faktor Sommer 2019
faktor - Das Entscheider-Magazin für die Region Göttingen
faktor - Das Entscheider-Magazin für die Region Göttingen
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
wissen<br />
In Deutschland sind derzeit rund 1.000 Unternehmen<br />
in Form eines Franchise systems organisiert<br />
– die Zahl ist konstant, allerdings nehmen nach<br />
Auskunft des Deutschen Franchiseverbands die<br />
Zahl der Franchisenehmer und auch deren Umsätze<br />
zu. Entsprechend gibt es auch Konzepte,<br />
die aus unserer Heimat stammen und ihren Weg über die<br />
Stadtgrenze hinaus gemacht haben. Das Aushängeschild<br />
der lokalen Franchisegeber war lange Zeit Contigo, bis<br />
sich das Fair-Trade-Unternehmen jedoch aus verschiedenen<br />
Gründen vom Franchise abgewandt hat und heute<br />
auf Filialen setzt – aber dazu später mehr.<br />
Filialen oder Franchises – was steckt hinter den verschiedenen<br />
Unternehmenskonzepten? Von außen ist der<br />
Unterschied kaum zu erkennen, denn beide arbeiten mit<br />
einer einheitlichen Coporate Identity. Der Unterschied<br />
wird erst hinter den Kulissen sichtbar: Filialen gehören<br />
zum Mutterunternehmen, die Mitarbeiter und Geschäftsführer<br />
sind dort als Angestellte tätig. Das Franchise<br />
hingegen stellt eine Form der Selbstständigkeit dar,<br />
der Franchisenehmer ist auf eigenes Risiko tätig, operiert<br />
aber unter teils engen, teils lockeren Vorgaben des<br />
Mutterunternehmens, das wiederum eine Umsatzbeteiligung<br />
erhält.<br />
„In seiner Ausgestaltung hat jedes Franchisesystem eine<br />
eigene Philosophie, und entsprechend groß ist die Vielfalt“,<br />
erklärt Torben Leif Brodersen, Hauptgeschäftsführer<br />
des Deutschen Franchiseverbands. Doch zwei<br />
Dinge haben alle gemein: „Einen einheitlichen Markenauftritt<br />
und die Arbeitsteilung – der Geber unterstützt<br />
bei der Weiterentwicklung des Unternehmens, schult, ist<br />
Ansprechpartner bei Fragen und Problemen, während<br />
der Nehmer dafür zuständig ist, den Markt vor Ort auszurollen.“<br />
Entsprechend langfristig können die vertraglichen<br />
Beziehungen zwischen beiden Seiten sein. Die Verträge<br />
laufen häufig über fünf, zehn oder in der Gastronomie<br />
auch über 20 Jahre. „In diesem Zeitraum vereinbaren<br />
die Parteien eine Arbeitsteilung“, so Brodersen.<br />
„Für die Unterstützung des Franchisegebers zahlt der<br />
Nehmer eine anteilige Gebühr. Die bewegt sich je nach<br />
Branche zwischen ein bis zehn Prozent vom Nettoumsatz.“<br />
Aus Unternehmenssicht spreche für ein Franchise,<br />
dass durch den hoch motivierten Selbstständigen, der<br />
sich vor Ort auskennt, eine schnelle Ausbreitung und<br />
Bekanntheit der Marke und eine gute lokale Platzierung<br />
möglich werden. Anders ist es insbesondere im Einzelhandel.<br />
Aufgrund der Verschiebung von Marktanteilen<br />
zwischen dem stationären Handel hin zum Onlinehandel<br />
stellt sich für viele Franchisenehmer die Frage der<br />
Rentabilität, da die Kunden wegbleiben. „Diese Frage<br />
muss vom Franchisegeber dahingehend geklärt werden,<br />
den Nehmer an den Onlineumsätzen partizipieren zu<br />
lassen. Sonst gefährdet das letztlich dessen Existenz“, erklärt<br />
der Experte.<br />
Ganz besonders stark sind Franchises im Dienstleistungsbereich,<br />
wie etwa Fitnessstudios, Nachhilfeinstitute,<br />
Reisebüros oder in der Physiotherapie. Stark vertreten<br />
sind natürlich auch Gastronomieunternehmen. Aber auch<br />
im Handwerksbereich tummeln sich schon einige Franchisekonzepte.<br />
„Bekannte Marken sind beispielsweise Portas<br />
oder Treppenmeister“, sagt Brodersen, der gerade viel<br />
künftiges Potenzial sieht, „wenn man kleine Unternehmen<br />
zusammenschließt, eine professionelle Struktur einzieht<br />
und Dienstleistungsstandards gegenüber dem Kunden vereinheitlicht.<br />
Man kann über solche Kooperationen den<br />
Anforderungen der heutigen Märkte besser begegnen.“<br />
Natürlich ist das Prinzip von Copy und Paste auch im<br />
Südniedersächsischen in Vielfalt vorhanden: vom jungen<br />
Start-up direkt von der Hochschule bis hin zu alten<br />
Hasen im Geschäft. Von Franchisegebern – getrieben<br />
vom schnelleren Expansionsgedanken und Markenstärkung<br />
– und Franchisenehmern, die die andere Seite der<br />
Medaille vertreten – mit anderen Ansichten. Was sie alle<br />
eint? Ein starker Unternehmergeist.<br />
2 |<strong>2019</strong> 75