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Studie Kultur Region Oberes Mittelrheintal 2019 - Davide Brocchi

Davide Brocchi Wandel durch Kultur – Kultur im Wandel Neue Entwicklungspfade für die Region Oberes Mittelrheintal Eine Studie auf Basis von zwölf Experteninterviews, im Auftrag des Zweckverbandes Welterbe Oberes Mittelrheintal

Davide Brocchi
Wandel durch Kultur – Kultur im Wandel
Neue Entwicklungspfade für die Region Oberes Mittelrheintal

Eine Studie auf Basis von zwölf Experteninterviews,
im Auftrag des Zweckverbandes Welterbe Oberes Mittelrheintal

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Wandel durch <strong>Kultur</strong> – <strong>Kultur</strong> im Wandel<br />

Neue Entwicklungspfade für die <strong>Region</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Mittelrheintal</strong><br />

dieser <strong>Studie</strong> lautet: Gemeingüter. Sie sind das geeignetste Totem jeder Gemeinschaft. Gemeingüter<br />

können immateriell (z.B. traditionelles Wissen) oder materiell sein (z.B. Fischbestände,<br />

Wasser, ein Waldstück, ein Wohnprojekt). Gemeingüter existieren als solche nur unter der Bedingung,<br />

dass ihre Nutzer*innen miteinander kooperieren, sich gemeinsame Regeln geben und<br />

das Gemeingut selbstverwalten dürfen. Insofern sind Gemeingüter weder private noch öffentliche<br />

Güter. Was würde passieren, wenn die Jugend eine ganze Burg am Rhein als Gemeingut<br />

selbstverwalten und selbst einrichten dürfte? Wenn jede Nachbarschaft die eigene Straße selbst<br />

gestalten dürfte?<br />

Neben Gemeingütern braucht die kulturelle Identität Rituale, die möglichst inklusiv und kommerzfrei<br />

sind. Der Zusammenhalt der Familie wird beim gemeinsamen Abendessen gepflegt, die<br />

Kirchengemeinschaft beim Gottesdienst. Jedes Milieu und jede Generation pflegt eigene kommerzfreie<br />

Rituale. Doch was können gemeinsame Rituale für alle sein, im Rahmen einer Nachbarschaft<br />

als „große, bunte Wohngemeinschaft“? Viele alte Rituale haben durch ihre Kommerzialisierung<br />

an Bindungskraft stark eingebüßt. Das Sozialkapital anstelle des ökonomischen Kapitals<br />

muss im Mittelpunkt inklusiver Rituale stehen.<br />

3.4.4 Das Welterbe als Gemeingut<br />

Die historische <strong>Kultur</strong>landschaft der <strong>Region</strong> wurde 2002 als Welterbe anerkannt. Sie erfüllt nämlich<br />

vier der zehn Auswahlkriterien aus der Liste der UNESCO:<br />

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<br />

<br />

<br />

Kriterium (ii): Als eine der wichtigsten Handelsrouten in Europa hat das <strong>Mittelrheintal</strong><br />

seit zwei Jahrtausenden den kulturellen Austausch zwischen der Mittelmeerregion und<br />

dem Norden Europas ermöglicht.<br />

Kriterium (iv): Das <strong>Mittelrheintal</strong> ist eine außergewöhnliche, organisch gewachsene <strong>Kultur</strong>landschaft,<br />

deren heutiges Bild bestimmt wird durch seine Geologie und geologische<br />

Erscheinung und durch die menschlichen Eingriffe, wie Siedlungen, Verkehrsinfrastruktur<br />

und Landnutzung, die die Landschaft während der letzten 2000 Jahre geformt haben.<br />

Kriterium (v): Das <strong>Mittelrheintal</strong> ist ein herausragendes Beispiel für einen gewachsenen<br />

traditionellen Lebens- und Verkehrsstil in einem engen Flusstal. Das Terrassieren der<br />

steilen Hänge hat die Landschaft im Verlaufe der letzten zweitausend Jahre besonders<br />

geprägt.<br />

Kriterium (vi) wurde nicht aufgenommen, allerdings spielen Mystik und Rheinromantik<br />

in der Entwicklung der <strong>Region</strong> eine tragende Rolle. (Zweckverband Welterbe <strong>Oberes</strong><br />

<strong>Mittelrheintal</strong> 2016: 18)<br />

Das Welterbe bildet eines der wichtigsten Gemeingüter der <strong>Region</strong> – und sollte als solches verstanden<br />

werden. Dieses Gemeingut gehört allen Bewohner*innen der <strong>Region</strong> gemeinsam. Entsprechend<br />

tragen sie eine Verantwortung dafür. In einer Demokratie organisieren die Bürger*innen<br />

die gemeinsame Verantwortung in Form von Institutionen, die sie selbst durch Steuergelder<br />

finanzieren. Strenggenommen sind die Bürger*innen die eigentlichen Eigentümer*innen aller<br />

öffentlichen Institutionen. Wenn die Institutionen jedoch selbstbezogen handeln, sich von den<br />

Bürger*innen abschotten und diese lediglich als „Kund*innen“ oder „Laien“ behandeln, dann<br />

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