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Zur Person<br />

Peter Bostelmann ist seit 20 Jahren bei SAP und lebt seit zehn<br />

Jahren im Silicon Valley. Zum Meditieren kam der Wirtschaftsingenieur<br />

über seine damalige Lebensgefährtin, die meditierte<br />

und Yoga machte. Er selbst belächelte das zu Anfang.<br />

Als er jedoch ein paarmal erlebte, wie sich seine Freundin<br />

verändert hat, nachdem sie tief in die Stille gegangen war, begann<br />

seine Neugier. So fing Bostelmann an, ein bisschen zu<br />

meditieren. In den ersten Jahren zunächst im stillen<br />

Kämmerlein und später dann auch öffentlich. Unter seiner<br />

Leitung werden bei SAP seit 2012 weltweit achtsamkeitsbasierte<br />

Trainings wie das SIY-Programm ausgerollt.<br />

Herr Bostelmann, Sie sind bei SAP weltweit für das Thema<br />

Achtsamkeit verantwortlich. Wie sind Sie zum Meditieren<br />

gekommen?<br />

Meine damalige Freundin hat meditiert, was ich zunächst<br />

belächelt habe. Irgendwann habe auch ich es<br />

ausprobiert und gemerkt: Das hilft ja! 2007 bin ich für<br />

SAP in die USA gegangen. Damals habe ich ein bisschen<br />

meditiert, so 15 bis 20 Minuten am Tag. Dann bin ich<br />

in eine persönliche Krise geschliddert. Ich fühlte mich<br />

orientierungslos. Ich war wie ein Farb-TV auf Schwarz-<br />

Weiß – ohne Ton.<br />

Was haben Sie daraufhin gemacht?<br />

2008 bin ich dann in ein zehntägiges Schweige-Retreat<br />

ins Kloster gegangen. Das war wie bei einer Schneekugel.<br />

Als sich der Schnee gelegt hatte, war mein Geist viel<br />

ruhiger und klarer. Wenn man das einmal erlebt hat,<br />

entwickelt sich ein Gefühl von Ruhe, Klarheit und Freiheit.<br />

Ich empfand das als Riesengeschenk und habe da<br />

weitergemacht. Jedes Jahr gehe ich für zehn Tage zum<br />

Schweigen ins Kloster und meditiere mittlerweile täglich<br />

eine Stunde. Am Anfang war das für mich etwas<br />

sehr Privates, was ich versteckt habe.<br />

Wann hat sich das verändert?<br />

Das war 2010/2011. Ich arbeitete für SAP im Silicon<br />

Valley und hatte von Mindfulness bei Google gehört.<br />

Anfang 2012 habe ich Chade-Meng Tan kennengelernt,<br />

der bei Google das Selbstentwicklungsprogramm<br />

Search Inside Yourself (SIY) entwickelt hat. Im Herbst<br />

2012 wurde das Programm von Google freigegeben<br />

und in das non-profit siyli.org überführt. Im Dezember<br />

darauf habe ich dann am ersten öffentlichen SIY-Programm<br />

in San Francisco teilgenommen und war<br />

begeistert! Dass es bei uns so groß wird, war überhaupt<br />

nicht absehbar. Eigentlich war ich sogar unsicher, ob<br />

SIY bei SAP überhaupt großen Anklang findet oder ob<br />

ich einfach ein Exotenhobby habe, was eigentlich nur<br />

mich und fünf andere begeistert.<br />

Wie ging es dann weiter?<br />

Ich habe mich gefragt, wie ich ein Budget finde und<br />

zeigen kann, dass es auch bei SAP eine Nachfrage für so<br />

ein Programm gibt. Anfangs wollte niemand Geld in die<br />

Hand nehmen. Ich musste also zunächst eine kritische<br />

Masse vernünftiger Leute finden, die sagen, dass sie es<br />

mit anschieben. Dann habe ich im Mai 2013 Meng als<br />

Gastredner für uns in Palo Alto gewinnen können. Das<br />

Interesse war groß, und unsere Veranstaltung war voll.<br />

Und da hatte ich sie: meine kritische Liste von Menschen,<br />

die ich adressieren konnte. ,Guck mal hier, ich<br />

mache so ein Pilotprojekt, würdet ihr kommen? Würdet<br />

ihr das aus eurem Kostenstellenbudget bezahlen?‘<br />

Die Trainings wurden sehr, sehr gut angenommen –<br />

viel besser, als wir das erwartet hatten.<br />

Im Anschluss habe ich dann Feedback eingesammelt,<br />

unter anderem auch von einem deutschen Vice President,<br />

der ebenfalls im Silicon Valley lebt. Und der sagte, dass<br />

er in seinen 30 Jahren als Manager – bei der Deutschen<br />

Bank und später bei SAP – bereits an vielen Trainings<br />

teilgenommen hätte. Dies jedoch sei eines der Programme<br />

gewesen, die ihn echt beeindruckt hätten: „Das<br />

kann lebensverändernd sein.“<br />

Mit diesem Rückenwind haben Sie es dann nach<br />

Deutschland getragen?<br />

Zunächst gab es noch einige skeptische Stimmen: ,Dass<br />

ihr da im Silicon Valley meditiert, verstehen wir. Das<br />

funktioniert hier bei den Mitarbeitern in Deutschland<br />

aber nicht.‘ Doch glücklicherweise hat uns damals der<br />

deutsche Personalchef Dr. Fassnacht unterstützt, der<br />

selbst seit 30 Jahren autogenes Training macht – was ja<br />

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