ocean7 4/2019
Griechenland: Segelrevier Korfu und umliegende Inseln von Erikousa bis Paxos im Ionischen Meer. Burgund: Vinophile Erfahrungen mit dem Hausboot entlang der Yonne. Exclusive Line: Dufours Flaggschiffe 56 und 63 im Vergleichstest in Kroatien. Galeon 500 Fly: Die neue Motoryacht aus Straszyn, probegefahren in Danzig. Sea Ray: Europas erste SLX 400 Outboard, getestet in Linz. E-Scooter im Trend: Die E-Twow Booster V im Redaktionstest. Ladies only: Skippertrainings mit Hildegard Etz. Kärnten Sail: Jugend-Ausbildung unter einem Dach. Wissenschaftliche Diagnose im Korallenriff: Gesund, krank oder tot?
Griechenland: Segelrevier Korfu und umliegende Inseln von Erikousa bis Paxos im Ionischen Meer.
Burgund: Vinophile Erfahrungen mit dem Hausboot entlang der Yonne.
Exclusive Line: Dufours Flaggschiffe 56 und 63 im Vergleichstest in Kroatien.
Galeon 500 Fly: Die neue Motoryacht aus Straszyn, probegefahren in Danzig.
Sea Ray: Europas erste SLX 400 Outboard, getestet in Linz.
E-Scooter im Trend: Die E-Twow Booster V im Redaktionstest.
Ladies only: Skippertrainings mit Hildegard Etz.
Kärnten Sail: Jugend-Ausbildung unter einem Dach.
Wissenschaftliche Diagnose im Korallenriff: Gesund, krank oder tot?
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In den Wind gesprochen<br />
Wahrschau Halse! Teil 2<br />
Warum halte ich den Bullenstander, ein Stück dicker Strick, für so wichtig?<br />
Weil man damit jede Halse bis zur völligen Harmlosigkeit entschärft.<br />
Ich glaube, die meisten erfahrenen<br />
Langfahrtsegler, vor allem die mit<br />
zahlenmäßig schwacher Mannschaft,<br />
handhaben das auch so.<br />
Weil ich das Foto gerade zur Hand<br />
habe: Vom Kurs her bräuchte man<br />
im Moment auf der Weltumsegelyacht<br />
Ole Hoop die Bullentalje gar<br />
nicht, der raume Wind kommt<br />
noch lange nicht von achtern<br />
(auch, wenn die Passatsegel schon<br />
gesetzt sind), trotzdem ist ein<br />
Bullenstander steif durchgesetzt.<br />
So kann die gewaltige Spiere, der<br />
Großbaum, unter keinen Umständen<br />
Unheil anrichten.<br />
Warum halte ich den Bullenstander,<br />
ein Stück dicker Strick, für so<br />
wichtig? Weil man damit jede Halse<br />
bis zur völligen Harmlosigkeit<br />
entschärft. Und weil man so gefährliche<br />
Wenden vermeiden kann.<br />
Wie gesagt, all das gilt für den<br />
Ozeansegler auf Wanderschaft,<br />
dem ein Wegverlust von ein paar<br />
Kabellängen nichts ausmacht –<br />
und nicht für den Regattasegler,<br />
der ja auch meist gesegnet ist mit<br />
mehr Besatzung.<br />
Jeder von uns hat schon mal erlebt,<br />
wie es sich anfühlt, wenn der<br />
Rudergänger aus einem windigen<br />
BOBBY SCHENK<br />
ist Weltumsegler,<br />
Navigations-Experte<br />
und Buchautor.<br />
kolumne@<strong>ocean7</strong>.at<br />
Die Bullentalje, hier zu<br />
sehen auf der Weltumsegleryacht<br />
Ole Hoop,<br />
ist eine uralte Erfindung<br />
in der Schifffahrt.<br />
Kurs hoch am Wind auf einen raumen<br />
oder besser noch auf einen<br />
Vorwind-Kurs abfällt. Das „Wetter“<br />
hat sich schlagartig geändert. Es<br />
wird warm, man kann den Pullover<br />
ausziehen und die Yacht verlangsamt<br />
ihre Gangart. Meint man.<br />
In Wirklichkeit hat der scheinbare<br />
Wind (das ist der, den man fühlt<br />
und der vom Windmesser angezeigt<br />
wird) naturgemäß nachgelassen,<br />
denn die Schiffsgeschwindigkeit, die<br />
beim Gegenangehen zum wahren<br />
Wind fast hinzuzählen ist, mindert<br />
die Windstärke erheblich. Das<br />
macht in der Praxis (auf unseren<br />
trägen Fahrtenyachten) ganze zwei<br />
Beaufort aus. Außerdem segeln wir<br />
nun mit der Dünung und nicht die<br />
Wellenhügel gegenan: „Downwind-<br />
Sailing“ nennen die Angelsachsen<br />
trefflich diese Gangart.<br />
Wer mal ausprobiert hat, bei<br />
sagen wir fünf Beaufort zuerst eine<br />
Wende zu segeln und anschließend<br />
eine kontrollierte(!) Halse, wird zustimmen,<br />
dass die Halse viel, viel<br />
weniger Stress bei ungleich ruhigeren<br />
Schiffsbewegungen macht.<br />
Freilich nur dann, wenn die Halse<br />
so gefahren wird, dass der potentiell<br />
gefährliche Großbaum (ich hab<br />
mal einen an den Kopf bekommen<br />
– mit nachfolgendem Krankenhausaufenthalt,<br />
das merkt man<br />
sich, ein Leben lang!) immer unter<br />
Kontrolle bleibt. Und das kann nur<br />
mittels Bullentalje (eine uralte<br />
Erfindung in der Schifffahrt) geschehen.<br />
Bei der Wende hingegen<br />
würde man die Yacht in den Wind<br />
bringen müssen, wo sie haltlos in<br />
der Dünung tanzen und hin- und<br />
herfallen würde. Drei Meter Höhenunterschied<br />
würde der Mann<br />
auf dem patschnassen Vorschiff<br />
mit der Genuaschot in der Hand<br />
auf- und abhüpfend zu bewältigen<br />
haben. Wer das in Frage stellt,<br />
hat es noch nie ausprobiert.<br />
Wir sind mal sechs Wochen lang<br />
in den brüllenden Vierzigern Richtung<br />
Kap Hoorn gesegelt, meist vor<br />
achterlichem Wind. Das Groß war<br />
fortlaufend bis zum letzten Reff verkleinert<br />
oder bei 50 Knoten Wind<br />
ganz weggenommen. Fast immer<br />
aber haben wir ein kleines Vorsegel<br />
gefahren. Aber allein der hirnrissige<br />
Gedanke, bei so einem Seegang in<br />
den Wind zum Wenden zu drehen,<br />
lässt bei mir Übelkeit aufkommen.<br />
Ich wurde oft gefragt, wie sich<br />
mein letztes Schiff, ein Katamaran,<br />
wenden lässt. Meine (fast) ehrliche<br />
Antwort war, dass ich das nicht<br />
weiß, weil ich nur Halsen fahre.<br />
Tatsächlich empfand ich eine Halse<br />
viel bequemer, ja viel ungefährlicher<br />
als eine (durchaus mögliche)<br />
Wende. Ich bin überzeugt, dass die<br />
meisten Langfahrtsegler spätestens<br />
nach dem ersten Ozean genauso<br />
denken.<br />
Als ich vor vielen Jahren die<br />
C-Scheinprüfung für „weltweite<br />
Fahrt“ bei einem überaus erfahrenen<br />
Prüfer, der ein paar hunderttausend<br />
Seemeilen im Logbuch<br />
hatte, lautete eine der (sehr gescheiten)<br />
Fragen: „Was machen Sie,<br />
wenn Sie bei sieben Windstärken<br />
beim Wendeversuch nicht mehr<br />
durch Wind kommen und immer<br />
wieder hoch am Wind auf den alten<br />
Bug abfallen? Wir Eleven haben<br />
damals die richtige Antwort<br />
nicht zu geben gewagt. Zu kühn<br />
schien sie uns. Und haben was gefaselt<br />
von „Q-Wende, Maschine<br />
und so fort“.<br />
Sie kennen die einzig richtige<br />
Antwort jetzt. Und für die „Erst-<br />
mal-gründlich-segeln-lernen-<br />
Fraktion“ habe ich in den Wind<br />
gesprochen.<br />
<br />
10 4/<strong>2019</strong>