FILMFEST MÜNCHEN MAGAZIN 2019
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Gegenüber der eigenen Familie kann<br />
sich niemand verstellen. Sie kennt<br />
unsere besten und dunkelsten Seiten.<br />
Für die einen bedeutet sie Halt,<br />
für die anderen Verzweiflung. So<br />
oder so ist sie beständiger Quell<br />
unserer Geschichten. Das trifft natürlich<br />
auch aufs Kino und seine<br />
Regiemeister*innen zu. Denn im Miteinander<br />
ergeben sich die Emotionen,<br />
aus denen Filme schöpfen. In the<br />
place of no words von Mark Webber<br />
ist es die große Liebe zwischen Vater<br />
und Sohn, die sich angesichts eines<br />
bevorstehenden Schicksalschlags<br />
zeigt. Nur durch den Zusammenhalt<br />
innerhalb der Familie lässt sich die<br />
Krankheit des Vaters verarbeiten.<br />
Mit der Beziehung zu ihrem verstorbenen<br />
Vater müssen sich dagegen die<br />
zwei Brüder in entre dos aguas (siehe<br />
Bild) von Isaki Lacuesta auseinandersetzen.<br />
Beide kehren in ihre Heimatstadt<br />
San Fernando zurück, nachdem Isra aus<br />
dem Gefän gnis entlassen wurde und<br />
Cheítos Dienst bei der Marine endete.<br />
In dem von Arbeits losigkeit geprägten<br />
spanischen Ort suchen sie gemeinsam<br />
nach einem Neuanfang.<br />
Ki-taeks Familie hat hingegen bereits<br />
einen möglichen Weg aus der<br />
Arbeitslosigkeit gefunden, als sein<br />
Sohn Ki-woo das Angebot erhält, als<br />
Nachhilfelehrer zu arbeiten. In parasite<br />
von Bong Joon Ho erschleicht er<br />
sich diesen Job, um dann Stück für<br />
Stück die anderen Familienmitglieder<br />
unterzubringen und die reiche Familie<br />
Park auszunehmen.<br />
Auch in une fille facile von Rebecca<br />
Zlotowski weiß Sofia das Beste<br />
aus dem Leben zu machen: Ihre äußeren<br />
Vorzüge ausspielend, genießt sie<br />
die Aufmerksamkeit reicher Männer.<br />
An ihrem Erfolg möchte sie auch ihre<br />
Cousine Naïma teilhaben lassen.<br />
Doch die 16-Jährige beäugt die selbstbewusste<br />
Verführerin nicht nur mit<br />
bewundernden Augen.<br />
Sehr viel unaufgeregter ist die Beziehung<br />
zwischen Amador und Benedicta.<br />
Nachdem er aus dem Gefängnis<br />
entlassen wurde, kehrt er zurück in<br />
das kleine Dorf, in dem seine alte Mutter<br />
mit drei Kühen lebt. Ohne viele<br />
Worte zu verschwenden, nimmt sie<br />
ihren Sohn in o que arde von Oliver<br />
Laxe auf. Gemeinsam verbringen sie<br />
entschleunigte Tage in den galicischen<br />
Bergen. Bis ein Feuer ausbricht und die<br />
gesamte Region bedroht.<br />
Was dagegen passiert, wenn es<br />
keine Empathie mehr gibt, zeigt bacurau<br />
von Kleber Mendonça Filho<br />
und Juliano Dornelles. Darin reist<br />
Teresa zur Beerdigung ihrer Großmutter<br />
zurück in ihr altes Heimatdorf.<br />
Doch außerhalb dieses kleinen brasilianischen<br />
Mikrokosmos, in dem sich<br />
alle fürsorglich umeinander kümmern,<br />
macht sich eine Gruppe Männer<br />
daran, das Städtchen von der<br />
Landkarte zu streichen.<br />
Ob man die Filme dieser Reihe<br />
lieber mit oder ohne die eigene Familie<br />
erleben möchte, muss jeder für sich<br />
entscheiden. Doch verpassen sollte<br />
man diese Meisterwerke keinesfalls.<br />
Tatjana Michel<br />
CINEMASTERS — ARRI/OSRAM AWARD<br />
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