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Stadt Land / dérive – Zeitschrift für Stadtforschung, Heft 76 (Heft 3/2019)

Das Verhältnis zwischen Stadt und Land ist in den letzten Jahren verstärkt in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt. Anlass dafür sind immer wieder Wahlergebnisse, Statistiken über Landflucht oder Protestbewegungen. Im dérive-Schwerpunkt Stadt Land geht Ilse Helbrecht der Frage nach, was Stadt und Land bzw. Urbanität und Ruralität nun eigentlich unterscheidet. Maximilian Förtner, Bernd Belina und Matthias Naumann warnen vor vereinfachenden Darstellungen, im Speziellen bei der Interpretation von Wahlergebnissen der AfD. Mit dem Sozialforscher Günther Ogris haben wir über die Geographie des Wahlverhaltens in Österreich gesprochen. Theresia Oedl-Wieser hat sich für den Schwerpunkt mit der Frage der Abwanderung der jungen weiblichen Landbevölkerung in die Städte beschäftigt. Judith Eiblmayr schreibt in ihrem Beitrag über Hintergründe, Ursachen und Begleiterscheinungen von Suburbanisierung in den USA. Jeremy Harding portraitiert für dérive die Bewegung der Gelbwesten in Frankreich. Das Heft kann hier https://shop.derive.at/collections/einzelpublikationen/products/stadt-land-heft-76-3-2019 bestellt werden.

Das Verhältnis zwischen Stadt und Land ist in den letzten Jahren verstärkt in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt. Anlass dafür sind immer wieder Wahlergebnisse, Statistiken über Landflucht oder Protestbewegungen. Im dérive-Schwerpunkt Stadt Land geht Ilse Helbrecht der Frage nach, was Stadt und Land bzw. Urbanität und Ruralität nun eigentlich unterscheidet. Maximilian Förtner, Bernd Belina und Matthias Naumann warnen vor vereinfachenden Darstellungen, im Speziellen bei der Interpretation von Wahlergebnissen der AfD. Mit dem Sozialforscher Günther Ogris haben wir über die Geographie des Wahlverhaltens in Österreich gesprochen. Theresia Oedl-Wieser hat sich für den Schwerpunkt mit der Frage der Abwanderung der jungen weiblichen Landbevölkerung in die Städte beschäftigt. Judith Eiblmayr schreibt in ihrem Beitrag über Hintergründe, Ursachen und Begleiterscheinungen von Suburbanisierung in den USA. Jeremy Harding portraitiert für dérive die Bewegung der Gelbwesten in Frankreich. Das Heft kann hier https://shop.derive.at/collections/einzelpublikationen/products/stadt-land-heft-76-3-2019 bestellt werden.

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Editorial<br />

Das Verhältnis zwischen <strong>Stadt</strong> und <strong>Land</strong> ist in den letzten Jahren<br />

wieder verstärkt in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt.<br />

Auslöser da<strong>für</strong> sind vor allem politischer Natur, der Anlass<br />

immer wieder Wahlergebnisse, Statistiken über <strong>Land</strong>flucht und<br />

manchmal auch Protestbewegungen. So klar viele der Phänomene<br />

bei oberflächlicher Betrachtung scheinen, so unscharf werden<br />

sie bei näherer Beschäftigung. In den USA haben die Tea-Party-<br />

Bewegung oder die Wahl Donald Trumps dazu geführt, dass<br />

sich WissenschaftlerInnen und AutorInnen vermehrt die Frage<br />

gestellt haben, was mit diesen Menschen in den Flyover-Staaten<br />

eigentlich los ist, die auf einmal Stunk machen und populistische<br />

Maniacs in höchste Ämter wählen. Man muss nicht lange<br />

suchen, um dann doch auf etliche nachvollziehbare Gründe zu<br />

stoßen, die berechtigterweise Anlass dazu geben, unzufrieden zu<br />

sein: Die baulichen Infrastrukturen in den USA sind in den<br />

letzten Jahren sträflich vernachlässigt worden, <strong>für</strong> finanziell<br />

ausgehungerte Kleinstädte und <strong>Land</strong>striche im Nirgendwo<br />

interessiert sich kein Mensch, das Wort Overtourism kennt hier<br />

niemand. Die Einkommen vor allem der unteren Mittelschicht<br />

sind seit den 1990er-Jahren gesunken, ebenso die Lebenserwartung,<br />

besonders in der Arbeiterklasse. Gut bezahlte Jobs<br />

verschwinden, Alkoholismus, Drogenkonsum, Selbstmorde und<br />

psychische Krankheiten nehmen zu. Wie Angus Deaton,<br />

Nobelpreisträger 2015 <strong>für</strong> Ökonomie, behauptet, passiert mit der<br />

weißen Arbeiterklasse in den USA heute das, was mit der<br />

schwarzen Arbeiterklasse schon in den 1970er-Jahren geschah.<br />

Sie wird nicht mehr gebraucht.<br />

Eine in den letzten Wochen in den US-Medien diskutierte<br />

Studie der beiden Politikwissenschaftler Peter Ganong und<br />

Daniel Shoag weist nach, dass eine der klassischen ökonomischen<br />

Aufstiegsmöglichkeiten <strong>für</strong> die ländliche bzw. kleinstädtische<br />

Arbeiterklasse, nämlich der Umzug in eine größere <strong>Stadt</strong>,<br />

aufgrund sinkender Löhne und steigender Lebenshaltungskosten<br />

in den Städten keinen Sinn mehr macht. Das Ergebnis: In den<br />

USA verzeichnen fast alle der großen Städte Bevölkerungsrückgänge.<br />

Die Lebenshaltungskosten sind <strong>für</strong> Menschen ohne<br />

Uniabschluss im Vergleich zu den Verdienstmöglichkeiten<br />

mittlerweile einfach zu hoch.<br />

Ganz ähnlich sind die aktuellen Entwicklungen in<br />

England. Der Guardian zitiert eine Studie, die besagt, dass die<br />

Zahl der Menschen zwischen 25 und 34, die übersiedeln, um<br />

einen neuen Beruf zu beginnen oder zu finden, heute im Vergleich<br />

zu den 1990ern um 40 Prozent gesunken ist. Grund da<strong>für</strong> sind<br />

auch hier die hohen Lebenshaltungskosten in den urbanen<br />

Zentren, im Speziellen natürlich die hohen Mieten, die sich immer<br />

weniger Menschen leisten können. Pessimistisch zugespitzt könnte<br />

man sagen: Das Leben am <strong>Land</strong> bietet keine Perspektive, das<br />

Leben in der <strong>Stadt</strong> können sich nur mehr Reiche leisten.<br />

Im vorliegenden Schwerpunkt geht Ilse Helbrecht der<br />

Frage nach, was denn <strong>Stadt</strong> und <strong>Land</strong> bzw. Urbanität und<br />

Ruralität nun eigentlich unterscheidet und was die <strong>Stadt</strong>forschung<br />

dazu sagt. Ähnlich wie auch Maximilian Förtner, Bernd<br />

Belina und Matthias Naumann in einem weiteren Beitrag in<br />

diesem <strong>Heft</strong> wehrt sie sich, anhand von z. B. Wahlergebnissen<br />

eine scharfe Grenze zwischen urban und rural zu ziehen und<br />

beiden Seiten eindeutige Charakteristika zuzuordnen. Die drei<br />

genannten Autoren zeigen am Beispiel von Wahlerfolgen der<br />

AfD, dass auch hier ein genauerer Blick notwendig ist und<br />

einfache <strong>Stadt</strong>-<strong>Land</strong>-Zuordnungen in die Irre führen können.<br />

Mit dem bekannten österreichischen Sozialforscher Günther<br />

Ogris haben wir über die Geographie des Wahlverhaltens in<br />

Österreich gesprochen und mit Erstaunen gehört, wie stabil die<br />

österreichische Wahlkarte ist. Theresia Oedl-Wieser beschäftigt<br />

sich seit Jahren mit dem Thema der Abwanderung der weiblichen<br />

<strong>Land</strong>bevölkerung in die Städte und hat darüber einen Artikel <strong>für</strong><br />

den Schwerpunkt verfasst. Auch hier wird klar, dass ohne<br />

genauen Blick die Gefahr von vereinfachten, voreiligen Schlüssen<br />

droht. Judith Eiblmayr schreibt in ihrem Beitrag über Hintergründe,<br />

Ursachen und Begleiterscheinungen von Suburbanisierung<br />

speziell in den USA und ihren britischen Anfängen. Die<br />

oben angesprochenen ökonomischen Verwerfungen finden ihre<br />

Berücksichtigung in einem von uns <strong>für</strong> dieses <strong>Heft</strong> übersetzten<br />

Artikel aus der London Review of Books über die Gelbwesten von<br />

Jeremy Harding.<br />

Ebenfalls mit dem Thema <strong>Stadt</strong>/<strong>Land</strong> hat sich eine<br />

Veranstaltung beschäftigt, die wir Anfang Juni <strong>für</strong> das Kunst<br />

Haus Wien kuratiert haben. Die Vorträge bildeten eine Begleitveranstaltung<br />

zur sehenswerten Ausstellung Über Leben am<br />

<strong>Land</strong>, die noch bis 25. August läuft.<br />

Von 9. bis 13. Oktober veranstalten wir bereits zum<br />

zehnten Mal das urbanize!-Festival, diesmal zur allerorten höchst<br />

virulenten Wohnungsfrage. Im Jubiläumsjahr 100 Jahre Rotes<br />

Wien begeben wir uns auf die Suche nach Fragestellungen und<br />

Möglichkeiten einer gerechten Wohnraumversorgung <strong>für</strong> alle:<br />

Alle Tage Wohnungsfrage fragt nach dem Menschenrecht auf<br />

Wohnen und seiner Durchsetzbarkeit gegen das derzeit vorherrschende<br />

Modell »Wohnen als Ware«, nach Wohnmodellen <strong>für</strong><br />

eine Gesellschaft im Wandel und dem Beitrag von Architektur<br />

und <strong>Stadt</strong>planung zur Lösung der Klimakrise. Dazu laden wir<br />

nach Wien-Favoriten, dem mit rund 200.000 EinwohnerInnen<br />

größten Wiener Gemeindebezirk, mit vielen unterschiedlichen<br />

Veranstaltungsorten, Vorträgen und Diskussionen, <strong>Stadt</strong>erkundungen<br />

und Workshops, Filmen und Interventionen zwischen<br />

dem traditionellen Favoriten und seinem neuen <strong>Stadt</strong>entwicklungsgebiet<br />

Sonnwendviertel.<br />

(Noch) keine Veranstaltung wird es im Hausprojekt<br />

Bikes and Rails im Sonnwendviertel geben, an dem wir beteiligt<br />

sind. »Ökologisch <strong>–</strong> Solidarisch <strong>–</strong> Unverkäuflich« lauten<br />

die Säulen des Holzbau-Passivhauses, das im Sommer 2020<br />

bezugsfertig sein wird. Nach wie vor freuen wir uns über<br />

Menschen, die das erste Neubauprojekt im habiTAT <strong>–</strong><br />

Mietshäuser-Syndikat unterstützen, indem sie Erspartes zwischen<br />

500 EUR und 50.000 EUR als Direktkredit auf Zeit zur<br />

Verfügung stellen. 1,2 Mio. EUR befinden sich schon in diesem<br />

Alternativ-Finanzierungstopf, rund 300.000 EUR werden noch<br />

benötigt, um endgültig zu beweisen: Solidarität schafft Raum!<br />

Mehr Informationen und die Direktkredit-Unterlagen gibt es auf<br />

www.bikesandrails.org.<br />

Einen schönen Sommer wünscht<br />

Christoph Laimer<br />

01


» Alle Tage<br />

Wohnungsfrage«<br />

9.—13.10.19<br />

save<br />

the<br />

date<br />

Wien<br />

www.urbanize.at


Inhalt<br />

01<br />

Editorial<br />

CHRISTOPH LAIMER<br />

Schwerpunkt<br />

04—05<br />

<strong>Stadt</strong> <strong>–</strong> <strong>Land</strong><br />

CHRISTOPH LAIMER<br />

06—13<br />

Urbanität <strong>–</strong> RURALITÄT<br />

ILSE HELBRECHT<br />

14—29<br />

Was ist dran am »Exodus« der<br />

jungen FRAUEN vom LAND?<br />

THERESIA OEDL-WIESER<br />

20—24<br />

Die Geographie des Wahlverhaltens<br />

in ÖSTERREICH<br />

GÜNTHER OGRIS<br />

25—31<br />

Unter GELBWESTEN<br />

JEREMY HARDING<br />

Kunstinsert<br />

37—43<br />

SINE_URBAN<br />

JUDITH EIBLMAYR<br />

44—53<br />

STADT, LAND, AfD<br />

MAXIMILIAN FÖRTNER<br />

BERND BELINA<br />

MATTHIAS NAUMANN<br />

Besprechungen<br />

54—62<br />

S. 54<br />

Wiens munizipaler Sozialismus<br />

Die Karte als Werkzeug der Ermächtigung S.55<br />

S. 56<br />

ZukunftsproduzentInnen<br />

S. 57<br />

Es gibt ein richtiges Leben im falschen<br />

S. 58<br />

A perfect day <strong>–</strong> Kunst im Realitäts-Check<br />

All we have is now. »Ich muss heute noch die<br />

S. 60<br />

Welt retten!«<br />

S. 61<br />

Neues zur territorialen Gerechtigkeit<br />

Leserbrief<br />

Betrifft: »Eloge <strong>für</strong> einen Nazi«<br />

S. 62<br />

von Rudi Gradnitzer<br />

68<br />

IMPRESSUM<br />

32—36<br />

Elena Anosova<br />

Out-of-the-way<br />

<strong>–</strong><br />

<strong>dérive</strong> <strong>–</strong> Radio <strong>für</strong> <strong>Stadt</strong>forschung<br />

Jeden 1. Dienstag im Monat von<br />

17.30 bis 18 Uhr in Wien auf ORANGE 94.0<br />

oder als Webstream http://o94.at/live.<br />

Sendungsarchiv: http://cba.fro.at/series/1235<br />

03


CHRISTOPH LAIMER<br />

<strong>Stadt</strong> <strong>–</strong> <strong>Land</strong><br />

Ein Vorwort<br />

Die Residenzstadt Wien war zu Zeiten der Habsburger-Monarchie Hauptstadt eines<br />

großen Reiches und galt als Wasserkopf. Sie war Sitz des Kaiserhauses, an das man<br />

Steuern entrichten musste, das die eigene Volksgruppe, wenn es nicht die deutschsprachige<br />

war, diskriminierte und ausbeutete. Nach dem Ersten Weltkrieg, als vom großen<br />

Reich nur ein Rest übrig blieb, Wien eine hungernde <strong>Stadt</strong> war und die sozialdemokratische<br />

SDAP bei den ersten freien Wahlen die absolute Mehrheit erreichte, bekam der<br />

Hass auf Wien eine neue, antiproletarische Note. Das später so genannte Rote Wien<br />

(1919<strong>–</strong>1934) war das ideale Feindbild des konservativen Österreichs, das vor allem<br />

durch die von der Christlichsozialen Partei geführten Bundesländer repräsentiert wurde.<br />

Eine Besonderheit Österreichs war, dass damals fast 30 Prozent der Bevölkerung in der<br />

Hauptstadt lebten. Die Schärfe der ideologischen Gegensätze bekam dadurch noch<br />

mehr Gewicht. 1920 wurde Wien ein selbständiges Bundesland und konnte sich damit<br />

vom erzkonservativen, stark ländlich geprägten Niederösterreich abkoppeln. Seit diesem<br />

Zeitpunkt, mit Ausnahme der Zeiten der Diktaturen, waren und sind in Niederösterreich<br />

die ÖVP und in Wien die SPÖ (bzw. die jeweiligen Vorgängerparteien) die<br />

stärksten Parteien <strong>–</strong> eine unglaubliche Stabilität.<br />

Trotz dieser eindeutigen Wahlergebnisse und der politischen<br />

Grenze, die es zwischen Wien und Niederösterreich gibt, wäre<br />

diese mit freiem Auge natürlich nicht erkennbar, gäbe es keine<br />

Ortsschilder und natürlich spielt sie in ganz vielen Bereichen<br />

keinerlei Rolle. So liegt Wiens größte Shopping Mall knapp<br />

außerhalb der <strong>Stadt</strong>grenze in der gerade einmal 7.000 EinwohnerInnen<br />

zählenden niederösterreichischen Marktgemeinde<br />

Vösendorf, zahlreiche WienerInnen haben ihre Wochenendhäuschen<br />

im niederösterreichischen Waldviertel und noch<br />

mehr verlassen ihre <strong>Stadt</strong> <strong>für</strong> Ausflüge, um z. B. in den in<br />

Niederösterreich liegenden Wiener Alpen wandern zu gehen.<br />

Eine Gegend, die den hitzegeplagten WienerInnen schon seit<br />

Eröffnung der Südbahn Mitte des 19. Jahrhunderts wohlbekannt<br />

ist. Sie diente ihnen <strong>–</strong> zumindest den GroßbürgerInnen<br />

unter ihnen <strong>–</strong> ab dieser Zeit als Ort <strong>für</strong> die Sommerfrische.<br />

Ungefähr seit dieser Zeit kommt das tatsächlich hervorragende<br />

Wiener Wasser aus dieser Gegend. Dass WienerInnen gerne<br />

Wein aus Niederösterreich trinken, Spargel aus dem Marchfeld<br />

und Marillen aus der Wachau essen, sei nur nebenbei erwähnt.<br />

Umgekehrt pendeln rund 190.000 NiederösterreicherInnen<br />

täglich nach Wien (interessanterweise auch<br />

90.000 WienerInnen aus Wien hinaus), gar nicht so wenige von<br />

ihnen arbeiten bei der <strong>Stadt</strong> Wien. Polizisten wurden in Wien<br />

früher gerne Mistelbacher genannt, was der Legende nach auf<br />

ihren niederösterreichischen Herkunfts- bzw. Ausbildungsort<br />

verweist. Der Sozialforscher Günter Ogris sagt im Interview<br />

<strong>für</strong> diesen Schwerpunkt, dass die drei beliebtesten Kulturstätten<br />

der NiederösterreicherInnen in Wien liegen.<br />

Man sieht, selbst bei einer oberflächlichen Betrachtung<br />

zeigen sich sofort mannigfaltige Verbindungen und Abhängigkeiten,<br />

die die politische Grenze völlig ignorieren. »Die<br />

komplexen gesellschaftlichen Konstruktionsprozesse von<br />

Räumen verbieten es, räumliche Grenzen als scharfe Grenzen<br />

<strong>für</strong> unterschiedliche soziale Verhältnisse zu vermuten«, schreibt<br />

Ilse Helbrecht in ihrem Artikel, in dem sie sich mit den Begriffen<br />

<strong>Stadt</strong> und <strong>Land</strong> sowie Urbanität und Ruralität auseinandersetzt.<br />

Helbrecht wehrt sich heftig gegen vereinfachende Darstellungen,<br />

um urbane und rurale Räume zu identifizieren und<br />

kategorisieren, wie sie sich medial in den letzten Jahren großer<br />

Beliebtheit erfreut haben. Sie sieht Begriffe wie Urbanität und<br />

Ruralität als »Konstrukte der Wissenschaft, die spezifische<br />

Antworten auf Probleme und Herausforderungen bieten«.<br />

Maximilian Förtner, Bernd Belina und Matthias Naumann<br />

treibt ebenso die Absicht, vor vereinfachenden Darstellungen<br />

zu warnen, im Speziellen bei der Interpretation von<br />

Wahlergebnissen der AfD. Mit Lefebvres Theorie der Urbani-<br />

Urbanität, Ruralität, Wien, Niederösterreich,<br />

Urbanisierung, <strong>Land</strong>flucht, Zentralität, Wahlverhalten, Raumproduktion,<br />

Suburbanisierung, Gelbwesten, Geschlechterrollen<br />

04<br />

<strong>dérive</strong> N o <strong>76</strong> — STADT LAND


Foto — Frollein2007<br />

sierung, die <strong>Stadt</strong> und <strong>Land</strong> erfasst, und Adornos Begriff<br />

der Provinzialität, den er nicht exklusiv mit dem Ländlichen<br />

verknüpft, zeigen sie, dass die Zentralität als Wesen der Urbanität<br />

(Lefebvre) und der »individuelle Bildungsprozess« als<br />

Möglichkeit, die Provinz hinter sich zu lassen, viel erfolgversprechendere<br />

Ansätze bei der Analyse von Wahlverhalten sind<br />

als die <strong>Stadt</strong>-<strong>Land</strong>-Dichotomie. Gemäß dieses Ansatzes beschreiben<br />

die Autoren drei unterschiedliche Orte, die einen besonders<br />

hohen AfD-WählerInnenanteil gemeinsam haben, aber<br />

unterschiedlichen Raumtypen entsprechen. Förtner, Belina und<br />

Naumann bezeichnen sie als Ort einer umfassenden Peripherisierung,<br />

als peripheres Zentrum bzw. als zentrale Peripherie.<br />

Mit dem schon erwähnten Günter Ogris vom Institut SORA,<br />

das in Österreich durch seine Hochrechnungen bei Wahlen<br />

bekannt ist, haben wir ein Gespräch geführt, um herauszufinden,<br />

wie viel Gehalt in der plakativen These steckt, dass die<br />

BewohnerInnen von Städten links oder liberal sind und die<br />

<strong>Land</strong>bevölkerung rechts und konservativ ist. Das Ergebnis der<br />

Stichwahl bei den letzten österreichischen Präsidentschaftswahlen<br />

2016 zwischen Alexander Van der Bellen (Grün)<br />

und Norbert Hofer (FPÖ) schien diese These besonders zu<br />

unterstreichen. Ogris macht im Interview auf den interessanten<br />

Umstand aufmerksam, dass die Geographie des Wahlverhaltens<br />

in Österreich sehr beständig ist und nur wenige Ereignisse<br />

in den letzten Jahrzehnten grundlegende Änderungen<br />

verursachten. Aber auch er verweist darauf, dass es urbanes<br />

Wahlverhalten eben nicht nur in den Städten gibt, sondern auch<br />

in mit diesen in Verbindung stehenden Räumen wie z. B. dem<br />

Burgenland, dessen Bevölkerung in einem hohen Ausmaß nach<br />

Wien pendelt.<br />

Die Migration zwischen <strong>Land</strong> und <strong>Stadt</strong> behandelt<br />

Theresia Oedl-Wieser und geht damit einer anderen Geschichte<br />

über das Verhältnis von <strong>Stadt</strong> und <strong>Land</strong> nach, die in den<br />

letzten Jahren wieder öfter zu hören ist: Die <strong>Land</strong>flucht junger<br />

Frauen. Auch in diesem Fall unterstützen die Statistiken diese<br />

Erzählung und Oedl-Wieser zählt Gründe auf, die sie plausibel<br />

machen: Geschlechterrollen, Bildungschancen, Arbeitsmarkt.<br />

Für genauere Erkenntnisse über die »Wechselwirkungen<br />

von Wanderungsmotiven, Lebensphasen, ökonomischem und<br />

sozialem Status sowie den sozialen Kategorien Geschlecht,<br />

Alter und Ethnizität« müsse allerdings »zielgerichteter untersucht<br />

werden«.<br />

Mit den sich speziell in den USA seit Jahrzehnten immer<br />

weiter ausdehnenden räumlichen Schwellen zwischen <strong>Stadt</strong><br />

und <strong>Land</strong> und ihrer Besiedlung setzt sich Judith Eiblmayr in ihrem<br />

Beitrag sowohl aus historischer als auch aus aktueller Perspektive<br />

auseinander. Dabei dürfen die Themen Mobilität und<br />

Spekulation nicht fehlen und das tun sie auch nicht. Darüber<br />

hinaus geht es um psychische Phänomene wie suburban angst,<br />

das Fehlen bzw. die Vermeidung von öffentlichen Räumen und<br />

aufkeimende Gegenbewegungen.<br />

Eine Gegenbewegung gibt es auch in Frankreich und<br />

jede/r von uns kennt sie: die Gelbwesten. Gerade diese hohe<br />

Bekanntheit scheint es schwer zu machen, einen sowohl<br />

unvoreingenommenen als auch kenntnisreichen Blick auf das<br />

Phänomen zu werfen. Viele BeobachterInnen scheitern dabei,<br />

sich nicht von einzelnen Aspekten ablenken zu lassen. Dem<br />

Autor und Journalisten Jeremy Harding gelingt das da<strong>für</strong> umso<br />

besser, weswegen wir seinen Text Unter Gelbwesten <strong>für</strong> diese<br />

Ausgabe übersetzt haben. Er ist selbst bei Demonstrationen<br />

der Gelbwesten mitgegangen, hat mit vielen von ihnen gesprochen<br />

und sich trotzdem einen unabhängigen Blick bewahrt.<br />

Auch hier stimmt es, von einer Folge der Disparität von <strong>Stadt</strong><br />

und <strong>Land</strong> zu sprechen und gleichzeitig stimmt es auch wieder<br />

nicht. Viele ländlichen Regionen werden vernachlässigt, was<br />

zur Folge hat, dass sich Menschen ihr Leben trotz Vollzeitarbeit<br />

kaum mehr leisten können, aber das Gleiche trifft auf viele<br />

städtische Banlieues in oft noch viel größerem Ausmaß zu. Den<br />

Gelbwesten deswegen das Recht zu verwehren, <strong>für</strong> bessere Lebensverhältnisse<br />

auf die Straße zu gehen, wäre absurd; toll und<br />

politisch unglaublich interessant wäre es natürlich, sie würden<br />

das solidarisch und gemeinsam mit den BewohnerInnen der<br />

Banlieues machen.<br />

Christoph Laimer — <strong>Stadt</strong> <strong>–</strong> <strong>Land</strong><br />

05


ILSE HELBRECHT<br />

Urbanität <strong>–</strong><br />

RURALITÄT<br />

Der Versuch einer prinzipiellen<br />

Klärung und Erläuterung der Begriffe<br />

Blick vom Central Park nach Midtown Manhattan, New York;<br />

Alle Fotos — Ilse Helbrecht<br />

Die Ergebnisse der letzten Präsidentschaftswahlen in den USA, die zu Donald Trump<br />

geführt haben, scheinen räumlich eindeutig zu sein: Die ländlichen Regionen haben vielfach<br />

begeistert <strong>für</strong> Trump und die Republikanische Partei gestimmt, während sich die<br />

Demokraten auf eine hohe Wählergunst in den urbanen Zentren verlassen konnten.<br />

Auch andere politische Wahlergebnisse der letzten Jahre beispielsweise in Frankreich<br />

(Le Pen), Großbritannien (Brexit) oder Deutschland (AfD) werden in der Öffentlichkeit<br />

oftmals als eine neue Spaltung der Gesellschaft in <strong>Stadt</strong> und ländliche Räume interpretiert.<br />

So titelt der Spiegel Online: Auf dem <strong>Land</strong> regiert der Frust … Weltweit übernehmen<br />

Rechtspopulisten den ländlichen Raum (Müller 2016). Aber stimmt das wirklich?<br />

Lässt sich mit der Unterscheidung von <strong>Stadt</strong> und <strong>Land</strong> das aktuelle Wahlverhalten erklären?<br />

Erleben wir eine neue Polarisierung westlicher Gesellschaften in ländliche und<br />

urbane Gebiete bzw. Wählerschichten? Und noch grundsätzlicher gefragt: Was bedeuten<br />

die beiden Begriffe Urbanität und Ruralität überhaupt? Wie trennscharf sind sie, und<br />

welche gesellschaftlichen Phänomene kann man mit ihnen erklären?<br />

Der folgende Text wurde als Lehrbuchartikel (Helbrecht 2014) <strong>für</strong> Studierende der<br />

Geographie geschrieben. Er versucht eine prinzipielle Klärung und Erläuterung der<br />

Begriffe Urbanität und Ruralität. Ich vermute, eine solche Begriffsklärung ist auch hilfreich<br />

<strong>für</strong> aktuelle Debatten um neue kultur-räumliche Spaltungen der Gesellschaft.<br />

Urbanität, Ruralität, Lebensstil, Sozialtypus, Raumproduktion,<br />

Wahlverhalten, Öffentlichkeit, Privatheit, Postkolonialismus, Humangeographie<br />

06<br />

<strong>dérive</strong> N o <strong>76</strong> — STADT LAND


THERESIA OEDL-WIESER<br />

Was ist dran am<br />

»Exodus« der jungen<br />

FRAUEN vom LAND?<br />

Eine soziologische Annäherung<br />

Alle Fotos — Frollein2007<br />

In Österreich wächst die Bevölkerung kontinuierlich und regional differenzierte Bevölkerungsprognosen<br />

bis 2030 sagen voraus, dass sich die Zuwächse nur auf die großen<br />

Städte und deren Umland konzentrieren werden. Insbesondere periphere Regionen<br />

mit schwächerer Wirtschaftsstruktur werden unter Geburtendefiziten und stärkerer<br />

Abwanderung leiden (ÖROK 2015, S. 8 f.). »It matters where you live« <strong>–</strong> dies gilt nicht<br />

nur <strong>für</strong> Österreich, sondern auch <strong>für</strong> die meisten Länder der EU. Auch hier konzentriert<br />

sich das Bevölkerungswachstum auf städtische Regionen, während im peripheren<br />

Raum die Bevölkerung schrumpft (eurostat 2017). Die damit einhergehenden großen<br />

regionalen Entwicklungsunterschiede sind oft ausschlaggebend <strong>für</strong> die Abwanderung<br />

junger, gut ausgebildeter Menschen. Die Wanderungsmotive sind jedoch nicht nur selektiv<br />

in Hinblick auf Ausbildung und Fähigkeiten, sondern auch bezüglich des Geschlechts.<br />

Migration, Bildung, Arbeitsplatz, Geschlechterordnung,<br />

Lebensphasen, <strong>Land</strong>flucht, Geschlechtergerechtigkeit, Lebensführung<br />

14<br />

<strong>dérive</strong> N o <strong>76</strong> — STADT LAND


GÜNTHER OGRIS<br />

Die Geographie<br />

des Wahlverhaltens<br />

in ÖSTERREICH<br />

Kreisverkehr in Niederösterreich; aus der Serie<br />

Scheibenwelten von Johannes Hloch.<br />

Österreich hat 8,9 Mio. EinwohnerInnen, Wien 1,9 Mio., 21 Prozent der Bevölkerung<br />

leben in Wien. Zum Vergleich: In Berlin leben 4,4 Prozent der EinwohnerInnen<br />

Deutschlands, ganz ähnlich ist der Anteil der Züricher Bevölkerung in der Schweiz.<br />

Wie Wien wählt, ist also <strong>für</strong> bundesweite Wahlen in Österreich von hoher Bedeutung.<br />

Seit 100 Jahren <strong>–</strong> mit Ausnahme der Zeit des Austrofaschismus und des Nationalsozialismus<br />

<strong>–</strong> war die sozialdemokratische SPÖ immer die <strong>–</strong> meist mit Abstand <strong>–</strong> stärkste<br />

Partei in Wien, ebenso wie die konservative ÖVP im ländlich geprägten Bundesland<br />

Niederösterreich rund um Wien. Günther Ogris vom Institut SORA ist einer von Österreichs<br />

renommiertesten Sozialforschern. SORA führt seit vielen Jahren Hochrechnungen<br />

und Wahlanalysen durch. Im Interview mit Christoph Laimer spricht Ogris über die<br />

unterschiedlichen politischen Einstellungen in urban bzw. rural geprägten Räumen,<br />

die Konstanz von räumlich-politischen Konstellationen, das Wienbashing von Sebastian<br />

Kurz, die Präferenzen der weiblichen Wählerschaft und von ArbeiterInnen, die Auswirkung<br />

von Bildung und das Wahlverhalten in vernachlässigten Regionen.<br />

Wahlverhalten, Wahlforschung, Bildung, Arbeitsplätze,<br />

Urbanisierung, Wahlrecht, Diskriminierung, Strukturschwäche<br />

20<br />

<strong>dérive</strong> N o <strong>76</strong> — STADT LAND


JEREMY HARDING<br />

Unter<br />

GELBWESTEN<br />

Gelbwesten, Frankreich, Provinz, Armut, Aufstand,<br />

Polizeigewalt, Antisemitismus, Globalisierung,<br />

Marginalisierung, Einkommensungleichheit, Niedriglohnjobs<br />

Akt II: Demonstration der Gelbwesten auf den Champs Elysées am 24.11.<br />

Alle Fotos — Christophe Becker<br />

Als sie sich Ende letzten Jahres an Straßen und Kreisverkehren<br />

versammelten, zeigte sich die französische Regierung völlig<br />

überrascht. Binnen einer Woche nach ihrer ersten landesweiten<br />

Mobilisierung stellten sie sich regelmäßig an Kreuzungen im<br />

ganzen <strong>Land</strong> auf, um den Verkehr zu blockieren, marschierten<br />

durch Paris und die großen Provinzstädte. Eilig in Auftrag gegebene<br />

Umfragen verlautbarten, dass 70 bis 80 Prozent der Bevölkerung,<br />

darunter viele in den größten französischen Ballungszentren,<br />

diese massive Demonstration der Ungeduld<br />

unterstützen. Allerdings trafen die Gelbwesten (Gilets Jaunes)<br />

zu Beginn außerhalb der Großstädte zusammen, in ländlichen<br />

Gebieten und Kleinstädten mit heruntergewirtschafteten Serviceeinrichtungen,<br />

Niedriglohnökonomien und einem<br />

schrumpfenden Handel. Sie waren misstrauisch gegenüber den<br />

aufstrebenden Metropolen, die sich durch öffentliche Mittel,<br />

private Investitionen, Tourismus und üppige Immobilienpreise<br />

erfolgreich entwickelt haben. Zu ihnen zählen Menschen, die in<br />

den Innenstädten aufgewachsen sind, es sich aber nicht mehr<br />

leisten können, in ihnen zu leben: Diese BarbarInnen wissen,<br />

wo sie sind, wenn sie an den Toren der <strong>Stadt</strong> ankommen. Sie<br />

marschieren durch das Zentrum von Paris und die neuen, aufwendig<br />

gestalteten Zentren des französischen Wohlstands <strong>–</strong> vor<br />

allem Toulouse und Bordeaux <strong>–</strong> und beenden ihren Auftritt mit<br />

einem gewalttätigen und zerstörerischen Akt. Nach 15 Wochen<br />

kostspieliger Proteste hat die öffentliche Sympathie in den großen<br />

Ballungsräumen erst vor Kurzem begonnen, nachzulassen.<br />

Das ist eines von vielen Rätseln.<br />

Ein weiteres ist das Tempo, mit dem sich ein Aufstand<br />

der Provinzen über Benzinpreise und Geschwindigkeitsbegrenzungen<br />

zu einer radikalen Ablehnung Präsident Emmanuel<br />

Macrons, seines Amts, der Nationalversammlung und der politischen<br />

Parteien ausweitete, darunter Marine Le Pens<br />

Jeremy Harding — Unter GELBWESTEN<br />

25


Kunstinsert<br />

Elena Anosova<br />

Out-of-the-way<br />

Elena Anosova habe ich 2017 bei der 4 th Ural Industrial Biennial of Contemporary Art in Ekaterinburg<br />

kennengelernt. Insbesondere das Projekt Sections hat mich nachhaltig beeindruckt. Die<br />

Fotografien von Frauen, die lange Strafen in verschiedenen Gefängnissen in Sibirien verbüßen,<br />

vermitteln in ihrer feinen und unspektakulären Art eine berührende Eindringlichkeit. Diese<br />

schuf die Künstlerin durch eine mehrmonatige persönliche Auseinandersetzung mit den Insassinnen,<br />

die allmählich eine Beziehung entstehen ließ und einen Prozess des Vertrauens aufbaute.<br />

So gewährten die Frauen Elena Anosova zunehmend Einblick in ihr Leben im Gefängnis, die<br />

Hintergründe ihrer Taten und was es bedeutet, lebenslang <strong>für</strong> eine Tat zu büßen, der z. B. die<br />

nicht enden wollende Gewalt des Ehemanns vorausging.<br />

Elena Anosova interessieren Grenzen <strong>–</strong> persönliche, geographische, gesellschaftliche,<br />

sowie Fragen von Isolation. Ihr Projekt Out-of-the-way (2017) behandelt geographische Grenzen,<br />

in die uns die Künstlerin über die Geschichte ihrer Familie Einblick gewährt. Im Zustand<br />

emotionaler Erschöpfung nach der Arbeit an Sections reiste Elena Anosova in die Gegend ihrer<br />

Vorfahren im hohen Norden, in den Rajon Katangski, Region Irkutsk, in der die Tungus Nation<br />

vor 300 Jahren eine kleine Siedlung gegründet hatte. Ihre Familie lebt heute noch dort, mit<br />

100 Menschen mit der DNA der indigenen Minderheit der Tungus, Blutsverwandte, Verwandte<br />

aus der Ehe, aus nächster Nähe. Die moderne Zivilisation beeinflusst die Welt, aber diese isolierte<br />

Gemeinschaft bewahrt ihre Identität aufgrund der Isolation und des strengen Klimas. Die<br />

Siedlung kann nur mit einem Hubschrauber erreicht werden, der zweimal im Monat von einer<br />

kleinen <strong>Stadt</strong> in 300 km Entfernung pendelt. Das Leben dieses Teils der Familie der Künstlerin<br />

hat sich in dieser abgelegenen Gegend inmitten unberührter Wildnis seit Jahrhunderten kaum<br />

verändert. Die moderne Zivilisation dringt dort langsam und fragmentarisch ein und ist eng mit<br />

der lokalen Lebensweise verwoben. Diese Länder sind in den Fluss ihrer eigenen Lebensaktivität<br />

eingetaucht, in der Vergangenheit und Gegenwart auf überraschende Weise ineinandergreifen.<br />

Elena Anosova führt aus: »Eine <strong>Land</strong>schaft, die seit Ewigkeiten unveränderlich ist, lässt<br />

uns nachdenken: Woher kommen wir und <strong>–</strong> die wichtigste Frage <strong>für</strong> die nächsten Generationen<br />

<strong>–</strong> wohin gehen wir? Wir wählen die Hoffnung. Die Hoffnung, dass der Weg gefunden wird,<br />

dass es Nahrung gibt, dass alle Menschen nach Hause zurückkehren, dass die Familie wiedervereinigt<br />

wird und der Winter zu Ende geht.«<br />

Die Fotografien strahlen eine sehr eigenwillige Poesie aus, die uns das Aufeinanderprallen<br />

von Lebenswelten zwischen Fortschritt und traditionellem Leben unspektakulär<br />

nachfühlen lassen.<br />

Im Insert zu sehen sind: Rechte Seite: Die Familienlandkarte des Jagdreviers, die vor<br />

40 Jahren von Elenas Onkel Valera gezeichnet wurde, sowie ein Ausschnitt aus dem Notizbuch<br />

mit dem Foto eines Hauses im Dorf. Doppelseite: Die Jäger kehren mit dem Schneemobil zurück<br />

ins Dorf; sowie Fotos aus dem Familienarchiv: Jäger Alexander (Foto ca. 1970) posiert mit Gewehr<br />

und spezieller Jäger-Parka; ein großes Transportfloß. Linke Seite: Die fünfjährige Irishka<br />

posiert auf der Jäger-Parka. Ihre Mutter ist Tungus und ihr Vater Russe.<br />

Elena Anosova lebt und arbeitet in Irkutsk und Moskau und war jüngst Artist-in-Residence von<br />

KulturKontakt Austria. Sie lehrt u. a. an der Rodchenko Art School in Moskau, erhielt zahlreiche<br />

Preise, u. a. von World Press Photo, sowie den Garage Grant for Emerging Artists. Eine neue<br />

Arbeit zu Beyond the Boundaries war in Wien im April in der Ausstellung Urgent Perspectives #3<br />

in Aa Collections zu sehen. Im Juni <strong>2019</strong> nimmt sie an der Ausstellung The Twelfth Time Zone: A<br />

Contemporary Art Report from Russia im BOZAR / Centre for Fine Arts in Brüssel teil.<br />

Barbara Holub / Paul Rajakovics<br />

32<br />

<strong>dérive</strong> N o <strong>76</strong> — STADT LAND


JUDITH EIBLMAYR<br />

SINE_URBAN<br />

Das schwere Erbe von Suburbia<br />

Suburbanisierung, Angststörungen, USA, Mobilität, Automobil,<br />

Fahrrad, Spekulation, Rendite, Geschlechterordnung<br />

Coon Rapids, Minnesota, USA 1957,<br />

Foto — Minnesota Historical Society<br />

Es ist ein Phänomen, das einem in kleinen österreichischen<br />

Gemeinden begegnet: Häuser mit heruntergelassenen Rollläden<br />

am helllichten Tag trotz Normaltemperatur. Als Schallschutz<br />

an der Hauptstraße, weil jemand ein Mittagsschläfchen hält,<br />

oder aus Sicherheitsgründen am knallgelben Fertigteilhaus,<br />

weil man nicht zu Hause ist, macht dies durchaus Sinn. Es gibt<br />

aber auch andere Gründe, wie eine ortskundige Anrainerin<br />

zu erzählen weiß: Bewohnerinnen verdunkeln untertags, selbst<br />

wenn sie zu Hause sind, damit die Glasscheiben der Fenster<br />

nicht verschmutzen. Nicht unlogisch, hat der kontinuierlich<br />

stärker werdende Autoverkehr doch immer mehr unangenehme<br />

Nebenwirkungen.<br />

Der Rollladen bietet Schutz aus einem persönlichen<br />

Sicherheitsbedürfnis heraus, schließlich kann man nie wissen,<br />

wer womöglich vorbei und auf dumme Gedanken kommt.<br />

Und, ach ja, es fällt auch auf, dass kaum Menschen auf der<br />

Straße sind! Die Geschäfte im Zentrum haben zugesperrt, die<br />

Post ist weg, der Wirt ist schlecht gelaunt, weil die Gäste ausbleiben.<br />

Die Jungen und Familien mit Kindern fahren lieber<br />

zum Mäkki (McDonalds) im Fachmarktzentrum am Kreisverkehr<br />

bei der Ortseinfahrt, der kürzlich aufgesperrt hat. Viele<br />

Hauptstraßen in Österreich geraten zusehends zu Durchzugsstraßen<br />

und ziehen der Infrastruktur im Zentrum oft genug<br />

den Lebensnerv, Sineurbanismus könnte man diese neue Form<br />

der sinnentleerten Ortskerne nennen.<br />

Außer am Sonntag, wenn sich die Gemeinde in der Kirche<br />

trifft, oder bei speziellen Events wie Straßenfesten, gibt es<br />

auf der Straße nur mehr wenig zu erleben, kaum mehr etwas<br />

zu erledigen, wenig Grund sich dort aufzuhalten und zu Fuß zu<br />

bewegen und dadurch im Austausch mit anderen automatisch<br />

die Belebung zu erzeugen. Wenn der öffentliche Raum nicht<br />

mehr funktioniert und die soziale Kontrolle durch Menschen,<br />

Judith Eiblmayr — SINE_URBAN<br />

37


MAXIMILIAN FÖRTNER, BERND BELINA, MATTHIAS NAUMANN<br />

STADT, LAND,<br />

AfD<br />

Zur Produktion des Urbanen<br />

und des Ruralen im Prozess der<br />

Urbanisierung<br />

Einleitung: Zur (Wahl-)Geographie der AfD<br />

In einem Interview, überschrieben mit Die Rache der Dörfer, plädiert der Ethnologe<br />

Wolfgang Kaschuba (2016) da<strong>für</strong>, aktuelle Entwicklungen des Rechtspopulismus<br />

auch als ein Veto ländlicher Regionen zu verstehen. Gegenüber der bisherigen<br />

Situation, in der »<strong>Stadt</strong>gesellschaften den Weg in die Zukunft quasi vorgehen und<br />

bestimmen« (ebd.), formulierten nun »ländliche Regionen, dass sie nicht einverstanden<br />

sind mit dem Weg der <strong>Stadt</strong>gesellschaften« (ebd.). Rechtspopulistische Bewegungen<br />

und die Krise politischer Eliten zeigten demnach eine Geographie, die ganz maßgeblich<br />

von <strong>Stadt</strong>-<strong>Land</strong>-Gegensätzen geprägt sei. Diese sei Ergebnis einer Strukturpolitik,<br />

die sterbende Kleinstädte und Dörfer jenseits der Metropolregionen zurückgelassen<br />

habe. In diesem Beitrag diskutieren wir die Geographie der Erfolge der<br />

Alternative <strong>für</strong> Deutschland (AfD) bei der Bundestagswahl 2017 vor dem Hintergrund<br />

der Debatte um <strong>Stadt</strong>-<strong>Land</strong>-Gegensätze.<br />

Neben dem Ost-West- und dem Nord-Süd-Gefälle wird in vielen Teilen des <strong>Land</strong>es<br />

zusätzlich ein <strong>Stadt</strong>-<strong>Land</strong>-Gefälle deutlich. Eine einfache Korrelation zwischen der<br />

Zahl der EinwohnerInnen und den Zweitstimmenergebnissen der im Bundestag vertretenen<br />

Parteien auf der scale der Gemeinden verdeutlicht dies. Nach der CDU/CSU ist<br />

die AfD die Partei, die in Städten und Gemeinden mit geringer EinwohnerInnenzahl<br />

besonders erfolgreich ist. Dieser Zusammenhang ist in den neuen Bundesländern stärker<br />

ausgeprägt als in den alten. In Nordrhein-Westfalen hingegen ist sie auch in<br />

bevölkerungsreichen Gemeinden erfolgreich, vor allem in Städten des Ruhrgebiets.<br />

Dasselbe gilt in geringem Ausmaß auch <strong>für</strong> Niedersachsen und <strong>für</strong> das Saarland.<br />

Insgesamt bestätigen diese Ergebnisse die These von Kaschuba: Tatsächlich hat die<br />

AfD in weniger großen Städten und auf dem <strong>Land</strong> weit besser abgeschnitten als<br />

in Großstädten.<br />

44<br />

<strong>dérive</strong> N o <strong>76</strong> — STADT LAND


Besprechungen<br />

Wiens munizipaler<br />

Sozialismus<br />

Christoph Laimer<br />

Genau 100 Jahre ist es her, als die sozialdemokratische<br />

SDAP die ersten freien Kommunalwahlen<br />

in Wien mit absoluter Mehrheit<br />

gewonnen hat und die Ära begann, die<br />

später das Rote Wien genannt werden<br />

sollte. Damals war vom Neuen Wien die<br />

Rede, das erinnert an das Neue Frankfurt,<br />

das in einigen Jahren ebenfalls sein<br />

100-Jahr-Jubiläum feiern wird. (Im DAM<br />

läuft übrigens noch bis 18. August unter<br />

dem Titel Neuer Mensch, Neue Wohnung<br />

eine Ausstellung über das Wohnbauprogramm<br />

des Neuen Frankfurt, die einen interessanten<br />

Vergleich mit dem Roten Wien<br />

ermöglicht.) Das Rote Wien ist aus heutiger<br />

<strong>–</strong> vielleicht noch mehr als aus damaliger<br />

Sicht, das muss einfach gesagt werden, eine<br />

unglaublich beeindruckende Leistung. Man<br />

hält es kaum <strong>für</strong> möglich, dass dieses<br />

»Projekt der radikalen Spätaufklärung«<br />

(Wolfgang Maderthaner) unter den<br />

elenden Bedingungen und schwierigsten<br />

Voraussetzungen, die nach dem Ersten<br />

Weltkrieg herrschten, umgesetzt werden<br />

konnte. Ob dieser Tatsache ist man einigermaßen<br />

verwundert, dass die <strong>Stadt</strong> Wien mit<br />

dem Jubiläum überraschend zurückhaltend<br />

umgeht. Eine Zurückhaltung, die <strong>für</strong> Wien<br />

ungewöhnlich ist. Gerade heute, wo die<br />

Idee des Munizipalismus als neue Hoffnung<br />

der linken <strong>Stadt</strong>politik gilt, sollte ein großer<br />

internationaler Kongress zum Roten Wien<br />

und seiner Bedeutung <strong>für</strong> die Gegenwart<br />

wohl das Mindeste sein, was man sich<br />

erwarten können müsste. Umso erfreulicher,<br />

dass das Wien Museum sich der Aufgabe<br />

angenommen hat, eine Ausstellung über<br />

das Rote Wien zu zeigen und das trotz der<br />

räumlich beschränkten Möglichkeiten, die<br />

das umbau-bedingte Ausweichquartier im<br />

MUSA zu bieten hat.<br />

Die erste Überraschung beim Betreten des<br />

Ausstellungsraums ist die angenehm luftig-helle<br />

Atmosphäre, die einen erwartet.<br />

Viel helles Holz und eine maximale Ausnutzung<br />

der Wandflächen haben es ermöglicht,<br />

auf im Raum positionierte Stellwände<br />

zu verzichten. Die Projektionsflächen und<br />

die wenigen Ausstellungsobjekte, die im<br />

Raum stehen oder hängen, schränken das<br />

Blickfeld keineswegs ein, wodurch ein<br />

angenehmes Raumgefühl erzeugt wird.<br />

Möglich ist diese Zurückhaltung allerdings<br />

natürlich nur, weil die Ausstellung über eine<br />

Vielzahl von Außenstellen verfügt, ein<br />

großes Begleitprogramm geboten wird und<br />

ein umfangreicher Katalog vorliegt, auf den<br />

an anderer Stelle noch eingegangen werden<br />

wird.<br />

Die Ausstellung beginnt mit Einblicken in<br />

die Geschichte der ArbeiterInnenbewegung<br />

in den Jahrzehnten vor dem Roten Wien.<br />

Neben amüsanten Ausstellungsstücken, wie<br />

einer roten Rodel mit der Friedrich Adler,<br />

sozialdemokratischer Politiker und Sohn des<br />

Gründers und langjährigen Vorsitzenden<br />

Siedlung Rosenhügel, Siedlerarbeit, 1921<br />

Foto — Wien Museum<br />

der SDAP Victor Adler, als Kind offenbar<br />

Wiens verschneite Hänge hinabrutschte,<br />

beeindruckt in seiner inhaltlichen Klarheit<br />

vor allem eine Titelseite der Arbeiter-<br />

Zeitung vom 2. Februar 1896. Die Überschrift<br />

lautet klipp und klar: »Was die Sozialdemokraten<br />

von der Kommune fordern!«<br />

Dann wird ein Punkt nach dem anderen<br />

aufgezählt und kurz erläutert und man<br />

fragt sich, warum man sowas heute nicht zu<br />

lesen bekommt. Es geht um das Wahlrecht,<br />

um Bildung, Wohnen und vieles anderes;<br />

schlicht und einfach und gerade deswegen<br />

überzeugend.<br />

Über den auf Augenhöhe zu sehenden<br />

Objekten sind in der ganzen Ausstellung<br />

Reproduktionen von fantastischen, großformatigen<br />

Fotos aus dem 1924/25 von Otto<br />

Neurath gegründeten Gesellschafts- und<br />

Wirtschaftsmuseum zu sehen. Die meisten<br />

wurden 1926 angefertigt und zeigen zahlreiche<br />

Aufnahmen von Gemeindebauten,<br />

aber auch von Siedlungen wie derjenigen in<br />

der Hoffingergasse von Josef Frank oder<br />

Adolf Loos’ Siedlung am Heuberg. Zum Teil<br />

54<br />

<strong>dérive</strong> N o <strong>76</strong> — STADT LAND


BACKISSUES<br />

Bestellungen via Bestellformular auf www.derive.at<br />

oder an bestellung(at)derive.at.<br />

Alle Inhaltsverzeichnisse und zahlreiche Texte sind auf der <strong>dérive</strong>-Website nachzulesen.<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 1 (01/2000)<br />

Schwerpunkte: Gürtelsanierung: Sicherheitsdiskurs,<br />

Konzept <strong>–</strong> und Umsetzungskritik, Transparenzbegriff;<br />

Institutionalisierter Rassismus am Beispiel der<br />

»Operation Spring«<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 2 (02/2000)<br />

Schwerpunkte: Wohnsituation von MigrantInnen und<br />

Kritik des Integrationsbegriffes; Reclaim the Streets/<br />

Politik und Straße<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 3 (01/2001)<br />

Schwerpunkt: Spektaktelgesellschaft<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 4 (02/2001)<br />

Schwerpunkte: Gentrification, <strong>Stadt</strong>ökologie<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 5 (03/2001)<br />

Sampler: Salzburger Speckgürtel, Museumsquartier,<br />

räumen und gendern, Kulturwissenschaften und<br />

<strong>Stadt</strong>forschung, Virtual <strong>Land</strong>scapes, Petrzalka,<br />

Juden/Jüdinnen in Bratislava<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 6 (04/2001)<br />

Schwerpunkt: Argument Kultur<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 7 (01/2002)<br />

Sampler: Ökonomie der Aufmerksamkeit,<br />

Plattenbauten, Feministische <strong>Stadt</strong>planung,<br />

Manchester, Augarten/Hakoah<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 8 (02/2002)<br />

Sampler: Trznica Arizona, Dresden, Ottakring,<br />

Tokio, Antwerpen, Graffiti<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 9 (03/2002)<br />

Schwerpunkt in Kooperation mit dem<br />

Tanzquartier Wien: Wien umgehen<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 10 (04/2002)<br />

Schwerpunkt: Produkt Wohnen<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 11 (01/2003)<br />

Schwerpunkt: Adressierung<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 12 (02/2003)<br />

Schwerpunkt: Angst<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 13 (03/2003)<br />

Sampler: Nikepark, Mumbai,<br />

Radfahren, Belfast<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 14 (04/2003)<br />

Schwerpunkt: Temporäre Nutzungen<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 15 (01/2004)<br />

Schwerpunkt: Frauenöffentlichkeiten<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 16 (02/2004)<br />

Sampler: Frankfurt am Arsch, Ghetto Realness,<br />

Hier entsteht, (Un)Sicherheit, Reverse Imagineering,<br />

Ein Ort des Gegen<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 17 (03/2004)<br />

Schwerpunkt: <strong>Stadt</strong>erneuerung<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 18 (01/2005)<br />

Sampler: Elektronische <strong>Stadt</strong>, Erdgeschoßzonen,<br />

Kathmandu, Architektur in Bratislava<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 19 (02/2005)<br />

Schwerpunkt: Wiederaufbau des Wiederaufbaus<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 20 (03/2005)<br />

Schwerpunkt: Candidates and Hosts<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 21/22 (01-02/2006)<br />

Schwerpunkt: Urbane Räume <strong>–</strong> öffentliche Kunst<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 23 (03/2006)<br />

Schwerpunkt: Visuelle Identität<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 24 (04/2006)<br />

Schwerpunkt: Sicherheit: Ideologie und Ware<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 25 (05/2006)<br />

Schwerpunkt: <strong>Stadt</strong> mobil<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 26 (01/2007)<br />

Sampler: <strong>Stadt</strong>außenpolitik, Sofia, Frank Lloyd Wright,<br />

Banlieus, Kreative Milieus, Reflexionen der<br />

phantastischen <strong>Stadt</strong>, Spatial Practices as a Blueprint<br />

for Human Rights Violations<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 27 (02/2007)<br />

Schwerpunkt: <strong>Stadt</strong> hören<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 28 (03/2007)<br />

Sampler: Total Living Industry Tokyo, Neoliberale<br />

Technokratie und <strong>Stadt</strong>politik, Planung in der<br />

<strong>Stadt</strong>landschaft, Entzivilisierung und Dämonisierung,<br />

<strong>Stadt</strong>-Beschreibung, Die Unversöhnten<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 29 (04/2007)<br />

Schwerpunkt: Transformation der Produktion<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 30 (01/2008)<br />

Schwerpunkt: Cinematic Cities <strong>–</strong> <strong>Stadt</strong> im Film<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 31 (02/2008)<br />

Schwerpunkt: Gouvernementalität<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 32 (03/2008)<br />

Schwerpunkt: Die <strong>Stadt</strong> als Stadion<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 33 (04/2008)<br />

Sampler: Quito, Identität und Kultur des Neuen<br />

Kapitalismus, Pavillonprojekte, Hochschullehre,<br />

Altern, Pliensauvorstadt, Istanbul, privater Städtebau,<br />

Keller, James Ballard<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 34 (01/2009)<br />

Schwerpunkt: Arbeit Leben<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 35 (02/2009)<br />

Schwerpunkt: <strong>Stadt</strong> und Comic<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 36 (03/2009)<br />

Schwerpunkt: Aufwertung<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 37 (04/2009)<br />

Schwerpunkt: Urbanität durch Migration<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 38 (01/2010)<br />

Schwerpunkt: Rekonstruktion<br />

und Dekonstruktion<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 39 (02/2010)<br />

Schwerpunkt: Kunst und urbane Entwicklung<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 40/41 (03+04/2010)<br />

Schwerpunkt: Understanding <strong>Stadt</strong>forschung<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 42 (01/2011) Sampler<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 43 (02/2011) Sampler<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 44 (03/2011)<br />

Schwerpunkt: Urban Nightscapes<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 45 (04/2011)<br />

Schwerpunkt: Urbane Vergnügungen<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 46 (01/2012)<br />

Das Modell Wiener Wohnbau<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 47 (02/2012)<br />

Ex-Zentrische Normalität:<br />

Zwischenstädtische Lebensräume<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 48 (03/2012)<br />

<strong>Stadt</strong> Klima Wandel<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 49 (04/2012)<br />

<strong>Stadt</strong> selber machen<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 50 (01/2013)<br />

Schwerpunkt Straße<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 51 (02/2013)<br />

Schwerpunkt: Verstädterung der Arten<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 52 (03/2013) Sampler<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 53 (04/2013)<br />

Citopia Now<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 54 (01/2014)<br />

Public Spaces. Resilience & Rhythm<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 55 (02/2014)<br />

Scarcity: Austerity Urbanism<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 56 (03/2014)<br />

Smart Cities<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 57 (04/2014)<br />

Safe City<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 58 (01/2015)<br />

Urbanes Labor Ruhr<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 59 (02/2015) Sampler<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 60 (03/2015)<br />

Schwerpunkt: Henri Levebvre und das Recht aus <strong>Stadt</strong><br />

<strong>dérive</strong> Nr. 61 (04/2015)<br />

Perspektiven eines kooperativen Urbanismus<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 62 (01/2016) Sampler<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 63 (02/2016)<br />

Korridore der Mobilität<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 64 (03/2016)<br />

Ausgrenzung, Stigmatisierung, Exotisierung<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 65 (04/2016)<br />

Housing the many <strong>Stadt</strong> der Vielen<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 66 (01/2017)<br />

Judentum und Urbanität<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 67 (02/2017)<br />

Nahrungsraum <strong>Stadt</strong><br />

<strong>dérive</strong> Nr. 68 (03/2017) Sampler<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 69 (04/2017) Demokratie<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 70 (01/2018) Detroit<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 71 (02/2018) Bidonvilles & Bretteldörfer<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 72 (03/2018) Warsaw<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 73 (04/2018) Nachbarschaft<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 74 (01/<strong>2019</strong>) Sampler<br />

<strong>dérive</strong> Nr. 75 (02/<strong>2019</strong>) Sampler


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SupBB<br />

Das Wiener Hausprojekt Bikes and Rails errichtet den 1. Neubau im habiTAT, dem Mietshäuser<br />

Syndikat in Österreich. Das klimafreundliche Holz-Passivhaus mit Schwerpunkt<br />

auf Mobilität mit Rad und Bahn besteht aus 18 Mietwohnungen und schafft Raum <strong>für</strong><br />

Nachbarschaft und Geflüchtete. Das selbstverwaltete Mietshaus soll vom Immobilienmarkt<br />

frei gekauft werden und damit bezahlbaren Raum <strong>für</strong> viele Generationen sichern.<br />

Die Finanzierung <strong>für</strong> Bikes and Rails erfolgt zu einem Drittel durch private<br />

Direktkreditgeber*innen. Das sichert günstige Mieten und Teilhabe am Projekt <strong>für</strong> alle.<br />

Sensationelle € 1,274.130 befinden sich schon in unserem Alternativ-Finanzierungstopf.<br />

Das sind mehr als 4/5 der benötigten € 1,5 Mio.<br />

Borg uns Erspartes auf Zeit und unterstütze uns<br />

mit einem Direktkredit zwischen € 500 und<br />

€ 50.000 bei der Schaffung von solidarischen und<br />

bezahlbaren Räumen.<br />

Infopaket anfordern unter bikesandrails.org


Impressum<br />

<strong>dérive</strong> <strong>–</strong> <strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> <strong>Stadt</strong>forschung<br />

Medieninhaber, Verleger und Herausgeber / Publisher:<br />

<strong>dérive</strong> <strong>–</strong> Verein <strong>für</strong> <strong>Stadt</strong>forschung<br />

Mayergasse 5/12, 1020 Wien<br />

Vorstand: Christoph Laimer, Elke Rauth<br />

ISSN 1608-8131<br />

Offenlegung nach § 25 Mediengesetz<br />

Zweck des Vereines ist die Ermöglichung und Durchführung<br />

von Forschungen und wissenschaftlichen Tätigkeiten zu den<br />

Themen <strong>Stadt</strong> und Urbanität und allen damit zusammenhängenden<br />

Fragen. Besondere Berücksichtigung finden dabei<br />

inter- und transdisziplinäre Ansätze.<br />

Grundlegende Richtung<br />

<strong>dérive</strong> <strong>–</strong> <strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> <strong>Stadt</strong>forschung versteht sich als<br />

interdisziplinäre Plattform zum Thema <strong>Stadt</strong>forschung.<br />

Redaktion<br />

Mayergasse 5/12, 1020 Wien<br />

Tel.: +43 (01) 946 35 21<br />

E-Mail: mail(at)derive.at<br />

www.derive.at<br />

www.urbanize.at,<br />

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<strong>dérive</strong> <strong>–</strong> Radio <strong>für</strong> <strong>Stadt</strong>forschung<br />

Jeden 1. Dienstag im Monat von 17.30 bis 18 Uhr<br />

in Wien live auf ORANGE 94.0<br />

oder als Webstream http://o94.at/live.<br />

Sendungsarchiv: http://cba.fro.at/series/1235<br />

Chefredaktion: Christoph Laimer<br />

Redaktion/Mitarbeit: Thomas Ballhausen, Andreas Fogarasi,<br />

Elisabeth Haid, Barbara Holub, Michael Klein, Andre Krammer,<br />

Silvester Kreil, Karin Lederer, Erik Meinharter, Sabina Prudic-<br />

Hartl, Paul Rajakovics, Elke Rauth, Manfred Russo<br />

AutorInnen, InterviewpartnerInnen und KünstlerInnen dieser Ausgabe:<br />

Elena Anosova, Bernd Belina, Judith Eiblmayr, Maximilian Förtner,<br />

Jeremy Harding, Ilse Helbrecht, Barbara Holub, Andre Krammer,<br />

Silvester Kreil, Christoph Laimer, Antje Lehn, Matthias Naumann,<br />

Theresia Oedl-Wieser, Günther Ogris, Ursula Probst, Paul Rajakovics,<br />

Manfred Russo<br />

Anzeigenleitung & Medienkooperationen:<br />

Helga Kusolitsch, anzeigen(at)derive.at<br />

Website: Artistic Bokeh, Simon Repp<br />

Grafische Konzeption & Gestaltung:<br />

Atelier Liska Wesle — Wien / Berlin<br />

Lithografie: Branko Bily<br />

Coverfoto: Scheibenwelten, Kreisverkehr in Niederösterreich<br />

Foto — Johannes Hloch<br />

Hersteller: Resch Druck, 1150 Wien<br />

Kontoverbindung<br />

Empfänger: <strong>dérive</strong> — Verein <strong>für</strong> <strong>Stadt</strong>forschung<br />

Bank: Hypo Oberösterreich<br />

IBAN AT53 54000 0000 0418749, BIC OBLAAT2L<br />

Abonnement<br />

Standard: 28 Euro (inkl. Versandspesen Inland)<br />

Ermäßigt: 24 Euro (inkl. Versandspesen Inland)<br />

Förder- und Institutionenabo: 50 Euro<br />

Ausland jeweils plus 8 Euro Versandspesen<br />

Abonnements laufen ein Jahr (vier <strong>Heft</strong>e). Bestellungen an:<br />

bestellung(at)derive.at oder per Bestellformular auf www.derive.at<br />

Wir danken <strong>für</strong> die Unterstützung:<br />

Bundeskanzleramt <strong>–</strong> Kunstsektion,<br />

MA 7 <strong>–</strong> Wissenschafts- und Forschungsförderung<br />

Mitgliedschaften, Netzwerke:<br />

Eurozine <strong>–</strong> Verein zur Vernetzung von Kulturmedien,<br />

IG Kultur, INURA <strong>–</strong> International Network for Urban<br />

Research and Action, Recht auf <strong>Stadt</strong> <strong>–</strong> Wien.<br />

Die Veröffentlichung von Artikeln aus <strong>dérive</strong> ist nur mit<br />

Genehmigung des Herausgebers gestattet.<br />

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<strong>dérive</strong> N o <strong>76</strong> — STADT LAND

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