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Jahresheft Holsteinseen 2019

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VOß<br />

LANDGASTHOF<br />

EIN SCHÖNES AUSFLUGSZIEL<br />

ODER EIN GUTER ZWISCHENSTOPP<br />

AUF DER FAHRRADTOUR<br />

TEXT // LENA VOß<br />

W<br />

er von Neumünster oder<br />

Hamburg kommend auf dem<br />

Weg nach Plön oder auf<br />

dem Weg zur Ostsee durch Schmalensee<br />

fährt, hat sicherlich dabei auch<br />

den malerisch direkt am Schmalensee<br />

gelegenen Gasthof Voß bemerkt, ohne<br />

dabei etwas von seiner langen und<br />

interessanten Geschichte zu ahnen.<br />

Bevor der Gasthof in Schmalensee in<br />

den Besitz der Familie Voß gekommen<br />

ist, gehörte er bis 1900dem Vollhufner<br />

und Gastwirt Matthias Suhr. Laut<br />

Dorfchronik brannte auch der Gasthof<br />

bei den Großfeuern im Ort 1867 und<br />

1885. 1900 kaufte Ludwig Saggau den<br />

Gasthof und errichtete im Jahr darauf<br />

den noch heute genutzten Festsaal.<br />

Wurde dort früher vor allem auf Bällen<br />

getanzt und Konzerten gelauscht,<br />

werden heute in erster Linie große<br />

Familienfeste auf dem Saal gefeiert.<br />

„1907 kam mein Großvater Friedrich<br />

Voß aus Amerika zurück nach Schleswig-Holstein,<br />

mit dem dort verdienten<br />

Geld als Holzfäller, kaufte er dann den<br />

Gasthof und Land in Schmalensee“,<br />

erzählt Jochen Voß. Gemeinsam mit<br />

seiner Frau Meta führte Friedrich Voß<br />

den Gasthof sehr erfolgreich. Als der<br />

erste Weltkrieg begann wurde er in<br />

den Krieg eingezogen und fiel dann<br />

1918, er hinterließ seine Frau mit zwei<br />

kleinen Kindern. Meta Voß führte den<br />

Gasthof allein weiter. Es wird vom<br />

festlich geschmückten Saal und vielen<br />

Bällen aus dieser Zeit berichtet. Vor<br />

dem zweiten Weltkrieg kamen schon<br />

sogenannte Sommerfrischler in den<br />

damaligen Luftkurort Schmalensee, sie<br />

kehrten im Gasthof ein, um zu speisen.<br />

Im zweiten Weltkrieg zerstörten die<br />

englischen Soldaten das Geschirr, die<br />

Möbel und teilweise sogar die Fliesen<br />

des Gasthofs. Nach dem zweiten<br />

Weltkrieg fanden über 30 Flüchtlinge<br />

Zuflucht im Gasthof, wo sie auf Strohsäcken<br />

schliefen. Unter ihnen befand<br />

sich auch Erika Ristau, welche später<br />

Hans Voß, den Sohn von Friedrich<br />

und Meta Voß, heiratete. Gemeinsam<br />

führten sie den Gasthof ab 1948. Da es<br />

kein Inventar mehr gab, begannen sie<br />

mit zwei Tassen und zwei Tellern.<br />

Postkarte von 1930.<br />

Postkarte von 1960.<br />

Vor allem wegen des exzellenten Aals<br />

in Gelee kamen die Gäste von weit<br />

her. Hausgemachtes Sauerfleisch mit<br />

Bratkartoffeln waren ebenso beliebt<br />

wie die selbstgebackenen Kuchen<br />

und Torten zur Kaffeezeit. Zu dieser<br />

Zeit kamen dann auch wieder die<br />

Sommerfrischler ins Dorf, es waren<br />

überwiegend Neumünsteraner und<br />

Hamburger, die am Wochenende auf<br />

das Land fuhren, um sich zu erholen.<br />

Zehn Gäste konnten in den Ferienzimmern<br />

des Gasthofs nächtigen. Dazu<br />

kamen die Übernachtungsgäste aus<br />

den umliegenden Quartieren, um<br />

Frühstück und Kaffee und Kuchen im<br />

Gasthof einzunehmen, teilweise waren<br />

es 60 Personen, die von Hans und<br />

Erika Voß versorgt wurden. Zwischen<br />

1971 und 1999 war der Gasthof an<br />

wechselnde Wirte verpachtet. Was am<br />

Anfang gut funktionierte, wurde am<br />

Ende immer schwieriger. Um den Ruf<br />

des ehemals so erfolgreichen Betriebes<br />

nicht zu schädigen entschied sich<br />

die Schwiegertochter Annegret Voß<br />

den Gasthof wieder in Familienhand zu<br />

nehmen. Seit nunmehr 20 Jahren hat<br />

Annegret Voß das Zepter erfolgreich<br />

in der Hand. Sie hat den Gasthof zu<br />

dem gemacht, was er heute ist: ein<br />

Landgasthof wie er im Buche steht.<br />

Die Gerichte sind regional und deftig,<br />

es gibt immer noch selbstgemachtes<br />

Sauerfleisch, Schnitzel in verschiedenen<br />

Variationen und Fischspezialitäten,<br />

wie Gebratene Forelle aus Bornhöved.<br />

Aber auch die saisonalen Speisen<br />

finden großen Zuspruch. Je nach<br />

Jahreszeit gibt’s Spargel mit Holsteiner<br />

Katenschinken, Muscheln oder auch<br />

Grünkohl. Die Taufe, der Geburtstag<br />

oder die Hochzeit können im kleinen<br />

oder auch großen Kreis mit bis zu 100<br />

Personen in den passenden Räumlichkeiten<br />

gefeiert werden. Ob ein<br />

leckeres Bratkartoffelbüffet, regionales<br />

Wild oder Schweine- und Rinderbraten,<br />

es wird versucht jeden Wunsch zu<br />

erfüllen. „Bei meinen Schwiegereltern<br />

waren es Sommerfrischler, heute sind<br />

es Feriengäste, Tagesausflügler und<br />

Gäste aus der Region, die gerne zum<br />

Sauerfleischessen kommen oder ihr<br />

Familienfest bei uns feiern. Seit 112<br />

Jahren ist der Gasthof im Eigentum der<br />

Familie Voß, früher wie heute ist er ein<br />

Familienbetrieb, in dem alle mithelfen.<br />

Ob beim Einkaufen oder am Schreibtisch<br />

sind mein Mann und meine Töchter<br />

eine große Unterstützung und mein<br />

Sohn ist gelernter Koch, er springt<br />

immer ein, wenn in der Küche Not am<br />

Mann ist“, berichtet Annegret Voß.<br />

Mit dem Ausbau der Ferienwohnungen<br />

und der Wiederaufnahme<br />

der Gastronomie haben Annegret<br />

und Jochen Voß einen touristischen<br />

Anlaufpunkt am Rande der Holsteinischen<br />

Schweiz geschaffen. Der<br />

Schmalensee vor der Tür und direkt<br />

am Mönchsweg gelegen, ist es ein<br />

schönes Ausflugsziel oder ein guter<br />

Zwischenstopp auf der Fahrradtour.<br />

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