Schützengilde Schönewalde Chronik

09.07.2019 Aufrufe

Erfolg der Bismarck’schen Revolution von oben. Zugleich bekamen sie Konkurrenz durch die Kriegervereine, die sich schließlich im Kyffhäuserbund zusammenschlossen und für lange Zeit wesentlich erfolgreicher den „Militarismus der kleinen Leute“ (Thomas Rohkrämer) zu organisieren verstanden. Durch eine Anpassung dieses neuen Reichsnationalismus vermochten die Schützenvereine zu überleben, wenngleich ihre politische Funktion immer mehr in den Hintergrund trat. Nach dem Ersten Weltkrieg und dem Sturz der Monarchie kamen in Deutschland grundlegend neue Formen radikaler Wehrverbände auf, von denen die SA der NSDAP die schließlich erfolgreichste war, und die die Jugendkultur der Weimarer Republik wesentlich mitprägten. Sie anzunehmen gelang den Schützenvereinen nur noch sehr bedingt. Die demokratischen Verflechtungen des überlieferten Vormärz- Nationalismus mancher Vereine standen in Widerspruch zu der autoritären, nach dem Führerprinzip organisierten Struktur der meisten Wehrverbände. Dennoch passten sich die Schützenvereine in organisatorischer, personeller und inhaltlicher Ebene ab 1933 an das herrschende System an, wobei der Nationalismus das gemeinsame Bindeglied war und die Basis für die Zustimmung zur NS-Gemeinschaft bildete. Dies äußerte sich auch im freiwilligen Ausschluss jüdischer Vereinsmitglieder bereits ab 1933 und in der vormilitärischen Schießausbildung der männlichen Bevölkerung. Die Vereine stellten zudem der Hitlerjugend und der SA ihre Expertise und Infrastruktur zur Verfügung, auch in den Kriegsjahren. Ländliche Gegenden mit ihrer noch stärker vorhandenen paternalistisch-konservativen politischen Kultur wurden zum Zufluchtsort der Schützenvereine. Seite 24 Geschichtliches

Nach der Kapitulation der Wehrmacht verboten die Alliierten die Schützenvereine als uniformierte Waffenträger zunächst ganz. Erst mit der Gründung der Bundesrepublik wurden sie wieder zugelassen. In der DDR blieben sie untersagt. Der Schießsport wurde in den staatlichen Sportorganisationen DTSB, GST und Armeesportvereinen/ -clubs betrieben. Vereinzelt war es in diesem Rahmen auch möglich, Teile der alten Traditionen, wie z. B. Königsschießen und Schützenfeste, eingeschränkt durchzuführen. In den neuen Bundesländern erfolgten deshalb ab Anfang 1990 Wiedergründungen alter Vereine. Dazu bildeten sich auch zahlreiche neue Schützenvereine. Die lange Zeit der Unterbrechung der Vereinstätigkeit führte allerdings bis heute zu einer schwächeren Ausprägung in der Organisations- und Mitgliederstruktur als in den meisten alten Bundesländern. Doch auch dort konnte nach dem Zweiten Weltkrieg nicht immer nahtlos an alte Traditionen angeknüpft werden. Die Diskreditierung jedweder Form von Nationalismus war dafür nach 1945 zu stark. Hinzu kam mit dem politisch-gesellschaftlichen Umbruch der 1968er-Bewegung auch die Problematisierung des traditionellen militärischen Habitus der Schützenvereine. In der Folge entwickelten sich die Schützenvereine zunehmend auch zu Sportvereinen. Der Deutsche Schützenbund organisierte sich erfolgreich in den entsprechenden internationalen Dachverbänden und entwickelte sich zur sicheren Medaillenbank bei Olympischen Spielen, Welt- und Europameisterschaften. Außerdem übernahm er maßgeblich die Ermöglichung und Beaufsichtigung eines geregelten sportlichen Schießbetriebes nach dem Waffengesetz. Im Dezember 2015 verkündete die Kultusministerkonferenz in Deutschland, dass das Schützenwesen als Kulturformen in das Bundesweite Verzeichnis des immateriellen Geschichtliches Seite 25

Nach der Kapitulation der Wehrmacht verboten die Alliierten die<br />

Schützenvereine als uniformierte Waffenträger zunächst ganz.<br />

Erst mit der Gründung der Bundesrepublik wurden sie wieder<br />

zugelassen.<br />

In der DDR blieben sie untersagt. Der Schießsport wurde<br />

in den staatlichen Sportorganisationen DTSB, GST und<br />

Armeesportvereinen/ -clubs betrieben. Vereinzelt war es in diesem<br />

Rahmen auch möglich, Teile der alten Traditionen, wie z. B.<br />

Königsschießen und Schützenfeste, eingeschränkt durchzuführen.<br />

In den neuen Bundesländern erfolgten deshalb ab Anfang<br />

1990 Wiedergründungen alter Vereine. Dazu bildeten sich auch<br />

zahlreiche neue Schützenvereine. Die lange Zeit der Unterbrechung<br />

der Vereinstätigkeit führte allerdings bis heute zu einer schwächeren<br />

Ausprägung in der Organisations- und Mitgliederstruktur<br />

als in den meisten alten Bundesländern. Doch auch dort konnte<br />

nach dem Zweiten Weltkrieg nicht immer nahtlos an alte Traditionen<br />

angeknüpft werden. Die Diskreditierung jedweder Form von<br />

Nationalismus war dafür nach 1945 zu stark. Hinzu kam mit dem<br />

politisch-gesellschaftlichen Umbruch der 1968er-Bewegung auch<br />

die Problematisierung des traditionellen militärischen Habitus der<br />

Schützenvereine. In der Folge entwickelten sich die Schützenvereine<br />

zunehmend auch zu Sportvereinen. Der Deutsche Schützenbund<br />

organisierte sich erfolgreich in den entsprechenden internationalen<br />

Dachverbänden und entwickelte sich zur sicheren Medaillenbank<br />

bei Olympischen Spielen, Welt- und Europameisterschaften.<br />

Außerdem übernahm er maßgeblich die Ermöglichung und<br />

Beaufsichtigung eines geregelten sportlichen Schießbetriebes<br />

nach dem Waffengesetz. Im Dezember 2015 verkündete die<br />

Kultusministerkonferenz in Deutschland, dass das Schützenwesen<br />

als Kulturformen in das Bundesweite Verzeichnis des immateriellen<br />

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