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Studie Kultur Region Oberes Mittelrheintal 2019 - Davide Brocchi

Davide Brocchi Wandel durch Kultur – Kultur im Wandel Neue Entwicklungspfade für die Region Oberes Mittelrheintal Eine Studie auf Basis von zwölf Experteninterviews, im Auftrag des Zweckverbandes Welterbe Oberes Mittelrheintal

Davide Brocchi
Wandel durch Kultur – Kultur im Wandel
Neue Entwicklungspfade für die Region Oberes Mittelrheintal

Eine Studie auf Basis von zwölf Experteninterviews,
im Auftrag des Zweckverbandes Welterbe Oberes Mittelrheintal

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Wandel durch <strong>Kultur</strong> – <strong>Kultur</strong> im Wandel<br />

Neue Entwicklungspfade für die <strong>Region</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Mittelrheintal</strong><br />

7.4 Handlungsempfehlungen<br />

Die Perspektive dieser <strong>Studie</strong> auf die <strong>Kultur</strong>szene des Oberen <strong>Mittelrheintal</strong>s ist mindestens genauso<br />

beschränkt wie die Stichprobe, auf der sie basiert. Während Lahnstein, Bingen und Rüdesheim<br />

nicht auftauchen, ist Bacharach in der Stichprobe überrepräsentiert. Zusätzlich arbeiten<br />

fast alle Interviewpartner*innen in Bacharach an einem gemeinsamen Vorhaben zusammen<br />

und haben wahrscheinlich ein großes Interesse daran, es möglichst gut zu verkaufen, wissend,<br />

dass diese <strong>Studie</strong> auch für potenzielle Geldgeber bestimmt ist. Entsprechend klingen manche<br />

Aussagen in ihren Interviews.<br />

Trotzdem gibt es genug Gründe, um Bacharach in dieser <strong>Studie</strong> hervorzuheben und um in dieser<br />

Stadt ein besonderes Potenzial für die Entwicklung der <strong>Region</strong> zu erkennen. Diese Gründe sind:<br />

a) Die Geschichte dieses Ortes ist wirklich eine besondere, vom Mittelalter bis heute. Damals<br />

war die Stadt ein großer Hafen am Rhein, ein Treffpunkt für Händler aus ganz Europa.<br />

Dann kamen die Judenpogrome, die Wernerkapelle, im 20. Jahrhundert der Nationalsozialismus,<br />

die Rettung der Wernerkapelle und schließlich der lange Einsatz der<br />

Bürger*innen für Toleranz und Völkerverständigung in den letzten Jahrzehnten.<br />

b) Schon diese Geschichte steht für die Frage, was der Mensch sei (SF): ein bösartiges Wesen,<br />

das nur durch <strong>Kultur</strong> zivilisiert werden kann? Oder ein gutes, empathisches Wesen<br />

(der „Emile“ von Jean-Jacques Rousseau), das erst durch die falsche Erziehung oder die<br />

Propaganda zum Wolf gemacht wird? Die Geschichte von Bacharach liefert eine dritte<br />

Antwort: Jeder Mensch kann böse oder gut sein, das wichtigste ist jedoch, dass er sich<br />

immer wandeln und lernen kann. Auch aus den schlimmsten Fehlern kann gelernt werden<br />

und dieses Wissen kann so gepflegt und weiter übertragen werden, dass sich Fehler<br />

nicht wiederholen. Das ist unsere besondere Verantwortung, darauf sollte man setzen.<br />

c) Beim Gespräch mit den beteiligten Akteuren in Bacharach wurde deutlich, dass diese<br />

Akteure hier nicht einfach einen „Job“ machen: Ihr Handeln ist stark durch Leidenschaft<br />

und Idealismus getrieben. Die nonverbale Ausdrucksweise kann selten lügen, sie<br />

stimmte mit der verbalen Botschaft überein, es wirkte entsprechend authentisch und<br />

überzeugend. Die ungewöhnlichen Biografien eines Willy Praml, eines Peter Keber oder<br />

eines Fritz Stüber sind der beste Beweis für die Motivation und den Horizont hinter ihrer<br />

Arbeit. Es handelt sich um Brückenbauer und Grenzgänger, die die <strong>Kultur</strong> ein Stück weit<br />

aus ihrer exklusiven Sphäre herausholen.<br />

d) In Bacharach hat sich eine unkonventionelle Allianz gebildet, auch zwischen <strong>Kultur</strong>schaffenden<br />

und Bevölkerung sowie zwischen politischen Institutionen und Bürger*innen.<br />

Genau solche Bündnisse sind jene, die eine nachhaltige Transformation der <strong>Region</strong> am<br />

meisten braucht.<br />

e) Bacharach hat einen partizipativen Leitbildprozess 2010 durchgeführt, dabei durften die<br />

Bürger*innen die Entwicklung der Stadt ein Stück weit beeinflussen. Sicher ist auch hier<br />

die Demokratie kein ganz vollendetes Projekt, trotzdem werden erste Schritt zu ihrer<br />

Stärkung versucht.<br />

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