Branchenspiegel GastroSuisse 2019
Kennzahlen, Statistiken, Gastromarkt, jährlich
Kennzahlen, Statistiken, Gastromarkt, jährlich
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2. Spezialthema<br />
Widersprechen sich lange Haltbarkeit<br />
und Frische?<br />
Nein. Aus frischen Zutaten werden hausgemachte Convenience-Produkte.<br />
Wenn nötig oder sinnvoll, mit langer<br />
Haltbarkeit. Dabei steht die Qualität des Produktes<br />
immer im Vordergrund. Wirtschaftliche oder logistische<br />
Vorteile sollten positive Nebeneffekte bleiben. Eine<br />
wichtige Rolle spielt neben Optik und Konsistenz auch<br />
der Erhalt von ernährungsphysiologisch wichtigen Inhaltsstoffen.<br />
Dabei setze ich so wenige Zusatzstoffe<br />
wie möglich ein. Bei hausgemachten Produkten zählen<br />
also auch die inneren Werte. Eine solche Küche sollte<br />
eine gesunde und nährstoffreiche Ernährung sicherstellen.<br />
Nahrungsmittelindustrie setzt auf<br />
«Hausgemacht»<br />
Ich beobachte, dass die industriellen Convenience-Produkte<br />
individueller geworden sind. Die Produktpaletten<br />
haben sich vergrössert. Für jeden Geschmack und jeden<br />
Geldbeutel ist etwas dabei. Auch die Qualität passt<br />
sich den Kundenbedürfnissen an. Der Trend «Hausgemacht»<br />
ist bereits in der Industrie angekommen und die<br />
Produkte sehen öfters hausgemacht aus. Diese Entwicklung<br />
verfolge ich mit einer gewissen Skepsis. Zum<br />
einen fehlen Standards. «Hausgemacht» sollte mehr als<br />
nur Marketing sein, sondern durch Inhalt und Produktionstechnik<br />
überzeugen. Das lässt sich aber in der industriellen<br />
Produktion kaum überwachen. Zum anderen<br />
steigt damit die Verlockung für Köche, pfannenfertige<br />
Convenience-Produkte zu verwenden. Daraus resultiert<br />
eine grosse Gefahr für meinen Berufsstand. Wertvolles<br />
Wissen über die Zubereitungen verschiedenster Produkte<br />
droht zunehmend verloren zu gehen. Damit schwindet<br />
gleichermassen die Wertschätzung der Köche wie<br />
jene der Konsumenten gegenüber einem Convenience.<br />
Um das Maximum aus einem Convenience herauszuholen,<br />
bleibt die Industrie auf gut ausgebildete Köche<br />
angewiesen.<br />
Convenience-Produkte schaffen Mehrwert<br />
Convenience-Produkte bieten folglich keinen Ersatz für<br />
die hausgemachte Produktion, sondern sollten als Ergänzung<br />
verstanden werden. Tatsächlich erleichtern sie<br />
die hausgemachte Küche. Ohne Convenience könnte<br />
ich viele hausgemachte Produkte nicht zu einem marktfähigen<br />
Preis anbieten. Klar machen wir in unserem<br />
Betrieb so viel wie nur möglich selbst, aber manchmal<br />
fehlt der Mehrwert. Letztes Jahr wollte ich zum Beispiel<br />
Lorbeer zu Pulver weiterverarbeiten. Es hat mich Stunden<br />
gekostet, diesen fein zu mahlen, anschliessend zu<br />
sieben und schlussendlich war das Resultat nicht halb<br />
so fein wie das Produkt aus der Industrie. Deshalb kaufe<br />
ich jetzt gemahlenen Lorbeer ein.<br />
Wie lassen sich «Convenience» und<br />
«Hausgemacht» miteinander vereinbaren?<br />
Eine klare Kommunikation und eine transparente Deklaration<br />
sind extrem wichtig. Ich bin nicht nur stolz auf<br />
meine hausgemachten Spezialitäten, ich stehe auch zu<br />
meinen zugelieferten Produkten und den Produzenten<br />
dahinter. Ich kenne meine Zulieferer, wähle Sie gezielt<br />
aus und transportiere ihre Geschichten weiter. Daraus<br />
ergibt sich eine fruchtbare Zusammenarbeit. Gegenüber<br />
dem Gast möchte ich zudem so offen wie möglich sein.<br />
Meine Kunden wissen, dass ich meine Bouillonpaste<br />
aus Lebensmittelresten produziere. Ebenfalls setze ich<br />
viele hausgemachte Convenience im Betrieb für das<br />
«À la Carte»-Restaurant ein. Die Sous Vide haltbar gemachten<br />
Gerichte werden vor dem Gast in einem gläsernen<br />
Wasserbad regeneriert. Falls ihm das zu wenig<br />
frisch ist, kann er das Tages menü wählen und sieht in<br />
der offenen Küche zu, wie es «à la minute» zubereitet<br />
wird. Diese Transparenz und Flexibilität schätzen meine<br />
Kunden. Auf der anderen Seite verstehen sie die Tatsache,<br />
dass nicht alles hausgemacht sein kann. Ebenfalls<br />
ist unser Kühlschrank im Gästebereich einsehbar und<br />
die Gäste dürfen sich gerne umsehen.<br />
Das Endergebnis bestimmt die Produkte<br />
Sie müssen also nicht auf die Vorteile von Convenience<br />
verzichten, wenn Sie in Ihrem Betrieb zukünftig mehr<br />
hausgemachte Gerichte anbieten wollen. Jedoch ist bei<br />
der Produktwahl einiges zu beachten. Fragen Sie sich<br />
selber: «Kann ich hinter den Convenience-Produkten<br />
mit Überzeugung stehen? Und passt die Betriebsphilosophie<br />
des Produzenten zu meinen eigenen Grundsätzen?»<br />
Zugekaufte Convenience sollten das Gesamtbild<br />
des Betriebs ergänzen und eine harmonische Einheit<br />
bilden. Dabei richte ich mein Augenmerk stets auf das<br />
bestmögliche Endprodukt und nicht auf den einfachsten<br />
Weg in der Küche. Convenience sollen den Alltag<br />
erleichtern, ohne der Qualität zu schaden. Sind einmal<br />
die richtigen Convenience ausgewählt und das Menü<br />
als hausgemacht deklariert, sollten nun eigenes Handwerk<br />
und eigene Produktwahl ersichtlich sein. Das kann<br />
zum Beispiel in der Menükarte so klingen:<br />
Hausgemachte Ravioli aus Urdinkelmehl<br />
von der Müli Geuensee.<br />
«Ä Guetä»<br />
Mirko Buri, Küchenchef<br />
und Gründer «Mein Küchenchef»<br />
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