faktor Sommer 2019
faktor - Das Entscheider-Magazin für die Region Göttingen
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unternehmen<br />
Damals stand hier eine Mühle. „Die<br />
Alten aus dem Örtchen können sich<br />
vielleicht noch daran erinnern, dass<br />
diese einst das Getreide der umliegenden<br />
Felder zu Mehl verarbeitete“, erzählt<br />
Melanie Peinemann, während<br />
sie forschen Schrittes in Richtung des kleinen Mühlenteichs<br />
in Förste bei Osterode läuft. Damals, das war vor<br />
dem Krieg und bevor die Mühle nach Kriegsende abbrannte.<br />
„Meine Großmutter und mein Großvater hatten<br />
aber nach dem Brand immer noch die Wasserrechte,<br />
die sie auch ohne Mühle nutzen wollten“, erklärt die<br />
heutige Geschäftsführerin des Getränkeabfüllers Grafenquelle.<br />
Der Großvater Harry Peinemann beschloss also<br />
im Jahr 1957, im angrenzenden Teich Forellen zu züchten.<br />
Es dauerte allerdings nicht lange und die Fische<br />
schwammen einer nach dem anderen mit dem Bauch<br />
nach oben. Geschockt bestellte Harry ein Gutachten<br />
über die Wasserqualität – mit unverhofftem Ergebnis:<br />
Das Wasser des Teiches entpuppte sich als Mineral- und<br />
Heilwasser.<br />
Auf diesem Quellteich, der unweit des Firmengebäudes<br />
versteckt zwischen Bäumen liegt, schwimmen heute<br />
Enten. Der aufmerksame Beobachter kann sogar bei genauem<br />
Hinsehen erkennen, wie vereinzelt kleine Blasen<br />
aufsteigen – Quellkohlensäure, die sich ihren Weg aus<br />
den unteren Gesteinsschichten an die Oberfläche bahnt.<br />
„Wenn man ordentlich auf den Boden stampft, kommen<br />
sogar noch mehr“, sagt Peinemann und springt unversehens<br />
in die Höhe. „Gegenüber von diesem Teich soll früher<br />
die Einfahrt zum Anwesen eines Barons gewesen<br />
sein“, erzählt die 47-Jährige, die in Förste geboren und<br />
aufgewachsen ist und viele Geschichten des Ortes kennt.<br />
Ihr Großvater gab seinem Mineralwasser, so erinnert<br />
sich Peinemann, daraufhin den Namen Grafenquelle,<br />
weil sich eine Baronenquelle nicht so gut vermarkten<br />
lasse. Eine schöne wahre Story über die Anfänge eines<br />
Unternehmens, die sich immer wieder gut erzählen lässt.<br />
Und ebenso, dass Harry Peinemann anfangs erst einmal<br />
ein paar Baracken bauen ließ, in denen Hausfrauen einige<br />
Jahre das Brunnenwasser in Flaschen füllten.<br />
ZWISCHEN DEN ANFANGSJAHREN und der Gründung<br />
des heutigen Familienunternehmens in zweiter Generation<br />
liegen mehr als zwei Jahrzehnte, in denen die Quelle<br />
unter anderem an einen Berliner Abfüller verpachtet<br />
wurde. Es folgte ein Rechtsstreit, bei dem Familie Peinemann<br />
gegen den ehemaligen Pächter um den Markennamen<br />
Grafenquelle kämpfen musste und schließlich<br />
gewann. Zum Ende des Prozesses hinterließ der Pächter<br />
lediglich leere Hallen. Alle Abfüllmaschinen und Anlagen<br />
hatte er mitgenommen. „1989 übernahm mein Vater<br />
schließlich das, was noch übrig war, kaufte neue Maschinen<br />
und brachte das Geschäft ins Rollen“, erzählt<br />
die Geschäftsführerin. Mit der Grenzöffnung im selben<br />
Jahr eröffnet sich für den Firmengründer zusätzlich ein<br />
ganz neuer Absatzmarkt, der in den ersten Jahren mit<br />
für den Erfolg verantwortlich war. Bevor ihr Vater die<br />
alten Hallen wieder in Betrieb nahm, hatte er einen Getränkehandel<br />
geführt und umliegende Restaurants und<br />
Hotels mit Getränken versorgt. Diese Kontakte nutzte er,<br />
um nun beim Wechsel in die Getränkeproduktion Fuß<br />
zu fassen. Bald hatte er Kunden von Eisleben bis nach<br />
Sankt Peter-Ording und Pforzheim.<br />
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