Verlust.<br />

Die Gleichheit und Würde aller <strong>Kultur</strong>en muss anerkannt werden ebenso wie das Recht eines<br />

jeden Volkes und jeder <strong>Kultur</strong>gemeinschaft, ihre kulturelle Identität zu behaupten und zu bewahren.“<br />

(UNESCO 1982: 2)<br />

Es geht nicht darum, eine regionale Identität zu definieren, die die innere Vielfalt unterdrückt,<br />

sondern im Gegenteil, die der inneren Vielfalt zum gemeinsamen Ausdruck verhilft – und sie<br />

auch in Dialog mit anderen Identitäten stellt. Völkerverständigung ist nur dann möglich, wenn<br />

sich verschiedene <strong>Kultur</strong>en und Perspektiven eher mit Wertschätzung, sogar Neugierde begegnen<br />

statt mit Abwertung oder gar Angst. <strong>Kultur</strong>en können nur voneinander lernen, wenn ein<br />

Dialog auf Augenhöhe ermöglicht wird. Der Dialog setzt das Bewusstsein für die Grenzen der<br />

eigenen Wahrnehmung voraus: In der menschlichen Sphäre kann es nur mehrere Wahrheiten<br />

gleichzeitig geben und nicht nur die eigene. Die Künste können dem sogenannten „Fremden“ im<br />

umfassenden Sinne eine Bühne bieten, die ihm sonst im Mainstream und in den Massenmedien<br />

verwehrt bleibt. Völkerverständigung findet vor allem durch die Auseinandersetzung mit dem<br />

Fremden und das Ausüben des Perspektivenwechsels statt. <strong>Kultur</strong>elle Vielfalt bezieht sich nicht<br />

allein auf die unterschiedlichen Weltreligionen oder auf die Migranten, denn Andersartigkeit<br />

steckt in jedem von uns. Nur in einer weltoffenen <strong>Region</strong> kann sich die Andersartigkeit jedes<br />

Menschen frei entfalten.<br />

3.4.7 Vertrauen und Toleranz<br />

Eine wichtige Voraussetzung des friedlichen Zusammenlebens in der Vielfalt ist nicht nur Demokratie,<br />

sondern und vor allem Vertrauen und Toleranz. In einem Kontext des Misstrauens drückt<br />

sich die individualistische Freiheit unempathisch aus, zum Beispiel als Macht der einen gegen<br />

die entsprechende Ohnmacht der anderen. Ob Menschen eher ein Grundvertrauen oder ein<br />

Grundmisstrauen gegenüber anderen Menschen bzw. sich selbst pflegen, hängt auch von ihrer<br />

<strong>Kultur</strong> ab. Die westliche <strong>Kultur</strong> ist durch eine philosophische Tradition des Misstrauens stark geprägt<br />

(u.a. Hobbes 1991; vgl. Esposito 2004). Vor allem im angelsächsischen <strong>Kultur</strong>raum spiegelt<br />

sie sich auch in der Dominanz eines bestimmten ökonomischen Modells wider, am Menschenbild<br />

des berechnenden, egoistischen „homo oeconomicus“ orientiert. (vgl. <strong>Brocchi</strong> 2011)<br />

In seinem Wesen ist der Mensch jedoch weder ein Einzelgänger noch ein Gemeinschaftswesen,<br />

sondern beides. Formen von Gemeinschaft, die weltoffener sind und Individualität und sozialen<br />

Zusammenhalt neu verknüpfen können, entsprechen deshalb dem menschlichen Maß am besten.<br />

Sie können sich am besten in einer Atmosphäre des Vertrauens und der Toleranz bilden. Es<br />

braucht ein Grundvertrauen, um die Kooperation dem „freien“ Wettbewerb vorzuziehen, um<br />

am politischen und sozialen Leben zu partizipieren. In Ländern, in denen eine <strong>Kultur</strong> des Vertrauens<br />

herrscht, ist das allgemeine Wohlbefinden der Menschen höher, das Gemeinwesen<br />

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