faktor Sommer 2019
faktor - Das Entscheider-Magazin für die Region Göttingen
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mensch<br />
» Im Optimalfall findet mit<br />
den Followern sogar ein direkter<br />
kommunikativer Austausch statt.<br />
Das hat eine Art Freundschaftscharakter. «<br />
VOR FÜNF ODER SECHS JAHREN, so genau weiß sie<br />
das selbst nicht mehr, habe sie sich ein Instagram-Profil<br />
angelegt, erinnert sich die Tochter des stadtbekannten<br />
<strong>faktor</strong>-Fotografen Alciro Theodoro da Silva. Damals<br />
studierte sie Betriebswirtschaftslehre an der PFH in Göttingen.<br />
„Ich war schon immer ein künstlerisch veranlagter<br />
Mensch“, erklärt die Deutsch-Brasilianerin, deren<br />
Beiträge zunächst überwiegend das Thema Mode behandelten.<br />
Sie analysiert erfolgreiche Profile und bemerkt:<br />
Wer kontinuierlich Bilder hochlädt und regelmäßig aktiv<br />
ist – was der Instagram-Algorithmus verlangt – erhöht<br />
seine Reichweite um ein Vielfaches. Zu diesem Thema,<br />
dem Influencer- Marketing, verfasst die junge Mutter<br />
eine Hausarbeit. „Mit der ich durchgefallen bin“,<br />
berichtet da Silva und lacht herzlich. Der Karriere hat es<br />
nicht geschadet, die nahm bald Fahrt auf. Zunächst eröffnete<br />
sie in Eigenregie einen Online-Shop für Anziehsachen.<br />
Produktkauf, -fotografie und -versand lagen komplett<br />
in ihrer Hand. „Ich habe schon im Stu dium gemerkt,<br />
dass ich gerne selbstständig arbeite.“ Von Anfang<br />
an erhielt sie große Unterstützung von ihrem Ehemann<br />
Philip. Was sich auch auf der Messe beobachten lässt,<br />
denn während seine Frau von einem Termin zum nächsten<br />
hetzt, hält er Töchterchen Lucia liebevoll auf dem<br />
Arm und bespaßt sie.<br />
Gegenüber herkömmlicher Werbung hat die über die<br />
sozialen Medien einen gewaltigen Vorteil: Sie besitzt einen<br />
persönlichen Bezug. Kaum einer der Influencer eröffnete<br />
sein Profil mit der Intention, zur Werbefigur zu<br />
werden. Oft ist es anfänglich nur ein Austausch mit Bekannten<br />
und Freunden. „Im Optimalfall findet mit den<br />
Followern sogar ein direkter kommunikativer Austausch<br />
statt. Das hat eine Art Freundschaftscharakter“, so da<br />
Silva. Ein Quantensprung im Vergleich zur unpersönlichen<br />
TV- oder Online-Werbung. Die Darstellung auf der<br />
Plattform zeigt dann mitunter auch keine Hochglanzwelt,<br />
sondern „das reale Leben ganz normaler anderer<br />
Personen“, betont die Lookfamed-Gründerin, die bei der<br />
Messe lässig im grauen Kapuzenpulli aufläuft. „Es sind<br />
Inhalte, die schnell zu fassen sind, keine 50-Seiten-Texte.“<br />
Die Bandbreite ist riesig, es geht um Handwerk,<br />
Musik; selbst Zahnärzte präsentieren mittlerweile ihre<br />
Arbeit via Social Media.<br />
WER WIRKLICH GELD VERDIENT, ist davon abhängig,<br />
welche Reichweite er besitzt. Den jenigen bitten Unternehmen<br />
dann gezielt, für ihre Produkte zu werben. Angefangen<br />
vor drei bis vier Jahren mit zugesandten Bikinis,<br />
die im Austausch für fünf gepostete Bilder behalten<br />
werden dürfen. Neben Mode hat sich da Silva auf Beauty<br />
spezialisiert. Die Haarpflegemarke Pantene ist seit zwei<br />
Jahren ihr größter und bekanntester Partner. Hierfür ist<br />
sie Model in Werbespots im Internet und zudem in<br />
Zeitschriften abgebildet. Passend, denn die Haare der<br />
Göttingerin sind eines der auffälligsten Merkmale ihres<br />
nahezu makellosen Äußeren, das mit einem scharfen Verstand<br />
und einer sympathischen Natür lichkeit gepaart ist.<br />
ABER KANN JEDER INFLUENCER? Lassen wir die Expertin<br />
selbst sprechen, die vor zwei Jahren zusammen<br />
mit den PFH-Absolventen Daniel Hartmann, Sebastian<br />
Röske und Anton Ha mit Lookfamed eine Agentur gegründet<br />
hat, die unter anderem 25 Influencer exklusiv<br />
betreut. „Man muss sich schon erstmal eine eigene Community<br />
aufgebaut haben. Niemand kann erwarten, aus<br />
dem Nichts Angebote zu bekommen.“ Und in erster<br />
Linie sei Instagram ja auch keine Werbeplattform, sondern<br />
eine zum privaten Austausch via Fotos, Storys und<br />
kleineren Texten. Einige von denjenigen, die es trotzdem<br />
geschafft haben, betreut Lookfamed. „Wir unterstützen<br />
bei der kreativen Entwicklung von Inhalten und fungieren<br />
als Schutzschild, damit sich niemand ausnehmen<br />
lässt. Uns ist wichtig, in unserer Arbeit super transparent<br />
zu sein“, unterstreicht da Silva. Influencer- Marketing,<br />
davon ist sie überzeugt, wird es so lange geben, wie das<br />
Internet existiert. Es verschiebe sich lediglich auf andere<br />
Plattformen. Das Fernsehen werde mehr und mehr als<br />
Werbeplattform Nummer eins abgelöst, Jugendliche haben<br />
inzwischen mehr Interesse an Online-Angeboten,<br />
sagt sie. Lookfamed berät zudem Firmen, beispielsweise<br />
die Sparkasse Göttingen, hinsichtlich deren Social- Media-<br />
Strategie. Es gibt individuelle Unterstützung, von der<br />
Strategieentwicklung bis zur Produktion von Inhalten,<br />
sei es durch Workshops, die Erstellung von Plänen oder<br />
die regelmäßige Begleitung. Um sämtliche Partner, mit<br />
denen Lookfamed bereits zusammengearbeitet hat, zu<br />
erfassen, benötigt es auf der Unternehmenswebsite mindestens<br />
drei kräftige Zeigefinger-Scrolls mit der Maus.<br />
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