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Studie Kultur Region Oberes Mittelrheintal 2019 - Davide Brocchi

Davide Brocchi Wandel durch Kultur – Kultur im Wandel Neue Entwicklungspfade für die Region Oberes Mittelrheintal Eine Studie auf Basis von zwölf Experteninterviews, im Auftrag des Zweckverbandes Welterbe Oberes Mittelrheintal

Davide Brocchi
Wandel durch Kultur – Kultur im Wandel
Neue Entwicklungspfade für die Region Oberes Mittelrheintal

Eine Studie auf Basis von zwölf Experteninterviews,
im Auftrag des Zweckverbandes Welterbe Oberes Mittelrheintal

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Wandel durch <strong>Kultur</strong> – <strong>Kultur</strong> im Wandel<br />

Neue Entwicklungspfade für die <strong>Region</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Mittelrheintal</strong><br />

6.3 Zur Aktualität der Rheinromantik<br />

„Man muss die Rheinromantik auf die heutige Zeit übertragen. Der Begriff muss weiter entwickelt<br />

werden“, sagt Peter Keber. Aber wie aktuell ist die Rheinromantik? Wo kann man ansetzen,<br />

um die Rheinromantik auf die heutige Zeit zu übertragen?<br />

In den Interviews kristallisierten sich folgende inhaltliche Brücken zwischen jener kunsthistorischen<br />

Phase und heute heraus.<br />

6.3.1 Industrialisierung vs. Naturschönheit<br />

„Die Romantiker waren die ersten Grünen. Sie sagten, wir verlieren hier etwas. Diese Verzweiflung<br />

zeigt sich bei Caspar David Friedrich, die Zerrissenheit der Menschen kommt in seinem<br />

Werk zum Ausdruck. Man kann an diesen Malereien sehen, wie die Künstler damals daran zerbrochen<br />

sind. Hier geht etwas für immer verloren. Wir sollten hier die Romantik hervorheben,<br />

dass Menschen damals hier mit einem anderen Blick durchgefahren sind. Menschen, die aus<br />

dem England der Industrierevolution kamen und hier entlang den Weg gegangen sind, um nach<br />

Italien zu kommen. Die Schönheit der Natur am Rhein war Anfang des 19 Jahrhunderts der Gegenentwurf<br />

zur beginnenden Industrialisierung, Grün gegen Grau. Jene Generation von Intellektuellen<br />

– Byron, Heine, Brentano, Goethe... – hat schon damals gespürt, dass hier etwas verloren<br />

geht. Die Ursprünglichkeit, die romantische Natur, das haben sie damals hervorgehoben.“ (KD)<br />

Heute sind wir wieder in einer Epoche, in der sich das Bewusstsein breitmacht, dass etwas Wichtiges<br />

unmittelbar dabei ist, für immer verloren zu gehen. Das Welterbe ist gefährdet.<br />

6.3.2 Was ist der Mensch?<br />

„Die Frühromantiker, von Goethe bis Novalis, Schelling, Schiller... haben sich mit der Frage beschäftigt:<br />

Was bedeutet Menschsein, in der Entwicklung der aufkommenden Moderne, in der<br />

Mechanisierung? Es war die Zeit der Industrialisierung, der Wiener Kongress 1815 wollte die<br />

Restauration durchsetzen, danach kam die Zensur. Und trotzdem wucherten unter der Decke<br />

die Sehnsüchte. Man hatte den Eindruck, dass man sich den Menschen doch aus mehreren Perspektiven<br />

anschauen solle. Schönheit wird immer auf Objekte bezogen. Was ist aber mit der<br />

menschlichen Schönheit? So kamen die Frühromantiker auf die gleichen Fragen, die wir uns<br />

heute stellen. Damals wie heute wurde keine Antwort gefunden, das ist für mich die eigentliche<br />

Brücke. Mich interessiert nicht so sehr die Vergangenheit, mich interessiert die aktuelle Situation.<br />

Diese Parallelitäten, die finde ich sehr inspirierend. Für mich war das das Schlüsselthema.<br />

Das wird auch mein letztes Thema sein, weil es wieder 20, 30 Jahre braucht, gehe ich davon<br />

aus.“ (SF)<br />

6.3.3 Eine andere Form der Traditionspflege<br />

Der Rhein ist eine <strong>Region</strong> der historischen Kontraste und deshalb so spannend, um aktuelle gesellschaftliche<br />

Debatten zu führen. Hier war nicht nur die schöne Romantik, sondern auch die<br />

Hitler-Hölle. Heinrich Heine schrieb den „Rabbi von Bacharach“, eine Geschichte über die<br />

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