13.08.2019 Aufrufe

Studie Kultur Region Oberes Mittelrheintal 2019 - Davide Brocchi

Davide Brocchi Wandel durch Kultur – Kultur im Wandel Neue Entwicklungspfade für die Region Oberes Mittelrheintal Eine Studie auf Basis von zwölf Experteninterviews, im Auftrag des Zweckverbandes Welterbe Oberes Mittelrheintal

Davide Brocchi
Wandel durch Kultur – Kultur im Wandel
Neue Entwicklungspfade für die Region Oberes Mittelrheintal

Eine Studie auf Basis von zwölf Experteninterviews,
im Auftrag des Zweckverbandes Welterbe Oberes Mittelrheintal

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Wandel durch <strong>Kultur</strong> – <strong>Kultur</strong> im Wandel<br />

Neue Entwicklungspfade für die <strong>Region</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Mittelrheintal</strong><br />

auf einer bestimmten Art und Weise bereits gelebt, aber die gelebte Identifikation wird in der<br />

Hochkultur noch nicht rezipiert oder sich zu eigen gemacht.<br />

Ein Identifikationsmoment, das von oben herab vordefiniert wird, riskiert, einer Vielfalt in der<br />

<strong>Region</strong> nicht gerecht zu werden; eine Homogenität vorzuschreiben, die sich für jede Andersartigkeit<br />

erstickend anfühlen kann. Wenn vor allem die Rheinromantik gefördert wird, was ist mit<br />

der Kunst links und rechts der Rheinromantik?<br />

Partizipation bedeutet entsprechend auch, dass die Einheit immer so definiert wird, dass sie als<br />

Ausdruck einer Vielfalt statt als Hemmung der Vielfalt dient. Dafür muss jedoch auf Inklusivität<br />

im Partizipationsprozess geachtet werden: Sie ist nicht gegeben, wenn sich nur eine „akademische,<br />

weiße Elite“ daran beteiligt. Die Qualität eines Identifikationsmoments der <strong>Region</strong> misst<br />

sich an seiner Fähigkeit, kulturelle Teilhabe gerade dort zu fördern und zu stärken, wo sie sonst<br />

nicht vorhanden ist. In den Interviews wird oft die Frage gestellt: Was ist mit der Jugend?<br />

Wenn es um ein Identifikationsmoment geht, das in der <strong>Region</strong> gelebt wird, lässt sich dieses<br />

wahrscheinlich nicht nur kognitiv und verbal pflegen, denn es geht auch um Gefühle. Emotionen<br />

sind frei und können nicht geplant, reproduziert und erzwungen werden. Die <strong>Region</strong> will eben<br />

gefühlt und nicht nur gedacht werden. Formelle Workshops reichen entsprechend nicht aus: Es<br />

braucht andere Formate mit einem höheren emotionalen Anteil. Gerade an solchen Stellen kann<br />

die Zusammenarbeit mit der Kunst sehr spannend sein, wie das Beispiel Bacharach mit dem Willy<br />

Praml Theater zeigt.<br />

Partizipative Prozesse erfordern einen deutlich höheren Ressourceneinsatz am Anfang, im Vergleich<br />

zu Top-Down-Prozessen. In den folgenden Phasen ist es jedoch umgekehrt: Bei Top-<br />

Down-Prozessen bleiben die Institutionen oft allein mit der Verantwortung, sie müssen den Prozess<br />

allein stemmen, unter großem Ressourceneinsatz, trotzdem ohne Garantie auf Erfolg. Bei<br />

partizipativen Prozessen entsteht hingegen ein Sozialkapital, das als solches und viel nachhaltiger<br />

den Prozess trägt. Die Institutionen müssen dabei nicht mehr alle Aufgaben übernehmen,<br />

an vielen Stellen müssen sie lediglich die Zivilgesellschaft machen lassen und diese dabei unterstützen.<br />

Auch wenn die Rheinromantik nicht „das“ Identifikationsmoment der <strong>Region</strong> ist und sein muss,<br />

sollte sie auf jeden Fall ein wichtiger Aspekt davon sein. Hier ist es jedoch wichtig eine Frage zu<br />

stellen: welche Rheinromantik? Tatsächlich herrscht an vielen Stellen ein romantisches, teilweise<br />

oberflächliches Bild der Rheinromantik, für die Selbstvermarktung der <strong>Region</strong> und ihre<br />

Produkte sicher nützlich. Die tieferen Ebenen dieses Diskurses bleiben hingegen meistens verborgen,<br />

obwohl gerade dort eine große Inspiration und Kraft für eine andere Entwicklung der<br />

<strong>Region</strong> steckt.<br />

Die Ansätze, das transformative Potenzial für die <strong>Region</strong> zu entfalten, wurden in diesem Kapitel<br />

im Abschnitt 6.3 dargestellt. Wie viel Natur und entsprechende Schönheit geht heute weltweit<br />

verloren? Wird dieser Verlust in der Rechnung eines angeblichen „Wirtschaftswachstums“ ausreichend<br />

berücksichtigt? Was passiert mit der Resonanz, wenn bald 800 statt 400 Züge von Norden<br />

nach Süden das Tal durchfahren werden? Ist das Welterbe den globalen Entwicklungen<br />

111

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!